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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Systematisches Innovationsmanagement

Systematic innovation management

Fachbeitrag

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  • corresponding author Ursula Georgy - Fachhochschule Köln, Institut für Informationswissenschaft, Köln, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2011;11(3):Doc15

doi: 10.3205/mbi000230, urn:nbn:de:0183-mbi0002301

Veröffentlicht: 29. Dezember 2011

© 2011 Georgy.
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Zusammenfassung

Dienstleistungsunternehmen (hier Bibliotheken) stehen heute im gleichen Wettbewerb wie Unternehmen des produzierenden Gewerbes. Daher ist es auch für Bibliotheken entscheidend, Trends frühzeitig zu erkennen und Kundenbedürfnisse zu erfüllen. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, müssen sich auch Bibliotheken mit dem Thema Innovationsmanagement auseinander setzen.

Schlüsselwörter: Bibliothek, Innovation, Innovationsmanagement, Technologietrends, Ideengenerierung, Open Innovation, Innovationskommunikation

Abstract

Public institutions (here libraries) are in competition with each other in the same way like companies of the producing industra. Therefore it is crucial for libraries to identify trends early and to respond to customer needs focused and purposefully. This requires a systematic innovation management of libraries.

Keywords: library, innovation, innovation management, technology trends, idea generation, open innovation, innovation communication


Kundenorientierung im Kontext von Dienstleistungsqualität

Bibliotheken sind primär Dienstleister, und damit stehen ihre Dienstleistungen auch im Vordergrund des Angebotsportfolios. Kundenorientierung ist heute wesentlicher Bestandteil des strategischen Handelns sowohl von Unternehmen als auch von Non-Profit-Organisationen – NPOs, d.h. es gilt dem Kunden die Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die ihm einen größtmöglichen Nutzen bringen. Eng verknüpft damit sind die Qualität sowie die Attraktivität des Angebotes. Bruhn definiert Dienstleistungsqualität wie folgt: „Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung aufgrund von Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsprofil zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmale der Dienstleistung, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden.“ [1] Wesentlicher Aspekt dieser Definition ist die Kundenerwartung, denn letztendlich entscheidet sie alleine über den Erfolg oder Misserfolg eines Angebots.

Bibliotheken neigen dazu, Angebote anderer Bibliotheken (auch aus dem Ausland) zu übernehmen. Dies ist im Bereich Dienstleistungen durchaus üblich und auch statthaft, doch bedarf es einer individuellen Anpassung auf den eigenen Markt und die eigenen Marktsegmente. Systematisches Innovationsmanagement erleichtert die explizite Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse der eigenen Einrichtung.


Innovation

Deutschland hat sich seit den 1970er Jahren von einer Produktionsgesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft gewandelt. So lag der Anteil der Bruttowertschöpfung im Jahr 2008 bei über 70%, wobei die Beschäftigtenquote in diesem Zeitraum von rund 45% auf mehr als 70% stieg [2]. Damit sind Bibliotheken wesentlicher Bestandteil dieser Dienstleistungsgesellschaft und müssen mit dieser noch fortschreitenden Entwicklung Schritt halten. Und Schritt halten bedeutet in diesem Kontext auch Innovation.

Für den Begriff Innovation existieren zahlreiche Definitionen. Zentraler Aspekt bei Innovationsprozessen ist jedoch, dass durch systematische, zielgerichtete Prozesse neue Ideen in neuartige Dienstleistungen umgesetzt werden und diese erfolgreich im Markt platziert werden, und dass „[das] Produkt oder [die] Dienstleistung tatsächlich neue Komponenten bzgl. ihrer technischen Aspekte, Verwendung, Bedienungsfreundlichkeit etc. gegenüber dem bisherigen Stand der Technik aufweisen.“ [3] Nach Trommsdorff [4] lassen sich Innovationen einteilen in:

  • inkrementale Innovation – Technologie und Markt alt, nur leicht verändert,
  • technische Innovation – neue Technologie, alter Markt,
  • Marktinnovation – neuer Markt, alte Technologie und
  • radikale Innovation – neue Technologie, neuer Markt.

