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Von Augusta zu Klingsor, von Luise zu Benjamin – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Bibliothek des Instituts für Geschichte der Medizin in Berlin
From Augusta to Klingsor, from Luise to Benjamin – past, present and future of the library of the Institute for the History of Medicine (Berlin)
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Autoren
Veröffentlicht: | 6. September 2012 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Nach einer kurzen Erläuterung der Geschichte des Standortes von Institut, Bibliothek und Archiv, dessen Besonderheit in der geschichtlichen Entwicklung der geteilten Stadt Berlin liegt, folgt eine Beschreibung des Bestandes, der Forschungsgebiete sowie der Aufgaben, die die Bibliothek wahrnimmt. Zuletzt geht der Artikel noch auf die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen ein.
Abstract
After a brief illustration of the history of the institute, library and archive whose characteristic is in the history of the divided city of Berlin follows the description of the inventory and of the fields of research as well as the tasks the library is performing. Finally the article mentions the cooperation with other institutes.
Standortgeschichte
Die Bibliothek entstand 1963 mit der Gründung des Instituts für Geschichte der Medizin der Freien Universität in West-Berlin. Sie war 25 Jahre lang beheimatet in eher provisorischen Räumen einer Villa in Berlin-Lichterfelde (Augustastraße, Abbildung 1 [Abb. 1]) und konnte erst 1987 mit dem ersten Umzug des Instituts in den bibliotheksgerechten Anbau einer weiteren Villa (Klingsorstraße, Abbildung 2 [Abb. 2]) wechseln. Die „West-Bibliothek“ bildete das Gegenstück zur Bibliothek des Instituts für Geschichte der Medizin der Humboldt-Universität (Charité) in Ost-Berlin, welches seit 1930 bestand. Nach dem Mauerfall und im Zuge der Fusion der medizinischen Fakultäten der Freien Universität (FU) und der Humboldt-Universität (HU) wurden auch die Institute zusammengeführt, wenngleich die zwei Standorte erhalten blieben.
Die Bibliothek des Ostberliner Instituts war zwar räumlich im Institutsgebäude (Ziegelstraße, Abbildung 3 [Abb. 3]) gelegen, gehörte aber immer schon als Teilbibliothek der Wissenschaftsgeschichte zur Universitätsbibliothek der HU. Sie ging komplett an diese über und befindet sich heute größtenteils im neu errichteten Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum. Das Archiv dagegen und seine Archivalien, insbesondere das Bildmaterial, blieben dem jetzigen Institut erhalten und sind dort dokumentiert. Bibliothek und Archiv bilden heute eine Funktionseinheit, deren Bestand über die Jahre kontinuierlich gewachsen ist und weiter wächst. Als Teil des Instituts gehören sie heute zum CharitéCentrum 1 für Human- und Gesundheitswissenschaften.
Vor zwei Jahren erfolgte der Umzug der Bibliothek von der Gründerzeitvilla im Süden Berlins, die verkauft werden sollte, in das sogenannte Bettenhochhaus der Charité in Mitte (Luisenstraße), das in den 1970er-Jahren geplant und 1982 als Vorzeigebau eröffnet wurde. Räumlich und aus Sicht der Bestandsentwicklung ist die Unterbringung keine optimale Lösung, zumal noch nicht erfasste Bestände (500 Bücherkartons) hier keinen Platz fanden. Für das Jahr 2013 ist nun die Sanierung unseres jetzigen Standorts anvisiert inklusive einer Entkernung des gesamten Gebäudes, das dafür vollständig freigezogen werden muss. Derzeit sieht die Planung vor, dass Institut und Bibliothek wieder in den Süden Berlins in das Benjamin-Franklin-Klinikum der Charité und dort zusammen mit der Bibliothek für Soziale Medizin ziehen soll. Dafür wären allerdings größere Umbaumaßnahmen notwendig.
Organisation
Die Bibliothek verfügt über zwei volle Stellen und eine studentische Hilfskraft mit 40 Stunden pro Monat, das Archiv wird von 1,5 MitarbeiterInnen betreut. Nach gegenwärtiger Planung ist davon auszugehen, dass frei werdende Stellen (eine Stelle in 2013) nicht wiederbesetzt werden. Angesichts der Größe des Bestandes von ca. 90.000 Medieneinheiten und der anstehenden Aufgaben (Stichwort Retrokatalogisierung) ist ein solcher Stellenschlüssel zwar nicht ausreichend, dennoch steht das Berliner Institut besser da als manch andere medizingeschichtliche Institute in Deutschland.
