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Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Neuerungen im Urheberrecht für Bibliotheken

Changes in copyright law for libraries

Fachbeitrag AGMB-Jahrestagung in Oldenburg 2018

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  • corresponding author Michael Ernst - Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2018;18(3):Doc16

doi: 10.3205/mbi000417, urn:nbn:de:0183-mbi0004177

Veröffentlicht: 21. Dezember 2018

© 2018 Ernst.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Der Beitrag geht auf neue urheberrechtliche Erlaubnisse des „Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetzes“ (UrhWissG) ein und zeigt Gelegenheiten der praktischen Umsetzung innerhalb der Bibliothekslandschaft auf. Hierbei werden nach Möglichkeit Praxisbeispiele gegeben und Fallstricke aufgedeckt. Thematisiert werden u.a. Fernleihe und Kopienversand auf Einzelbestellung, Vertragsvorrang, elektronische Leseplätze, pauschale Vergütung und Einzelabrechnung.

Schlüsselwörter: Urheberrechtsgesetz, Schranken des Urheberrechts, gesetzlich erlaubte Nutzungen, elektronische Leseplätze, Kopienversand auf Einzelbestellung

Abstract

The article discusses new copyright permissions of the “Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz“ (UrhWissG) and highlights opportunities for practical implementation within the library landscape. Here, if possible, practical examples are given and pitfalls uncovered. The contribution discusses i.a. interlibrary loan and copy delivery upon individual order, contract priority, electronic reading stations, flat-rate remuneration and individual billing.

Keywords: Act on Copyright and Related Rights, statutory exceptions, lawfully permitted uses, electronic reading stations, copy delivery upon individual order


Allgemeines

Durch das Gesetzesvorhaben mit dem sperrigen Namen „Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft“ oder kürzer Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) wurde mit Wirkung zum 1.3.2018 der Unterabschnitt 4 „Gesetzlich erlaubte Nutzungen für Unterricht, Wissenschaft und Institutionen“ – §§ 60a bis 60h neu in das Urheberrechtsgesetz (UrhG) eingefügt. Für Bibliotheken sind hierbei vor allem die Regelungen in §§ 60e–h UrhG wichtig, auf die sich in diesem Beitrag beschränkt wird. Obwohl auch die Bestimmungen zum Text- und Datamining (§ 60d UrhG) und zu elektronischen Semesterapparaten (§ 60a UrhG) für Bibliotheken interessant sein könnten, muss aus Platzgründen hier auf diese verzichtet werden.

Der neugeschaffene § 60e UrhG beherbergt nun diejenigen Regelungen, die bisher über das Urheberrechtsgesetz verstreut waren und ausschließlich Bibliotheken betreffen. Über die Verweisung in § 60f UrhG sind diese Regelungen auch analog auf Museen und Archive anwendbar.


§ 60e UrhG (Bibliotheken)

Absatz 1 (bibliothekarische Nutzungen und Vervielfältigungen)

  • § 60e Bibliotheken
    (1) Öffentlich zugängliche Bibliotheken, die keine unmittelbaren oder mittelbaren kommerziellen Zwecke verfolgen (Bibliotheken), dürfen ein Werk aus ihrem Bestand oder ihrer Ausstellung für Zwecke der Zugänglichmachung, Indexierung, Katalogisierung, Erhaltung und Restaurierung vervielfältigen oder vervielfältigen lassen, auch mehrfach und mit technisch bedingten Änderungen.

Zunächst ist in Abs. 1 eine Legaldefinition der Bibliotheken enthalten, welche auch für die folgenden Absätze gilt, nach der Bibliotheken im Sinne des Urheberrechts keine unmittelbaren oder mittelbaren kommerziellen Zwecke verfolgen. Sofern im Einzelfall durch die bibliothekarische Arbeit doch kommerzielle Ziele verfolgt werden, muss der betreffenden Bibliothek die Berufung auf die genannte Norm versagt werden.

