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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Bibliotheken und Portale - ein Überblick

Libraries and portals - a survey

Fachbeitrag

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  • corresponding author Beate Guba - Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment, Wien, Österreich

GMS Med Bibl Inf 2006;6(2):Doc15

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/journals/mbi/2006-6/mbi000033.shtml

Veröffentlicht: 14. September 2006

© 2006 Guba.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Ausgehend von einer Begriffsdefinition werden die wesentlichen Funktionalitäten von Portalen vorgestellt und anschließend zwei im bibliothekarischen Bereich wichtige Portaltypen besprochen. Es sind dies a) Fachinformationsportale und b) auf dem Konzept von MyLibrary basierende Bibliotheksportale. Ausgewählte Beispiele für beide Portaltypen illustrieren die bisherige Entwicklung und geben einen kurzen Ausblick auf künftige Tendenzen. Fokussiert wird dabei der wissenschaftliche Kontext, öffentliche Bibliotheken werden nicht berücksichtigt.

Schlüsselwörter: Portale, Tendenzen, Überblicksarbeit

Abstract

Initially a definition of the term portal is given by which the main functionalities of portals are described. Furthermore a distinction is made between two different types of portals: a) Subject-oriented information portals and b) MyLibrary portals. The progress in this area and future tendencies are illustrated by various examples. This article focuses on the scientific context, public libraries are excluded.

Keywords: portals, tendencies in portal implementation, survey


Begriffsdefinition und die wichtigsten Portalfunktionalitäten

Obwohl das Thema nicht neu ist (schon der 91. Deutsche Bibliothekartag 2001 in Bielefeld widmete sich diesem Thema [1]), fällt auf, dass der Begriff Portal, der in der Mitte der 1990er Jahre aufgekommen ist, nach wie vor mannigfach verwendet wird, so etwa für die Einstiegseite von Internetsuchmaschinen, eine Startseite, die als Zugang zu einem bestimmten Thema im Internet dient (sprich Webportal), oder für Webseiten, die reine Linksammlungen darstellen und daher auch als „portalwannabes“ bezeichnet werden ([2] S. 143, [3] S. 237-8). Statt einer verbindlichen Definition existieren mittlerweile unzählige Komposita und Begriffsvarianten: Community Portal, Corporate Portal, Enterprise Portal, Enterprise Information Portal, Unternehmensportal, Business-to-Employee Portal, Lieferantenportal, Knowledge Management Portal, Wissensportal oder Wissenschaftsportal, Bibliotheksportal, um nur einige zu nennen. (Auf die verschiedenen in der Sekundärliteratur vorgestellten Portaltypologien kann hier nicht näher eingegangen werden. Näheres dazu findet sich in meiner Masterthese [4], in der auch ein neues Klassifikationsmodell vorgestellt wird. Der vorliegende Artikel stellt einen geringfügig modifizierten Auszug aus dieser Arbeit dar.) Angesichts dieser babylonischen Sprachverwirrung muss der Gegenstand dieses Aufsatzes klar abgegrenzt werden: Web-Auftritte von Bibliotheken, die sich Portal nennen, weil sie das herkömmliche Bibliotheksangebot um zusätzliche Informationen ergänzen, werden hier nicht behandelt. (Dies trifft beispielsweise auf das HÖB-Portal (http://www.buecherhallen.de/) zu. Auch das Unesco Libraries Portal für Bibliothekare und Bibliotheksbenutzer (http://www.unesco.org/cgi-bin/webworld/portal_bib2/cgi/page.cgi?d=1) stellt kaum mehr als eine Linksammlung dar.) Indes folgen wir der Portaldefinition des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und lassen als Portale nur Applikationen gelten, auf die unten stehende Charakteristika zutreffen.

Vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) wird der Begriff Portal wie folgt definiert:

„Ein Portal ist definiert als eine Applikation, welche basierend auf Webtechnologien einen zentralen Zugriff auf personalisierte Inhalte sowie bedarfsgerecht auf Prozesse darstellt. Charakterisierend für Portale ist die Verknüpfung und der Datenaustausch zwischen heterogenen Anwendungen über eine Portalplattform. Eine manuelle Anmeldung an den in das Portal integrierten Anwendungen ist durch Single-Sign-On nicht mehr notwendig, es gibt einen zentralen Zugriff über eine homogene Benutzungsoberfläche. Portale bieten die Möglichkeit, Prozesse und Zusammenarbeit innerhalb heterogener Gruppen zu unterstützen.“ ([5] S. 5)

Neben dem Integrationsaspekt gilt die Prozessorientierung als wesentliches neues Merkmal von Portalen gegenüber bestehenden Ansätzen für Internet- und Intranettechnologien. Das Besondere dabei ist, dass diese Prozesssteuerung durchgängig IT-gestützt über technische Systemgrenzen hinweg erfolgen kann. (Voraussetzung dafür sind Middleware-Komponenten bzw. EAI-Systeme, durch die die Kommunikation zwischen den Backend-Systemen zentral gesteuert wird, weshalb die Entwicklung unzähliger Schnittstellen und deren aufwändige Wartung entfallen. Erforderlich ist bei der Integration die Implementierung eines zentralen Datenkatalogs, der für die Übersetzung zwischen den fachlichen Terminologien der verschiedenen Systeme sorgt. Näheres dazu s. [6] S. 89, 159, 173.) Informationen aus den einzelnen Systemen lassen sich dabei zueinander in Beziehung setzen und durch Zusammenfassung, Vergleich oder Hinzufügen zu höherwertigen Informationsobjekten verarbeiten. Zusätzlich dienen Community Building Services wie z. B. Chat-Systeme und Foren dazu, die Zusammenarbeit zwischen Portalnutzern zu ermöglichen, ebenso wie E-Collaboration-Module, die durch Gruppenterminkalender, Gruppen-Aufgabenverwaltung, Ressourcenverwaltung und Application Sharing Gruppenprozesse unterstützen sollen ([7] S. 26-9). Durch den Single-Sign-On-Mechanismus wird die Nutzung eines Portals komfortabler, da die Anmeldung bei den verschiedenen ins Portal integrierten Applikationen entfällt. (Für die Realisierung eines Single-Sign-On werden die Authentifizierungsdaten und die Zugriffsrechte auf das Portal und die Backend-Systeme zentral in einer Datenbank (Benutzerverwaltung) abgelegt. Die Zugriffsrechte können über Rollen definiert und bestehende Verzeichnisdienste (Directory Services) über LDAP (Lightweight Directory Access Protocol) eingebunden werden [6] S. 158, 168.)

Abgesehen von diesen grundlegenden Funktionalitäten muss ein Portal, um diese Bezeichnung zu verdienen, die Möglichkeit zur individuellen Informationsauswahl, zur Personalisierung des Informationsangebots bieten. Diese Funktionalität basiert auf Profilen, die rollenspezifisch sein können, was bedeutet, dass der Nutzer Zugang zu Informationen erhält, die mit seiner Rolle in Zusammenhang stehen. Auf diese Weise werden die Bedürfnisse von Gruppen (z. B. Mitarbeiter, erfahrene Bibliotheksbenutzer, unerfahrene Bibliotheksbenutzer) befriedigt. Darüber hinaus gibt es individuelle Nutzerprofile: der Nutzer kann aus einer Liste von Informationsdiensten und Kategorien selber auswählen (Checkbox-Verfahren; dies ist neuerdings auch bei Google möglich ebenso wie die Platzierung der Informationsangebote nach individuellen Vorlieben) oder ein Interessenprofil anhand eines kontrollierten Vokabulars definieren. Im Gegensatz zu diesen Formen der expliziten Personalisierung kann bei Portalen auch die implizite oder systemgesteuerte Personalisierung zum Einsatz kommen, bei der es darum geht, das Verhalten des Nutzers im Portal zu beobachten, auszuwerten und so die passenden Inhalte für diese Person herauszufinden. Eingesetzt werden zu diesem Zweck Verfahren des Web-Minings wie das User Tracking und die so genannten Interface-Agenten [8].