Im Bettenhochhaus (Abbildung 4 [Abb. 4]) ist die Bibliothek mit dem Freihandbestand und den Mitarbeiterräumen in der 9. Etage untergebracht, zwei Drittel des Bestandes dagegen sind im 2. Stock magaziniert. Den öffentlich zugänglichen Bereich in der 9. Etage – ehemals die Kinderstation, d.h. Unterbringung der Bücher, der MitarbeiterInnen und der NutzerInnen in ehemaligen Patientenzimmern – teilen wir uns mit der Medizinischen Bibliothek, die hier ihre Lehrbuchsammlung für die Studierenden bereithält. Hauptnutzer der Bibliothek und des Archivs sind WissenschaftlerInnen und Studierende der Charité, aber auch ForscherInnen anderer Institutionen, historisch interessierte Laien und Vertreter der Medien. Grundsätzlich steht die Bibliothek jedem Interessierten zur Nutzung offen.
Die Bibliothek ist eine Präsenzbibliothek mit Option der Wochenend-Ausleihe und ist dem Fernleihsystem nur als nehmende Bibliothek angeschlossen, auch wenn uns immer wieder Fernleihanfragen nach unikaten Beständen erreichen. Mit der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin als Heimatbibliothek sind wir Mitglied im Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV). Als Katalogisierungssoftware dient ALEPH, wobei die Buchbestände erst zu einem Drittel elektronisch erfasst sind. Mit voranschreitender Retrokatalogisierung sollen aber auch die Zettelkataloge (alphabetischer Katalog, Schlagwort- und Standortkatalog) verringert bzw. abgeschafft werden. Die Zeitschriftenbestände dagegen sind vollständig (1.828 Titel) in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen und auch über den OPAC der Charité und der FU – und damit im KOBV und im Karlsruher Virtuellen Katalog (KVK) – recherchierbar. Die Bibliothek hält 30 laufende Zeitschriftentitel. Der Bestand ist nach einer eigens entwickelten und über die Jahre differenzierten Systematik aufgestellt und auch die Verschlagwortung folgt einem eigenen System.
Neuerwerbungswünsche werden meist von den WissenschaftlerInnen des Instituts geäußert und im Rahmen des verfügbaren Etats beschafft. Ansonsten ist die Bibliothek bemüht, zur Abdeckung der einzelnen Systematikgruppen bzw. medizinischen Fachgruppen die aktuelle und relevante Forschungsliteratur in deutscher, englischer oder französischer Sprache zu beschaffen. E-Books (Lehrbücher) und Datenbanken (z.B. Web of Science) können über den Zugang der Medizinischen Bibliothek genutzt werden. Seit 2010 hat die Bibliothek keinen festen Etat mehr. Standen ihr bis 2009 noch 15.000 € im Jahr zur Verfügung – anteilig vom Gesamtetat für die drei Bibliotheken des CharitéCentrums 1 für Geschichte der Medizin, Sozialmedizin und Arbeitsmedizin –, werden seit 2010 Buchankäufe und Buch- und Zeitschriftenbindungen aus den Institutsmitteln finanziert. Im letzten Jahr waren dies beispielsweise 11.000 €, wobei der Bestand um 1.884 Titel wuchs. Der Zuwachs resultierte zu einem Drittel aus Ankauf und zu zwei Dritteln aus Schenkungen und Übernahmen von aufgelösten Institutsbibliotheken (Anthropologie, Anatomie, Pharmakologie) bzw. Übernahmen aus der Medizinischen Bibliothek der Charité, die keine Archivfunktion wahrnimmt (vgl. [1]). Eine Etatausnahme bilden die laufenden Zeitschriften (Online und Print). Sie werden über die Medizinische Bibliothek meist in Form von Konsortialverträgen (Friedrich Althoff-Konsortium) erworben.
Der Etatmangel hat zur Folge, dass wesentliche Aufgaben der Bestandserhaltung wie Restauration und Entsäuerung kaum mehr geleistet werden können, auch die Buchbindung muss größtenteils zurückgestellt werden. Zugleich wächst durch die Übernahmen der Bestand in einem Maße, dass der Platz bei weitem nicht reicht und noch zu bearbeitende Bestände ausgelagert werden müssen.
Neben der Katalogisierung, Retrokatalogisierung, Recherche, Bestellung und Benutzereinführung nehmen Anfragen von WissenschaftlerInnen, Laien, JournalistInnen und TV-RedakteurInnen – vom SPIEGEL bis zur Redaktion von „Wer wird Millionär?“ – einen zunehmenden Teil der Zeit in Anspruch. Auch aus dem Ausland werden Anfragen gestellt, z.B. nach Daten und Bildern zu ÄrztInnen, zu einzelnen medizinischen Instrumenten, zum Krankenhauswesen, zu therapeutischen Verfahren u.v.m.
Archiv
Diese Anfragen erreichen auch das Archiv, das sich in verschiedene Bereiche gliedert: das Bildarchiv mit ca. 20.000 digitalisierten Objekten, das Archiv des Forschungsschwerpunktes Zeitgeschichte mit den Datenbanken MedZeitgeschichte und MedBeruf sowie das Krankenblattarchiv zur Psychiatriegeschichte (Patientenakten der Psychiatrischen und Nervenklinik der Charité). Darüber hinaus besitzt das Institut eine Sammlung von medizinischen Objekten (Medaillen, Karten, Instrumente, Geräte) und Dokumenten (Autographen, Teilnachlässe).
Das Bildarchiv enthält eine große (Foto-)Sammlung mit historischen Mediziner-Porträts und Abbildungen zur Medizingeschichte Berlins, speziell zur Charité-Geschichte, aber auch zur Objektgeschichte. Für die Erschließung des Bestandes wurde eine eigene Systematik entwickelt und mit dem Datenbank-Programm Filemaker realisiert. Neben Bildtitel, Bildbeschreibung, Provenienz und formalen Kriterien werden die Objekte nach regionaler, epochaler und institutioneller Zugehörigkeit erschlossen.
Das Archiv der Zeitgeschichte hat seinen Schwerpunkt in den Sondersammelgebieten zu Medizin und Gesellschaft im 20. Jahrhundert (MedZeitgeschichte) sowie zu Medizinischer Ausbildung und ärztlichem Berufsfeld (MedBeruf, 1970 bis 2003), die u.a. die Literatur zu Gesundheitswesen/-politik, Sozialmedizin und Public Health, Hochschulpolitik und Wissenschaftsgeschichte sowie Leitlinien der Medizin/Ethik, Ausbildungsforschung und Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen beinhalten. Das Archivgut umfasst ca. 25.000 Medieneinheiten, darunter Sonderdrucke, Skripte, Briefwechsel, Gesetzestexte, Broschüren und Themenmappen sowie einen Buchbestand, der derzeit sukzessive in den Institutsbestand integriert wird. Die beiden online zugänglichen, LIDOS-basierten Datenbanken (mit ca. 10.900 bzw. 12.500 Medieneinheiten, http://www.charite.de/medizingeschichte/archive.htm) weisen nicht allein den vorhandenen Bestand nach, sondern auch relevante Fachliteratur und deren Rezensionen sowie E-Publikationen zu den Themenschwerpunkten. Darüber hinaus sammelt der Forschungsschwerpunkt speziell zum Gesundheitswesen nach 1945 (BRD und DDR) umfangreiche graue Literatur sowie Vor- und Nachlässe (z.B. Erwin Jahn, Bodo Mros, Günther Ehmann, Kurt Scheidler, Ludwig Mecklinger), die als Konvolute erfasst oder über eigene Findbücher erschlossen werden. Hier ist auch durch aktive Sammeltätigkeit ein umfangreicher Bestand an nicht eigenständig erschienenen Publikationen von DDR-Institutionen aufgebaut worden, die nur selten Eingang in bibliothekarische Bestände gefunden haben.
Der Bestand und die Datenbank des Psychiatriearchivs mit Krankenakten von 1880 bis 1976 werden von einer Gruppe von WissenschaftlerInnen des Instituts betreut. Auch aus anderen Forschungsschwerpunkten sind Datenbanken erwachsen, die teils online zugänglich sind wie die Dokumentation Ärztinnen im Kaiserreich (http://web.fu-berlin.de/aeik/), eine biografische Datenbank zu den ersten Ärztinnen in Deutschland mit über 3.500 Datensätzen (1.092 online), die von einer der Bibliothekarinnen Ende der 1980er-Jahre ins Leben gerufen, im Rahmen eines DFG-Projektes in der 1990ern erstellt und danach erweitert wurde (Ärztinnen in der Weimarer Republik). Diese Pionierleistung wurde 1995 mit dem ersten Margherita von Brentano-Preis der Freien Universität ausgezeichnet. Weitere Datenbanken, bei denen der Übergang zwischen Archiv und Bibliothek fließend ist, sind die Sonderdrucksammlung mit Schwerpunkt Charité-Bibliografie (24.500 Titel), die aber erst teilweise elektronisch erfasst ist und im Moment nur intern genutzt werden kann, und das Filmarchiv (201 Titel), welches nur institutsintern für Forschungszwecke zu Verfügung steht. Für diese beiden Sammlungen dient ebenfalls die Software Filemaker zur Erfassung.
Das Archiv steht ebenso wie die Bibliothek der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung und kann, soweit datenschutzrechtlich erlaubt, genutzt werden. Während beispielweise das Archiv für Zeitgeschichte vorrangig im wissenschaftlichen Kontext nachgefragt wird und der vertiefenden Forschung dient, bietet insbesondere das Bildarchiv auch einen reichhaltigen Fundus für Anfragen aus dem medialen Umfeld.
Buchbestand
Die Anfänge der Bibliothek wurden aufgebaut aus den (Teil-)Nachlässen des Anatomen Kurt Fahrenholz, des Chirurgen Erwin Gohrbandt, des Internisten Wilhelm Zinn, des Dermatologen Georg Rost, des Immunbiologen Otto Westphal und später erweitert um eine geschlossen gekaufte Sammlung von etwa 1.200 medizinischen Schriften des 17. und 18. Jahrhunderts. Die früheren Sammelschwerpunkte zur Medizin des Altertums und des Mittelalters, zur Geschichte der Berliner Medizin, der Zahnheilkunde und des Biologismus haben sich verlagert zur Psychiatriegeschichte, Pharmakologie, Sozialmedizin, Patientengeschichte im 19./20. Jahrhundert, Medizin im Nationalsozialismus, Medizin und Gender. Ein wichtiger Sammelschwerpunkt ist selbstverständlich die Literatur zur Geschichte der Charité, die vor allem im Rahmen des 300-jährigen Jubiläums der Charité stark frequentiert wurde, wie z.B. die Publikation Charité – Geschichte(n) eines Krankenhauses, herausgeben von Johanna Bleker und Volker Hess (2010) [2].
Besondere Bestände, die in den letzten Jahren in die Bibliothek integriert wurden, sind die Bibliothek der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik Berlin (10.000 Bände), mit einen großen Bestand an Originalausgaben neurologischer und psychiatrischer Literatur aus dem 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, mit Anstaltsberichten und Festschriften. Er deckt einen großen Bereich der aktuellen Forschung am Institut ab (z.B. DFG-Forschungsprojekt Kulturen des Wahnsinns, http://www.kulturen-des-wahnsinns.de/). Ein weiterer besonderer Bestand ist die Privatsammlung des Archivars der Deutschen Gesellschaft für Urologie Fritz Schultze-Seemann (2.523 Bücher, 44 Zeitschriftentitel).
Der historische Bestand (vor 1900) an medizinischen Werken und Lehrbüchern umfasst ungefähr 10.000 Titel, welche überwiegend in lateinischer und deutscher Sprache verfasst sind. Er gliedert sich in ca. 80 Titel des 16. Jahrhunderts, ca. 150 Titel des 17. Jahrhunderts (Abbildung 5 [Abb. 5]), ca. 1.050 Titel des 18. Jahrhunderts und ca. 8.720 Titel aus dem 19. Jahrhundert. Obwohl keine Mittel für eine Digitalisierung zur Verfügung stehen, sind im Moment schon 522 Titel (vor allem aus dem 16.–19. Jahrhundert, Stand: 23.06.2012) aus dem bisher im OPAC erfassten Bestand im Volltext verfügbar. Hier profitiert die Bibliothek hauptsächlich von den Digitalisierungsprojekten der Bayrischen Staatsbibliothek, deren Digitalisate durch die strategische Allianz des KOBV mit dem BVB (Bibliotheksverbund Bayern) durch sogenannte Hybridsätze bei Besitz in den Charité-OPAC übernommen werden können.
Der Bestand an ca. 150 Mikrofiches umfasst neben medizinhistorischen Dissertationen der Institute (FU und HU) noch einige weitere deutschsprachige Dissertationen sowie Zeitschriften und Bibliographien.
Kooperationen
Institutionell und sammlungsbezogen ist die Nähe zur Berliner Gesellschaft für Geschichte der Medizin e.V. und zum Medizinhistorischen Museum der Charité gegeben. Auch hier sind Bibliothek und Archiv in Form von Zusammenarbeit und Leihgaben eingebunden (z.B. aktuelle Sonderausstellung: Ilana Halperin – Steine, http://www.bmm-charite.de/ausstellungen/sonderausstellung/ilana-halperin-steine.html). Neben Führungen durch die Bibliothek sind die Bibliotheks- und Archivmitarbeiterinnen auch an historischen Führungen zum Standort Charité beteiligt – z.B. zum ehemaligen Universitätsklinikum Ziegelstraße oder der Frauenklinik in der Monbijoustraße –, die im Rahmen der Senioren-Weiterbildungswege der Humboldt-Universität erfolgen.
Eine Zusammenarbeit zwischen den deutschsprachigen Instituten für Geschichte der Medizin und angrenzenden Bereichen wird vertieft. Auf Initiative des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik in Mainz findet seit 2009 ein jährliches Treffen der InstitutsbibliothekarInnen an wechselnden Standorten statt. Ziel ist der Austausch und die Zusammenarbeit sowie fachsspezifische Weiterbildung (z.B. Urheberrecht). So konnte bereits als Ergebnis eine Übersicht über alle Spezialsammlungen an den einzelnen Instituten auf der Homepage des Fachverbandes Medizingeschichte e.V. (http://www.fachverband-medizingeschichte.de/) präsentiert werden. Außerdem werden dort im halbjährlichen Rhythmus die Neuerwerbungslisten der medizinhistorischen Bibliotheken veröffentlicht.
Ein besonderes Augenmerk wird im Zuge des Umzuges 2013 der Fusion der Bibliotheken der Sozialmedizin und der Geschichte der Medizin gelten. Da beide Bibliotheken bereits andere Bestände (z.B. Arbeitsmedizin) übernommen haben, wird sich hier ein einzigartiger Bestand der nicht rein klinischen Fächer darstellen. Einhergehend mit der räumlichen Veränderung und der Erweiterung des Bestandes auf 120.000 Medieneinheiten und der Erweiterung des Servicebereiches – angestrebt sind u.a. Erweiterung der Öffnungszeiten, der Ausleihe und eine größere Zahl von Benutzerarbeitsplätzen – wird versucht, dem Anspruch an die zukünftigen Bibliothek Medical Humanities gerecht zu werden. Der Begriff selbst (vgl. [3]) lässt sich nicht eindeutig ins Deutsche übertragen. Das Konzept von Medical Humanities basiert auf einer langen traditionellen Verbindung zwischen Medizin und Humanwissenschaften, d.h. verfolgt einen geistes- und sozialwissenschaftlichen Zugang zur Medizin und setzt demzufolge ein erweitertes Verständnis von Krankheit und Gesundheit voraus unter Einbeziehung von gesellschaftlichen, sozioökonomischen und sozialpsychologischen Einflüssen. Damit verbunden ist eine Kritik an entmenschlichter Medizin, an rein medizinisch-wissenschaftlichen und technologischen Ansätzen. In der Ausbildung im Gesundheitswesen und in der interdisziplinären Forschung soll dem entgegengewirkt werden, um menschliche Werte ins Zentrum der ärztlichen Praxis zu stellen. Dieser Idee fühlt sich auch die Bibliothek verbunden.
Anmerkung
Interessenkonflikte
Die Autorinnen erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.
Literatur
- 1.
- Paepcke U. Die Medizinische Bibliothek der Charité – Universitätsmedizin Berlin – eine Bibliothek im Wandel. GMS Med Bibl Inf. 2009;9(2-3):Doc20. DOI: 10.3205/mbi000148
- 2.
- Bleker J, Hess V, Hrsg. Die Charité – Geschichte(n) eines Krankenhauses. Berlin: Akademie-Verlag; 2010.
- 3.
- Spinsanti S. Medical Humanities. In: von Jargow B, Steger F, Hrsg. Literatur und Medizin – ein Lexikon. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht; 2005. Sp. 516-520.