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Die CMV-Infektion: Herausforderung und Chance in der Diagnostik und Therapie der frühkindlichen Schwerhörigkeit
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Veröffentlicht: | 18. März 2025 |
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Nach genetischen Ursachen ist die konnatale Zytomegalievirus Infektion (cCMV) die infektiologische Hauptursache der angeborenen und frühkindlich erworbenen Schwerhörigkeit. Auch wenn für Deutschland keine Zahlen vorliegen, kann aus Ländern mit ähnlicher Durchseuchung und Bevölkerungsstruktur abgeschätzt werden, dass in Deutschland jährlich zwischen 1.500 und 4.500 Neugeborene mit einer cCMV-Infektion geboren werden, zwischen 5 und 10% davon mit einer Schwerhörigkeit. Die cCMV-Infektion hat damit beträchtlichen Anteil an der frühkindlichen Schwerhörigkeit. Grundlegend neu ist, dass sich damit neben der apparativen Versorgung Chancen einer antiviralen Therapie eröffnen.
Die Prävention und Therapie der konnatalen Zytomegalievirus Infektion (cCMV) hat sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt und erweitert, v.a. aufgrund von Fortschritten der vorgeburtlichen Behandlung der Infektion. Primärinfektionen (PI) in der Schwangerschaft, die im ersten Trimenon einen großen Teil der schweren Krankheitslast der Infektion erzeugen, werden immer häufiger frühzeitig erkannt. Optionen einer antiviralen Therapie zur Prävention der Transmission bzw. Infektion des Fetus sind hoch wirksam. Ihre Anwendung steht in Deutschland potentiell ca. 50–60% aller Schwangeren zur Verfügung, wenn eine Primärinfektion nachgewiesen wird. Bei Nicht-Primärinfektionen (NPI) steht die Therapie der Infektion des Neugeborenen und ihrer Krankheitsfolgen im Mittelpunkt. Wenngleich schwerere Verläufe eher die Ausnahme sind, treten Schallempfindungsschwerhörigkeiten nicht weniger häufig auf.
Das universelle Neugeborenenhörscreening (UNHS) ist entscheidend für die Erfassung von Schallempfindungsschwerhörigkeiten, die zur Hälfte bereits bei Geburt auftreten: Besteht der Verdacht einer Schwerhörigkeit, zählt dies zu den wichtigsten Symptomen, bei denen eine cCMV-Testung erfolgen sollte, durch PCR-Nachweis der CMV-DNA im Urin oder Speichel. Gelingt dies bereits in der Geburts- oder Kinderklinik, kann die weitere Diagnostik ohne Verzögerung stattfinden, entscheidend für einen frühen Therapiebeginn. Der pädaudiologischen Konfirmationsdiagnostik kommt dabei hohe Bedeutung zu: Neugeborene mit bestätigter cCMV-Infektion sollten dabei priorisiert werden. Bestätigt sich eine ein- oder beidseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit innerhalb der ersten vier Lebenswochen, trägt dies wesentlich bei zur Indikation einer peroralen antiviralen Therapie des Neugeborenen, i.d.R. mit Valganciclovir. Zumeist kann davon beträchtlicher Nutzen erwartet werden, durch eine Verbesserung des Gehörs oder eine Stabilisierung, indem eine Progression aufgehalten oder verhindert wird.
Eine langjährige pädaudiologische Nachsorge ist notwendig, um die adäquate apparative Versorgung sicherzustellen und eine Progression oder später auftretende Schwerhörigkeiten früh zu erkennen.
Der Beitrag nimmt Bezug auf die Entwicklung und bevorstehende Publikation der aktuellen S2k-Leitlinie, AWMF Reg.-Nr. 0093/003.