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Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Systematische und transparente Entwicklung und Dokumentation einer umfassenden Literaturrecherche: Ein Vorschlag für ein Rechercheprotokoll

Systematic and transparent development and documentation of a comprehensive literature search: A suggestion for a search template

Fachbeitrag

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  • corresponding author Julian Hirt - Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland; Institut für Pflegewissenschaft, Departement Gesundheit, OST – Ostschweizer Fachhochschule, St.Gallen, Schweiz; Departement Klinische Forschung, Universitätsspital Basel und Universität Basel, Basel, Schweiz
  • Thomas Nordhausen - Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2022;22(2):Doc20

doi: 10.3205/mbi000538, urn:nbn:de:0183-mbi0005385

Veröffentlicht: 20. Dezember 2022

© 2022 Hirt et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Die Beurteilung der Qualität von Literaturrecherchen sowie deren Aktualisierung und Adaption erfordern eine sorgfältige, nachvollziehbare und transparente Dokumentation. Es existieren Richtlinien zur Dokumentation der Entwicklung und des Verlaufs einer Literaturrecherche. Jedoch ist den Autoren keine editierbare Vorlage bekannt, welche im Rahmen der Literaturrecherche begleitend erstellt werden kann. Der vorliegende Beitrag möchte daher ein Rechercheprotokoll zur systematischen und transparenten Entwicklung und Dokumentation einer umfassenden Literaturrecherche vorstellen. Das Protokoll umfasst die wesentlichen Schritte der Datenbankrecherche sowie ergänzenden Recherchemöglichkeiten und bietet eine Möglichkeit zur methodischen und inhaltlichen Begründung der enthaltenen Schritte. Es berücksichtigt die aktuellen Richtlinien für die Berichterstattung der Suchstrategien. Das Rechercheprotokoll wird kostenfrei bereitgestellt und ist mit gängigen Textbearbeitungsprogrammen editierbar. Die Inhalte sind entsprechend der individuellen Recherchestrategien anzupassen.

Schlüsselwörter: systematische Literaturrecherche, systematische Übersichtsarbeit, Datenbanken, Manual, Informationskompetenz

Abstract

Assessing the quality of literature searches and their updating and adaptation require careful, comprehensive and transparent documentation. Guidelines exist for documenting the development and progress of a literature search. However, the authors are not aware of an editable template that can be used to document the literature search. Therefore, this paper aims to present a search template for the systematic and transparent development and documentation of a comprehensive literature search. The template includes essential steps of the database search as well as supplementary search options and offers a possibility for methodical and content-related justification of the included steps. It considers current guidelines for reporting search strategies. The search template is provided free of charge and is editable with common text editing programs. The contents are to be adapted according to the individual search strategies.

Keywords: systematic literature research, systematic review, databases, manual, information literacy


Hintergrund und Relevanz

Der Umfang und die Methodik von systematischen Literaturrecherchen nehmen im Rahmen von Evidenzsynthesen wie systematischen Übersichtsarbeiten oder Leitlinien eine zentrale Rolle ein [1]. Die durch eine Literaturrecherche angereicherten Wissensbestände zur Beantwortung einer Fragestellung sind maßgeblich für die klinische Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen [2].

Die Beurteilung der Qualität von Literaturrecherchen, deren Aktualisierung und Adaption erfordern eine sorgfältige, nachvollziehbare und transparente Dokumentation [3]. Hierzu zählen die Angabe der Suchquelle (bspw. Datenbank oder Suchmaschine), Suchbegriffe und Boolesche Operatoren mit Suchfeldern und Limitationen (bspw. Jahres- oder Studiendesignfilter), Trefferzahl und Suchdatum [1], [4], [5]. Die aktualisierten „Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses“ (PRISMA 2020) Richtlinien empfehlen die transparente Darlegung der Suchstrategie für alle im Rahmen der Recherche verwendeten Datenbanken [6], [7], [8]. Die Anforderung zur umfänglichen Darlegung aller datenbankspezifischen Suchstrategien stellt eine wesentliche Erweiterung der PRISMA Richtlinien von 2009 dar, wo dies lediglich für eine Datenbank verlangt wurde [9], [10]. Des Weiteren existieren Berichterstattungsrichtlinien für andere Formen der Evidenzsynthese, wie beispielsweise Übersichtsarbeiten zu qualitativen Studien [11], [12] oder diagnostischen Studien [13] sowie Scoping Reviews [14] oder Netzwerkmetaanalysen [15].

