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Erkennung emotionaler Prosodie bei CI-Tragenden und Selbsteinschätzung ihrer Wahrnehmung
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Veröffentlicht: | 18. März 2025 |
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Fragestellung: Prosodie ist der im Sprachsignal enthaltene sprecherisch-stimmliche Ausdruck, der neben der semantischen Aussage durch die Wortwahl wirkt, und z.B. unsere Gefühle verrät. Sie spielt in der zwischenmenschlichen Kommunikation eine wesentliche Rolle. Den CI-Tragenden stehen jedoch nur eingeschränkt Merkmale des Sprechschalls zum Hörverstehen zur Verfügung. Dadurch ist die Bedeutungszuschreibung prosodischer Muster schwierig. Das führt zu Fehlinterpretationen und Missverstehen. Dies wurde in unserer Studie untersucht, bei der CI-Tragende hinsichtlich ihrer Möglichkeiten zur emotionalen Prosodiewahrnehmung getestet wie auch befragt wurden.
Methoden: Für die Prüfung der Wahrnehmung des im Sprachsignals enthaltenen emotional sprecherisch-stimmlichen Ausdrucks wurde der „Test zur emotionalen Prosodieperzeption“ (TEPP) verwendet, der an normalhörenden Probanden entwickelt und validiert wurde [1] und bereits bei CI-Tragenden zum Einsatz kam [2]. Darüber hinaus kommt der „Fragebogen zur emotionalen Kommunikation in Hörsituationen“ (EMO-CheQ) zum Einsatz. Der Fragebogen untersucht, ob im Zusammenhang mit einer Hörstörung Probleme mit der Erkennung des emotionalen Klangs der Sprechstimme bestehen, und wie die daraus resultierenden Fehlinterpretationen und Missverständnisse sich auf die Schwere des subjektiv empfundenen Handicaps auswirken [3]. An der Studie haben bisher 150 erfahrene CI-Tragende (Alter: 18–90 Jahre) teilgenommen. Die CI-Tragenden führten den TEPP durch. Er beinhaltet 2-silbige Pseudowörter. Diese wurden von zwei Schauspielern (eine Frau, ein Mann) in den prosodischen Ausdrücken Freude, Trauer, Wut, Angst, Ekel sowie sachlich gesprochen. Jeder Stimulus musste von den CI-Tragenden über einen Touch-Screen-Monitor hinsichtlich des intendierten emotional prosodischen Ausdrucks zugeordnet werden (six-alternative forced-choice paradigm). Etliche CI-Tragende haben darüber hinaus den EMO-CheQ beantwortet. Die beiden Ergebnisse wurden miteinander verglichen.
Ergebnisse: Im TEPP lagen die mittleren Trefferquoten für die emotionale Prosodie mit 36% über dem Zufallsniveau, wenn auch mit großer Streuung. Die korrekten Zuordnungen für die einzelnen prosodischen Ausdrücke variierten, sowohl innerhalb eines prosodischen Ausdrucks als auch über verschiedene emotionale Ausdrücke hinweg. Im EMO-CheQ lagen die CI-Tragenden im Mittel bei der Angabe ihres Handycaps mit 2,7 zwischen 1 – „stimme überhaupt nicht zu“ und 5 – „stimme voll und ganz zu“. Beide Ergebnisse korrelierten dahingehend miteinander, dass die CI-Tragenden die im TEPP gut waren ihr Handycap als geringer angaben, als die CI-Tragenden die im TEPP schlechter abschnitten.
Schlussfolgerungen: Die CI-Tragenden sind in der Lage, emotional prosodische Ausdrücke zu unterscheiden, wenn auch mit großer Varianz. Die mit dem TEPP gemessenen Ergebnisse der Wahrnehmung emotionaler Prosodie stimmten mit den Selbsteinschätzungen der CI-Tragenden im EMO-CheQ überein.
Literatur
- 1.
- Wendt B. Analysen emotionaler Prosodie. Frankfurt/M.: Peter Lang; 2007. (HSSP 20).
- 2.
- Wendt B, et al. Unterscheiden sich prä- und postlingual ertaubte CI-Träger hinsichtlich ihrer emotionalen Prosodieperzeption? 16. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie; 2013; Rostock.
- 3.
- Singh G, Liskovoi L, Launer S, Russo F. The Emotional Communication in Hearing Questionnaire (EMO-CHeQ): Development and Evaluation. Ear Hear. 2019 Mar/Apr;40(2):260-71. DOI: 10.1097/AUD.0000000000000611
- 4.
- Wendt, B. et al. Emotionale Prosodieperzeption bei CI-Trägern. Sprachtherapie aktuell. 2020:e2020-25.