Um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen, beschränken sich Personalisierungsfunktionen nicht nur auf den Inhalt. Das Layout Management, das der Zusammenstellung der vom Benutzer des Portals angefragten Portalseiten in einer dem jeweiligen Endgerät entsprechenden Ausgabeform dient, macht es möglich, die Änderung von Farbschemata und der Platzierung der Informationen dem Benutzer freizustellen ([5] S. 9, [7] S. 21).

Nach Bach et al. (2000) ist die Personalisierung auch in zeitlicher Hinsicht abzustufen. So wird zwischen periodischen Berichtsabonnements, in denen Informationen nach vordefinierten Kriterien automatisch zusammengefasst werden, vordefinierten Suchprofilen, die nur bei Bedarf ausgeführt werden, und Nachrichtenabonnements unterschieden, bei denen eine permanente Überwachung von Wissensquellen auf Änderungen hin erfolgt und die im Bibliothekswesen als Current-Awareness-Dienst bekannt sind ([9] S. 89).

Auch wenn die Personalisierung eine Reduktion der von der Suchmaschine ausgegebenen Treffermenge bewirkt und somit auch der Zeit, die der Nutzer zur Beurteilung der Relevanz der gefundenen Informationsobjekte benötigt, muss ein Portal grundsätzlich aber über leistungsfähige Suchwerkzeuge verfügen, die eine Suche über den gesamten Datenbestand des Portals zulassen und auch Dokumente, die in verschiedenen Sprachen vorliegen, recherchierbar machen. (Näheres zum Aufbau von Such-Indices s. [10] S. 205 und über den Einsatz der Agententechnologie in [8] S. 268 sowie [11].) Daneben bieten Portale auch die Möglichkeit, Themenkataloge bzw. Verzeichnisse zu erstellen. Realisiert werden die verschiedenen Suchmöglichkeiten in der Präsentationsschicht (Frontend), die die via Portal zusammengeführten Informationen auf dem jeweiligen Endgerät (PC, PDA, WAP-fähiges Mobiltelefon etc.) für den Benutzer des Portals darstellt.

Indem die Benutzungsoberfläche ein einheitliches Layout aufweist, stellt sie eine wichtige Orientierungshilfe für den Portalnutzer dar. Das in Abbildung 1 [Abb. 1] dargestellte Gestaltungsmuster hat sich etabliert und veranschaulicht die durch Frames abgegrenzten Bereiche der Portaloberfläche.

Die so genannten Portlets verarbeiten die vom Benutzer gestellten Anfragen, indem sie die benötigten Portalmodule aktivieren und über die Integrationskomponente auf die Backend-Systeme zugreifen. Im Idealfall bemerkt der Benutzer nicht, mit welchen Systemen die von ihm genutzte Portalapplikation im Hintergrund kommuniziert ([6] S. 121, 163). Als Ergebnis liefern die Portlets, die in Containern angesiedelt sind, dynamisch generierte Inhalte (Fragmente), die in Portlet-Fenster eingebettet werden. So werden zusammengehörige Inhalte durch räumliche Nähe auch grafisch als zusammengehörig präsentiert. Die Headline bezeichnet die Funktion und/oder Inhalte eines Portlets. Enthalten sind in der Präsentationsschicht nur die Applikationen, auf die der Benutzer aufgrund seiner Rolle und seiner Rechte zugreifen kann. Individuelle Einstellungen, die der Benutzer vornimmt, werden hier gespeichert, sodass diese Sicht auch beim nächsten Portalbesuch erscheint ([6] S. 163, 164, 212). Ebenfalls hier verwaltet wird die so genannte Inter-Portlet-Kommunikation: Portlets sind miteinander verbunden bzw. können durch Benutzeraktionen verbunden werden, was bedeutet, dass Inhalte automatisiert angepasst werden können (z. B. automatische Einblendung der richtigen Hilfstexte zum jeweiligen Portlet). (Dieses Beispiel stammt aus [10] S. 235).

Angesichts der technischen Möglichkeiten und Funktionalitäten verwundert es nicht, dass das Portalkonzept im wissenschaftlichen Kontext auf Interesse gestoßen ist bzw. auf Interesse stößt. (Einen Überblick über kommerzielle Anbieter und Entwickler von Portalsoftware für Bibliotheken gibt [12]. Das von der Bill & Melinda Gates Foundation unterstützte und 2002 begonnene Portalprojekt des OCLC (http://webjunction.org/) stellt Bibliothekaren ein umfassendes Programm von aktuellen Nachrichten über Diskussionsforen und Hilfsmittel wie TechAtlas und TechSurveyor bis hin zu Informationen zu Online-Fortbildungskursen verschiedener Anbieter bereit. Für die Belegung von Fortbildungskursen und den Informationsaustausch in den Foren ist eine Registrierung nötig. Eine Personalisierung der Portaloberfläche ist derzeit nicht vorhanden.) Allerdings wurden bei der Verwirklichung dieses Konzepts unterschiedliche Richtungen eingeschlagen.


Fachinformationsportale

Unter diesem Begriff werden von mir drei verschiedene Ausprägungen ein- und desselben Portaltyps subsumiert, nämlich Subject Portals, Informationsverbünde und virtuelle Bibliotheken, auch wenn sich diese Unterscheidung nicht in den Benennungen der Portale widerspiegelt. Dort tauchen diese Begriffe nämlich als Synonyme auf. Gemeinsam ist diesen Portalen, dass ihre Zielgruppen Wissenschaftler sind und demzufolge das wissenschaftliche Arbeiten unterstützt werden soll. Dabei spielt es aus meiner Sicht keine Rolle, ob sich der Inhalt der Plattform auf eine spezielle Disziplin konzentriert oder sich auf sämtliche inhaltlich verwandte Wissenschaften erstreckt oder wissenschaftliche Literatur ganz allgemein abdeckt. Die Bezeichnung Fachinformation soll zum Ausdruck bringen, dass es sich um fachlich relevante Informationen handelt, die das Portal bereitstellt.

Subject Portals entwickelten sich laut Rösch (2001) in Großbritannien aus den Subject Gateways, bei denen es sich um Websites handelt, die fachspezifische, von Fachleuten ausgewählte und erschlossene Internetquellen via Searching und Browsing zur Benutzung bereitstellen und durch laufende Überprüfung der Links auf ihre Gültigkeit ständige Aktualität gewährleisten. Subject Portals liegen vor, wenn derartige Subject Gateways um diverse Datenbanken, Cross-Searching, Personalisierungsoptionen und Community Services ergänzt werden. Als herausragende Beispiele für fach- bzw. disziplinspezifische Portale gelten denn auch das Social Science Information Gateway (SOSIG) und das Humanities Hub (HUMBUL) ([3] S. 242, [13] S. 180-1, 183). SOSIG (http://www.sosig.ac.uk/help/custom.html) und HUMBUL (http://www.humbul.ac.uk/) ermöglichen eine kooperative Sammlung von Informationsressourcen, indem der Nutzer von der Funktion „Add a resource“ bzw. „Suggest an online resource“ Gebrauch machen kann. Der persönliche Zugang zum Portal ist weiters verbunden mit einem profilbasierten Benachrichtigungsdienst. SOSIG bietet dem registrierten Nutzer auch die Möglichkeit, Konferenzen und Ereignisse sowie den eigenen Lebenslauf zu publizieren.