PRISMA-S ist als Erweiterung von PRISMA eine Richtlinie, die spezifisch auf die Berichterstattung der Suchstrategien im Rahmen von systematischen Übersichtsarbeiten fokussiert [16]. Die Checkliste umfasst relevante Kriterien, welche für Recherchen in allen Formen von Evidenzsynthesen gelten können (bspw. auch für Scoping Reviews, Umbrella Reviews, Meta-Synthesen). Die 16 Kriterien wurden im internationalen Konsensverfahren mit Fachexpertinnen und -experten entwickelt. Im Kern wird damit angestrebt, einen einheitlichen und interdisziplinären Qualitätsstandard zur Verbesserung der Transparenz der Berichterstattung von Literaturrecherchen zu schaffen [16].

Die Notwendigkeit einer derartig spezifischen Richtlinie für Literaturrecherchen liegt in der schwachen Berichterstattungsqualität begründet, welche systematischen Übersichtsarbeiten in der Vergangenheit angelastet wurde. Untersuchungen mit dem Ergebnis einer mangelnden Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Qualität von Literaturrecherchen stammen bspw. aus dem allgemeinen biomedizinischen Bereich [17] sowie spezifischen gesundheitsbezogenen Bereichen, wie zahmedizinischen [18], [19], [20], chirurgischen [21], [22], pflegerischen [23], pädiatrischen oder kardiologischen Disziplinen [21]. Die Spezifizierung einer bestehenden und weit verbreiteten Berichterstattungsleitlinie für systematische Übersichtsarbeiten wie PRISMA hinsichtlich systematischer Literaturrecherchen ist daher zu begrüßen.

Während PRISMA-S die Kriterien für eine transparente und umfassende Berichterstattung von systematischen Literaturrecherchen liefert, existieren bereits Vorlagen zur Dokumentation der Entwicklung und des Verlaufs einer Literaturrecherche [24]. Den Autoren ist jedoch keine editierbare Version eines Protokolls bekannt, welches im Rahmen der Literaturrecherche begleitend erstellt werden kann. Der vorliegende Beitrag möchte daher ein Rechercheprotokoll zur systematischen und transparenten Entwicklung und Dokumentation einer umfassenden Literaturrecherche vorstellen.


Methodisches Vorgehen

Das Rechercheprotokoll wurde in seiner ersten Version 2019 publiziert [25], seither kontinuierlich durch die Autoren weiterentwickelt und ist als editierbare Version frei zugänglich [26]. Der Aufbau orientiert sich an den vorgeschlagenen zehn Schritten, wie sie in RefHunter beschrieben werden [27]. Diese Schritte umfassen die Festlegung des Rechercheprinzips, der Suchkomponenten und zu durchsuchenden Datenbanken, die Identifikation von Stich- und Schlagwörtern, die Entwicklung und Überprüfung des Suchstrings, die Durchführung und Dokumentation der Recherche sowie ergänzende Recherchemöglichkeiten (Zitationssuche, Handsuche, Kontaktierung von Studienautorinnen und -autoren sowie freie Websuche). Auf mögliche Iterationen in der Schrittabfolge wird explizit hingewiesen [27]. Die Protokollierung der Schritte berücksichtigt aktuelle Empfehlungen, welche bei der nachvollziehbaren Dokumentation der Literaturrecherche berücksichtigt werden sollten und eingangs skizziert wurden [3], [4], [6], [16]. Das Protokoll ist so angelegt, dass eine beliebige Anzahl von Datenbanken, Suchkomponenten und Suchbegriffen integriert werden kann. Es enthält ein Unterkapitel zur Überprüfung des Suchstrings in Anlehnung an die „Peer Review of Electronic Search Strategies“ (PRESS) Kriterien [28]. Die PRESS Kriterien zur Begutachtung von Suchstrategien wurden durch die Autoren augenscheinlich übersetzt, modifiziert und erweitert.


Rechercheprotokoll

Das Rechercheprotokoll ist eine Beilage zu RefHunter und steht zur kostenlosen bearbeitbaren Nutzung als Download zur Verfügung [26]. Die Inhalte in diesem Rechercheprotokoll sind entsprechend der individuellen Recherchestrategien anzupassen. Im Folgenden werden die einzelnen Kapitel des Rechercheprotokolls dargestellt.

Forschungsfrage mit Ein- und Ausschlusskriterien

Ausgangspunkt der Literaturrecherche ist eine beantwortbare Forschungsfrage. Hieraus lassen sich die Ein- und Ausschlusskriterien ableiten, welche als Grundlage für die systematische Literaturrecherche sowie die spätere Studienauswahl maßgebend sind. In diesem Abschnitt sollten daher die entwickelte Forschungsfrage sowie die Ein- und Ausschlusskriterien dokumentiert werden. Zudem bietet das Rechercheprotokoll die Möglichkeit, eine Begründung für (einzelne) Ein- und Ausschlusskriterien darzulegen.

Festlegung des Rechercheprinzips

Die Festlegung des Rechercheprinzips ist essenziell für jede Art der Literaturrecherche, da sich daran die Umfänglichkeit und methodische Qualität der Recherche orientieren. Alle nachkommenden Schritte werden durch das gewählte Rechercheprinzip beeinflusst. Das Rechercheprinzip kann auf einem Kontinuum zwischen einem spezifischen und einem sensitiven Ansatz dargestellt werden. Ein spezifisches Rechercheprinzip beabsichtigt, möglichst rasch die wichtigsten Treffer für eine Fragestellung aufzufinden. Dies bedeutet die Durchführung einer tendenziell gezielten Recherche mit engem Suchansatz, bspw. in nur einer oder wenigen Datenbanken, mit den wichtigsten Suchbegriffen und/oder starken Eingrenzungen. Eine spezifische Recherche führt zu einer niedrigen Gesamtzahl an gefundenen Treffern, von denen ein hoher Anteil relevant ist. Sie ist daher mit weniger Aufwand bei der Auswahl der Referenzen verbunden, allerdings steigt das Risiko, dass relevante Treffer übersehen werden. Das sensitive Rechercheprinzip beabsichtigt, umfassend zu recherchieren bzw. möglichst alle für eine Fragestellung relevanten Treffer zu identifizieren. Dies bedeutet die Durchführung einer tendenziell umfangreichen Recherche mit breitem Suchansatz, bspw. in vielen verschiedenen Datenbanken, mit vielen denkbaren Suchbegriffen und/oder keinen bzw. nur wenigen Eingrenzungen. Eine sensitive Recherche führt zu einer hohen Gesamtzahl an gefundenen Treffern, von denen ein hoher Anteil nicht relevant ist. Sie ist daher mit mehr Aufwand bei der Auswahl der Referenzen verbunden, dafür ist das Risiko geringer, dass relevante Treffer übersehen werden. Das Kontinuum zwischen sensitivem und spezifischen Rechercheprinzip verdeutlicht, dass die Übergänge fließend und nicht trennscharf sind. Eine Abwägung zu einem der beiden Pole gibt jedoch Orientierung für die Durchführenden der Recherche sowie zur Nachvollziehbarkeit und Transparenz des verfolgten Suchansatzes. Sofern eine klare Festlegung des Rechercheprinzips nicht möglich ist, gibt es die Möglichkeit der Angabe einer Mischform, welche teilweise sensitiv bzw. spezifisch ist. Ihr Ziel ist es, möglichst viele relevante Treffer mit einem optimierten Aufwandsverhältnis zu finden. Im Rechercheprotokoll können eine Begründung oder das Ziel der Recherche angeführt werden, um diese Entscheidung für die nachkommenden Schritte argumentativ zu untermauern.

Festlegung der Suchkomponenten

In diesem Schritt wird die Fragestellung in ein recherchierbares Format überführt. Ein recherchierbares Format dient dazu, dass die thematischen Bestandteile der Fragestellung in die Suchmaske der jeweiligen Datenbank eingegeben werden können [29]. Das Grundprinzip dabei ist, die Frage anhand inhaltlicher und methodischer Überlegungen in einzelne, voneinander getrennte Bestandteile oder Themenbereiche, sogenannte Suchkomponenten, zu zerlegen [30]. Diese Zerlegung ist notwendig, weil sie der Funktionsweise der Datenbanken entspricht. Sie ist die Grundvoraussetzung, um in nachfolgenden Schritten geeignete Suchbegriffe zu finden und diese sinnvoll bei der Eingabe in die Datenbanken miteinander zu verknüpfen. Im Rechercheprotokoll besteht die Möglichkeit, beliebig viele Suchkomponenten festzuhalten. Zudem können Begründungen für (einzelne) festgelegte oder nicht festgelegte Suchkomponenten hinterlegt werden, falls dies sinnvoll sein sollte.