Kommerzielle Zwecke im Sinne der Vorschrift bestehen immer dann, eine Gewinnerzielung aus der reinen Bibliothekstätigkeit vorgesehen ist. Da der Gesetzgeber insoweit nicht etwa die Formulierung „unentgeltlich und nicht zu gewerblichen Zwecken“ aus § 60 Abs. 1 übernommen hat, sondern allein auf den kommerziellen Zweck insgesamt abstellt, schließt das Erheben insbesondere von Leih- und Benutzungsgebühren eine Bibliothek nicht vom Kreis der nach § 60e privilegierten Institutionen aus und ist mithin unschädlich [1]. Dies wird auch angenommen für Entgelte, die von den privilegierten Institutionen zur Deckung ihrer Verwaltungstätigkeit erhoben werden [2]. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist jedoch immer dann anzunehmen, wenn die Erhebung von Leih- und Benutzungsgebühren dazu dienen soll, nicht nur den mit der Bibliothekstätigkeit verbundenen Verwaltungsaufwand zu decken, und sich etwa in einer überdurchschnittlichen Höhe der Gebühren niederschlägt.

Zu den privilegierten Einrichtungen zählen weiterhin nur öffentlich zugängliche Bibliotheken, nicht hingegen der Öffentlichkeit verschlossene Bibliotheken in Unternehmen und anderen zugangsbeschränkten Institutionen. Die Frage der öffentlich- oder privatrechtlichen Trägerschaft oder Ausgestaltung spielt dagegen keine Rolle [1], [3].

Zur erlaubten Vervielfältigung nutzbar sind nur solche Werke aus Bestand oder der Ausstellung der Bibliothek. Diese Bestandsakzessorietät bewirkt, dass Vervielfältigungen von vorübergehenden Beständen nach deren Rückgabe nicht mehr unter die nach § 60e UrhG erlaubten Nutzungen fallen.

Zu den erlaubten Nutzungen zählen Vervielfältigungen zum Zweck der Indexierung, Erhaltung, Zugänglichmachung und Restaurierung. Die Vervielfältigung zum Zweck der Indexierung erlaubt den Bibliotheken z.B. durchsuchbare PDF-Dateien zu erstellen [4]. Wichtiger Anwendungsfall für die Katalogisierung sind bspw. Anreicherungen von Bibliothekskatalogen und Discoverysystemen mit Funktionen wie der Volltextsuche. Kopien für Zwecke der Erhaltung sollen den Bibliotheken eine umfassende Bestandssicherung erlauben. Darunter fällt insbesondere die Langzeitarchivierung von analogen und digitalen Beständen der öffentlich zugänglichen Bibliothek [4]. Der Zweck der Restaurierung ergibt sich ebenfalls aus Funktion und Aufgabe der Bibliotheken als Gedächtnisinstitutionen.

Absatz 2 (Restaurierung und Verleih)

  • § 60e Bibliotheken
    (2) 1Verbreiten dürfen Bibliotheken Vervielfältigungen eines Werkes aus ihrem Bestand an andere Bibliotheken oder an in § 60f genannte Institutionen für Zwecke der Restaurierung. 2Verleihen dürfen sie restaurierte Werke sowie Vervielfältigungsstücke von Zeitungen, vergriffenen oder zerstörten Werken aus ihrem Bestand.

Es ist Bibliotheken gestattet, ihr eigenes unbeschädigtes Bestandswerk zu vervielfältigen und sodann weiterzugeben, damit es die restaurierende Bibliothek oder Archiv/Museum für ihre Erhaltungs- und Restaurierungsarbeiten am eigenen Bestand nutzen kann (Abs. 2 S. 1). Hierbei muss jedoch die Zweckgebundenheit der Vervielfältigung beachtet werden. So ist es nicht zulässig, zusätzliche Zwecke zu verfolgen, wie bspw. die Vervielfältigung gleich zur Fernleihe zu nutzen.

Weiterhin dürfen restaurierte Originalwerke vorübergehend zum unentgeltlichen Gebrauch überlassen werden (reguläre Bibliotheksausleihe; Abs. 2 S. 2). Diese Erlaubnis bezieht sich jedoch nur auf analoge Vervielfältigungsstücke, auch wenn dies nicht ausdrücklich in Satz 2 genannt wird. Eine Erlaubnis, dass auch digitale Kopien der betreffenden Werke verliehen werden können, ergibt sich weder aus dem Gesetzestext, noch aus der Gesetzesbegründung [4].

Vergriffen ist ein Werk, welches nicht mehr lieferbar ist [5]. Wobei hier nur auf die Lieferbarkeit direkt vom Verlag bzw. über den regulären Buchhandel abgestellt wird. Antiquarische oder private Bezugsmöglichkeiten sind hiervon nicht erfasst. Weiterhin kommt es dabei nicht darauf an, wie lange das Werk schon vergriffen ist [6].

Neu ist auch die Befugnis, restaurierte Werke und solche Vervielfältigungsstücke zu verleihen, von denen das Original zerstört wurde.

Im Gegensatz zur Erlaubnis nach § 60e UrhG bleibt für Bibliotheken, die zu kommerziellen Zwecken handeln, lediglich die Befugnis aus § 53 Abs. 6 S. 2 UrhG erhalten, da hier keine Einschränkung auf nicht-kommerzielle Nutzungen besteht.

  • § 53 Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch
    (6) 1Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. 2Zulässig ist jedoch, rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungsstücke von Zeitungen und vergriffenen Werken sowie solche Werkstücke zu verleihen, bei denen kleine beschädigte oder abhanden gekommene Teile durch Vervielfältigungsstücke ersetzt worden sind.

Demnach ist es auch kommerziellen Bibliotheken gestattet, reparierte Werke und rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungsstücke der genannten Werkarten zu verleihen. Den umfassenderen Regelungen des § 60e UrhG ist diese Bestimmung jedoch nicht gleichwertig.

Absatz 3 (Ausstellungen und Kataloge)

  • § 60e Bibliotheken
    (3) Verbreiten dürfen Bibliotheken Vervielfältigungen eines in § 2 Absatz 1 Nummer 4 bis 7 genannten Werkes, sofern dies in Zusammenhang mit dessen öffentlicher Ausstellung oder zur Dokumentation des Bestandes der Bibliothek erfolgt.

Schwerpunkt der praktischen Anwendung werden Ausstellungen von Museen sein, für die nach § 60f UrhG die Vorschrift entsprechend gilt. Ein zeitlicher Zusammenhang mit der Ausstellung ist anders als in der alten Regelung des § 58 Abs. 2 UrhG nicht mehr zwingend erforderlich. Dadurch können die urheberrechtlich geschützten Inhalte nach dem Ausstellungsende noch verbreitet werden. Von der Norm erfasst sind auch Werke in Dauerausstellungen [7]. Im Vergleich zur alten Regelung dürfen nun mehr Werkarten genutzt werden, insbesondere auch Filmwerke und technische Skizzen [8].

Absatz 4 (elektronische Leseplätze)

  • § 60e Bibliotheken
    (4) 1Zugänglich machen dürfen Bibliotheken an Terminals in ihren Räumen ein Werk aus ihrem Bestand ihren Nutzern für deren Forschung oder private Studien. 2Sie dürfen den Nutzern je Sitzung Vervielfältigungen an den Terminals von bis zu 10 Prozent eines Werkes sowie von einzelnen Abbildungen, Beiträgen aus derselben Fachzeitschrift oder wissenschaftlichen Zeitschrift, sonstigen Werken geringen Umfangs und vergriffenen Werken zu nicht kommerziellen Zwecken ermöglichen.

Voraussetzungen dieser Regelung sind, dass Werke nur innerhalb der Räume der Bibliothek zugänglich gemacht werden und sich die Originalwerke im Bestand der Einrichtung befinden. Auch hier ist die Bestandsakzessorietät zu beachten, d.h. sobald vorübergehende Bestände wieder zurückgegeben werden, erlischt die Erlaubnis, Vervielfältigungen an Computerarbeitsplätzen innerhalb der Einrichtung anbieten zu dürfen. Die Bereitstellung von Zeitungsvervielfältigungen ist hier evtl. über „sonstige Werke geringen Umfangs“ möglich.

Auch diese Gestattung umfasst nur nicht-kommerzielle Zwecke. Nutzungen dürfen demnach nur in privatem Kontext oder für die nicht-kommerzielle wissenschaftliche Forschung erfolgen [2]. Bibliotheken sind jedoch schon aus praktischen Gründen nicht verpflichtet, die Berechtigung der Besteller nachzuprüfen, müssen jedoch bei offensichtlichem Verstoß tätig werden. Ein Hinweis auf die Verpflichtung des Berechtigten zur Beachtung des Urheberrechts ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu den Kopierläden [9] jedoch anzuraten.

Bezüglich der Terminalschranke ist der Verlagsvorrang gemäß § 60g Abs. 2 UrhG zu beachten (ausführlicher siehe unten § 60g Vertragsvorrang). Es besteht weiterhin eine Vergütungspflicht. Ein an die neue Rechtslage angepasster Rahmenvertrag zwischen der Kultusministerkonferenz als Vertreter der Länder und der VG Wort ist derzeit wohl noch in Verhandlung. Der alte Rahmenvertrag zu § 52b UrhG gilt aber entsprechend.

Absatz 5 (Kopienversand auf Einzelbestellung)

  • § 60e Bibliotheken
    (5) Auf Einzelbestellung an Nutzer zu nicht kommerziellen Zwecken übermitteln dürfen Bibliotheken Vervielfältigungen von bis zu 10 Prozent eines erschienenen Werkes sowie einzelne Beiträge, die in Fachzeitschriften oder wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen sind.

Neu eingeführt und zusätzlich zur Fernleihe möglich, ist seit dem 1.3.2018 ein Kopienversand auf Bestellung an den Endnutzer. Aufgrund der Begrenzung auf Einzelbestellungen ist der Aufbau eines Abonnementdienstes von Abs. 5 nicht gedeckt. Die Zusammenfassung von Einzelbestellungen dürfte allerdings zulässig sein. Auch diese Regelung erlaubt nur die Nutzung zu nicht kommerziellen Zwecken, wie schon Abs. 4 zuvor. Die Umfangsbegrenzung von 10% ist nach Maßgabe der Gesamtseitenzahl eines Werkes zu berechnen. Dies umfasst wohl auch eigens nicht urheberrechtlich geschützte Teile, wie Inhaltsverzeichnis, Titelei oder Sachregister.

Nur erschienene Werke können für den Kopienversand auf Bestellung genutzt werden. Dies schließt bspw. Nachlässe aus, da diese regelmäßig nicht mit Willen des betreffenden Urhebers veröffentlicht sind.

Der Kopienversand beschränkt sich auf Fach- und wissenschaftliche Zeitschriften, d.h. Zeitungsartikel sind von der Regelung nicht umfasst. Eine lediglich unbefriedigende Lösung ist es jedoch, maximal 10% eines Zeitungsartikels (als erschienenes Werk) an den Endnutzer zu senden.

Praktisch könnte das Vorgehen folgendermaßen aussehen: Auf eine Einzelbestellung einer Nutzerin oder eines Nutzers hin fertigt die Bibliothek das Digitalisat eines ihrer Bestandswerke in den Grenzen des Abs. 5 an und stellt diese Vervielfältigung auf den Server eines technischen Dienstleisters. Dies wird bspw. für den Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV) die Verbundzentrale des GBV (VZG) sein. Dem bestellenden Nutzer wird dann ein Downloadlink zugesendet, mittels dem dieser einen zeitlich beschränkten Zugriff auf die bestellte Vervielfältigung erhält. Eine Direktzusendung des Digitalisats an die Mailadresse des Nutzers wäre grundsätzlich auch möglich, würde jedoch die noch nicht festgelegte Abrechnung erschweren und könnte aufgrund der teilweise signifikanten Datenmengen zu praktischen Problemen führen.


§ 60g (Vertragsvorrang)

  • § 60g Bibliotheken
    (1) Auf Vereinbarungen, die erlaubte Nutzungen nach den §§ 60a bis 60f zum Nachteil der Nutzungsberechtigten beschränken oder untersagen, kann sich der Rechtsinhaber nicht berufen.
    (2) Vereinbarungen, die ausschließlich die Zugänglichmachung an Terminals nach § 60e Absatz 4 und § 60f Absatz 1 oder den Versand von Vervielfältigungen auf Einzelbestellung nach § 60e Absatz 5 zum Gegenstand haben, gehen abweichend von Absatz 1 der gesetzlichen Erlaubnis vor.

Grundsätzlich wird in Abs. 1 festgelegt, dass vertragliche Regelungen die neu geschaffenen gesetzlichen Erlaubnisse nicht mehr ausschließen können. Wichtig hierbei zu beachten ist jedoch, dass diese Regelung nur auf Verträge anwendbar ist, die nach dem 1.3.2018 geschlossen wurden (vgl. § 137o UrhG). Altverträge haben weiterhin Bestand. Um den Vorteil des § 60g UrhG nutzen zu können, empfiehlt sich, Altverträge zu kündigen und neu zu verhandeln bzw. Zusatzvereinbarungen bzgl. der neuen urheberrechtlichen Erlaubnisse nach § 60e UrhG zu schließen.

Nach Abs. 2 ist der Vorrang von Verträgen, die ausschließlich den Kopienversand auf Einzelbestellung (§ 60e Abs. 5 UrhG) und die Terminalnutzung (§ 60e Abs. 4 UrhG) regeln, jedoch ausdrücklich nicht aufgehoben. Dies bedeutet, dass Verträge insoweit weiterhin gelten, als dass sie nicht lediglich einzelne Passagen zum Kopienversand bzw. zur Terminalnutzung neben weiteren Lizenzbestimmungen enthalten. Diese nicht „ausschließlichen“ Verträge fallen nicht unter die Regelungen des § 60g Abs. 2 und sind demnach unschädlich.


§ 60h (Vergütung)

  • § 60h Angemessene Vergütung der gesetzlich erlaubten Nutzungen
    (1) Für Nutzungen nach Maßgabe dieses Unterabschnitts hat der Urheber Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung. Vervielfältigungen sind nach den §§ 54 bis 54c zu vergüten.
    (2) Folgende Nutzungen sind abweichend von Absatz 1 vergütungsfrei:
    1. […]
    2. Vervielfältigungen zum Zweck der Indexierung, Katalogisierung, Erhaltung und Restaurierung nach § 60e Absatz 1 und § 60f Absatz 1

Vervielfältigungen und Nutzungen zu den in § 60e Abs. 1 UrhG genannten Zwecken der Indexierung, Katalogisierung, Erhaltung und Restaurierung sind nach § 60h Abs. 2 Nr. 2 vergütungsfrei, wobei die Vervielfältigung zum Zweck der Zugänglichmachung von der Vergütungsfreiheit ausgenommen ist [10].

Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass die Indexierung, Katalogisierung, Erhaltung und Restaurierung eines Werkes in der Regel auch im Interesse des Rechtsinhabers geschehen, da nur so die Auffindbarkeit und die dauerhafte Verfügbarkeit in öffentlich zugänglichen Bibliotheken gewährleistet ist [4], Vervielfältigungen zum Zweck der Zugänglichmachung hingegen einen Eingriff in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers darstellen.

Neu ist der Grundsatz, dass eine Pauschalvergütung oder eine repräsentative Stichprobe der Nutzung für die nutzungsabhängige Berechnung der angemessenen Vergütung genügt. Demnach wird der Streit um die Einzelfallvergütung, der in den letzten Jahren über die Erfassung der Nutzungen für elektronische Semesterapparate nach § 52a UrhG entbrannte, umgangen. Das Gesetz schreibt nun lediglich noch eine Einzelerhebung im Rahmen des Kopienversands auf Bestellung (§ 60e Abs. 5 UrhG) vor. Diese könnte einerseits über den derzeit geltenden Tarif der VG Wort abgerechnet werden. Dieser Tarif ist so lange Grundlage des Kopienversands, bis ein Rahmenvertrag mit der VG Wort geschlossen wurde, welches aller Voraussicht nach dieses Jahr noch geschieht und welcher jedoch nicht zwingend eine Einzelabrechnung zum Inhalt haben muss.

Soweit durch die derzeitigen Verhandlungen eines neuen Rahmenvertrags mit der VG Wort bekannt, soll ebendiese gesetzlich vorgeschriebene Einzelerfassung zugunsten einer Pauschalvergütung durch die Länder ausgeschlossen werden. Dies würde die erhoffte Vereinfachung der Berechnung der Vergütung für Nutzungen der Regelungen nach dem UrhWissG vollends herbeiführen.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

1.
Dreier T. § 60e. Rn. 4. In: Dreier T, Schulze G. UrhG. 6. Aufl. München: C.H.Beck; 2018.
2.
BT-Drs. 18/12329:44.
3.
BT-Drs. 18/12329:39.
4.
BT-Drs. 18/12329:42.
5.
Amtl. Begr. zu § 13d Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (WahrnG). BT-Drs. 17/13423:18.
6.
BT-Drs. 18/12329:43.
7.
BGH. GRUR. 1994;(11):800-3.
8.
BT-Drs. 18/12329:43.
9.
BGH. GRUR. 1984;(1):54-6.
10.
Dreier T. § 60e. Rn. 8. In: Dreier T, Schulze G. UrhG. 6. Aufl. München: C.H.Beck; 2018.