Artikel
Die Herausforderung der Verhaltensaktivierung bei Altersdepression: geplante und durchgeführte Aktivitäten der Interventionsgruppe der GermanIMPACT-Studie
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 27. September 2023 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund: Depressive Störungen haben bei älteren Menschen (65+) in Europa eine Jahresinzidenz von 9% – in Hamburg 11% – und eine Punktprävalenz von 23%. Sie gehen mit einer verminderten Aktivität einher, die wiederum symptomverstärkend wirken kann. Die Aktivierung dieser Patient:innen war Kernbestandteil der GermanIMPACT-Studie (60+), in der clusterrandomisiert kontrolliert der Einsatz einer Therapiebegleitung evaluiert wurde.
Fragestellung: Welche Aktivitäten wurden in der Interventionsgruppe der GermanIMPACT-Studie geplant und zeigte deren Durchführung eine Assoziation mit der depressiven Symptomatik (PHQ-9) am Ende der Intervention?
Methoden: Ausgewertet wurden die von den Therapiebegleiterinnen in strukturierten Protokollbögen erfassten und in eine Datenbank eingegebenen Angaben zur Verhaltensaktivierung (Monitoring/Psychoedukation/Aktivitätenaufbau/ggf. Medikationsberatung/Problemlösetraining) von 136 Patient:innen der Interventionsgruppe. Aus den Freitextangaben wurde ein Kategoriensystem für Aktivitätsart und Aktivitätsdurchführung (wie geplant = erfolgreich durchgeführt/teilweise/Aktivität ersetzt/unbekannt/nicht durchgeführt) entwickelt. Eine mögliche Assoziation erfolgreich durchgeführter Aktivitäten sowie die Aktivitätsanzahl/Patient:in auf den PHQ-9-Summenscore nach 12 Monaten wurde mittels logistischer Regressionen (adjustiert nach Alter, Geschlecht, Wohnsituation, Baseline PHQ-9) berechnet.
Ergebnisse: Der Altersmittelwert in der Interventionsgruppe war 71 (±7) Jahre; 78% der Teilnehmer:innen waren weiblich, 52% alleinlebend. Es konnten 2.188 geplante Aktivitäten, darunter 573 Fälle nicht erfolgter Aktivitäten identifiziert werden. Einen positiven Einfluss auf eine PHQ-9-Verbesserung zeigten der Baseline-PHQ-9 [p = 0,001; OR 1,173 (1,065–1,293)], Aktivitäten der „Selbstfürsorge und Spiritualität“ (p = 0,048; OR 1,540 (1,005–2,360)] und univariat die Aktivitätsanzahl/Patient:in [p = 0,005; OR 1,071 (1,021–1,124)]. Einen Einfluss auf eine PHQ-9-Verschlechterung zeigte univariat die Aktivitätskategorie „Organisatorisches“ [p = 0,035; OR 1,378 (1,024–1,856)].
Diskussion: Die Patient:innenaktivierung spielt eine wichtige Rolle bei depressiven Störungen im Alter. Insbesondere Aktivitäten der „Selbstfürsorge und Spiritualität“ sollten geplant werden und organisatorische Aktivitäten begleiten.
Take Home Message für die Praxis: Verschiedene Aktivitäten sollten ausprobiert werden und in der Summe eine Verbesserung bewirken. Für herausfordernde organisatorische Anforderungen wäre ein Unterstützungsangebot für Patient:innen mit Altersdepression in der Routineversorgung hilfreich, um eine negative Wirkung auf die depressive Symptomatik zu vermeiden.