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24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

14.09. - 17.09.2022, Erfurt

Der Einfluss von Cochlea-Implantationen auf die Tinnituswahrnehmung

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Heidi Olze - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-und Halschirurgie, Berlin, DE

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Erfurt, 14.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc027

doi: 10.3205/22dga027, urn:nbn:de:0183-22dga0272

Veröffentlicht: 12. September 2022

© 2022 Olze.
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Gliederung

Text

Tinnitus ist gerade bei resthörigen und ertaubten Patienten ein häufiges Symptom. Es kann daher von einer sehr hohen Prävalenz des Tinnitus unter CI-Kandidaten ausgegangen werden. In bisherigen Studien liegen die Angaben zur Tinnitusprävalenz bei CI Kandidaten zwischen 67 und 100%. Die aktuelle Literatur und eigene Studien belegen die positiven Effekte des CI auf den Tinnitus bei einer großen Anzahl von CI-Nutzern. Eine Verbesserung oder sogar eine vollständige Unterdrückung des Tinnitus wurde in großen Studien bei 46–95% der Patienten nach der CI-Operation erzielt.

Der zugrundeliegende Mechanismus für die subjektiv empfundene Verminderung des Tinnitus ist bislang nicht abschließend geklärt. Einige Autoren nehmen an, dass hier auch die generelle Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität („health related quality of life“, HRQoL) eine wichtige Rolle spielt. Der direkte Einfluss des CI auf den Tinnitus könnte durch Maskierungseffekte, die direkte elektrische Stimulation des Hörnervs und vor allem durch eine CI-induzierte Reorganisation der zentralen Hörbahn und des zentralen auditorischen Kortex wirksam werden.

Da weder Tinnitusfrequenz noch -lautheit mit der Belastung durch den Tinnitus korrelieren, ist die Erfassung von Belastungsfaktoren und Stressreaktionen ein wesentlich aussagekräftigeres Maß für eine positive oder negative Beeinflussung des Tinnitus durch das Tragen eines CI. Seit 2010 nutzen wir deshalb zur komplexen Untersuchung des CI-outcome unsere Charité Test Battery (CTB) und messen neben dem Sprachverstehen auch HRQoL, Tinnitusbelastung, Stresserleben, Bewältigungsstrategien und psychische Komorbiditäten (Depressivität, Ängstlichkeit) mittels validierter spezifischer Fragebögen.

Die in diesem Vortrag vorgestellten prospektiven Studien (CTB) zeigen für verschiedene Versorgungsmodalitäten, einseitige-und bilaterale CI-Versorgung, CI bei AHL und SSD und auch bei Patienten über 70 Jahre eine signifikante Verbesserung der HRQoL und eine signifikante Reduktion des Tinnitus-Distress nach CI-Versorgung. Auch psychische Komorbiditäten verbessern sich. Obwohl es auch Unterschiede zwischen den Gruppen gibt, weist die negative Korrelation zwischen Tinnitus-Distress und HRQoL auf die Bedeutung der auditiven Rehabilitation bei CI Patienten hin.

Die CI-Versorgung ist heute eine sehr erfolgreiche Methode zur Hörrehabilitation hochgradig schwerhöriger und ertaubter Patienten. Der Nutzen des CI erstreckt sich darüber hinaus auch auf soziale und psychosoziale Bereiche, was sich in einer verbesserten HRQoL widerspiegelt. Bei den meisten Patienten reduziert sich auch die Tinnitusbelastung. Patienten, die auch nach CI unter einer starken Tinnitusbelastung leiden, eröffnen sich neben einem tinnitusspezifischen CI-Fitting auch die Möglichkeiten einer tinnitusspezifischen Therapie mit psychosomatischen und psychologischen Therapieansätzen, auch zur Behandlung weiterer psychischer Komorbiditäten.