Radikale Innovationen sind die Seltenheit, dies gilt auch für Produkte. Zahlreiche Dienstleistungsinnovationen sind eher den inkrementalen Innovationen zuzuordnen. Dies lässt sich damit begründen, dass sich bei Dienstleistungen zahlreiche Innovationen auf interne Prozesse beziehen, so dass diese Innovationen nicht direkt, sondern nur indirekt für den Kunden erkennbar sind, z.B. durch einen größeren Komfort bzw. kürzere Prozesse etc. So kann es z.B. sein, dass eine Bibliothek ihre Öffnungszeiten verlängern kann, da sie in einem anderen Bereich die Prozesse optimiert hat, so dass nun Personal in diesem kundenintensiven Bereich eingesetzt werden kann [3]. Zudem lässt sich unschwer ablesen, dass das Risiko bei einer inkrementalen Innovation am niedrigsten ist. Trotzdem sollten bei allen Formen von Innovationen beim Kunden positive Reize ausgelöst werden, damit er die Innovation auch in Anspruch nimmt.

Darüber hinaus lassen sich Innovationen auch in Market-Pull- und Technology-Push-Innovationen einteilen. Die Pull-Innovationen werden durch die (Kunden)-Nachfrage hervorgerufen und haben – aufgrund des bereits vorhandenen Bedürfnisses – höhere Erfolgschancen als Pull-Innovationen, deren Absatzmarkt erst geschaffen werden muss [3]. Dies bedeutet, dass sich der Nutzen für den Kunden unmittelbar erschließen muss und der Verlust, der möglicherweise mit der Innovation verbunden ist (z.B. gewohntes Handeln, gewohnte Handhabung eines Gerätes), möglichst gering zu halten ist. Kahneman und Tversky [5] sprechen von Verlustaversion: Verluste führen zu einer deutlich größeren Verärgerung als gleich hohe Wertzuwächse/Gewinne. Muss der Kunde mit einer Innovation also sein gewohntes Handeln oder die Handhabung gänzlich ändern, sinkt die Bereitschaft, eine Innovation zu nutzen, wenn nicht der Nutzen deutlich überwiegt (Bsp. klassisches Mobiltelefon – Smartphone). Damit wird deutlich, dass der Kunde auf jeden Fall mit jeder Innovation auch einen – im übertragenen Sinne – Wertzuwachs erfahren sollte, der dann auch frühzeitig dem Kunden kommuniziert werden sollte (s. Abs. Innovationskommunikation). Dann gelingt es auch, mit einer Innovation die Wertschöpfung beim Kunden zu unterstützen und zu erhöhen.

Der Innovationsprozess

Innovationsmanagement stellt einen komplexen Prozess dar, der sich nach Pleschak und Sabisch durch folgende Eigenschaften charakterisiert: Komplexität, Mehrstufigkeit, Zukunftsorientierung, Unsicherheit und Risiko, Kreativität sowie Durchsetzbarkeit [6]. Der Innovationsprozess gliedert sich in mehrere Stufen. Im Allgemeinen sind dies mindestens die

  • Ideengenerierung und -bewertung,
  • Konzepterstellung,
  • Entwicklung,
  • Pilotanwendung/Prototyperstellung sowie die
  • Markteinführung.

Grundsätzlich erscheint es jedoch auch für Bibliotheken sinnvoll, systematisch Marktforschung zu betreiben. Sie müssen genau darüber informiert sein, wie der Markt, in dem sie präsent ist, geprägt ist sowie wie und von wem er maßgeblich beeinflusst wird. Zudem ist es wichtig, dass sich Bibliotheken mit Technologietrends auseinander setzen, da Bibliotheken vielfach Technologien für ihre Dienstleistungen benötigen, z.B. E-Books, Tablet-PCs, Mobile Phones, IT-Infrastruktur etc. Sofern sie Trends nicht rechtzeitig erkennen und nicht in ihre Strategie integrieren, werden sie kaum als innovative Einrichtungen wahrgenommen werden. Hilfestellung liefern hier z.B. Unternehmen wie Gartner, die Trendberichte für verschiedene Industriebereiche anbieten, z.B. den „Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies“ [7]. Besonders interessant ist an dieser Darstellung, dass jede Technologie einer Phase zugeordnet ist und dass eine Zeitspanne angegeben wird, innerhalb derer Technologien voraussichtlich eine wichtige Rolle im Markt spielen und die Masse der Bevölkerung erreichen werden. Gartner unterscheidet folgende Phasen des Technologielebenszyklus:

1.
Technology Trigger – technologischer Auslöser,
2.
Peak of Inflated Expectations – Phase der überzogenen Erwartungen,
3.
Through of Disillusionment – Tal der Enttäuschung,
4.
Slope of Enlightenment – Pfad der „Erleuchtung“ und
5.
Plateau of Productivity – Plateau der Produktivität [7].

