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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Mit Daten in die Zukunft – der ZBIW-Zertifikatskurs „Data Librarian”

Data for the future – the ZBIW certificate course “Data Librarian”

Case Report Personalgewinnung und -entwicklung

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GMS Med Bibl Inf 2024;24(1):Doc09

doi: 10.3205/mbi000592, urn:nbn:de:0183-mbi0005929

Veröffentlicht: 13. September 2024

© 2024 Lanczek.
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Zusammenfassung

Der Umgang mit Daten und die Unterstützung von Forschung entwickeln sich zu neuen Betätigungsfeldern für Wissenschaftliche Bibliotheken. Weiterbildungen in diesem Themenbereich sind bisher selten und werden gerade erst in Ausbildungs- und Studiengänge integriert. Der ZBIW-Zertifikatskurs „Data Librarian“ füllt diese Lücke und ermöglicht eine berufsbegleitende, modular strukturierte Qualifizierung auf Hochschulniveau. Dieser Beitrag stellt den Zertifikatskurs, seine Struktur und seine Entwicklung vor.

Schlüsselwörter: Bibliothek, Forschungsunterstützung, Data Librarian, Weiterbildung

Abstract

Data management and research support are emerging as new areas of activity for academic libraries. Training in this area is still rare and is only now being integrated into training and study programmes. The ZBIW certificate course “Data Librarian” fills this gap and enables a part-time, modularly structured qualification at university level. This article presents the certificate course, its structure and its development.

Keywords: library, research support, data librarian, continuing education


Einleitung und Ausgangssituation

In den vergangenen Jahren haben sich insbesondere wissenschaftliche Bibliotheken zu Zentren der Forschungsunterstützung entwickelt. Bereits vor rund 10 Jahren wurde erkannt, dass Bibliotheken aufgrund ihrer Expertise im Umgang mit Metadaten ein idealer Partner für Forscher*innen sein können (vgl. [1]).

Was den Bibliotheken damals fehlte, war Expertise im Umgang mit Forschungsdaten und ein Verständnis für den Forschungsprozess. Dies war zu der Zeit noch nicht in die bibliothekarische Ausbildung integriert. Mittlerweile gibt es immer mehr Studiengänge, die sich dieser Thematik annehmen (vgl. [2]). Allerdings benötigen die Absolvent*innen dieser Studienangebote einige Jahre der Ausbildung, bevor sie in den Bibliotheken ankommen. Des Weiteren bestand ein Mangel an Weiterbildungsangeboten für bereits im Berufsleben stehende Bibliothekar*innen, um diese mit den erforderlichen Kenntnissen zu versorgen. Hier bot sich für das ZBIW – Zentrum für Bibliotheks- und Informationswissenschaftliche Weiterbildung der TH Köln – die Gelegenheit ein entsprechendes Angebot zu entwickeln.


Entwicklung des Kurses

Zertifikatskurse der TH Köln benötigen für die inhaltliche Gestaltung und Vergabe von Leistungspunkten (ECTS – European Credit Transfer System) eine wissenschaftliche Leitung. Prof. Dr. Konrad Förstner ist seit Anfang an die wissenschaftliche Leitung dieses Kurses. Der Impuls zur Entwicklung eines solchen Angebotes manifestierte sich bereits zuvor, denn auf Tagungen wurde bereits über das Berufsbild des „Data Librarians“ diskutiert und erste wissenschaftliche Bibliotheken strebten danach, sich als Unterstützer*innen der Forschung zu positionieren. Prof. Förstner hat in 2018 am Institut für Informationswissenschaft der TH Köln die Professur für Informationskompetenz angetreten und bringt seine Expertise zu den Bereichen Programmierung, Wissenschaftszyklus und Open Science in den Kurs ein, neben seiner Funktion als wissenschaftliche Leitung. Gemeinsam mit ihm und durch eine Befragung unserer potentiellen Zielgruppe in wissenschaftlichen Bibliotheken wurden Themenbereiche identifiziert, die ein zukünftiger Data Librarian im Berufsalltag benötigt. Daraus ist der heutige Kurs als Ergebnis hervorgegangen. Die vergebenen ECTS sind grundsätzlich für ein danach folgendes Studium anrechenbar, sofern die jeweilige Hochschule die Anrechnung genehmigt.


Kursaufbau

Der Zertifikatskurs ist als Blended-Learning-Angebot mit E-Learning-Phasen sowie Präsenztagen konzipiert und besteht aus sechs aufeinander aufbauenden Modulen:

  • Modul 1: Hacken und experimentieren mit Daten
  • Modul 2: Daten strukturieren – beschreiben – wiederauffinden
  • Modul 3: Daten analysieren und darstellen
  • Modul 4: Forschungs(daten)prozess verstehen und unterstützen
  • Modul 5: Nachhaltig und verantwortungsvoll handeln im Umgang mit Daten
  • Modul 6: Projektmodul

In den ersten Modulen stehen Programmierung und Datenverarbeitung im Mittelpunkt, ein Bereich, der eine Brücke zum klassischen bibliothekarischen Wissen schlägt. Die weiteren Module beschäftigen sich mit Forschungsdaten, dem ethisch und rechtlich verantwortungsvollen Umgang mit Daten und natürlich dem Praxisprojekt zum Abschluss des Kurses. Im Rahmen des Projektmoduls verfassen die Teilnehmer*innen eine Projektarbeit, die bewertet wird.


