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25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

01.03. - 03.03.2023, Köln

Durchführbarkeit eines niedrigschwelligen Massen-Hörscreenings bei Menschen mit geistiger Behinderung*

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Lukas Prein - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, DE
  • Philipp Mathmann - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, DE
  • Werner Brannath - Universität Bremen, Kompetenzzentrum für Klinische Studien Bremen, Bremen, DE
  • Karolin Schäfer - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, Department Heilpädagogik und Rehabilitation, Lehrstuhl Audiopädagogik, Köln, DE
  • Anja Neumann - Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, DE
  • Awa Naghipour - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, DE
  • Susanna Zielonkowski - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, DE
  • Susanne Wasmuth - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, DE
  • Philip-Hendrik Höhne - AOK Rheinland/Hamburg, Stabsbereich Politik/Gesundheitsökonomie, Düsseldorf, DE
  • Arne Knief - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, DE
  • Oliver Kanaan - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, DE
  • Martin Scharpenberg - Universität Bremen, Kompetenzzentrum für Klinische Studien Bremen, Bremen, DE
  • Sarah Schlierenkamp - Essener Forschungsinstitut für Medizinmanagement (EsFoMed) GmbH, Essen, DE
  • Nicole Stuhrmann - Praxis für HNO Heilkunde, Pädaudiologie und Phoniatrie, Düsseldorf-Meerbusch, DE
  • Ruth Lang-Roth - Universitätsklinikum Köln, Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohren,, Köln, DE
  • Muhittin Demir - Universitätsklinikum Essen, Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Essen, DE
  • Sandra Diekmann - Essener Forschungsinstitut für Medizinmanagement (EsFoMed) GmbH, Essen, DE
  • Katharina Schwarze - Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, DE
  • Corinna Gietmann - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, DE
  • Katrin Neumann - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Münster, DE

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Köln, 01.-03.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc062

doi: 10.3205/23dga062, urn:nbn:de:0183-23dga0626

Veröffentlicht: 1. März 2023

© 2023 Prein et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Menschen mit geistiger Behinderung (gB) leiden vermehrt an Hörstörungen; diese werden zudem seltener erkannt und versorgt als in der Allgemeinbevölkerung [1]. Im Rahmen des vom Gemeinsamen Bundesausschusses geförderten Projekts HörGeist* erhalten 1.050 Menschen mit gB in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld (z.B. Werkstätten, Wohneinrichtungen, Kitas, Schulen) ein Hörscreening und bei vorliegender Hörstörung eine anschließende Bestätigungsdiagnostik und nötigenfalls eine Therapieeinleitung bzw. -kontrolle einer bereits laufenden Therapie. Ein Jahr später folgt eine wiederholte Hörtestung mit Prüfung des bisherigen Therapieoutcomes [2]. Im Projekt wird mit einem Portfolio audiometrischer Methoden gescreent, von denen bei einer deutschlandweiten Implementierung nur die individuell benötigten eingesetzt werden sollen. Dieser Beitrag untersucht methodenabhängig den Anteil der Teilnehmer*innen, bei denen eine Messung jeweils mit verwertbarem Ergebnis durchführbar war.

Material und Methoden: Das Screening-Portfolio beinhaltet (1) eine (ggf. ärztlich beurteilte) Videootoskopie, (2) die Messung transitorisch evozierter otoakustischer Emissionen (TEOAE) und von Distorsionsprodukten otoakustischer Emissionen (DPOAE), (3) eine tympanometrische Impedanzmessung und (4) eine Luftleitungs-Reintonaudiometrie (konventionell oder adaptiv mittels Multiple-Choice Auditory Graphic Interactive Check – MAGIC), (2)-(4) durchgeführt mit dem Handheld-Audiometer Sentiero Advanced® (PATH MEDICAL).

Ergebnisse: Grundlage bilden die Daten des Screenings aus dem ersten Jahr von HörGeist, bei denen im Handheld-Audiometer eine Messung hinterlegt wurde. Unter den Teilnehmer*innen waren ohne Messabbruch in 97,8% der Fälle DPOAE in mindestens 3 von 5 Frequenzen durchführbar, bei 92,5% ließen sich TEOAE ableiten, bei 91,6% der Fälle war eine Tonaudiometrie in mindestens 4 von 7 Frequenzen pro Ohr realisierbar, bei den meisten zudem eine Impedanzmessung.

Diskussion: Waren TEOAE-Messungen durchführbar, d.h. wurde einmal eine Ohrsonde akzeptiert, so waren in 82% der Fälle auch DPOAE durchführbar (TEOAE- und DPOAE-Messungen wurden dabei wohl als nur eine Messung wahrgenommen). Dies bestätigt eine frühere Studie, bei der Schüler*innen mit gB OAE in 76% der Fälle vollständig abgeleitet werden konnten [3]. Die Tonaudiometrie erfordert eine aktive Mitarbeit, die nur in 8,4% der Fälle nicht ausreichend realisiert werden konnte.

Fazit: Bei einem Großteil der Menschen mit gB waren alle audiometrischen Messungen (2)-(4) vollständig durchführbar. Am häufigsten waren es die Messung der DPOAE, gefolgt von TEOAE und Tonaudiometrie. Ein Massen-Hörscreening im Lebensumfeld von Menschen mit gB erscheint damit bei guten Umgebungsbedingungen durchführbar. *Förderung durch den G-BA Innovationsfonds Neue Versorgungsformen; Förderkennzeichen 01NVF18038.


Literatur

1.
Hild U, Hey C, Baumann U, Montgomery J, Euler HA, Neumann K. High prevalence of hearing disorders at the Special Olympics indicate need to screen persons with intellectual disability. J Intellect Disabil Res. 2008 Jun;52(Pt 6):520-8. doi: 10.1111/j.1365-2788.2008.01059.x Externer Link
2.
Schwarze K, Mathmann P, Schäfer K, Brannath W, Höhne PH, Altin S, Prein L, Naghipour A, Zielonkowski S, Wasmuth S, Kanaan O, Scharpenberg M, Schlierenkamp S, Stuhrmann N, Lang-Roth R, Demir M, Diekmann S, Neumann A, Gietmann C, Neumann K. Feasibility and benefits of a low-threshold hearing screening programme (HörGeist) for individuals with intellectual disabilities: study protocol for a screening study [Manuscript submitted to BMJ open].
3.
Hey C, Fessler S, Hafner N, Lange BP, Euler HA, Neumann K. High prevalence of hearing loss at the special olympics: is this representative of people with intellectual disability? J Appl Res Intellect Disabil. 2014 Mar;27(2):125–33. DOI: 10.1111/jar.12057 Externer Link