Festlegung der zu durchsuchenden Datenbanken

Die Auswahl geeigneter Datenbanken erfordert eine Auseinandersetzung damit, wie viele und welche Datenbanken zu durchsuchen sind bzw. ob weitere Datenbanken einbezogen werden sollten. Zu beachten bei der Auswahl sind die unterschiedlichen Möglichkeiten, mit denen sich in Datenbanken recherchieren lässt, weil damit wesentliche Weichen für die Suchsprache und -techniken gestellt werden. Die Auswahl der Datenbanken sollte aus diesem Grund mit einer spezifischen Begründung einhergehen, welche im Rechercheprotokoll festgehalten werden kann. Zudem sollte die Suchmaschine angegeben werden, mit der die Datenbanken durchsucht wird (bspw. MEDLINE/EBSCO oder MEDLINE/Ovid). Zu beachten ist, dass – neben weiteren Suchquellen – auch Studienregister oder Suchmaschinen unter Datenbanken protokolliert werden sollten.

Identifikation von Stichwörtern

In diesem Schritt erfolgt die Suche nach Synonymen für Suchbegriffe der einzelnen Suchkomponenten, sogenannte Stichwörter. Stichwörter sind zentrale Begriffe innerhalb von Referenzen (bspw. im Titel, Abstract oder Volltext), d.h. sie stammen von den Autorinnen/Autoren der jeweiligen Referenz. Sie werden für die Freitextsuche verwendet. Das bedeutet, dass die ausgewählten Suchfelder (wie bspw. Titel, Abstract, Volltext) der in einer Datenbank enthaltenen Referenzen dahingehend durchsucht werden, ob sie die Stichwörter oder deren Kombinationen enthalten/nicht enthalten bzw. von den Autorinnen und Autoren der jeweiligen Referenz verwendet/nicht verwendet wurden. Das Rechercheprotokoll eröffnet die Möglichkeit, je Datenbank und Suchkomponente geeignete Stichwörter festzuhalten. Zudem kann eine Begründung für (einzelne) gewählte oder nicht gewählte Stichwörter hinterlegt werden.

Identifikation von Schlagwörtern

Bei Schlagwörtern handelt es sich um Suchbegriffe, die den in einer Datenbank aufgeführten Einträgen anhand von bspw. thematischen und/oder methodischen Gesichtspunkten (bspw. Krankheitsbild, Studiendesign, Dokumenttyp) von den Betreibern der Datenbanken in der Regel auf Volltextbasis zugeordnet wurden. Diese Zuordnung erfolgt meist anhand von inhaltlichen (bspw. Fachgebiet, Zielgruppe, Intervention) oder methodischen (bspw. Studiendesign, Methode der Datenerhebung/-auswertung) Überlegungen. Geeignete Schlagwörter werden anhand der identifizierten Stichwörter mithilfe der Schlagwortkataloge einer Datenbank, dem sogenannten „controlled vocabulary“ gefunden. Das Rechercheprotokoll eröffnet die Möglichkeit, je Datenbank und Suchkomponente geeignete Schlagwörter anhand der bereits bestimmten Stichwörter festzuhalten. Zudem kann wie im vorherigen Schritt eine Begründung für (einzelne) gewählte oder nicht gewählte Schlagwörter hinterlegt werden.

Entwicklung des Suchstrings

Mit der Entwicklung des Suchstrings werden die einzelnen Suchkomponenten der Fragestellung bzw. die darunter identifizierten Stich- und Schlagwörter mithilfe von Booleschen Operatoren zusammengeführt. Die in den vorherigen beiden Schritten identifizierten Stich- und Schlagwörter werden je Suchkomponente und Datenbank mit den entsprechenden Booleschen Operatoren kombiniert und können in der Form im Rechercheprotokoll festgehalten werden. Zudem wird in diesem Schritt die Suchtechnik dokumentiert, bspw. die Verwendung von Wortabstandsoperatoren, Anführungszeichen zur Phrasensuche oder Platzhaltern. Auch die entsprechend zu verwendenden Suchfelder können in Form der datenbankspezifischen Syntax festgehalten werden. Das Rechercheprotokoll bietet zudem die Möglichkeit, eine Begründung für (einzelne) verwendete oder nicht verwendete Suchtechniken und/oder Stich- und Schlagwörter bzw. Suchfelder zu hinterlegen.

