gms | German Medical Science

27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie
und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO

19. - 21.03.2025, Göttingen

Schnelle neuronale Adaptation bei SSD-Patienten nach Cochlea-Implantation: Eine EEG-Studie zur semantischen Verarbeitung im ersten Versorgungsjahr

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • presenting/speaker Anja Hahne - TU Dresden, Ear Research Center Dresden (ERCD), Dresden, Deutschland
  • Christina S. Wegewitz - TU Dresden, Ear Research Center Dresden (ERCD), Dresden, Deutschland
  • Niki K. Vavatzanidis - TU Dresden, Ear Research Center Dresden (ERCD), Dresden, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO. 27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen. Göttingen, 19.-21.03.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc072

doi: 10.3205/25dga072, urn:nbn:de:0183-25dga0729

Veröffentlicht: 18. März 2025

© 2025 Hahne et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Einseitige Taubheit (single-sided deafness, SSD) wird zunehmend durch die Versorgung mit Cochlea-Implantaten (CI) behandelt. Betroffene berichten subjektiv von einer Verbesserung ihrer Lebensqualität und objektive Daten zeigen eine Steigerung des Sprachverstehens, insbesondere im Störgeräusch [1], [2]. Der Anpassungsprozess an das CI stellt jedoch für SSD-Patientinnen und –Patienten (SSD-Pt) insbesondere aufgrund der Dominanz des gesunden Ohrs vermutlich eine besondere Herausforderung dar.

Unsere Studie untersucht den zeitlichen Verlauf und die zugrundeliegenden neuronalen Mechanismen der Adaptation von SSD-Pt an das CI mithilfe objektiver Messungen (EEG). Weiterhin werden diese Prozesse mit Daten einer frühen Studie verglichen, in der beidseits stark hörgeschädigte, unilateral versorgte CI-Patientinnen und –Patienten (UCI-Pt) untersucht wurden [3].

Methoden: Für die objektive Messung der Wortverarbeitung wurde ein visuell-akustisches N400-Paradigma verwendet, das semantische Verarbeitung mittels evozierter Potentiale erfasst. Es wurden Bilder von Objekten gezeigt, die mit gesprochenen Wörtern (kongruent oder inkongruent) kombiniert waren. Die Daten von 23 postlingualen SSD-Pt wurden zu vier Zeitpunkten nach der Erstaktivierung des Prozessors (EA) erhoben (3 Tage, 6 Wochen, 3 Monate und 12 Monate nach EA) und mit der normalhörenden Seite verglichen.

Ergebnisse: Bereits 3 Tage nach der EA zeigten SSD-Pt einen deutlichen N400-Effekt, was auf eine bemerkenswerte neuronale Plastizität hinweist. Die Differenzierung zwischen kongruenten und inkongruenten Wörtern war in dieser Gruppe stärker ausgeprägt und zeitlich früher als bei UCI-Pt. Über das erste Jahr hinweg glich sich die semantische Verarbeitung über das CI zunehmend der Verarbeitung der normalhörenden Seite an, jedoch war auch nach 12 Monaten noch eine leichte zeitliche Verzögerung nachweisbar.

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen, dass SSD-Pt eine erstaunlich schnelle neuronale Anpassung an das CI aufweisen, da bereits nach wenigen Tagen deutliche Unterschiede zwischen kongruenten und inkongruenten Stimuli nachweisbar sind. Die schnellere Adaptation bei SSD-Pt im Vergleich zu UCI-Pt unterstreicht die besondere Rolle der erhaltenen Normalhörigkeit bei der Verarbeitung semantischer Informationen und zeigt, dass die dominante Gegenseite bei SSD-Pt die Anpassung an das CI nicht behindert, sondern möglicherweise sogar unterstützt. Diese Erkenntnisse sind klinisch bedeutsam, da sie zeigen, dass SSD-Pt trotz der Dominanz des normalhörenden Ohrs schnell in der Lage sind, semantische Informationen über das CI effizient zu verarbeiten.


Literatur

1.
Häußler SM, Köpke V, Knopke S, Gräbel S, Olze H. Multifactorial positive influence of cochlear implantation on patients with single-sided deafness. Laryngoscope. 2020 Feb;130(2):500-6. DOI: 10.1002/lary.28007 Externer Link
2.
Távora-Vieira D, Wedekind A. Single-Sided Deafness: Emotional and Social Handicap, Impact on Health Status and Quality of Life, Functional Hearing, and the Effects of Cochlear Implantation. Otol Neurotol. 2022 Dec 1;43(10):1116-24. DOI: 10.1097/MAO.0000000000003725 Externer Link
3.
Hahne A, Wegewitz CS, Vavatzanidis NK. Die Entwicklung des Wortverstehens in Ruhe und im Störgeräusch im ersten Jahr nach CI-Aktivierung. Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 26. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Aalen, 06.-08.03.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc085