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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

„Frage stellen, Antwort bekommen, weiterarbeiten!“ – Umfrage zur Benutzung von UpToDate an den Universitäten Freiburg, Leipzig, Münster und Regensburg

“Ask a question, get an answer, continue your work!” – Survey on the use of UpToDate at the universities of Freiburg, Leipzig, Münster and Regensburg

Fachbeitrag

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  • corresponding author Oliver Obst - Zweigbibliothek Medizin, Universitäts- & Landesbibliothek, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland
  • Christiane Hofmann - Zentralbibliothek Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, Deutschland
  • Helge Knüttel - Teilbibliothek Medizin der Universitätsbibliothek Regensburg, Deutschland
  • Petra Zöller - Medizinische Literatur- und Informationsstelle der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2013;13(3):Doc26

doi: 10.3205/mbi000290, urn:nbn:de:0183-mbi0002902

Veröffentlicht: 20. Dezember 2013
Veröffentlicht mit Erratum: 6. Januar 2014

© 2013 Obst et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

UpToDate ist eine evidenzbasierte, von Ärzten erstellte Ressource zur Unterstützung der klinischen Entscheidungsfindung mit weitem Verbreitungsgrad in Deutschland. In einer Multicenter-Studie wurden Mediziner, Studierende, Wissenschaftler und sonstiges medizinisches Fachpersonal an vier deutschen Universitäten nach ihrer Nutzung und Beurteilung von UpToDate befragt. Insgesamt wurde die Umfrage 1.083-mal beantwortet, darunter von 540 Ärzten. 76% aller befragten Ärzte (aber nur 54% der Chefärzte) nutzten UpToDate. Die Unkenntnis über UpToDate betrug je nach Benutzergruppe zwischen 10 und 41%. 90 bis 95% aller klinisch tätigen Personen nannten als Hauptvorteil von UpToDate die schnelle, allgemeine Übersicht über Diagnose und Therapie von Erkrankungen. Jeder vierte Oberarzt wies auf verringerte Liegezeiten als Folge von UpToDate hin, (fast) jeder vierte Chefarzt gab an, dass UpToDate Kosten einspare. UpToDate ist eine wichtige, aber auch kostspielige Ressource in der Patientenbehandlung und sollte – angesichts der vorhandenen Unkenntnis über die Existenz dieser Ressource – stärker von den Bibliotheken beworben werden.

Schlüsselwörter: UpToDate, Point of Care, Krankenversorgung, Multicenter-Studie, Medizinbibliothek

Abstract

UpToDate is an evidence-based resource to support clinical decision-making created by doctors. UpToDate has a wide dissemination in Germany. In a multicenter study, physicians, students, scientists and other healthcare professionals at four German universities were asked about their use of UpToDate. The survey was answered 1,083 times, including 540 doctors. 76% of the surveyed physicians (but only 54% of chief physicians) used UpToDate. The lack of knowledge about UpToDate amounted to 10–41%, depending on the user group. 90 to 95% of all clinically active persons named the quick, general overview of diagnosis and therapy of diseases as the main advantage of UpToDate. Every fourth senior doctor pointed to reduced length of stay as a result of UpToDate, (almost) every fourth chief physician stated that UpToDate saved costs. UpToDate is an important but expensive resource in patient care and should be promoted more aggressively by the librarians – given the existing lack of knowledge about the existence of this resource.

Keywords: UpToDate, point of care, patient care, multi-center study, medical library


Einführung

UpToDate ist eine Ressource zur Unterstützung der klinischen Entscheidungsfindung. UpToDate startete 1992 mit dem Fachgebiet Nephrologie und deckt nun 20 weitere Fachgebiete ab (http://www.uptodate.com/home/uptodate-story). Weltweit sind mehr als 5.000 Autoren, Redakteure und Fachrezensenten für UpToDate tätig. Sie fassen die aktuellsten medizinischen Informationen zu Empfehlungen zusammen, deren Evidenz nach dem GRADE-Schema (http://www.uptodate.com/home/grading-guide) von 1a (starke Empfehlung, hochqualitative Evidenz) bis 2c (schwache Empfehlung, niedrigqualitative Evidenz) bewertet wird. UpToDate wurde 2008 für ca. 200 Mio. von Wolters Kluwer aufgekauft, einem weltweit tätigen Informationsdienstleister mit einem Umsatz von 3,6 Milliarden Euro.

Nach Angaben des Anbieters nutzen über 700.000 Kliniker in 158 Ländern UpToDate, darunter Ärzte und Fachpersonal von über 350 deutschen Krankenhäusern. An Universitätsklinika werden die Kosten von UpToDate meist von der jeweiligen Medizinbibliothek getragen. Und hier wird es spannend, denn stieg der Preis für UpToDate in der Vergangenheit moderat und kalkulierbar mit der Zahl der angebotenen Fachgebiete, wurde 2013 der Preis von den Fachgebieten abgekoppelt und eine fixe jährliche Steigerung eingeführt. Deshalb ist es Bibliotheken – bei den im Spiel befindlichen fünfstelligen Summen – über kurz oder lang nicht mehr möglich, UpToDate aus ihrem Literaturetat zu bezahlen. Dies weiß auch UpToDate. VP und General Manager Denise Basow gab kürzlich zu: „UpToDate outpaced medical libraries‘ budgets.“ Offensichtlich müssen schnell alternative Finanzierungen her, wie z.B. eine stärkere Beteiligung des Klinikums, da UpToDate ganz offensichtlich eine Angelegenheit der Krankenversorgung ist. Ein Grund für die Umfrage war deshalb, dies zu überprüfen und Argumente für eine nachhaltigere Verteilung der Kosten zu bekommen.

Die Umfrage ist in den Fragen angelehnt an eine jüngere Publikation von Addison, Whitcome und William Glover [1], geht aber in den Details der Auswertung wesentlich über jene hinaus.


Setting

An den vier Universitäten Freiburg, Leipzig, Münster und Regensburg wurde vom 25.6. bis 16.7.2013 eine Umfrage (Fragebogen siehe Anhang 1 [Anh. 1]) unter dem Fachpersonal der Medizinischen Einrichtungen zur Benutzung von UpToDate und sonstigen Informationsquellen durchgeführt. Alle vier Einrichtungen besitzen einen campusweiten UpToDate-Zugang, der über die Bibliothek lizenziert, jedoch aus unterschiedlichen Mitteln finanziert wird. Es wurde mit dem Argument für die Umfrage geworben, dass die Antworten für die Bibliotheken wichtig wären, „um das weitere Angebot von UpToDate planen zu können“.

Die gesamte Bettenzahl der vier medizinischen Einrichtungen betrug ca. 5.400, die Ärztezahl (inkl. Ärzte in Ausbildung und Teilzeitstellen) ca. 2.000.

Die Umfrage wurde von den vier beteiligten Bibliotheken am 25. Juni über die verschiedensten Verteiler an den Medizinischen Einrichtungen, Krankenhäusern bzw. Kliniken gestreut, so z.B. über die Direktoren der Medizinischen Einrichtungen, durch Rundmails an Beschäftigte, Nachricht auf der Startseite des Intranets etc. pp. Nach zwei Wochen, am 9. Juli, wurde in einer weiteren Rundmail an die Umfrage erinnert, und die Umfrage am 16. Juli geschlossen.


Ergebnisse

Insgesamt wurde die Umfrage 1.083-mal beantwortet. Sieben Antworten waren dublett und 109 Antworten enthielten keine Angaben außer dem Beruf. Diese 116 Antworten wurden nicht in die Auswertung mit einbezogen. Im Folgenden werden nur die restlichen, vollständigen 967 Antworten betrachtet. Es kann kein exakter Recall angegeben werden, da aufgrund der unterschiedlichen und offenen Verteiler nicht genau bekannt ist, ob z.B. jeder Arzt angesprochen werden konnte. Die 541 antwortenden Ärzte entsprechen aber ca. 27% der Gesamtärztezahl, was einen guten Rücklauf darstellt. Eine ähnliche Multicenter-Studie in Berlin, Hamburg und München erreichte 2004 deutlich weniger Ärzte (365) und kam nur auf einen Rücklauf von 11% [2].

Berufsgruppen

In der Frage 1 wurde nach dem beruflichen Status der Antwortenden gefragt. Die größte Berufsgruppe machten mit 62,9% (n=540) die Assistenz-, Fach-, Ober- und Chefärzte aus – die Option „Belegarzt“ wurde ein einziges Mal ausgewählt (Abbildung 1 [Abb. 1]). (Es wird im Folgenden nur die männliche Form der Berufsbezeichnung benutzt, um die Lesbarkeit nicht zu beeinträchtigen). Wissenschaftler folgten mit 14,6% und das medizinische Fachpersonal mit 8% (Apotheker, Psychologen, Sozialpädagogen, Heilpädagogen, Logopäden, med. Dokumentare, MTAs, Physiotherapeuten). 7,9% waren Studierende, 7% PJler, 3% Gesundheits- und Krankenpfleger und 3,6% gehörten sonstigen Berufsgruppen an (Sekretärin, Geschäftsführer, Bibliothekar, Verwaltungsangestellte usw.). Über drei Viertel (77,9%) der Antwortenden gehörten somit zur klinisch tätigen Zielgruppe von UpToDate: PJler, Ärzte und das sonstige medizinische Fachpersonal.

Teilnahme von Berufsgruppen nach Standort

Jeder Umfragestandort hat (vermutlich durch seine spezifischen Verteiler) eine ganz spezifische Mischung von Berufsgruppen angelockt. So nahmen in Freiburg 30,6% Studenten und PJler teil, in Regensburg machte diese Gruppe nur 3,6% aus (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Die Gruppe der Assistenz- bzw. Fachärzte war hingegen mit 17,2 bis 23,5% bzw. 9,6 bis 12,4% unter den Umfragestandorten relativ gleich groß. Wiederum sehr ungleich verteilt war die Gruppe der Ober- bzw. Chefärzte mit einer Spannbreite von 14,2 bis 39% bzw. 1,2 bis 13,4%. Insgesamt hatte Regensburg mit 81,7% die größte Ärztequote (Freiburg: 65,1%, Leipzig: 57,3%, Münster: 56,9%), hier war offensichtlich die Umfrage in einem kleinen, aber feinen Kreis gestreut worden.

Gesundheits- und Krankenpfleger waren mit 1,2 bis 4,0% wenig vertreten, die Umfrage war bewusst nicht unter dieser Berufsgruppe vermarktet worden. Das (sonstige) medizinische Fachpersonal war mit 4,9 bis 9,6% vertreten, die Teilnahme von Wissenschaftlern zeigte mit einer Skala von 6,8 bis 22,3%, dass es kaum möglich war, die Umfrage nur an Personen in der Krankenversorgung zu adressieren.

Benutzung von UpToDate nach Benutzergruppen

Die zweite Frage richtete sich nach der Benutzung von UpToDate. Sie lautete: „Haben Sie bisher UpToDate bei Ihrer klinischen Arbeit benutzt?“ Wie Abbildung 3 [Abb. 3] zeigt, nutzten 76% aller befragten Ärzte UpToDate. Sie nahmen damit die Spitzenposition unter den Berufsgruppen ein, gefolgt von den Studenten im Praktischen Jahr (PJler, 54%) und dem sonstigen medizinischen Fachpersonal mit 26%. Studenten, Sonstige und Wissenschaftler folgten mit 18%, 14% und 14% Nutzung, die Pflegekräfte landeten mit 7% auf dem letzten Platz.

Erstaunlicherweise war nicht jedem bekannt, dass dieses weltweit renommierte Point-of-Care-Tool vor Ort verfügbar war. Während nur jedem zehnten Arzt nicht bekannt war, dass UpToDate lizenziert wurde, betrug die Unkenntnis unter den PJlern bereits 22%. Unter dem sonstigen medizinischen Fachpersonal wusste jeder Dritte nichts von UpToDate. Unter Studenten, Wissenschaftlern und Pflegekräften war das Nichtwissen mit +– 40% noch höher.

Schaut man sich die Benutzung von UpToDate in der Klinik einmal genauer an (Abbildung 4 [Abb. 4]), so nahm interessanterweise die Nutzung von UpToDate mit der ärztlichen Rangstufe ab. Während noch 84% aller Assistenzärzte angaben, UpToDate zu nutzen, waren es nur 77% der Fachärzte, 73% der Oberärzte und gar nur 54% der Chefärzte (die damit genau denselben Wert wie die PJler erzielten). Je höher man in der Hierarchie aufsteigt, desto weniger bedarf es offensichtlich UpToDate. Jeder fünfte Chefarzt wusste außerdem nicht, dass an seinem Klinikum UpToDate verfügbar war – eine erschreckend hohe Quote, doppelt so hoch wie bei den Mitarbeitern, die über das Angebot besser informiert waren. Auch hier bewegten sich die Chefärzte auf einer Ebene mit den PJlern.

Bei der Nutzung von PubMed nach Berufsgruppen ist es genau umgekehrt wie bei der Nutzung von UpToDate: Je höher der Arzt in der Hierarchie steht, desto stärker benutzte er PubMed. Dies spiegelte sich auch in einigen Aussagen von Chefärzten wieder, dass sie zwar auf UpToDate verzichten könnten, nicht jedoch auf ihre Fachzeitschriften.

Unwissen über UpToDate nach Standort

Die Auswertung, wie die Unkenntnis über UpToDate bei den einzelnen Umfragestandorten ausgeprägt war, wurde nicht über alle Berufsgruppen durchgeführt, da deren unterschiedliche Verteilung die Ergebnisse stark verzerrt hätte. Stattdessen wurde nach Arztgruppen normiert.

Je nach Standort herrscht bei den einzelnen Ärztegruppen eine unterschiedlich große Unkenntnis darüber vor, dass bei ihnen UpToDate angeboten wurde (Frage 2, Antwort „Nein, mir war nicht bewusst, dass es bei uns angeboten wird“ (Abbildung 5 [Abb. 5])). So waren in Regensburg die Chefärzte überdurchschnittlich unwissend über das Angebot (3 von 11), während die übrigen drei Ärztegruppen sehr gut Bescheid wussten. Insgesamt wussten nur 4 der 67 Regensburger Ärzte (6%) nicht über das Angebot von UpToDate Bescheid – das war der Spitzenwert unter den vier Standorten. Ansonsten war die Unkenntnis unter den Ärzten in Freiburg, Leipzig und Münster (mit 8–12%) mehr oder weniger gleich stark ausgeprägt.

Benutzung von Informationsquellen

Die Frage 3 „Wie oft konsultieren Sie die folgenden Informationsquellen zur Beantwortung von Fragen?“ wurde von allen Umfrageteilnehmern beantwortet, weil es eine verpflichtende Frage war. „Kollegen“ war die mit Abstand am meisten genannte „Informationsquelle“ (Abbildung 6 [Abb. 6]). 67% konsultierten ihre Kollegen oft, 92% oft oder gelegentlich. Nur jeder 100. konsultierte seine Kollegen nie. Auf Platz 2 folgte die Literaturdatenbank PubMed mit 62% und Suchmaschinen wie Google mit 56%. Google wurde ebenfalls in anderen Studien als vielbenutzte und zielführende Ressource gefunden, wenn auch das Vertrauen zu UpToDate größer war [3].

Fachzeitschriften folgten mit 50% vor Fachbüchern, Arzneimittelverzeichnissen und den Leitlinien der AWMF. UpToDate folgte mit 37% auf Rang 8, vor den Anleitungen der Klinik (34%) und Wikipedia. Mit UpToDate vergleichbare Point-of-Care-Produkte wie Cochrane Library, BMJ Bestpractice, DynaMed und ClinicalKey landeten abgeschlagen mit 1–7% Nutzung auf den letzten vier Plätzen – dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass diese dort – bis auf die Cochrane Library – meist nicht zur Verfügung standen. UpToDate hat sich jedoch in Studien als umfassender in Inhalt und schneller im Zugriff bewiesen als andere evidenzbasierte Point-of-Care-Tools [4].

Unter Sonstiges wurden folgende Informationsquellen aufgeführt: Arzneimittelpocket, ASE, ASE/ACC, compendium.ch, DGK-Guidelines, DGRH-Website, DIMDI und TZF (Tumorzentrum Freiburg) Leitlinien, DocCheck Flexikon (5x), Dosing.de, Drugdex (3x), Drugreax, e-anatomy (imaios), eBooks, eigene Bibliothek, eigene Notiz in Evernote, Embase, englischsprachige Lehrbücher, ESC-Guidelines, Fachinformationen der Arzneimittelhersteller, Fachwebseiten, Fortbildungsskripte, Giftzentralen, Guidelines, IFAP-Index, Internet-Seiten der verschiedenen Fachgesellschaften (DGVS/ASGE), Kongresse, Laborlexikon, Lexicomp, Medline (2x), Micromedex (2x), MSD Manual, Nexus Curator (Intranet), OMIM (2x), Patienteninfos von Selbsthilfegruppen, Pschyrembel, Psiac online Interaktionsverzeichnis Psychopharmaka, PsycInfo, Pubcrawler, RadBase (Thieme), Scifinder, Software ID DIACOS, StatDX (Amirsys), Trip Database, von Dozenten empfohlene Lernseiten, Vorlesungsskripte, Web of Science (6x).

Benutzung von Informationsquellen nach Berufsgruppen

Im Folgenden finden Sie nun die Benutzung der Ressourcen bei den vier Ärztegruppen (Abbildung 7 [Abb. 7]). Hier haben „PubMed“ und „Kollegen“ ihre Plätze an der Spitze getauscht, doch die Hauptunterschiede liegen bei der stärkeren Betonung von Fachzeitschriften, Leitlinien, Arzneimittelverzeichnisse und UpToDate im Vergleich zum Durchschnitt aller Berufsgruppen. Fachbücher sanken vom 5. auf den 8. Platz.

Nach der Bonis-Studie [2] war das Maximum der Nutzungshäufigkeit von UpToDate 2–3-mal die Woche (33%), 21% nutzten es 4–5-mal und nur jeder Sechste mehr als 5-mal.

Die übrigen drei Berufsgruppen zeigten eine heterogenere Nutzung. Pflegekräfte konsultierten zwar Kollegen, Fachzeitschriften und -bücher etwa genauso häufig oder häufiger, griffen aber seltener bei den evidenz-basierten, klinisch-orientierten Quellen Arzneimittelverzeichnisse, Leitlinien oder Cochrane Library zu. Studenten und PJler nutzten Kollegen und Fachbücher als Informationsquelle genauso häufig wie Ärzte, ließen im Gegensatz zu diesen Fachzeitschriften aber außen vor. Knapp die Hälfte machte oft oder gelegentlich von Arzneimittelverzeichnissen, Leitlinien oder der Cochrane Library Gebrauch.

Vorteile durch die Nutzung von UpToDate

507 der 510 UpToDate-Nutzer (aus Frage 2) beantworteten die Frage 4 „Welche Vorteile entstehen durch die Nutzung von UpToDate?“. Pfleger und Sonstige (n=4) wurden nicht im obigen Diagramm aufgeführt, da die Zahlen zu klein für eine Aussage waren, so dass sich die Zahl der Antwortenden auf 503 reduzierte. Die Antwortmöglichkeiten sind im Diagramm (Abbildung 8 [Abb. 8]) abgekürzt, sie lauteten vollständig:

  • Behandlungen können schneller begonnen werden / Verzögerungen werden vermieden
  • Bestätigung/Überprüfung der Behandlungsmethode
  • Hinweis auf neue, innovative Behandlungsmethoden
  • Kosteneinsparung
  • Reduzierter stationärer Aufenthalt der Patienten
  • Schnelle, allgemeine Übersicht über Erkrankungen (Prävalenz, Ätiologie, Risiken, Klinik, Differenzialdiagnosen)
  • Wahl der Behandlung ist zuverlässiger
  • Wahl der richtigen Diagnostik (Unterstützung bei Diagnostikoptionen im Rahmen der Abklärung von Differenzialdiagnosen)

Die Vorteile wurden nach Anzahl der Bewertungen gerankt, so dass die am häufigsten genannten Vorteile oben stehen.

„Schnelle, allgemeine Übersicht über Erkrankungen“ wurde mit Abstand am häufigsten genannt, 90–95% der Kliniker (Ärzte, Studenten, PJler, Fachpersonal) vertraten diese Ansicht, dagegen nur 40% der Wissenschaftler. Mit deutlichem Abstand folgte „Bestätigung/Überprüfung der Behandlungsmethode“ mit 76% der Ärzte, hingegen nur 45%, 50% bzw. 20% der übrigen Berufsgruppen. Mit 72% Benennung durch Ärzte folgte knapp dahinter „Wahl der richtigen Diagnostik“. Auch hier wichen die übrigen Berufsgruppen von dieser positiven Beurteilung deutlich ab, am meisten das Fachpersonal (25%) und – wiederum – die Wissenschaftler (20%). 64% der UpToDate-nutzenden Ärzte nannten einen schnelleren Behandlungsbeginn als Vorteil von UpToDate und 60% freuten sich über „Hinweise auf neue, innovative Behandlungsmethoden“. Auch hier konnten sich die übrigen Berufsgruppen dieser hohen Meinung nicht anschließen. Es fällt auf, dass – je klinischer der Vorteil wird – umso größer der Unterschied in der Bewertung zwischen den Ärzten und den Nicht-Ärzten wurde.

„Wahl der Behandlung ist zuverlässiger“ nannten 42% der Ärzte, aber nur 25% der Studenten/PJler, bzw. 20% des Fachpersonals. „Reduzierter stationärer Aufenthalt der Patienten“ und „Kosteneinsparung“ belegten die beiden letzten Plätze mit 18% bzw. 17% Zustimmung durch die Ärzte und wiederum teils erheblich geringerer Nennung durch die übrigen drei Berufsgruppen.

Schaut man sich die Gruppe der Ärzte einmal auf die Frage der wahrgenommenen Vorteile von UpToDate im Detail an (Abbildung 9 [Abb. 9]), zeigt sich bei nahezu allen Vorteilsoptionen eine enge Übereinstimmung zwischen Assistenz-, Fach-, Ober- und Chefärzten. Obwohl UpToDate als Hilfe beim Point-of-Care beworben wird, standen nicht Behandlung und Diagnose an der Spitze der Vorteilsskala, sondern der schnelle, allgemeine Überblick über Erkrankungen und klinische Fragen. Hier stimmten die vier Ärztegrade Assistenz-, Fach-, Ober- und Chefarzt sehr eng miteinander überein, die Zustimmung variierte nur wenig zwischen 88 und 95%.

Beim schnelleren Behandlungsbeginn und den neuen Behandlungsmethoden ist ebenfalls kein Unterschied zu erkennen, während sich bei der „Zuverlässigkeit der Behandlungswahl“ Chef- und Oberärzte (50%) gegen Fach- und Assistenzärzte (37%) deutlich abhoben. Ebenso übrigens wie bei den beiden am seltensten genannten Vorteilen „reduzierter stationärer Aufenthalt“ und – damit direkt korreliert – „Kosteneinsparung“: Auch hier gab es ein Übergewicht der höherrangigen Ärzte in der Wertschätzung der Kostenparameter. Jeder vierte Oberarzt wies auf verringerte Liegezeiten als Folge von UpToDate hin und fast jeder vierte Chefarzt gab an mit UpToDate Kosten einzusparen. UpToDate führt bekanntermaßen zu einer signifikant reduzierten Liegezeit der Patienten [5].

Könnte es sein, dass Chef- und Oberärzte bei einer UpToDate-Konsultation (wie bei jeder Informationsquelle) eher auf Qualitätssicherung (Zuverlässigkeit der Behandlung) und Behandlungskosten achten als Assistenz- und Fachärzte, da sie mehr in der Verantwortung stehen?

Ein geringer Anteil von Ärzten, bei denen die Benutzung von UpToDate zu einer Änderung in Diagnose oder Therapie geführt hatte, muss nicht gleichbedeutend mit einer geringen Weiterempfehlungsrate stehen. Phua [6] fand eine Weiterempfehlungsrate von 93%, obwohl nur 58% durch die Benutzung von UpToDate ihr Patientenmanagement änderten.

Keinen Nutzen von UpToDate

Die Frage 5 „Ich hatte aus folgenden Gründen keinen Nutzen von UpToDate“ wurde von 942 Personen beantwortet. Im Folgenden finden Sie die Antworten der vier klinisch tätigen Personengruppen dargestellt (n=503). Die Antwortmöglichkeiten sind im Diagramm (Abbildung 10 [Abb. 10]) abgekürzt, sie lauteten vollständig:

  • Kein zusätzlicher Informationsgewinn
  • Es bestehen Schwierigkeiten, sich in UpToDate zurecht zu finden, um gezielt Antworten zu bekommen
  • Im klinischen Alltag häufig zu wenig Zeit für UpToDate
  • Prinzipiell keine Anwendung von UpToDate
  • Es werden andere Informationsquellen bevorzugt
  • Keinen UpToDate-Zugang

Nur 2 Personen (an 4 Universitäten!) und nur 3% der Ärzte gaben an, durch eine UpToDate-Recherche keinen zusätzlichen Informationsgewinn gehabt zu haben bzw. sich nicht in UpToDate zurecht gefunden zu haben – ein bemerkenswert gutes Zeugnis für die Qualität und Nutzbarkeit des Point-of-Care-Tools. Dreimal so viele Studenten/PJler hatten Schwierigkeiten mit UpToDate verglichen mit den Ärzten, hier könnte ein Augenmerk auf mehr Schulungen gelegt werden. Die Zeitknappheit hielt jeden neunten Arzt (aber jeden fünften Studenten) davon ab, einen Nutzen durch UpToDate zu konstatieren. Ein Grund für die eklatante studentische Zeitknappheit mag gewesen sein, dass sich diese Gruppe noch nicht so gut mit den Arbeitsabläufen und Standardbehandlungen in der Krankenversorgung auskennt, trotzdem im Klinikalltag stark eingebunden ist, vielleicht auch noch nicht so effektiv mit ihrer Zeit umgehen kann.

Nur ein Wissenschaftler nutzte aus prinzipiellen Erwägungen UpToDate nicht, wie auch 20% der Wissenschaftler keinen Vorteil in UpToDate sahen, weil sie eher andere Informationsquellen nutzten. Ärzte (4%), Studenten (12%) und Fachpersonal (5%) kamen hier auf weit niedrigere Werte, vermutlich da für sie eine bloße UpToDate-Recherche ausreichend war.

Überraschend war die Anzahl derjenigen, die angaben, keinen Zugang zu UpToDate gehabt zu haben, bestand doch für UpToDate an allen vier Universitäten eine campusweite Lizenz. Insbesondere die Studenten/PJler taten sich hier mit 24% hervor, doch auch 10% der Wissenschaftler und einige Ärzte (3%) klagten darüber, keinen Zugang zu UpToDate gehabt zu haben, obwohl es de facto einen gegeben haben sollte. Eine Erklärung für diese scheinbare Diskrepanz könnte gewesen sein, dass diese Gruppe via Stations- oder Arztrechner nur über einen temporären Zugang zu UpToDate verfügte.

Fachgebiete

In Abbildung 11 [Abb. 11] sehen Sie die Antwort auf die Frage 6: „Auf welchem der von UpToDate angebotenen Fachgebiete arbeiten Sie?“ Diese Pflichtfrage hatte zwei Besonderheiten: Zum einen musste mindestens eine und durften maximal drei Fachgebiete genannt werden. Zum anderen wurde diese Frage nur in drei Universitäten gestellt (Freiburg, Leipzig, Regensburg). Von 540 Personen wurden insgesamt 1140 Fachgebiete genannt, wobei „Sonstiges“ mit großem Abstand führte (leider ist nicht weiter bekannt, welche Fachgebiete sich hierunter verbargen), gefolgt von Kinderheilkunde, Onkologie, Immunologie, Herzkreislaufmedizin und Notfallmedizin. Alle übrigen Fachgebiete wurden von weniger als jedem Zehnten genannt. Wegen der möglichen Mehrfachnennungen überstieg die Summe 100%.

Warum wurde die Umfrage eher von Pädiatern und Onkologen beantwortet als von Frauenärzten? Zum einen könnte dies an einem besonders hohen Bekanntheitsgrad / der Nutzbarkeit von UpToDate in der Pädiatrie und Onkologie liegen, zum anderen an einer besonders hohen personellen Ausstattung dieser Fachgebiete. Was das jüngst in UpToDate aufgenommene Fachgebiet „Dermatology“ angeht, mag dies eine recht gute Erklärung darstellen, Pädiater und Onkologen könnten dagegen öfter mit seltenen Diagnosen und Krankheiten konfrontiert worden sein als Ärzte anderer Fachgebiete.

Beim Ranking der tatsächlich genutzten Fachgebiete (Abbildung 12 [Abb. 12], Top Specialty Report, Nutzung Jan–Juli 2013) stehen die Infectious Diseases mit Abstand ganz oben (seltene Krankheiten!), gefolgt von Hämatologie, Nephrologie und Drug Information (Nutzung von pharmakologischen Reviews, nicht etwa Aufruf der Lexicomp-Datenbank).

Generelle Vorteile von UpToDate

In Frage 7 wurden die Teilnehmer gebeten „Bitte beschreiben Sie eine Gelegenheit, bei der Sie UpToDate in der Patientenversorgung benutzt haben. Wie hat die Nutzung von UpToDate die Behandlung Ihres Patienten beeinflusst?“ Von den insgesamt 967 Umfrageteilnehmern beantworteten 315 diese Frage. 82 gaben konkrete Patientenfälle an, bei denen ihnen UpToDate geholfen hatte (diese werden weiter unten behandelt). 233 nutzten dieses Feld zur Beschreibung der generellen Vorteile von UpToDate, im Folgenden finden Sie eine kleine exemplarische Auswahl:

Studierende

  • Im PJ der inneren Medizin. Aktuellste Medizin, gute Erläuterungen und immer auf dem neuesten Stand. Man fand sich gut zurecht.
  • Wir haben es als Studenten als allgemeine Informationsquelle genutzt.
  • Als PJler nutze ich UpToDate zur selbstständigen Fortbildung.

Kollegen

  • Sehr detaillierte Erklärung bzgl. autoinflammatorischen und genetischen Erkrankungen, die sonst mühsam über verschiedenen Quellen zusammengesammelt werden müssen. Auch akut auftretende Probleme wie Arrhythmien o.a. Erkrankungen, […] können mit Hilfe von UpToDate rasch eingestuft werden, ob und wann andere Kollegen dazu gezogen werden müssen.
  • Häufig zur Vorbereitung auf die Privatambulanz. Vor allem, wann welche 2. oder 3. Linien Chemotherapie appliziert wird. Auch als "Diskussionsgrundlage" mit dem Chefarzt.
  • Im Rahmen der Chefarztvisite zur Diskussion im größeren Kreis, welche Therapie in Frage kommt (wenn z.B. firstline-Behandlung nicht angeschlagen hat).

