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27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie
und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO

19. - 21.03.2025, Göttingen

DPOAE-Wachstumsfunktionen zur Hörschwellenbestimmung bei Menschen mit geistiger Behinderung in ihrer Lebensumgebung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Katrin Neumann - Universitätsklinikum Münster, Universität Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, Deutschland
  • Emmanouela Dimitrakopoulou - Katholisches Klinikum Bochum, Ruhr-Universität Bochum, Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, HNO-Universitätsklinik, Bochum, Deutschland
  • Harald A. Euler - Universitätsklinikum Münster, Universität Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, Deutschland
  • Frans Coninx - Institut für Audiopädagogik, Solingen, Deutschland
  • Felix Blümel - Katholisches Klinikum Bochum, Ruhr-Universität Bochum, Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, HNO-Universitätsklinik, Bochum, Deutschland
  • Anne Krieger - Katholisches Klinikum Bochum, Ruhr-Universität Bochum, Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, HNO-Universitätsklinik, Bochum, Deutschland
  • Karolin Schäfer - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Pädagogik und Rehabilitation lautsprachlich kommunizierender Menschen mit Hörschädigung (Audiopädagogik), Köln, Deutschland
  • Philipp Mathmann - Universitätsklinikum Münster, Universität Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, Deutschland
  • Eleftherios Savvas - Universitätsklinikum Münster, Universität Münster, HNO-Klinik, Münster, Deutschland
  • Corinna Gietmann - Universitätsklinikum Münster, Universität Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO. 27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen. Göttingen, 19.-21.03.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc035

doi: 10.3205/25dga035, urn:nbn:de:0183-25dga0358

Veröffentlicht: 18. März 2025

© 2025 Neumann et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Menschen mit geistiger Behinderungen (gB) haben häufiger Hörstörungen als Menschen ohne Behinderung. Da diese oft unerkannt und unbehandelt bleiben, erscheint ein Programm aus Hörscreening und -diagnostik sinnvoll, durchgeführt in der Lebensumgebung dieser Menschen. Dafür wollten wir die Eignung von Hörschwellenschätzungen mittels DPOAE-Wachstumsfunktionen untersuchen, um sie bei Personen anwenden zu können, die nicht ausreichend zu einer subjektiven Audiometrie in einem derartigen Setting in der Lage sind.

Methoden: In einer prospektiven Beobachtungsstudie, durchgeführt mit 110 Erwachsenen mit geistiger Behinderung in einer anerkannten Werkstätte, untersuchten wir die Durchführbarkeit und Eignung objektiver Hörschwellenschätzungen mittels DPOAE-Wachstumsfunktionen (DPOAE-WF) im Vergleich zu subjektiv mittels konventioneller Tonaudiometrie (kTA) und adaptivem Selbsttests MAGIC (Multiple Choice Auditory Graphical Interactive Check) ermittelten Hörschwellen (Savvas et al., under review [1]. Um die DPOAE-WF mit den tonaudiometrischen Daten zu vergleichen, wurde die niedrigste Schwelle von kTA und MAGIC pro Ohr für jede der Frequenzen 1, 2, 4 und 6 kHz (niedrigste TA-Schwelle, nTAS) bestimmt und ihre Differenz zu den geschätzten DPOAE-WF-Schwellen (DPOAE-WFS) berechnet (TA-Werte >50 dB HL wurden auf 50 gesetzt) und analysiert. Zur optimalen Anpassung der Spezifität und Sensitivität der DPOAE-WF-Schwellen wurde eine ROC(Receiver Operating Characteristics)-Analyse durchgeführt.

Ergebnisse: Um Übereinstimmungen, Unterschätzungen und Überschätzungen der Hörschwellen aufzuzeigen, wurde für jedes Ohr in jeder der vier Frequenzen ein Differenzwert zwischen nTAS und DPOAE-WFS berechnet. 427 von 880 Messpaaren (220 Ohren à vier Frequenzen) unterschieden sich um nicht mehr als 5 dB HL. Bei 3 Wertepaaren (0,3%) waren die DPOAE-WFS ≥30 dB HL niedriger als die nTAS, was drei Probanden mit deutlich „unterschätztem“ Hörverlust entspricht, allerdings nur auf einem Ohr und in jeweils einer Frequenz; bei 123 Wertepaaren war die Differenz ≤-30 dB HL, d.h. ein möglicher Hörverlust wurde „überschätzt“. Für einen günstigen Vier-Frequenz-Mittelwert über 1, 2, 4 und 6 kHz mit einem Cutoff von 20 dB HL (Werte <20 dB HL – kein Hörverlust und ≥20 dB HL – Hörverlust) betrug die Sensitivität 92% (95% Konfidenzintervall [CI] 83%–97%) und die Spezifität 62% (95% CI 53%–70%); Ein Grenzwert von 30 dB HL erhöhte die entsprechenden Werte auf 98% (95% CI 87%–100%) und 77% (95% CI 70%–83%), und ein Grenzwert von 40 dB HL auf 95% (95% CI 75%–100%) und 83% (95% CI 77%–88%). Die beiden letztgenannten Grenzwerte ergaben in den ROC-Analysen die größten AUC-Werte (Fläche unter der Kurve).

Schlussfolgerung: Für eine Hörschwellenschätzung bei Personen mit gB, die nicht ausreichend tonaudiometrisch zu untersuchen sind, erscheinen die einfach durchführbaren DPOAE-WF-Messungen mit akzeptabler Präzision geeignet.


Literatur

1.
Savvas E, Dimitrakopoulou E, Euler HA, Coninx F, Bluemel F, Krieger A, Schaefer K, Mathmann P, Gietmann C, Neumann K. DPOAE growth functions for hearing evaluation in persons with intellectual disabilities in an outreach setting [Manuscript under review]. Journal of Intellectual Disability Research.