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Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Erste Auswertungen des Münsteraner PDA-Projekts

Mitteilung

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  • corresponding author Oliver Obst - Zweigbibliothek Medizin, Universitäts- & Landesbibliothek, Münster, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2006;6(3):Doc25

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/journals/mbi/2006-6/mbi000043.shtml

Veröffentlicht: 28. Dezember 2006

© 2006 Obst.
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Erste Auswertungen des Münsteraner PDA (Personal Digital Assistant)-Projekts

Maren Knauer, Medizinstudentin im 4. klinischen Semester, ist die glückliche Gewinnerin eines Büchergutscheins. Auf sie entfiel die 500ste elektronische Anwendung, die von der Zweigbibliothek Medizin der WWU Münster an die Angehörigen von Fakultät und Uniklinikum kostenfrei verteilt wurde. Frau Knauer schätzt insbesondere das Arzneimittelpocket des Börm-Bruckmeier-Verlags und den Herold, mit dem sie in der Vorlesung schon einmal kontrolliert, ob auch wirklich alles richtig ist, was der Dozent erzählt. Darüber hinaus nutzt sie die zahlreichen elektronischen Medien auch gerne beim Lernen in der Bibliothek.

Die Zweigbibliothek Medizin setzt auf die gegenseitige Ergänzung und die Nutzung von Mitnahmeeffekten durch das direkte Nebeneinander von Desktop-Computern und traditionellen, gedruckten Büchern und Zeitschriften. Der Handheld Computer bringt zusätzliche Synergieeffekte mit sich, da er ortsunabhängig überall in der Bibliothek oder im Uniklinikum genutzt werden kann – ob stand-alone oder mit WLAN-Zugang zum Hochschulnetz.

Wie eine kürzliche Umfrage unter 200 Anwendern im Uniklinikum ergab, sind 88% zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit diesem Angebot, das in Deutschland und wahrscheinlich auch in Europa einmalig ist. Keine andere medizinische Fakultät und kein anderes Klinikum unterbreitet ihren Angehörigen ein derart umfassendes Repertoire von "kleinen elektronischen Helfern und Anwendungen".

58% attestierten dem PDA-Angebot in der bisherigen Form eine gute Struktur und Abdeckung. 90% stimmten für einen weiteren Ausbau des Angebotsspektrums, das zwar keine großen Lücken besitzen würde (dies meinten nur 12%), aber bei den fachspezifischen Anwendungen noch ausbaufähig sei (36%). Dies ist allerdings - wie immer - eine Frage der finanziellen Mittel, aber auch des Angebots, das auf einzelnen Fachgebieten (Ausnahme: Innere und Notfall-Medizin) noch sehr dünn gesät ist.

Wenn es um die Finanzen geht, war die PDA-Klientel sehr zurückhaltend: Die Meisten würden nur 12 Euro pro Anwendung ausgeben und sich maximal drei Anwendungen leisten. Lediglich jeder zwanzigste Nutzer würde 100 Euro oder mehr für elektronische Bücher, Zeitschriften oder Arzneimittelinformationen ausgeben. Hier springt das Angebot der Bibliothek ein und fördert die Nutzung dieser für die Krankenversorgung überaus nützlichen Hilfsmittel durch Beseitigung der finanziellen Hemmschwellen.

Mittlerweile hat die ZB Med 570 elektronische Bücher, Arzneimittelverzeichnisse, Onlinedienste oder Laborwertelisten an ihre Nutzer verteilt. Die beliebtesten Anwendungen waren die Rote Liste (85%), der Herold - Innere Medizin (77%), der Pschyrembel (76%) und das Arzneimittel Pocket (68%), aber auch das PDA-Telefonbuch des UNIKLINIKUM, das die Bibliothek selbst herstellte (Abbildung 1 [Abb. 1]). Welche Anwendungen fehlen im Angebot? Hier wurden am häufigsten Laborwerte (62%), Leitlinien (60%) oder Dolmetscherprogramme (45%) genannt. 79% der Antwortenden meinten, dass die Benutzung der PDA-Anwendungen eine bessere Medikamentendosierung ermögliche, ebenso viele konstatierten einen Wissensvorsprung, für 67% verbesserte sich die Therapie, für 53% führte es zu einer schnelleren und korrekten Diagnose und über 92% priesen ein hocheffektives Arbeiten.

Mittlerweile sind weitere "Kunden" auf das Bibliotheksangebot aufmerksam geworden, die Gesamtzahl liegt zur Zeit bei 260. Die Verteilung nach Geschlechtern noch ziemlich einseitig: 83% sind männlich und nur 17% weiblich - Technophilie und Spieltrieb lassen grüßen. Zuwachs kommt auch durch Kliniken, die ihre Mitarbeiter komplett mit PDAs ausrüsten, wie z.B. die Paradontologie. Diese können in der Bibliothek mit allen Basis-Anwendungen ausgestattet werden.

Die aktuelle Marktsituation ist allerdings alles andere als einfach: Der Pschyrembel-Verlag deGruyter hat sich z.B. ausbedungen, dass der Pschyrembel nicht an Studenten verteilt werden darf. Verhandlungen sind auch deswegen schwierig, da die Anbieter und Hersteller solcher Software meist nur den Arzt oder Studenten als Einzelanwender im Hinterkopf haben. Will eine Fakultät oder eine Bibliothek ein ganzes Semester flächendeckend mit diesen Ressourcen versorgen, stehen keine adäquaten Geschäftsmodelle zur Hand, wie sie z.B. als Campuslizenzen von elektronischen Zeitschriften oder Büchern bekannt sind. Rabatte müssen mit jedem Verlag einzeln ausgehandelt werden - ein mühsamer Prozess, der auch dazu führen kann, dass die Produkte namhafter Anbieter wie Springer oder Mediheld nicht angeboten werden können: Die Rabatte sind schlichtweg zu gering, als dass sich ein Angebot durch die Bibliothek, - das ja auch immer mit einem erheblichen Betreuungsaufwand verbunden ist, - lohnen würde. Andere Firmen sind hingegen so schlecht organisiert, dass es bereits an der Kontaktaufnahme scheitert. Als z.B. bei Mobipocket die zuständige Mitarbeiterin in Mutterschutz ging, waren Verhandlungen und selbst Kontaktversuche über Monate hin nicht möglich.