Nichtmediziner

  • Als Dr. rer. nat. keine klin. Tätigkeit. Dennoch ist UpToDate eine gute, kompakte Quelle für klinische Informationen.

Rückversicherung

  • Kardiologische Ambulanz. Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse. AGLA Score Rechner und Evaluation der Grenzen der Lipidparameter für Statineinsatz sowie ASS Prophylaxe. Schneller Nachschlag und Rückversicherung für Kliniker!
  • Nachschlagen der aktuellen Standardtherapie bei spezifischen Erkrankungen.

Seltene Krankheiten

  • Schwierige, seltene Diagnosen. Kondensierte Information verglichen mit PubMed. Top aktuell. Bitte beibehalten!
  • Für seltenere Erkrankungen existieren oft keine Leitlinien oder andere Wegweisende Literatur, welche eine exakte Handlungsanweisung auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft gibt ohne einen extremen Zeitaufwand.
  • Nutze es hauptsächlich, um bei Pat. mit ungewöhnlichen Krankheitsverläufen oder „Kombinationen“ nach ähnlichen Fallberichten und möglichen neuen Behandlungsideen zu suchen.
  • Arbeit auf der internistischen Notaufnahme. Dort häufig seltene Krankheitsbilder/Verdachtsdiagnosen.
  • Seltene infektiologische Verdachtsdiagnosen abklären, z.B. diagnostische Hilfestellung bei Serologien.
  • Insbesondere bei differentialdiagnostischen Überlegungen oder zur Therapie bei seltenen Erkrankungen führt die Recherche über UpToDate zu einer deutlich verkürzten Entscheidungsfindung.

Fortbildung

  • Sollte UpToDate eingestellt werde ist das ein erheblicher Verlust in der schnellen Weiterbildung in nicht alltäglichen Themengebieten.

Vergleich mit anderen Quellen

  • Kondensierte Information verglichen mit PubMed. Top aktuell.
  • Ähnlich detaillierte Informationen zu Fragen der Medikation hatte ich im Internet bisher nicht gefunden und schätze UpToDate daher als Informationsquelle.
  • Im Vergleich zu den deutschen Leitlinien der entsprechenden Gesellschaften, finde ich hier immer wieder Informationen, die in sehr aktueller Form meinen unmittelbaren Umgang mit den Patienten erleichtern, verbessern. Seit ich UpToDate verwende, sind "Lehrbücher" für mich dtl. weniger hilfreich.
  • Leitlinien AWMF meist nicht gut genug (Evidence Level) oder nicht aktuell genug. Schnelle Zusammenschau der Literatur als Review zu einem Thema, welches sich gut lesen lässt, um in einer Fortbildung oder in der Lehre oder bei der Problemfindung für einen Artikel schnell den Stand der Technik sicher und sauber wiederzugeben. (Vorselektionierung der Studien auf PubMed), so dass alle wichtigen Publikationen berücksichtigt sind.
  • Man hat einen Verdacht, braucht aber einen klaren Diagnosealgorithmus der auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Das gleiche gilt für die folgende Therapie: Fachbücher sind nicht so aktuell wie UpToDate.

Weitere Vorteile

  • UpToDate wird in der gesamten Abteilung täglich genutzt und führt zu 1. schnellerer Versorgung, 2. reduzierter Diagnostik, 3. besserer und häufig billigerer Therapie und 4. zu einer erheblich besseren Ausbildung von Assistenten.
  • Besonders häufige Nutzung in der Notaufnahme, wo in kurzer Zeit ein guter Überblick über Erkrankungen gewonnen werden muss, die nicht aus dem unmittelbar eigenen Betätigungsfeld stammen, aber auch während der Stationsarbeit, wo allgemein-internistische Probleme gelöst werden müssen.
  • Übersicht aktueller Stand zu XYZ zur Entwicklung einer klinikinternen Leitlinie.
  • STD unklarer Status, schnelle Hilfe gerade nachts und im Dienst.
  • Durch Schlagwortsuche bzw. Register immer schnell die entsprechende Rubrik zu finden und die Aufarbeitung durch UpToDate erspart viel Zeit und Mühe, ist immer topaktuell und eine oft genutzte und wichtige Entscheidungshilfe.

105 der 233 Antwortenden (45%) wiesen explizit daraufhin, dass UpToDate seine Stärken gerade dann hat, wenn die klinische Fragestellung selten ist, es sich um Grenzfälle des eigenen Fachgebiets handelt oder einfach zur Klärung der Frage „Was könnte es noch sein?“. Ebenfalls wurde des Öfteren darauf hingewiesen, dass UpToDate sich insbesondere in Situationen bewährt hatte, in denen keine Kollegen gefragt werden konnten und/oder ad hoc eine Antwort her musste, so z.B. im Nachtdienst oder bei der Chefvisite. Die Bonis-Studie [2] fand folgende Gründe/Vorteile der Benutzung von UpToDate: Beantwortung einer Frage zu einer Behandlung (96%), Ärztliche Fortbildung (93%), Vorträge (78%), Forschungsprojekte (74%), Lehre (71%) und Patientenaufklärung (28%).

Das Spektrum, für das UpToDate eingesetzt wird, ist offensichtlich weit, es beschränkt sich nicht auf dezidierte klinische Fragestellungen, sondern reicht von der allgemeinen Informationssuche über die eigene Fortbildung und die Erstellung von Leitlinien, Gutachten und Verlaufsbögen bis zu der Patientenaufklärung und der Diskussionshilfe bei Visiten – ganz abgesehen von einer generellen Rückversicherung des Klinikers bei Diagnose und Therapie.