Während Großbritannien die Vorreiterrolle bei den Subject Portals innehatte, entwickelten sich im deutschsprachigen Raum Informationsverbünde ([13] S. 182; z. B. MedPilot, Econdoc, GetInfo, Infoconnex), die neben einer Vielzahl von Datenbanken, die gleichzeitig durchsucht werden können, auch Dokumentlieferdienste und kostenpflichtige Pay-per-View-Angebote unter einer einheitlichen Oberfläche integrieren. Sie stellen für den Nutzer, der auf der Suche nach wissenschaftlicher Literatur ist, quasi One-Stop-Shops dar, da Literaturrecherche, Bestellung und Bezahlung für den Zugriff auf bzw. die Lieferung über eine einzige Plattform abgewickelt werden können. Diesen stehen Verbundlösungen wie das Informationsportal des Kooperativen Bibliotheksverbundes Berlin-Brandenburg (http://www.kobv.de), das Gateway Bayern (http://bvba2.bib-bvb.de/) und die Digitale Bibliothek Nordrhein-Westfalen (http://metis.hbz-nrw.de/) nahe, bei denen durch die Erstellung persönlicher Datenbankprofile bzw. die Zusammenstellung von Ressourcenlisten auch eine fachliche Einschränkung der Suche möglich ist. Bei der Digitalen Bibliothek des BSZ Baden-Württemberg (http://www.digibib-bw.de/) wurde der Single-Sign-On-Mechanismus realisiert, auch gibt es die Möglichkeit, Gruppenberechtigungen zu vergeben und auf diese Weise die lizenzpflichtigen Angebote lokaler Bibliotheken den jeweiligen Nutzern zugänglich zu machen [14]. Andere Personalisierungsoptionen waren hier nicht erkennbar.

Neben den Informationsverbünden fand das Konzept der Subject Portals laut Rösch (2001) auch Niederschlag in den virtuellen Fachbibliotheken, die ihr Informationsangebot in unterschiedlichem Ausmaß auf Informationen zu Wissenschaftlern, Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen, Institutionen, Interessensverbänden, grauer Literatur, Forschungsprojekten, bevorstehenden Tagungen (Tagungskalender) und vergangenen Konferenzen (Konferenzdatenbank) ausdehnen und auch Tutorials, Newsletter, Foren und Online-Content-Dienste anbieten ([3] S. 242, [13] S. 182). Verstärkt wird hier auch auf Pay-per-View-Verfahren gesetzt, die den einzelnen Wissenschaftler ansprechen sollen. Ein solches ist z. B. beim Fachportal Chronicon (http://elektra.bsb-muenchen.de/servlet/Top/searchadvanced), das von der Bayerischen Staatsbibliothek München betrieben wird, bereits im Einsatz und mit einem Single-Sign-On-Mechanismus ausgestattet ([15] S. 12, als Portalsoftware wird hier Elektra eingesetzt). Das im Jänner 2006 online gegangene Portal io-port.net (http://www.io-port.net), das vom FIZ Karlsruhe gemeinsam mit der Gesellschaft für Informatik und Experten der Universitäten Karlsruhe, Trier und München entwickelt wurde, bietet bei Lizenzierung den Zugriff auf mehr als 2 Millionen Publikationen aus dem Bereich der Informatik. Zu den kostenpflichtigen Mehrwertdiensten zählt auch ein Dokumenten-Manager, i. e. ein Ablagesystem zur Verwaltung der persönlichen Datenbestände. Die hier heruntergeladenen Dokumente, die kommentiert, zueinander in Beziehung gesetzt und hinsichtlich ihrer Relevanz beurteilt werden können, dienen wiederum der Verfeinerung von Suchergebnissen, da ein semantisches Suchinstrument, der so genannte Recommender, diese Informationen bei der Sortierung von Suchergebnissen verwertet [16].