Bisher durchgeführte Kurse

Bisher haben vier Kursdurchläufe stattgefunden. Der fünfte Kurs ist derzeit in Durchführung und endet im September 2024 und der sechste Kurs befindet sich zurzeit in der Anmeldephase. Insgesamt haben bereits 60 Personen den Kurs erfolgreich abgeschlossen. Die Teilnehmer*innen der bisherigen Kurse kommen aus Universitäts- und (Fach-)Hochschulbibliotheken, Firmenbibliotheken, einer öffentlichen Bibliothek, Spezialbibliotheken und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Einige haben an der Weiterbildung auch aus persönlichem Interesse als Privatpersonen teilgenommen. Die Personen stammen aus einem Großteil der Bundesrepublik Deutschland, aus insgesamt 12 der 16 Bundesländer: Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Hamburg, Berlin, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Thüringen, Hessen, Baden-Württemberg, Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Ebenso gibt es vereinzelte Teilnahmen aus dem europäischen Ausland, aus der Schweiz und aus Italien. Der Kurs wird umfassend mit Eingangs-, Verlaufs-, Abschluss- und Postevaluation evaluiert. Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass die Inhalte des Kurses stets aktuell sind und sich unmittelbar in den Institutionen der Absolvent*innen anwenden lassen. Finden sich Hinweise zur Verbesserung des Kurses in den Evaluationen, so werden diese Hinweise genau analysiert und fließen in die Weiterentwicklung ein. Beispielsweise gibt es mittlerweile eine noch stärkere inhaltliche Verzahnung der ersten drei Module, die noch durchgängiger auf die Anwendung der Programmiersprache Python ausgelegt sind. Dies war bei den ersten Kursdurchläufen nicht so stringent und ist aufgrund von Hinweisen in der Evaluation geändert worden. Alle Module wurden im Laufe der Jahre auf diese Weise immer wieder inhaltlich aktualisiert und so am Puls der Zeit gehalten. Der Kurs kann daher als gelungenes und akzeptiertes Weiterbildungsangebot eingeordnet werden.


Fazit

Die Arbeit mit Daten stellt seit jeher einen wesentlichen Bestandteil bibliothekarischer Tätigkeit dar. Gegenwärtig und in den kommenden Jahren erfolgt eine Erweiterung dieses Arbeitsbereichs um weitere Datenarten sowie um Angebote zur Unterstützung des Forschungsprozesses. In diesem Kontext bieten sich mit geeigneten Weiterbildungsformaten vielversprechende Möglichkeiten, fehlende Kenntnisse zu erwerben oder bereits vorhandene Expertise zu vertiefen. Eine dieser Optionen stellt der ZBIW-Zertifikatskurs „Data Librarian” dar. Der Kurs wird auch in Zukunft regelmäßig weiterentwickelt. Ob und inwiefern hier derzeit aktuelle Trendthemen, wie beispielsweise Künstliche Intelligenz, einen Einfluss auf die inhaltliche Struktur haben werden, wird sich zeigen. Aufgrund der bisher hohen Nachfrage lässt sich prognostizieren, dass durch den Kurs eine Vielzahl weiterer Personen qualifiziert werden könnte, um die digitalen Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.


Anmerkungen

ZBIW-Zertifikatskurs „Data Librarian“

Interessenkonflikte

Dieser Zertifikatskurs wurde gemeinsam von Prof. Dr. Konrad Förstner und mir entwickelt und weiterentwickelt. Ich bin Mitarbeiter im ZBIW – Zentrum für Bibliotheks- und Informationswissenschaftliche Weiterbildung der TH Köln und der Kurs wird von uns als Veranstalter angeboten. Es gibt keine öffentlichen Fördergelder für den Kurs.

ORCID des Autors

Marvin Lanczek: 0000-0001-8247-3052


Literatur

1.
Hochschulrektorenkonferenz. Wie Hochschulleitungen die Entwicklung des Forschungsdatenmanagements steuern können. Orientierungspfade, Handlungsoptionen, Szenarien. Empfehlung der 19. HRK-Mitgliederversammlung am 10.11.2015. 2015 [Letzter Zugriff: 24.05.2024]. Verfügbar unter: https://www.hrk.de/positionen/beschluss/detail/wie-hochschulleitungen-die-entwicklung-des-forschungsdatenmanagements-steuern-koennen-orientierungsp/ Externer Link
2.
TH Köln. Data and Information Science (Bachelor) – Inhalte. [Letzter Zugriff: 24.05.2024]. Verfügbar unter: https://www.th-koeln.de/studium/data-and-information-science-bachelor--inhalte_52782.php Externer Link