Überprüfung des Suchstrings

Vor der Durchführung der Recherche ist es ratsam, die bis hierhin entwickelte Suchstrategie noch einmal gründlich zu begutachten. Es gilt dabei zu überprüfen, ob die Suchbegriffe und Schlagwörter passend sind und/oder die zugrundeliegende Fragestellung ausreichend abbilden. Des Weiteren ist es wichtig zu überprüfen, dass bei der Entwicklung des Suchstrings keine Tippfehler gemacht wurden und die Suchbefehle korrekt eingegeben wurden. Zudem sollte die Verknüpfung der Suchbegriffe mit den Booleschen Operatoren sowie das Setzen von Klammern, Trunkierungen und Anführungszeichen auf Korrektheit überprüft werden. Bei der Überprüfung des Suchstrings wird der iterative Charakter einer systematischen Literaturrecherche deutlich. Auch wenn die Recherche als systematischer Prozess strukturiert nach mehreren Schritten erfolgen kann, sollte stets die Möglichkeit für Anpassungen gegeben sein. Die Anpassungen können sowohl geringfügig als auch fundamentaler Natur sein, wenn bspw. ganze Suchkomponenten neu überdacht werden müssen. Im Rechercheprotokoll kann die Korrektheit je datenbankspezifischem Suchstring mit den in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellten Fragen überprüft werden. Optimalerweise findet dieser Prozess durch eine außenstehende und methodisch erfahrene Person statt [28]. In Abhängigkeit von der methodischen Qualität der Literaturrecherche ist es jedoch auch denkbar, dass die Überprüfung im Sinne einer Selbstreflexion durch die Recherchierenden stattfindet. Im Rechercheprotokoll besteht die Möglichkeit anzugeben, ob ein Suchstring überprüft wurde, durch welche Person und an welchem Datum. Für jedes Kriterium kann eine Erläuterung angeführt werden. Die sich aus der Überprüfung ergebenden Änderungsbedarfe der Suchstrings können im Rechercheprotokoll entsprechend festgehalten werden.

Durchführung der Recherche

Für die eigentliche Durchführung der Recherche können im Rechercheprotokoll die bei der Recherche angewendeten Suchfilter (bspw. in Hinblick auf die Ein- und Ausschlusskriterien) sowie Besonderheiten der Durchführung der Recherche in spezifischen Datenbanken festgehalten werden. Sofern eine Begründung für die Verwendung von Suchfiltern notwendig ist, kann diese im Rechercheprotokoll festhalten werden.

Dokumentation der Recherche

Die Dokumentation der Recherche umfasst die datenbankspezifischen Angaben mit Suchdatum, Sucheingabe und Suchtreffer. Im Rechercheprotokoll besteht die Möglichkeit, dazu je Datenbank eine vorformatierte Tabelle zu editieren.

Ergänzende Recherchemöglichkeiten

Unter diesem Punkt können im Rechercheprotokoll ergänzende Suchansätze festgehalten werden. Das Rechercheprotokoll hält eine Vorlage für die vorwärts- und rückwärtsgerichtete Zitationssuche, Handsuche, Kontaktierung von Studienautorinnen und -autoren sowie die freie Websuche vor.


Schlussfolgerungen

Systematische Literaturrecherchen umfassen unterschiedliche Methoden. Eine sorgfältige, nachvollziehbare und transparente Dokumentation ist daher für die Beurteilung ihrer Qualität, ihre Aktualisierung oder ihre Adaption notwendig. Zudem stellt der iterative Charakter von systematischen Literaturrecherchen die Form der Dokumentation vor Herausforderungen. In Anbetracht fehlender Protokollvorlagen stellen wir mit dem von uns entwickelten Rechercheprotokoll eine Möglichkeit vor, der Notwendigkeit einer systematischen Dokumentation nachzukommen. Das Protokoll umfasst die wesentlichen Schritte der Datenbankrecherche sowie ergänzenden Recherchemöglichkeiten und bietet eine Möglichkeit zur methodischen und inhaltlichen Begründung der enthaltenen Teilschritte. Es berücksichtigt die aktuellen PRISMA-S Richtlinien für die Berichterstattung der Suchstrategien im Rahmen von systematischen Übersichtsarbeiten [16]. Das Rechercheprotokoll wird kostenfrei bereitgestellt und ist mit gängigen Textbearbeitungsprogrammen editierbar.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.

Für die Arbeit stand keine finanzielle Förderung zur Verfügung.


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