In Hinblick auf die im ersten Kapitel beschriebenen Portalfunktionalitäten wird klar, dass der Schwerpunkt bei Fachinformationsportalen auf der Integrationsfunktionalität, d. h. der Aggregation von wissenschaftlichen Informationen und deren unmittelbarer Beschaffung, sowie der Recherche liegt. Hier wird vor allem auf eine ständige Verbesserung der Performanz von Suchmaschinen abgezielt. Die Digitale Bibliothek Nordrhein-Westfalen setzt beispielsweise auf linguistische Verfahren wie Rechtschreibprüfung, Stemming, Komposita-Zerlegung und Lemmatisierung ([17] Folie 49). Was die wissenschaftliche Suchmaschine BASE betrifft, kündigten Sumann und Wolf (2005) Weiterentwicklungen in Richtung Analyse der Linktopologie, Zitatanalyse, automatische linguistische Analyse, Pushdienste, personalisierbares Ranking und sprachübergreifendes Retrieval an [18]. Indes werden Personalisierungsoptionen, wie eine Überprüfung sämtlicher virtueller Fachbibliotheken, in denen via Vascoda recherchiert werden kann, ergeben hat, im deutschsprachigen Raum oft vernachlässigt. Das schon erwähnte Portal Chronicon und die Virtuelle Fachbibliothek Geowissenschaften der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und Technischen Universität Freiberg (http://www.geo-leo.de/) gehören zu den Ausnahmen ebenso wie die Virtuelle Fachbibliothek Kulturkreis Baltische Länder (http://www.baltica-net.de/) der Universitätsbibliothek Greifswald, die mit „Mein baltica-net“ dem einzelnen Besucher die Festlegung der Startseite und Sprache, die Abspeicherung eines persönlichen Datenbankprofils oder einer Themenvorauswahl sowie die Speicherungen von Suchanfragen erlaubt. Hingegen erlaubt „Mein Clio“ des Fachportals für Geschichtswissenschaften (http://www.clio-online.de/) die Einrichtung von Mailabonnements bestimmter Foren, den Bezug des Online-Clio-Newsletters und die Eingabe eines eigenen Datensatzes in das Clio-ForscherInnen-Verzeichnis.

Unter den jüngsten virtuellen Fachbibliotheken zeichnet sich ein neuer Trend ab: arthistoricum.net (http://www.arthistoricum.net), eine Kooperation des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München, der Universitätsbibliothek Heidelberg, des Instituts für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München und der SLUB, wird seit Februar 2005 aufgebaut, stellt aber bereits Publikationsmöglichkeiten für fachwissenschaftliche Texte bereit. Das ebenfalls im Jahr 2005 gestartete und an der Universität Heidelberg angesiedelte Projekt der Virtuellen Fachbibliothek Südasien (http://www.savifa.uni-hd.de/) verfolgt mit SavifaDok eine Open-Access-Strategie. Auch die Virtuelle Fachbibliothek Politikwissenschaft der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky kündigt auf ihrer Website (http://www.vifapol.de/) den Aufbau eines eigenen Dokumentenservers an. Diese Fachinformationsportale gehen damit in eine Richtung, für die ich zwei exemplarische Vertreter anführen kann:

1) Das seit November 2004 unter http://www.openarchives.it/pleiadi/ zugängliche Portal PLEIADI (Portale per la Letteratura scientifica Elettronica Italiana su Archivi aperti e Depositi Istituzionali) stellt eine zentrale Zugangsstelle zu wissenschaftlicher italienischer Literatur dar, die in institutionellen Repositorien des Landes archiviert wird, und sieht seine Funktion in der Förderung der Open-Access-Bewegung. Die wichtigste Zielgruppe sind Wissenschaftler und Forscher, die dazu veranlasst werden sollen, ihre Forschungsergebnisse in Open-Access-Journals oder auf Dokumentenservern ihrer Forschungseinrichtungen zu publizieren. Das Angebot an Informationsdiensten umfasst die Personalisierung der Umgebung (durch Definition des Nutzerprofils, Sprachauswahl, Speicherplatz für Artikel und Suchanfragen, E-Mail-Alerts in Bezug auf Informationsinhalte) und Awareness-Services in Form von themenspezifischen News, RSS-Feeds und Foren, in denen sich die Open-Access-Community austauschen kann. Geplant sind als weitere Services z. B. Citation Parsing und Exportmöglichkeiten der bibliographischen Angaben, damit diese in Form von Bibliographien auf Websites von Institutionen oder Homepages von Personen dargestellt werden können ([19] S. 2-4).