UpToDate-Benutzung im konkreten Patientenfall

82 Umfrageteilnehmer gaben konkrete Patientenfälle an, bei denen die Benutzung von UpToDate geholfen hatte, hier eine exemplarische Auswahl:

  • Gestern: Halbwertzeit von Heroin nachgeschlagen. Überwachungszeit eines intoxikierten Pat berechnet, der Naloxon erhalten hat. Gestern: Behandlungsempfehlung zu Borreliose nachgeschlagen. Dadurch ambulante Therapie, stationäre Aufnahme vermieden. Ich benutze es ständig, spart sehr viel Zeit und Entscheidungen können schneller und präziser getroffen werden.
  • Erythema migrans nach einem Zeckenbiss. Habe die Diagnostik, mögliche weitere Symptome und Therapie der Borreliose unter anderem in UpToDate recherchiert, Therapiebeginn <2h nach Feststellen der Symptome.
  • Pädiatrischer Patient mit inkomplettem Kawasaki-Syndrom. Durch UpToDate wichtige Infos über die notwendigen kardiologischen Nachkontrollen des Patienten.
  • Patient mit Kachexie + Psychose aufgrund Fehlernährung. UpToDate genutzt zur Klärung diagnostisches Procedere bei V.a. Sprue → Ersparnis einer Dünndarmbiopsie.
  • Schwangere mit TTP-Erkrankung und der Frage nach weiterem Vorgehen d.h. Plasmapherese, Abwägung ob Fortsetzung der Schwangerschaft die Erkrankung beeinflusst, somit Zuführung noch im Nachtdienst einer Plasmapherese und Prolongierung der Schwangerschaft mit RDS-Prophylaxe für den Fetus.
  • Ich habe mich, im Rahmen einer Differential-Diagnose-Findung über ein mir nur oberflächlich bekanntes Krankheitsbild informiert und mithilfe meines verbesserten Kenntnisstands eine lückenlosere Diagnostik initiieren können. UpToDate hat somit geholfen, zusätzliche, den Patienten belastende Diagnostikschritte zu umgehen.
  • Neulich habe ich UpToDate genutzt, um die Dosierung von Metronidazol bei V.a. Clostridienenteritis genutzt. Keiner der Kollegen kannte die spezielle Dosierung und in der Arzneimittelübersicht war sie nicht aufgelistet. Bei UpToDate war die Dosierung sehr schnell zu finden und die Therapie konnte sofort gestartet werden. Ansonsten hätten wir mit einer zu niedrigen Dosis therapiert.
  • Patient mit V.a. Stoffwechseldefekt. Großer Vorteil bei der Diagnostik. Es wurden viel schneller die notwendigen Untersuchungen durchgeführt.
  • Patientin mit unklarer Symptomatik (onkologisch, hämatologisch, neurologisch). Verdachtsdiagnose einer Ataxia teleangiectatica, eine so seltene Diagnose, dass Diagnostik unklar, über UpToDate Infos über typ. Symptomatik und notwendige Diagnostik erhalten, letztendlich Bestätigung der Diagnose möglich, außerdem Beratung über mögliche Komplikationen und Verlauf der Erkrankung.
  • Übersicht über die Ursachen und Therapieoptionen bei der chronischen Meningitis. Die Ursachen wurden abgearbeitet und der Therapievorschlag mit Steroiden übernommen – das hat das Kind geheilt.
  • Pädiatrischer Patient mit schwerem Hypertonus nach KMT, der schon zahlreiche Medikamente zur antihypertensiven Therapie erfolglos bekommen hatte, konnte durch Empfehlungen von UpToDate erfolgreich eingestellt werden.
  • Patient in der Notaufnahme mit SIADH bei Pneumonie. Ich konnte mithilfe von UpToDate die Grenzwerte des Natriums herausfinden, bei denen interveniert werden muss/sollte. Der Patient konnte adäquat versorgt werden und stabilisierte sich rasch.
  • Schwangere Patientin mit multiresistentem Harnwegsinfekt nach multiplen Vortherapien, die alle gängigen Alltagstherapien abdeckten in der Nachtdienstsituation. Über UpToDate war eine sehr schnelle Informationseinholung und letztlich gut kalkulierte Therapiealternative möglich nach zuletzt aktualisierter drei Monate alter Empfehlung. Weltklasse!
  • Transplantierter Patient im septischen Schock auf chir. Intensivstation, der plötzlich eine toxische epidermale Nekrolyse entwickelte. Die Ursachenforschung u.a. mit UpToDate ergab, dass der vorangegangene Wechsel seiner Antiepileptika auf Phenytoin zu dieser dramatischen Entwicklung geführt haben könnte. Folglich wurde dieses Medikament abgesetzt mit Stabilisierung des fulminanten Krankheitsverlaufs in der Folge.

In der Bonis-Studie [2] wurden diese und weitere Benefits noch gezielter abgefragt. 99% erklärten, UpToDate bestätige, was sie bereits wussten, 62% verzichteten auf ein Konsil und 88% gaben an, dass es zu einer Veränderung der Diagnostik führte (88%). Die durchschnittliche Zeitersparnis betrug 26 Minuten bei jeder Verwendung von UpToDate.

Die Kommentare zeigen die große Bedeutung dieses Point-of-Care-Produktes in Form von optimierten Medikationen, rechtzeitigen Verlegungen, früheren Entlassungen, verhinderten Schwangerschaftsabbrüchen, eingesparten Operationen, veränderten Richtlinien oder Protokollen. Kaum eine andere Ressource, die von Medizinbibliotheken angeboten wird, hat so einen direkten und durchgreifenden Einfluss auf die Patientenversorgung.

Kritik

Bei der ganzen Euphorie sollen auch kritische Stimmen nicht außer Acht gelassen werden, auch wenn diese naturgemäß in der Fülle der positiven Rückmeldungen drohen unterzugehen:

  • Die Behandlung wurde nicht beeinflusst, da detaillierte Leitlinien der Klinik für diese Erkrankungen bestehen.
  • Die Informationen zur Therapie bei kraniofazialen Syndromen sind nicht auf dem neuesten Stand.
  • Für Lesbarkeit wäre ein PDF-File als Alternative wünschenswert.
  • Navigation manchmal zeitaufwendig.
  • Suchmaske für pädiatrie-spezifische Informationen häufig insuffizient.
  • UpToDate leider nur in der Klinik nicht von zu Hause aus verwendbar.
  • Z.T. recht unübersichtlich und lang geschrieben, wenn man nur schnell was nachschauen möchte.

