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Verändert sich die Sichtweise auf interprofessionelle Zusammenarbeit von Medizinstudierenden nach Teilnahme an einem interprofessionellen Lehr- und Lernprojekt? Eine Vergleichsgruppenanalyse
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Veröffentlicht: | 27. September 2023 |
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Hintergrund: Interprofessionelle Zusammenarbeit, gefördert durch frühzeitigen Austausch während des Studiums, ist bedeutsam für die Patient:innenversorgung. Daher wurde ein interprofessionelles Lernprojekt für Medizin- und Pharmaziestudierende konzipiert. In drei verschiedenen Settings (Seminar, Simulationsapotheke, Hausarztpraxis) bearbeiteten die Studierenden gemeinsam Patient:innenfälle. Das Fallbearbeitungsseminar wurde für Medizinstudierende auch monoprofessionell angeboten.
Fragestellung: Verändert sich die Sichtweise auf interprofessionelle Zusammenarbeit bei Medizinstudierenden, die gemeinsam mit Pharmaziestudierenden Fallbearbeitungen im Rahmen eines interprofessionellen Projekts durchführten, im Vergleich zu Medizinstudierenden, die an dem Seminar monoprofessionell teilnahmen?
Methoden: Die Studierenden des interprofessionellen Lernprojekts sowie die Medizinstudierenden der Vergleichsgruppe erhielten vor und nach der Durchführung Fragebögen, die das SPICE-2D-Instrument enthielten. Das Instrument erhebt die Wahrnehmung der interprofessionellen Zusammenarbeit anhand einer 5-Punkte-Likert-Skala, wobei 5 für “stimme voll und ganz zu” bzw. positive Wahrnehmung steht. Die Fragebögen wurden mit Hilfe einer selbstgebildeten ID zugeordnet und deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse: In der Gruppe mit dem interprofessionellen Angebot nahmen in zwei Semestern insgesamt 64 Medizinstudierende teil, von denen 17 SPICE-2D-Daten zugeordnet werden konnten. In der Vergleichsgruppe waren es 156 Studierende mit 26 zugeordneten SPICE-2D-Daten. In der interprofessionellen Gruppe betrug der Mittelwert des SPICE-2D vor dem Seminar 3,84 (SD=1,00) und nachher 3,92 (SD=0,90). In der Vergleichsgruppe betrug der Mittelwert vorher 3,70 (SD=1,08) und nach dem Seminar 3,75 (SD=0,96).
Diskussion: Aufgrund der linksschiefen Verteilung mit bereits hohen Ausgangswerten zeigte sich über das Seminar hinweg keine wesentliche Veränderung. Sowohl Medizinstudierende aus der Vergleichsgruppe als auch Medizinstudierende, die am interprofessionellen Lernprojekt teilnahmen, zeigten eine positive Wahrnehmung der interprofessionellen Zusammenarbeit. Vermutlich haben vor allem Studierende mit einer bereits positiveren Wahrnehmung an der Prä-Post-Befragung teilgenommen (Selektionsbias). Die geringe Teilnehmendenzahl ist als Limitation zu nennen. Um herauszufinden, wie die Fallbearbeitung in dem Lernprojekt wahrgenommen wird, werden zusätzlich qualitative Interviews durchgeführt.
Take Home Message für die Praxis: Um interprofessionelles Zusammenarbeiten zwischen Hausärzt:innen und Apotheker:innen zu fördern, sollten interprofessionelle Lernprojekte ausgebaut und umfassend evaluiert werden. Studien zeigen, dass Patient:innen von persönlichen Kontakten zwischen den Heilberufen profitieren können.