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27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie
und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO

19. - 21.03.2025, Göttingen

Verändert sich nach der CI-Versorgung die cross-modale Modulation von kortikalen Antworten?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Pascale Sandmann - Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohrenklinik Oldenburg, Audiologie, Oldenburg, Deutschland; Exzellenzcluster Hearing4All, Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland; Forschungszentrum Neurosensorik, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
  • Moritz Wächtler - Universität zu Köln, Jean-Uhrmacher-Institut für klinische HNO-Forschung, Köln, Deutschland
  • Verena Müller - Universitätsklinikum Köln, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Köln, Deutschland
  • Martin Walger - Universität zu Köln, Jean-Uhrmacher-Institut für klinische HNO-Forschung, Köln, Deutschland; Universitätsklinikum Köln, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Köln, Deutschland
  • Ruth Lang-Roth - Universitätsklinikum Köln, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Köln, Deutschland
  • Anna Weglage - Universitätsklinikum Köln, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Köln, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO. 27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen. Göttingen, 19.-21.03.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc071

doi: 10.3205/25dga071, urn:nbn:de:0183-25dga0714

Veröffentlicht: 18. März 2025

© 2025 Sandmann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Postlingual ertaubte Patienten zeigen nach der CI-Versorgung im Vergleich zu Normalhörenden funktionale Veränderungen nicht nur im auditorischen und im visuellen Kortex, sondern auch in der audio-visuellen Interaktion [1]. Aktuell ist jedoch wenig über den zeitlichen Verlauf der kortikalen Veränderungen und deren spezifische Auswirkungen auf die audio-visuelle Interaktion in Sprachbedingungen bekannt. Deshalb wurde eine prospektive Längsschnittstudie mit Elektroenzephalographie (EEG) durchgeführt, um den cross-modalen Einfluss auf die kortikale auditorische und visuelle Sprachverarbeitung an unterschiedlichen Zeitpunkten nach der CI-Versorgung (fünf Wochen und 6 Monate) zu untersuchen.

Methoden: Postlingual ertaubte CI-Patienten und Normalhörende (jeweils N=16) führten an zwei Messzeitpunkten eine Worterkennungsaufgabe in auditorischen, visuellen und audio-visuellen Bedingungen aus. Die Lippenbewegungen zu den zweisilbigen Wörtern waren mit einem Artikulationsmodell visualisiert (MASSY) [2]. Die Probanden wurden instruiert, ihre Aufmerksamkeit entweder auf die Lippenbewegung (visuell attendiert) oder auf den auditorischen Input (auditorisch attendiert) zu richten. Dies ermöglichte, die kortikale audio-visuelle Sprachverarbeitung zwischen visuell und auditorisch attendierten Bedingungen zu vergleichen. Die späten kortikal evozierten Potenziale (N1-Komponente im Zeitbereich 100 ms nach Stimulus-Beginn) wurden zwischen den Gruppen, Bedingungen und Messzeitpunkten verglichen.

Ergebnisse: In Übereinstimmung mit früheren Studien waren bei CI-Patienten im Vergleich zu Normalhörenden die auditorisch evozierten Potenziale grundsätzlich reduziert und verzögert. Ein Gruppenunterschied zeigte sich auch hinsichtlich der visuellen Modulation der auditorischen Antwort. Der Vergleich zwischen den zwei Messzeitpunkten ergab einen Trend für eine zunehmende auditorische Modulation der visuellen Antwort in den ersten Monaten nach der CI-Erstanpassung.

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse belegen Unterschiede zwischen CI-Patienten und Normalhörenden hinsichtlich der kortikalen Sprachverarbeitung in auditorischen und audio-visuellen Bedingungen. Auch nach sechs Monaten CI-Erfahrung bleibt die kortikale auditorische Antwort im Vergleich zu Normalhörenden reduziert und verzögert. Mit zunehmender CI-Erfahrung zeigt sich allerdings ein Trend für eine verstärkte cross-modale (auditorische) Modulation der kortikalen visuellen Antwort.

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): Projekt-Nummer 415896102


Literatur

1.
Layer N, Weglage A, Müller V, Meister H, Lang-Roth R, Walger M, Murray MM, Sandmann P. The timecourse of multisensory speech processing in unilaterally stimulated cochlear implant users revealed by ERPs. Neuroimage Clin. 2022;34:102982. DOI: 10.1016/j.nicl.2022.102982 Externer Link
2.
Fagel S, Clemens C. An articulation model for audiovisual speech synthesis—Determination, adjustment, evaluation. Speech Communication. 2004;44(1-4):141-54. DOI: 10.1016/j.specom.2004.10.006 Externer Link