Selbstverständlich können solche Vorhersagen nur als Orientierungshilfe dienen und müssen für die einzelnen Märkte konkretisiert und individuell analysiert werden. Sie helfen jedoch, in immer schneller verändernden Märkten den Überblick zu bekommen bzw. zu erhalten. Gartner beschreibt es wie folgt: „Hype Cycles help organizations understand the landscape of technology maturity and markets, and to decide which technology innovations to adopt, postpone or ignore, and when is the time to adopt.“ [8] Und für Bibliotheken ist es im Rahmen eines systematischen Innovationsmanagements hilfreich, zu identifizieren, wo sich Bibliotheks-relevante Technologien auf der Kurve befinden, um dann entscheiden zu können, wo Bibliotheken und Bibliothekare entlang dieser Kurve „leben“ und wo sie künftig „leben“ möchten bzw. müssen. Als Orientierung kann hier die Diffusionskurve nach Rogers [9] dienen. Ca. 2,5% der Unternehmen/Organisationen sind tatsächlich den „Innovators“ zuzuordnen. Zu den „Early Adopters“ zählen rund 13,5% der Unternehmen/Organisationen, zu der „Early Majority“ ca. 34%, zu der „Late Majority“ ebenfalls ca. 34% und zu den „Leggards“ ca. 16%. Deutlich wird daraus auch, dass eine Einrichtung nicht mehr als innovativ bezeichnet werden kann, wenn sie den letzten beiden Segmenten zugeordnet werden, d.h. eine Technologie/Innovation einführt, wenn sie bereits bei der Mehrheit der Einrichtungen zum Standardangebot gehören.

Neben der Marktforschung erscheint auch eine begleitende Innovationskommunikation sinnvoll, damit die Kunden zum Zeitpunkt der Markteinführung entsprechend über die Innovationen informiert sind und die Vorteile kennen, damit sie möglichst kurz nach der Markteinführung eine neue Dienstleistung in Anspruch nehmen. Der Diffusionsprozess nach Rogers gilt grundsätzlich auch für die Kundenseite. Es sind nur wenige, die unmittelbar nach Erscheinen von Neuigkeiten diese auch kaufen. Es ist aber wichtig, dass diese Zahl möglichst hoch ist, denn sie agieren als Multiplikatoren. Gelingt es nicht, gleich zu Beginn eine ausreichend große Zahl an Kunden für eine Innovation zu begeistern, läuft man Gefahr, dass die Innovation, bevor sie überhaupt erfolgreich wird, wieder vom Markt verschwindet. Die Portfolioanalyse im Marketing unterscheidet bei den Produkten/Dienstleistungen

  • „Question Marks“ – hohe Investitionen im Bereich der Innovation; das Überleben der Produkte/Dienstleistungen ist noch ungewiss; hoher Werbeaufwand,
  • „Stars“ – hoher Umsatz und Profit; oft Trendprodukte,
  • „Cash Cows“ – mittlerer Profit mit gleichbleibendem Umsatz; geringe Kosten für Werbung; vielfach traditionelle Produkte,
  • und „Poor Dogs“ – geringer Marktanteil, geringer Profit; Produkte haben nur noch geringen Marktanteil; Entscheidung muss gefällt werden, ob sie vom Markt genommen werden.

Für Innovationen bedeutet dies, dass erst Dienstleistungen, die erfolgreich aus der Einführungsphase hervorgehen, zu „Stars“ werden. Sofern das Wachstum dann zu einem späteren Zeitpunkt nur noch gering steigt oder stagniert, wird der „Star“ zur „Cash Cow“. Zu „Poor Dogs“ werden die Angebote, wenn sie nur noch einen geringen Marktanteil haben und somit zu Auslaufprodukten werden. Ist nun z.B. die Innovationskommunikation unzureichend, kann es sein, dass aus einem „Question Mark“ direkt ein „Poor Dog“ wird oder das Angebot direkt wieder vom Markt genommen werden muss.

