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Sozioökonomische Determinanten der Hausärztedichte in Deutschland: eine quer- und längsschnittliche räumliche Analyse
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Veröffentlicht: | 27. September 2023 |
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Hintergrund: Die aktuelle Bedarfsanalyse der KVen für die Hausärztedichte berücksichtigt den Demographie- und Morbiditätsfaktor, vernachlässigt dabei jedoch wichtige sozioökonomische Determinanten (SES) der Bevölkerungskomposition. Dies ist vor allem deshalb ungünstig, da nachteilige sozioökonomische Faktoren mit einer höhere Krankheitslast und einem erhöhten ärztlichen Behandlungsbedarf assoziiert sind. Bisherige Studien sind rar und berücksichtigen dabei weder räumliche Korrelationen noch eine längsschnittliche Perspektive.
Fragestellung: Welchen Zusammenhang gibt es zwischen regionalen sozioökonomischen Determinanten und der hausärztlichen Versorgung in Deutschland?
Methoden: Diese Längsschnittstudie verwendet räumliche Daten (2015 & 2019) auf Kreisebene des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) der INKAR-Datenbank. Outcome der Studie ist die Hausärztedichte (Hausärzte/100.000 Einwohner). Für die statistische Analyse haben wir auf räumlich ökonometrische Modelle (linear Spatial Lag of X) zurückgegriffen, welche die räumlichen Korrelationen zwischen den Kreisen berücksichtigen: Im ersten Schritt haben wir den Zusammenhang zwischen SES und Hausärztedichte für 2019 untersucht (Querschnitt). Im zweiten Schritt haben wir den Zusammenhang zwischen den relativen Veränderungsraten von sozioökonomischen Determinanten und Hausärztedichte zwischen 2015 und 2019 analysiert (Längsschnitt). Alle multivariaten Modelle wurden für die wichtigsten Drittvariablen kontrolliert (u.a. Alter, Geschlecht, Lebenserwartung, Pflegebedürftige).
Ergebnisse: Die Regressionsmodelle zeigen, dass eine höhere Arbeitslosenquote (-2,07, p<0,001) und eine zunehmende Haushaltsgröße (-23,65, p<0,001) mit einer geringeren Hausärztedichte in 2019 assoziiert waren. Über die Zeit hinweg betrachtet war eine relative Zunahme der Arbeitslosenquote um 1% zwischen 2015 und 2019 mit einer sinkenden Hausärztedichte um 0,44% (p=0,03) verbunden. Zudem zeigte sich eine Reduktion der Hausärztedichte vor allem in suburbanen Kreisen (-4,24%, p=0,04).
Diskussion: Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Bedarfsplanung der hausärztlichen Versorgung in Deutschland die Arbeitslosenquote mitberücksichtigen sollte. Die Haushaltsgröße könnte vor allem für die Behandlungsbedarfe hinsichtlich akuter und chronischer Erkrankungen bedeutend sein.
Take Home Message für die Praxis: Die zukünftige Bedarfsplanung sollte die Arbeitslosenquote als wichtigste sozioökonomische Determinante berücksichtigen und die Haushaltsgröße als Bedarfsgewicht weiter beobachten.