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51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

21.09. - 23.09.2017, Düsseldorf

PRIMA – Polypharmakotherapie: Reduktion von unangemessenen Medikamenten und unerwünschten Nebenwirkungen bei älteren Patienten nach Expertenevaluation: eine kontrollierte randomisierte Studie – Endergebnisse

Meeting Abstract

  • G. Piccoliori - Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin, Bozen, Italien
  • C. Wiedermann - Krankenhaus Bozen Innere Medizin, Bozen, Italien
  • A. Sönnichsen - Universität Witten/Herdecke, Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Witten, Deutschland
  • M. Valentini - Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin, Bozen, Italien
  • S. Schmid - Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin, Bozen, Italien
  • A. Engl - Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin, Bozen, Italien

51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Düsseldorf, 21.-23.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17degam027

doi: 10.3205/17degam027, urn:nbn:de:0183-17degam0271

Veröffentlicht: 5. September 2017

© 2017 Piccoliori et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente (Polypharmakotherapie) ist ein häufiges Problem in der Behandlung von chronisch Kranken. Polypharmakotherapie ist bei älteren Patienten häufig mit einer inadäquaten Verwendung von Medikamenten verbunden, und führt auch vermehrt zu Wechselwirkungen sowie unerwünschten Nebenwirkungen und stationären Aufnahmen führt.

Fragestellung / Diskussionspunkt: Ziel dieser Studie ist es, herauszufinden, ob Experten-Empfehlungen für die Reduktion von unangemessenen und nicht-evidenz-basierten Medikamenten an behandelnde Hausärzte (HÄ) zu einer Verminderung von stationären Aufnahmen, Mortalität und unerwünschten Nebenwirkungen führen.

Methoden: Über die teilnehmenden HÄ wurden Patienten rekrutiert, die älter als 74 Jahren waren und mehr als 7 Wirkstoffe in Dauertherapie einnahmen. Nach Randomisierung der HÄ als Cluster wurden die medikamentösen Dauertherapien aller Patienten nach der Beers-Liste und nach Interaktionen zwischen den Wirkstoffen überprüft. Nur die Therapien der Interventionsgruppe wurden von einem EBM-Experten, einem Internisten und einem klinischen Pharmakologen beurteilt und eventuell Empfehlungen zur Medikamenteneinstellung für den behandelnden HA ausgearbeitet.

Ergebnisse: 46.3% der Patienten der Interventionsgruppe (N=142) hatten mindestens 1 Wirkstoff der Beers Liste. Bei 66.1% der Patienten (N=203) fand man mindestens 1 Interaktion vom Schweregrad D oder X. Laut den Experten sollte bei 76.5% der Patienten (N=235/307) mindestens ein Wirkstoff abgesetzt werden. Nur bei 35.7% der Patienten (N=84) mit unangemessenen Wirkstoffen wurde mindestens 1 Wirkstoff abgesetzt. Insgesamt wurden 23% aller als unangemessen bezeichneten Wirkstoffe (N=106) abgesetzt. Auf dem Kongress wird man den Vergleich der primären und sekundären Outcomes präsentieren, die zur Zeit noch ausgewertet werden.

Diskussion: Unsere Ergebnisse bestätigen, dass die Polypharmazie im Alter sehr häufig vorkommt und dass viele Medikamente in dieser Altersgruppe inadäquat verschrieben werden. Die Ergebnisse der Therapie Beurteilung zeigten, dass bei 3 von 4 Polypharmakotherapiepatienten zumindest ein Medikament überflüssig oder gar kontraindiziert sein konnte. Die Akzeptanz und Umsetzung der Expertenempfehlungen von Seiten der Hausärzte und der Patienten selber stellte sich als schwierig heraus. Dementsprechend erwarten wir uns einen relativ bescheidenen Einfluss der Medikamenten-Reduktions-Empfehlungen auf Hospitalisierungen und Mortalität.