Im Folgenden soll detaillierter nur auf die Bereiche Ideengenerierung und Innovationskommunikation eingegangen werden.

Ideengenerierung und Open Innovation

Bei der Ideengenerierung geht es vor allem darum, eine möglichst große Zahl von Ideen zur Verfügung zu haben, um aus diesen auswählen zu können. Schwierig ist es, wenn die Zahl der Ideen gering ist, so dass nur noch in geringem Umfang eine weitere Reduktion stattfinden kann. Die Gefahr ist groß, sich mit zweit- oder drittbesten Lösungen begnügen zu müssen.

Eine Befragung hat ergeben, dass in Bibliotheken und öffentliche Informationseinrichtungen der größte Teil der Beiträge zu Innovationen von der Führungs- und Leitungsebene kommt. Erst mit Abstand werden die Mitarbeiter genannt [3]. Im Mittelpunkt stehen aber eindeutig die internen Faktoren, d.h., dass auch die Innovationen von innen kommen und eine externe Orientierung eine eher untergeordnete Rolle spielt. Hier spricht man auch von „Closed Innovation“. Die Innovationen bzw. die Ideengenerierung erfolgt durch einen kleinen Kreis von Spezialisten aus der Bibliothek, obwohl eine maximale Orientierung an den Kundenbedürfnissen erfolgen soll. Als Gegensatz zum Prinzip der „Closed Innovation“ hat sich mehr und mehr das Prinzip der „Open Innovation“ durchgesetzt. Nach Chesbrough ist „Open Innovation [...] die Öffnung des Innovationsprozesses von Unternehmen und damit die aktive strategische Nutzung der Außenwelt zu Vergrößerung des eigenen Innovationspotenzials.“ [10] Im Mittelpunkt steht somit die Einbindung Externer. Das können Kunden, aber auch Nichtkunden mit Branchenkenntnissen, Mitglieder von Innovation Communities etc. sein. Damit besteht die Möglichkeit, die Basis der Ideen deutlich zu erweitern, um dann die besten Ideen umsetzen zu können. Inzwischen gibt es eine Reihe von Plattformen, die auch von Unternehmen genau für diesen Zweck genutzt werden: Dazu dienen offene Ideenplattformen wie Openideas.biz, Atizo.com, OpenInnovators.de, Innocentive.com, Springspotters.com sowie Psfk.com. Darüber hinaus gibt es z.B. auch Brainstorming-Portale für kreative Querdenker wie Brainr.de oder Brainfloor.com. Eine Alternative besteht über eigene bibliotheksinterne Plattformen, über die z.B. die Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften einen Ideenwettbewerb ausgelobt hat: „Die ZBW lädt Sie ein zu ihrem ersten Open Innovation-Ideenwettbewerb – The EconBiz Challenge: Ideas for Tomorrow's Economists. Gesucht werden Ideen für technologiegestützte Services für die Wirtschaftswissenschaft." [11] Gewinner waren eine Doktorandin aus Osnabrück, ein Professor aus München und ein Ingenieur [12]. Interessant ist dabei, dass niemand der Gewinner des Wettbewerbs aus dem bibliothekarischen Umfeld stammt. Auf diese Potenziale sollten auch Bibliotheken nicht verzichten, auch wenn Bibliotheken „Lead User“ (eigene anspruchsvolle, fortschrittliche Kunden) sowie Kunden mit Fachkenntnissen und Nichtkunden mit Branchenkenntnissen als besonders geeignet für Open Innovation halten [3]. Berücksichtigt werden sollte im Rahmen der Ideenfindung aber auch, dass viele der Ideen außerhalb der Unternehmen generiert werden, z.B. im Urlaub oder in der Freizeit. Bibliotheken müssen Umgebungen schaffen, die die Mitarbeiter dazu animieren, ihre kreativen Potenziale auch außerhalb des Arbeitsplatzes einzusetzen.

Innovationskommunikation

„Innovationskommunikation wird […] definiert, als systematische Initiierung Kommunikationsprozessen mit internen und externen Stakeholdern, in denen technische, ökonomische oder soziale Neuerungen befördert werden sollen.“ [13] Dabei kommen nach Zerfaß und Ernst [14] der Innovationskommunikation u.a. folgende Funktionen zu:

  • Vermittlungsfunktion,
  • Bekanntmachungsfunktion,
  • Dialogfunktion,
  • Beobachtungsfunktion,
  • Vermarktungs- und Absatzfunktion,
  • Begleitfunktion sowie
  • Reputations- und Imagefunktion.

Die Innovationskommunikation erfasst sowohl die externen als auch die internen Kunden. Insbesondere wenn es um Prozessinnovationen geht, ist die interne Kommunikation von hoher Bedeutung, da sie auch unmittelbare Auswirkung auf die Mitarbeiter bzw. insgesamt auf die Personalsituation haben kann. Prozessinnovation kann gleichzeitig auch Personaleinsparung bedeuten bzw. Ängste bzgl. eines Personalabbaus schüren. Diesen Aspekt berücksichtigen Zerfaß und Huck in ihrer Definition, die sie explizit auf die interne Kommunikation ausrichten: „Innovationskommunikation als wesentlicher Teil der Unternehmens- bzw. Organisationskommunikation ist die systematisch geplante, durchgeführte und evaluierte Kommunikation von Neuerungen mit dem Ziel, Verständnis für und Vertrauen in die Innovation zu entwickeln [...].“ [15] Entscheidend für die Innovationskommunikation ist, dass sie kontinuierlich und für die angesprochene Zielgruppe auch verständlich ist. Wesentliche Aspekte dabei sind, dass Nutzwert, Anwendungsmöglichkeiten und Komplexität in einer Weise vermittelt werden, so dass die Hemmschwelle der Nutzung der Innovation möglichst gering anzusetzen ist. Die Befragung 2009 hat ergeben, dass Bibliotheken vor allem die indirekte Kommunikation im Rahmen der Innovationskommunikation bevorzugen (Pressemitteilung, Internet, Kundenmagazine, Newsletter). Erst an vierter Stelle werden spezielle Events wie Tag der offenen Tür genannt, gefolgt von persönlichen Kontakten sowie Messe und Tagungen [3]. Berücksichtigt man, dass indirekte Kommunikation überwiegend Öffentlichkeitsarbeit ist, die auf Profilbildung und Image einer Einrichtung ausgerichtet ist, so darf bezweifelt werden, dass sie die Wirkung hat, eine Innovation ins unmittelbare Bewusstsein der Kunden zu rücken. Nach Rogers bedarf es für den Erstkauf einer Innovation folgender Stufen [9]:

  • Knowledge: das Wissen um eine Innovation, von ihr überhaupt erst erfahren,
  • Persuation: von der Innovation und ihrem Nutzen überzeugt werden,
  • Implementation: wo ist die Innovation erhältlich, welche Voraussetzungen sind notwendig, wie hoch ist der Aufwand der Implementierung (z.B. bei technischen Geräten),
  • Decision: die Entscheidung für und wider eine Innovation und
  • Confirmation: die Entscheidung (sich selbst) bestätigen.

Der Kunde wünscht heute in vielen Fällen vor der Entscheidung eine weitere Phase: die des Ausprobierens. Diesem Wunsch kommen auch immer mehr Anbieter nach. Bibliotheken müssen überlegen, wo und wie sie dies bei ihren jeweiligen Dienstleistungen realisieren können.


Ausblick

Der Beitrag konnte das Thema Innovation in Bibliotheken nur anreißen und ein paar zentrale Aspekte darstellen. Es ist festzustellen, dass das Thema Innovation in Bibliotheken bereits angekommen ist, es mangelt jedoch in vielen Einrichtungen unter der Systematisierung der Prozesse. Innovation sollte als Instrument verstanden werden, das in die strategische Planung der Bibliothek mit einbezogen wird. Aber Bibliotheken werden sich dieser Herausforderung stellen müssen, wollen sie in den nächsten Jahren mit den Entwicklungen mithalten, die der Kunde von einer Bibliothek wie selbstverständlich auch erwarten wird.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

