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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Neue Arbeitsfelder in der Bibliothek des Robert Koch-Instituts: Open Access und institutionelles Repositorium

New areas of work in the library of the Robert Koch-Institute: Open access and institutional repositorium

Fachbeitrag

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  • corresponding author Henriette Senst - Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland
  • Jens Erling - Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2012;12(3):Doc24

doi: 10.3205/mbi000260, urn:nbn:de:0183-mbi0002608

Veröffentlicht: 20. Dezember 2012

© 2012 Senst et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Die Bibliothek des Robert Koch-Instituts (RKI) existiert seit der Gründung des Instituts für Infektionskrankheiten im Jahr 1891. Bis in die 1990iger Jahre bestand die Bibliotheksarbeit aus dem klassischen Dreiklang Erwerben – Erschließen – Bereitstellen (von Print-Medien). Die IT hat nicht nur dramatisch das Arbeitsverhalten und die Forschungsmöglichkeiten der Wissenschaftler verändert, sondern auch massiv zur Verlagerung von Arbeitsschwerpunkten in der Bibliothek geführt. Zwei neue Arbeitsgebiete werden im Folgenden vorgestellt: Der Betrieb eines Publikationsservers und die Betreuung der RKI-Wissenschaftler während des Publikationsprozesses eigener Veröffentlichungen.

Schlüsselwörter: Robert Koch-Institut, Bibliothek, institutionelles Repositorium, Publikationsprozess, Wissenschaftler, Autoren-Verlags-Vertrag

Abstract

The Robert Koch-Institute’s Library exists since foundation of the Institute for Infectious Diseases in 1891. Until the nineties of the last century acquisition, indexing and allocation (of print media) where the three typical tasks of the library. The progression of IT did not only change the work habits and research possibilities of the scientists dramatically; it also led to a massive shift in the tasks of the library. Two new areas of work, which cannot be assigned to classical library tasks, will be introduced below: The operation of an institutional repository and the support of scientists during the publication process.

Keywords: Robert Koch-Institute, library, institutional repository, publication process, scientists, copyright transfer agreement


Neue Arbeitsfelder in der Bibliothek des Robert Koch-Instituts

Das Robert Koch-Institut (RKI) ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und gehört somit zu den Ressortforschungseinrichtungen. Das Institut kann auf eine lange Geschichte zurückblicken: es wurde 1891 als Königlich-Preußisches Institut für Infektionskrankheiten gegründet und sein erster Direktor war Robert Koch. Das RKI ist heute über vier Liegenschaften verteilt, drei in Berlin und eine in Wernigerode. Das Institut hat derzeit knapp 1.000 Mitarbeiter, davon sind rund ein Drittel Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen.

Das RKI ist die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention und damit auch die zentrale Einrichtung des Bundes auf dem Gebiet der anwendungs- und maßnahmenorientierten biomedizinischen Forschung.

Das Königlich-Preußische Institut für Infektionskrankheiten hatte von Anbeginn an eine Bibliothek. Die Bibliothek zog um 1900 in das für Robert Koch und sein Institut gebaute neue Gebäude am jetzigen Standort am Nordufer um. Eine weitere Bibliothek gibt es im Institutsbereich Wernigerode. In den beiden anderen Berliner Liegenschaften gibt es nur noch Büros für die Bibliotheksmitarbeiter, aber keinen physischen Bibliotheksbestand. Organisatorisch ist die Bibliothek im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Instituts angesiedelt. In der Bibliothek sind sieben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt, drei davon in Teilzeit. Der Sammelschwerpunkt richtet sich nach den Institutsaufgaben und liegt in den Bereichen Infektionskrankheiten, Infektionsepidemiologie sowie Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung. Der Bestand umfasst ca. 100.000 Bände. Die aktuellen Zeitschriften werden fast ausschließlich online bereitgestellt.

Über die Jahre gab es keine größeren Veränderungen in der Art der Tätigkeiten in der Bibliothek. Die Erwerbung von Literatur, ihre Erschließung und die Ausleihe sowie die Beschaffung von Arbeiten über die Fernleihe bestimmten den Alltag.

Als im Jahr 2000 in der Bibliothek am Nordufer umfangreiche Umbauarbeiten stattfanden, wurden im Zuge dessen auch PC-Lesearbeitsplätze eingerichtet und die bibliothekarische Arbeit an den neuen Möglichkeiten, die das Internet mit sich brachte und den Erfordernissen, die von Nutzerseite an die Bibliothek herangetragen wurden, ausgerichtet.

Um diese Neuausrichtung zu strukturieren und als kontinuierlichen Prozess zu betreiben, arbeitet das Bibliotheksteam seitdem mit Zielen. Jährlich wird besprochen, was in den vergangenen Monaten erledigt werden konnte und welche neuen Herausforderungen sich ergeben. Die neuen Ziele werden einerseits maßgeblich von den Anforderungen bestimmt, die von Instituts- und Nutzerseite an die Bibliothek herangetragen werden, andererseits von technischen und inhaltlichen Trends, die die Bibliothek auf dem Informationsmarkt beobachtet. Diese werden nach Nutzen und Machbarkeit für die Institutsmitarbeiter bewertet und anschließend in Form von Datenbanken oder Dienstleistungen bereitgestellt.

Im Jahr 2007 unterzeichnete das RKI die „Berliner Erklärung“ [1] und hat sich somit zum Gedanken des freien Publizierens von wissenschaftlichen Informationen im Internet bekannt. Die Berliner Erklärung verpflichtet die Unterzeichner, ihren Mitarbeitern zu empfehlen, ihre Veröffentlichungen Open Access zu stellen. Deshalb hat das Institut beschlossen, für diese Publikationen ein Institutional Repository (Abbildung 1 [Abb. 1]) bereitzustellen. Die Bibliothek war für die Umsetzung verantwortlich und suchte für die Realisierung einen Kooperationspartner. 2009 wurde der Kooperationsvertrag mit dem Computer- und Medienservice (CMS), dem Rechenzentrum der Humboldt-Universität zu Berlin, abgeschlossen [2]. Dem CMS obliegt nun die technische Administration. Die inhaltliche Betreuung (wie das Einstellen der Dokumente) wird von der RKI-Bibliothek übernommen.

Der Server ist im Internet unter „edoc.rki.de“ und über die RKI-Homepage erreichbar. Grundsätzlich werden alle Dokumente, die das Institut veröffentlicht, hier zur Verfügung gestellt. Das betrifft sowohl amtliche Bekanntmachungen verschiedener Kommissionen am Institut wie z.B. der „Ständigen Impfkommission“ oder der „Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention“ wie auch fortlaufende Veröffentlichungen, Pressemitteilungen und Informationen zum Institut und zur Institutsgeschichte. Außerdem werden möglichst alle Artikel von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen des RKI auf dem Server abgelegt, bei denen eine Zweitpublikation möglich ist. Am Institut entstandene Qualifikationsarbeiten werden an dieser Stelle bereitgestellt. Zum 100. Todestag Robert Kochs wurden dessen „Gesammelte Werke“ digitalisiert und ebenfalls auf dem Server präsentiert.

Die Zahl der bereitgestellten Dokumente steigt stetig. Im Moment sind ca. 2.500 Dokumente abgelegt (Stand September 2012). Die Zugriffszahlen sind im Jahr 2011 stark gestiegen (von ca. 480.000 Zugriffen im Jahr 2010 zu 888.000 Zugriffen im Jahr 2011). Im Zuge des EHEC-Ausbruchs im Sommer 2011 stieg die Nutzung der RKI-Internetseiten an. Dieser Anstieg war ebenso bei den Zugriffen auf den Publikationsserver zu beobachten. Die hohe Nutzung des Publikationsservers ist mit dem Abklingen des Krankheitsgeschehens aber nicht zurückgegangen, sondern auf hohem Niveau geblieben (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Vom Beginn des Projektes an wurden die RKI-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen mit eingebunden. Sowohl auf der Leitungskonferenz wie auch auf Informationsveranstaltungen auf Fachgebietsebene wurden Konzept und Umsetzung der Pläne für den Publikationsserver vorgestellt. Dabei wurde auch ausführlich auf die Bedeutung von Urheber- und Nutzungsrecht für die Autoren eingegangen. Bei den vierteljährlich im Institut stattfindenden Einführungsveranstaltungen für neue Mitarbeiter stellt die Bibliothek diese Themen regelmäßig vor.

Seit der Bereitstellung des Publikationsservers berät die Bibliothek die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Instituts zu allen Fragen des Publikationsprozesses. Die Wissenschaftler können beispielsweise bei der Bibliothek in Erfahrung bringen, welche Zeitschrift für die Veröffentlichung ihrer Arbeit geeignet ist. Dabei stehen Aspekte wie die Zielgruppe der Veröffentlichung, Bedeutung des Impact Faktors aber auch die Nutzungsrechtssituation im Mittelpunkt. Die Bibliothek nimmt solche Gelegenheiten wahr, die Wissenschaftler auf die Vorteile einer Open-Access-Veröffentlichung hinzuweisen.

Hat sich der Autor entschieden, bei welcher Zeitschrift er seine Arbeit einreichen wird, gibt er parallel zur Einreichung beim Verlag das hausinterne Formular „Veröffentlichungsanzeige“ in den Workflow. Mit dem Umlauf dieses Formulars wird sichergestellt, dass alle zuständigen Stellen im Haus darauf vorbereitet sind, dass die Arbeit im Erscheinen begriffen ist. Der Fachvorgesetzte und der Abteilungsleiter zeichnen das Formular ab, damit die interne Qualitätskontrolle gesichert ist. Die Institutsleitung wird ebenso informiert wie die Pressestelle, die sich gegebenenfalls auf externe Anfragen einstellen kann. Die Bibliothek prüft die Nutzungsrechtssituation, falls schon ein Autoren-Verlagsvertrag vorliegt, und sammelt die Veröffentlichungsanzeigen und die Autoren-Verlagsverträge in Kopie.

Bei Nicht-Vorlage des Autoren-Verlags-Vertrages wird der Wissenschaftler gebeten, sich vor Unterzeichnung noch einmal mit der Bibliothek in Verbindung zu setzen, um festzustellen, ob er das einfache oder das ausschließliche Nutzungsrecht an den Verlag abtritt.

Der Vertrag muss nach Unterzeichnung in Kopie an die Bibliothek geschickt werden, denn nur im Vertragstext sind in der Regel die Embargo-Fristen bis zur möglichen Zweit-Veröffentlichung der Publikation auf einem Publikationsserver feststellbar. Die Angaben der Sherpa-Romeo-Liste reichen hier nicht, denn sie sind nicht gerichtsfest.

Die Bibliothek hat mit verschiedenen Verlagen, in denen RKI-Wissenschaftler häufig veröffentlichen, über die Nutzungsrechte verhandelt. Einige Verlage sind für diesen Wunsch nach dem Zweitveröffentlichungsrecht zugänglich. Mit diesen konnten Rahmenverträge hierüber abgeschlossen werden. Diese Rahmenvereinbarungen haben den Vorteil, dass die Verlagsverträge nicht mehr einzeln geprüft werden müssen.

Die Verwaltung des Haushaltstitels für das Begleichen der Veröffentlichungsgebühren hat die Bibliothek übernommen. Das ermöglicht die Kontrolle über die tatsächlichen Veröffentlichungen. Während durch die Veröffentlichungsanzeige lediglich die Absicht zur Publikation dokumentiert wird, ist aus der Rechnung ersichtlich, welche Artikel letztendlich in welcher Zeitschrift veröffentlicht werden. Das RKI unterstützt in Anlehnung an die DFG-Richtlinie zum Open-Access-Publizieren grundsätzlich keine Hybridmodelle. Das heißt, dass die Open-Access-Freischaltung von Aufsätzen in prinzipiell subskriptionspflichtigen Zeitschriften nach dem Modell des „Open Choice“ nicht gewünscht ist [3].

Hat der Wissenschaftler seine Arbeit eingereicht und ist sie akzeptiert worden, muss er sich nicht darum kümmern, wie und wann sein Paper auf dem Publikationsserver abgelegt wird. Die Bibliothek setzt sich anhand des Autoren-Verlags-Vertrages nach Erscheinen des Artikels den entsprechenden Termin. Durch Alerts in PubMed und Scopus wird die Bibliothek informiert, wenn ein Artikel eines RKI-Mitarbeiters erschienen ist. Häufig teilen die Autoren selbst per E-Mail mit, dass ihr Artikel veröffentlicht ist.

Kann das Paper auf dem Server abgelegt werden, wird geprüft, ob die Final-Draft- oder die Verlagsversion verwendet werden kann. Die Final-Draft-Version muss bearbeitet werden. Unter anderem wird ein Vorblatt eingefügt (Abbildung 3 [Abb. 3]), auf dem die Originalquelle genannt wird. Sobald der Artikel auf dem Publikationsserver veröffentlicht ist, wird der Autor benachrichtigt.

Die Veröffentlichung von Artikeln und von in den Fachgebieten erstellten Qualifikationsarbeiten auf dem Publikationsserver wird für das jeweilige Fachgebiet positiv bei der „Leistungsorientierten Mittelvergabe“ berücksichtigt. Damit soll ein zusätzlicher Anreiz geschaffen werden, die Nutzungsrechtssituation bei der Entscheidung, in welcher Zeitschrift veröffentlicht werden soll, stärker zu berücksichtigen. Hausintern wird der hohe Stellenwert von Open Access betont. Die Bibliothek erstellt deshalb einmal jährlich eine Übersicht über die auf dem Publikationsserver veröffentlichten Arbeiten nach den Fachgebieten.

Da die Bibliothek vorrangig für die Informationsversorgung der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im RKI zuständig ist, wird das Serviceangebot (einschließlich OPAC) nur im Intranet umfassend dargestellt. Unter anderem wird hier auch eine Seite mit den „Hinweisen für Autoren“ zur Verfügung gestellt. Dort sind alle wichtigen Informationen wie z. B. die Links zum Publikationsserver, zum Veröffentlichungsformular und zur Sherpa-Romeo-Liste gebündelt. Mithilfe einer FAQ-Liste können sich die Wissenschaftler über die Vorgehensweise beim Publizieren im RKI informieren.

Die Bibliothek führt noch im Jahr 2012 erstmals einen Workshop „Wissenschaftliches Publizieren“ durch. Ziel der Veranstaltung ist es, Hilfestellungen beim Schreiben von Veröffentlichungen zu geben und Wissenswertes zum Publikationsprozess zu vermitteln.

Es wird angestrebt, in den kommenden Monaten für den Publikationsserver das DINI-Zertifikat 2010 zu erlangen.

Mit der Etablierung des neuen Arbeitsbereiches „Autorenbetreuung“ konnte die Bibliothek einen Schritt aus der klassischen Beschaffungs- und Bereitstellungstätigkeit heraustreten. Die Wissenschaftler haben nun eine Anlaufstelle für alle ihre Fragen und Probleme während des Publikationsprozesses. Es gibt klare Regelungen für Abläufe und Verfahren, Verträge werden gesammelt und dokumentiert. Damit wird im immer komplexeren Bereich des Urheber- und Nutzungsrechts für die RKI-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen ein Stück Rechtssicherheit geschaffen.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen. 2003. Available from: http://oa.mpg.de/files/2010/04/Berliner_Erklaerung_dt_Version_07-2006.pdf Externer Link
2.
Dobratz S. Der edoc-Hostingservice für andere Dokumentenserver. CMS-Journal. 2009;(32):86-9.
3.
Deutsche Forschungsgemeinschaft. Merkblatt Open Access Publizieren. Bonn: DFG; 2010. Available from: http://www.dfg.de/formulare/12_20/12_20.pdf Externer Link