2) Das zweite Portal entsteht in Zusammenarbeit der Max-Planck-Gesellschaft und des FIZ Karlsruhe und wird im Rahmen der in Deutschland gestarteten e-Science-Initiative vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die integrierte Informations-, Kommunikations- und Publikationsplattform geht über die Funktionen eines Fachinformationsportals hinaus, indem nicht nur ein Workflow für Open-Access-Publikationen implementiert wird, sondern auch zahlreiche Mehrwertdienste für das netzbasierte wissenschaftliche Arbeiten geschaffen werden (z. B. Austausch von Annotationen, Integration von Inhaltsbausteinen, Verlinkung von Primärdaten, Analyseergebnissen und Veröffentlichungen) ([20] Folie 4-10).


Bibliotheksportale

Bibliotheksportale werden von mir in Abgrenzung zu den Fachinformationsportalen als personalisierbare Zugänge zum Literatur- und Informationsangebot einer speziellen Bibliothek definiert. Sie entsprechen damit dem MyLibrary-Konzept, wie es vor allem an US-amerikanischen Hochschulbibliotheken und Forschungseinrichtungen realisiert wurde. Derartige Portale existieren beispielsweise an der Virginia Commonwealth University (http://www.library.vcu.edu/mylibrary/), an der Cornell University (http://mylibrary.cornell.edu), an der North Carolina State University (http://my.lib.ncsu.edu) und am Los Alamos National Laboratory (http://lib-www.lanl.gov/lww/) ([3] S. 240, [21] S. 4).

Mit MyLibrary-Systemen verfolgen Bibliotheken eine Push-Strategie. Sie bestehen im Wesentlichen aus folgenden Kategorien:

  • Nachrichten an alle Bibliotheksbenutzer
  • Nachrichten für Nutzer, auf die ein bestimmtes Profil zutrifft
  • Ansprechpartner: Auswahl der zuständigen Bibliothekare und Anzeige der Kontaktinformationen sind an die Wissenschaftsdisziplin des Nutzers gekoppelt.
  • Suche: Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Suchmaschinen, Suche im OPAC, Suche in Datenbanken, Speicherung von Suchprofilen
  • Bibliothekseigene Links
  • Persönliche Links
  • Datenbanken
  • E-Journals
  • Nachschlagewerke

Die Ausprägung dieser Kategorien kann natürlich differieren:

  • Beim MyLibrary@LANL-Projekt setzt man auf die einfache Integration persönlicher Bookmarks, die automatische Linkpflege und Visualisierung nicht funktionierender Links. Außerdem bietet man den Nutzern so genannte Shared Libraries an: Diese Variante ermöglicht einer Gruppe die kooperative Zusammenstellung von für sie relevanten Informationsressourcen. Die Gruppe kann Außenstehenden Zutritt zu ihrer Bibliothek gewähren und dabei die Rechte für diese Personen festlegen ([22] S. 3-4).
  • Das Modell der Cornell University ist auf die Evaluation von Suchanfragen, Speicherung individueller Suchen und deren Treffer ausgerichtet. Über den Modus der Benachrichtigung (E-Mail oder in einem bestimmten Folder des Bibliotheksportals) soll der Benutzer selbst entscheiden können [23]. Als weiterer Alert-Dienst wird ein ToC-Dienst angeboten. Zusätzlich zu diesen Funktionalitäten gibt es mit „Add to MyLibrary“ die Möglichkeit, Datensätze aus dem OPAC zu einem eigenen Katalog zusammenzuführen.
  • Das Feature „Current Awareness“ im System der North Carolina State University dient dazu, dem Nutzer Neuerwerbungen der Bibliothek in den Fachgebieten, die ihn interessieren, mitzuteilen. Hier können die Nutzer beliebig viele Profile abspeichern und regelmäßig (wöchentlich) den OPAC danach durchsuchen lassen. Die Ergebnisliste wird dem Nutzer per E-Mail übermittelt und enthält Links zum Online-Katalog der Bibliothek [24].
  • Das Modell der Virginia Commonwealth University Libraries setzt sich aus vier Bereichen zusammen: „My Library Record“ beinhaltet Recherchemöglichkeiten im Katalog, im Teilkatalog der E-Journals, in den Neuerwerbungslisten und den Semesterapparaten. „MySpace“ ermöglicht die (Meta-)Suche in Datenbanken sowie die Speicherung von Suchprofilen in Ovid-Datenbanken, PubMed und ISI Web of Knowledge. Hierfür muss man sich aber auf jeder Plattform ein Konto anlegen. „ILLiad“ ist das System für die Fernleihe und Dokumentlieferung. „My Alerts“ erlaubt E-Mail-Alerts in Bezug auf Zeitschriftenartikel und Neuerwerbungen. Bei jedem der vier Bereiche muss man sich extra anmelden.