1.
Bruhn M. Qualitätsmanagement für Dienstleistungen. Grundlagen, Konzepte, Methoden. 7. Aufl. Berlin: Springer; 2008.
2.
Statistisches Bundesamt. Der Dienstleistungssektor, Wirtschaftsmotor in Deutschland – Ausgewählte Ergebnisse von 2003–2008. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt; 2009. Available from: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/Fachveroeffentlichungen/DienstleistungenFinanzdienstleistungen/Dienstleistungen/Dienstleistungssektor5474001099004,property=file.pdf Externer Link
3.
Georgy U. Erfolg durch Innovation – Strategisches Innovationsmanagement in Bibliotheken und öffentlichen Informationseinrichtungen. Wiesbaden: Dinges & Frick; 2010.
4.
Trommsdorff V. Das erfolgreiche Produkt – vom Zielgruppenproblem zur Marktpositionierung. Ringvorlesung „Entrepreneurship – Von der Idee zum Markt“; 2007 Oct 30. Berlin: 2007. Available from: http://www.gruendung.tu-berlin.de/fileadmin/user_upload/veranstaltungskalender/Ringvorlesung/Vortrag_Trommsdorff_Marktpositionierung.pdf Externer Link
5.
Kahneman D, Tversky A. Prospect theory: An analysis of decision under risk. Econometrica. 1979;47(2):263-91. DOI: 10.2307/1914185 Externer Link
6.
Pleschak F, Sabisch H. Innovationsmanagement. Stuttgart: Schäffer-Poeschel; 1996.
7.
Gartner Inc. [Internet]. Stamford: Gartner Inc.; Gartner Hype Cycle [cited 2011 Nov 09]. Available from: http://www.gartner.com/technology/research/methodologies/hype-cycle.jsp Externer Link
8.
Gartner Inc. [Internet]. Stamford: Gartner Inc.; Hype Cycles 2011 [cited 2011 Nov 09]. Available from: http://www.gartner.com/technology/research/hype-cycles/ Externer Link
9.
Rogers EM. Diffusion of innovations. 3rd. ed. New York: Free Press; 1983.
10.
Chesbrough H. Open innovation: the new imperative for creating and profiting from technology. Boston, MA: Havard Business School Press; 2003.
11.
ZBW [Internet]. Kiel, Hamburg: ZBW; ZBW ruft zum Ideenwettbewerb für bessere Online-Services für die Wirtschaftswissenschaft [updated 2010 Oct 20; cited 2011 Nov 10]. Available from: http://www.zbw.eu/ueber_uns/neuigkeiten_econbiz_challenge.htm Externer Link
12.
ZBW [Internet]. Kiel, Hamburg: ZBW; Wirtschaftsinformatikerin Sonja Schulze gewinnt ZBW-Ideenwettbewerb „Ideas for Tomorrow's Economists“ [updated 2011 Mar 10; cited 2011 Nov 10]. Available from: http://www.zbw.eu/presse/pressemitteilungen/2011_03_10.htm Externer Link
13.
Zerfaß, A. Kommunikation als konstitutives Element im Innovationsmanagement. Soziologische und kommunikationswissenschaftliche Grundlagen der Open Innovation. In: Zerfaß A, Möslein KM, Hrsg. Kommunikation als Erfolgsfaktor im Innovationsmanagement. Strategien im Zeitalter der Open Innovation. Wiesbaden: Gabler; 2009. S. 23-55.
14.
Zerfaß A, Ernst N. Kommunikation als Erfolgsfaktor im Innovationsmanagement. Ergebnisse einer Studie in deutschen Zukunftstechnologie-Branchen. Leipzig: Universität Leipzig; 2008. Available from: http://www.communicationmanagement.de/fileadmin/cmgt/PDF_Publikationen_download/Ergebnisbericht_Studie_Kommunikation_Innovationsmanagement_-_Uni_Leipzig_-_April_2008.pdf Externer Link
15.
Zerfaß A, Huck S. Innovationskommunikation: Neue Produkte, Technologien und Ideen erfolgreich positionieren. In: Piwinger M, Zerfaß A, Hrsg. Handbuch Unternehmenskommunikation. Wiesbaden: Gabler; 2007. S. 847-858.