Resümee

Diese Umfrage zeigte die Bedeutung eines weitverbreiteten Point-of-Care Produktes für eine hochqualitative Krankenversorgung. Optimierte Medikationen, rechtzeitige Verlegungen, frühere Entlassungen, verhinderte Schwangerschaftsabbrüche, eingesparte Operationen, veränderte Richtlinien und Standardprotokolle – UpToDate verhilft Ärzten zu einer zuverlässigeren und besseren Patientenbehandlung.

Die Umfrage löste bei den Teilnehmern die Befürchtung aus, dass UpToDate abbestellt werden könnte, insbesondere war dies wohl auf den Einleitungssatz zurückzuführen „… die Antworten sind für die Bibliothek wichtig, um das weitere Angebot von UpToDate planen zu können“. Daraufhin wurden dringende und vereinzelt namentlich gezeichnete Bitten geäußert, es doch unbedingt weiterlaufen zu lassen, wie z.B. die folgende: „[UpToDate ist] tägliche Routine, ich hoffe nicht dass darüber nachgedacht wird UpToDate einzuschränken. Sollte das erwogen werden, dann bitte unbedingt sofortige Rücksprache.“

Die bibliothekarische Sicht

UpToDate wird an 32 der 34 deutschen, an 3 der 4 Österreichischen und 6 der 6 Schweizer Medizinfakultäten angeboten – oftmals lizenziert und bezahlt durch die Medizinbibliotheken vor Ort. Insofern ergibt sich hier eine Parallele zu dem Lehrbuch, das für die andere wichtige Bibliotheksklientel – die Studenten – ebenso wichtig ist wie UpToDate für den Arzt. Beide stellen überaus erfolgreiche Geschäftsmodelle der Bibliothek dar. Die Frage stellt sich allerdings, ob den (anbietenden) Bibliothekaren eigentlich klar ist, welche Auswirkungen ihr Angebot (oder Nichtangebot) von UpToDate eigentlich hat?

Da UpToDate eine so exorbitant kostspielige, aber auch wichtige Ressource in der Klinik für Qualitätsverbesserung der Behandlung sowie Kosteneinsparung darstellt, sollte dies stärker beworben werden, denn immer noch existiert eine große Unwissenheit unter dem behandelnden Fachpersonal über UpToDate (was sich u.a. in einer Vielfalt von falschen Schreibweisen wie uptodate, up-to-date, up to date, Uptodate, usw. äußert). Zum einen, wie nützlich UpToDate überhaupt ist, zum anderen, dass (und wie?) UpToDate in der Klinik verfügbar ist. Insbesondere beim nicht-ärztlichen Personal wie Pflegekräften und PJlern, aber auch bei Ärzten (20% nutzen UpToDate nicht) und bei Chefärzten (jede fünfte kennt UpToDate nicht) kann durch eine weitere Verbreitung ein deutliches Potenzial an Wissenszuwachs vermutet werden. UpToDate bietet hierzu Fortbildungskurse an, die in Absprache mit der Medizinbibliothek von einer Fachkraft vor Ort durchgeführt werden können.

Mut macht der Nutzungsanstieg von UpToDate während der Umfrage (Abbildung 13 [Abb. 13]). Während die UpToDate-Nutzung gegenüber dem Vorjahr an allen Standorten gepoolt durchschnittlich um 8% anstieg, stieg dieser Zuwachs während der Umfrage auf bis zu 23%. Dies zeigt, dass eine – wie auch immer geartete – Werbung für dieses Produkt zu einer höheren Nutzung führen kann.

Zum Schluss einige der vielen positiven Kommentare

  • Ich benutze UpToDate täglich und könnte nicht darauf verzichten!
  • Auf unserer Intensivstation gilt die Regel, dass die Empfehlungen von UpToDate gelten, sofern keine anderen klinikinternen Richtlinien bestehen.
  • Bisher kannte ich UpToDate nicht. Habe es gerade angeschaut und es scheint sehr nützlich zu sein. Ich werde es jetzt im Alltag evaluieren.
  • Da ich zusätzlich zu meiner wissenschaftlichen Tätigkeit aktiv in der Patientenschulung chronisch Kranker tätig bin, finde ich es schrecklich, dass ich Ihr Angebot gar nicht kenne!!!
  • UpToDate: Frage stellen, Antwort bekommen, weiterarbeiten!

Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Studie hat von keiner Seite eine finanzielle Unterstützung erhalten. Oliver Obst ist Mitglied des Library Advisory Boards von UpToDate. Die weiteren Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Addison J, Whitcombe J, William Glover S. How doctors make use of online, point-of-care clinical decision support systems: a case study of UpToDate©. Health Info Libr J. 2013 Mar;30(1):13-22. DOI: 10.1111/hir.12002 Externer Link
2.
Bonis P, de Bethune K, McCauley C. Erfahrungen mit UpToDate-online. Universitätskliniken in Berlin, Hamburg und München. Kombinierte, gewichtete Resultate von Studien in Berlin, Hamburg und München. 2004. Geklammerte Broschüre, unpublished.
3.
Thiele RH, Poiro NC, Scalzo DC, Nemergut EC. Speed, accuracy, and confidence in Google, Ovid, PubMed, and UpToDate: results of a randomised trial. Postgrad Med J. 2010 Aug;86(1018):459-65. DOI: 10.1136/pgmj.2010.098053 Externer Link
4.
Ahmadi SF, Faghankhani M, Javanbakht A, Akbarshahi M, Mirghorbani M, Safarnejad B, Baradaran H. A comparison of answer retrieval through four evidence-based textbooks (ACP PIER, Essential Evidence Plus, First Consult, and UpToDate): a randomized controlled trial. Med Teach. 2011;33(9):724-30. DOI: 10.3109/0142159X.2010.531155 Externer Link
5.
Isaac T, Zheng J, Jha A. Use of UpToDate and outcomes in US hospitals. J Hosp Med. 2012 Feb;7(2):85-90. DOI: 10.1002/jhm.944 Externer Link
6.
Phua J, Lim TK. How residents and interns utilise and perceive the personal digital assistant and UpToDate. BMC Med Educ. 2008;8:39. DOI: 10.1186/1472-6920-8-39 Externer Link


Erratum

Der Fragebogen im Anhang wurde ersetzt.