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Perspektiven und Bedarfe von Patient:innen mit Post-COVID-Syndrom in Bezug auf deren Gesundheitsversorgung – eine qualitative Studie
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Veröffentlicht: | 27. September 2023 |
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Hintergrund: Nach der Akutphase von COVID-19 berichten einige Patient:innen über Langzeitsymptome, wie Erschöpfung, Atembeschwerden oder Konzentrationsstörungen. Wenn diese Symptome länger als drei Monate andauern, spricht man vom Post-COVID-Syndrom (PCS). Die Hausarztpraxen sind primäre Ansprechpartner bei der Versorgung des PCS. Herausforderungen aus Therapeutensicht ergeben sich u.a. aus der Heterogenität der Symptome, fehlenden kausalen Therapieoptionen und der Überschneidung mit Erkrankungen des psychosomatischen Spektrums.
Fragestellung: Wie nehmen Betroffene mit PCS ihre Versorgung wahr und welche Rolle schreiben sie dabei insbesondere den Hausärzt:innen zu?
Methoden: Leitfadengestützte Interviews über die Videokonferenzplattform Zoom und Auswertung mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz. Die (Interview-)Studie ist Teil der multizentrischen, in der Allgemeinmedizin durchgeführten Arzneimittelstudie PreVitaCOV.
Ergebnisse: Von Dezember 2022 bis April 2023 wurden 18 Patient:innen aus den drei Studienstandorten Kiel, Würzburg und Tübingen interviewt. Die Gespräche dauerten zwischen 25 und 75 Minuten. Es wurden sechs Hauptkategorien identifiziert: 1) Symptome 2) beteiligte Akteure im Gesundheitssystem 3) Erfahrungen im Gesundheitssystem 4) das Leben mit PCS 5) Therapie- und Symptommanagement 6) Wünsche und Bedarfe aus Patientensicht. In der Kategorie „Erfahrungen im Gesundheitssystem“ berichten viele Patient:innen, sich alleingelassen zu fühlen und einen konkreten Behandlungsplan zu vermissen. Patient:innen sehen Ihre Hausärzt:innen zwar auch beim PCS als ihre zentralen Ansprechpartner an, gleichzeitig werden ihnen unzureichende Kenntnisse bei deren Behandlung zugeschrieben. Die Rolle der Hausärzt:innen beim Behandlungsmanagement wird als eher passiv wahrgenommen. Patient:innen äußern den Wunsch nach konkreten ärztlichen Empfehlungen und besseren Therapieangeboten.
Diskussion: Betroffene wollen mit ihren Beschwerden ernstgenommen und bei Therapieentscheidungen partizipativ eingebunden werden. Die Heterogenität der Erkrankung bedarf einer verbesserten Koordination und Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitssystem. Hausärzt:innen sollten auch beim PCS hier eine Schlüsselrolle einnehmen können. Hierzu bedarf es Unterstützung im Sinne von Evidenzgenerierung, Wissenstransfer, suffizienten diagnostisch-therapeutischen Möglichkeiten im ambulanten Setting sowie entsprechender Vergütungsvoraussetzungen.
Take Home Message für die Praxis: Die Versorgung wird von den Interview-Teilnehmern aktuell als unbefriedigend wahrgenommen. Hausärzt:innen sollten in interprofessionellen Behandlungsnetzwerken eine zentrale und koordinative Funktion einnehmen.