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Qualitätsindikatoren für die Primärversorgung im Pflegeheim – die hausärztliche Perspektive
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Veröffentlicht: | 27. September 2023 |
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Hintergrund: Die medizinische Betreuung der über 800.000 Pflegeheimbewohner:innen in Deutschland stellt für Allgemeinmediziner:innen eine große Herausforderung dar. Routinemäßig erhobene Daten können eine mögliche Grundlage bieten, um eine Qualitätssicherung zu gewährleisten. Im Rahmen des G-BA geförderten Projektes LTCSurv wird anhand ambulant erhobener Abrechnungsdaten, Strukturdaten und Qualitätsindikatoren überprüft, inwieweit Veränderungen in der Versorgung von Pflegeheimbewohner:innen abgebildet werden können, und ob diese Daten geeignet sind, in ein kontinuierliches Surveillance-System überführt zu werden. Ziel dieses Teilprojektes ist die Erhebung der hausärztlichen Perspektive mittels qualitativer Methoden.
Fragestellung: Welche Aspekte verbinden Hausärzt:innen mit Qualität medizinischer Versorgung von Pflegeheimbewohner:innen?
Was ist ihre Perspektive auf ein routinedatengestütztes Surveillancesystem?
Methoden: Qualitative, leitfadengestützte Fokusgruppeninterviews mit niedergelassenen Hausärzt:innen (n=11) aus den Regionen Berlin und Brandenburg zwischen November 2022 und März 2023. Die Hausärzt:innen wurden über Forschungsnetzwerke und direkte postalische Anschreiben kontaktiert und eingeladen. Die Fokusgruppen wurden akustisch aufgezeichnet und transkribiert, anhand der Transkripte erfolgte eine deskriptive Auswertung mittels Frameworkanalyse in Anlehnung an Ritchie und Spencer.
Ergebnisse: Hausärzt:innen sind gegenüber der Nutzung von ambulant erhobenen Routinedaten und Qualitätsindikatoren im Rahmen einer Surveillance zum Teil kritisch eingestellt. Es besteht die Sorge vor Einschränkung der eigenen Autonomie und vor Fremdkontrolle des hausärztlichen Handelns. Soziale Faktoren im Umgang mit Patient:innen, die medizinische Entscheidungen mitbeeinflussen können, sind aus Sicht der Hausärzt:innen für eine gute Qualität wichtig und lassen sich mittels Routinedaten jedoch nur schwer abbilden.
Diskussion: Qualitätssicherung medizinischer Versorgung von Pflegeheimbewohner:innen muss neben medizinischen Aspekten auch soziale Komponenten mitberücksichtigen. Während die Entscheidung, Organisation und Umsetzung medizinisch notwendiger Maßnahmen in der Verantwortung der Hausärzt:innen liegen sollte, können Routinedaten eine Hilfestellung bieten, Versorgungslücken aufzuzeigen und ihnen vorzubeugen.
Take Home Message für die Praxis: Die Implementierung eines Surveillance-Systems zur Qualitätssicherung der medizinischen Versorgung von Pflegeheimbewohner:innen mittels ambulant erhobener Routinedaten muss in Bezug auf Vor- und Nachteile, Arbeitsaufwand und Informationsgewinn gut kommuniziert werden, und sollte unter enger Einbeziehung der Stakeholder stattfinden.