Summa summarum lässt sich festhalten, dass die Schwächen dieses Konzepts darin bestehen, dass nicht alle Dienste integriert werden und die Suchwerkzeuge nicht ausreichen. Leistungsstarke Suchinstrumente würden den Suchaufwand verringern, der trotz des Personalisierungsangebots beträchtlich bleibt. Die Personalisierung selbst ist aber auch zeitaufwändig, wenn der Nutzer aus voreingestellten Listen die von ihm gewünschten Ressourcen durch Klick auf die jeweilige Checkbox auswählen und sich so eine eigene Liste zusammenstellen muss. Profildienste wiederum werden meist in Form von E-Mails ausgeführt, was einerseits das E-Mail-Aufkommen beim Benutzer erhöht, andererseits das Konzept vom Bibliotheksportal als Sammelort für wissenschaftliche Informationen konterkariert. Problematisch ist es ferner, wenn die traditionellen Bibliotheksdienste (Kontostand, Entlehnung, Fernleihe und Dokumentlieferung) nicht in das MyLibrary-System eingebunden sind.

Daher verwundert es nicht, wenn Bibliotheksportale nur wenig genutzt werden. Laut Gibbons (2003) hatte das 1998 implementierte MyLibrary-System der North Caroline State University im Jahr 2002 4% regelmäßige (current) Nutzer. An der Virginia Commonwealth University hatten sich im Jahr 2001, im dritten Jahr nach der Einführung von MyLibrary@VCU, nur 7% der Bibliotheksbenutzer ein persönliches Konto eingerichtet. 4% davon machten 60% der Aktivität im System aus. Ihrer Meinung nach gibt es drei Gründe für die geringe Nutzung: Erstens nehme der Personalisierungsvorgang zu viel Zeit in Anspruch, zweitens sei die themen- bzw. disziplinspezifische Vorauswahl zwar für Wissenschaftler und Höhersemestrige geeignet, nicht aber für Studienanfänger, die auch aus anderen Wissenschaftszweigen Kurse belegen müssen. Drittens würden die Informationsressourcen in einer den Bedürfnissen erfahrener Bibliotheksbenutzer angepassten Weise dargeboten, den Bedürfnissen unerfahrener Benutzer werde nicht entsprochen [25]. Auch Morgan (1999) merkt in diesem Zusammenhang an, dass dem Nutzer die Konfiguration eigener Informationsgruppen ermöglicht und somit die starre Einteilung in Links, Datenbanken, Elektronische Zeitschriften etc. aufgegeben werden müsse. Außerdem fordert er die Einführung von Kommunikationssystemen (Chat zwischen Bibliothekar und Nutzer, Chat zwischen Nutzern), um die Nutzer bei der Evaluation von Daten, Informationen oder Wissen zu unterstützen [24]. Am Los Alamos National Laboratory baut man auf ein Journal Recommender System (JRS), das wie folgt funktioniert: Nach Eingabe eines Suchbegriffs erhält der Nutzer einen entsprechenden Auszug aus der Library of Congress Classification, der ihm eine Präzisierung der Suche ermöglicht. Über die verfeinerte Suche gelangt er dann zu Empfehlungen von relevanten Zeitschriften, ohne nähere Kenntnisse des betreffenden Wissenschaftsgebiets haben zu müssen ([22] S. 5-6).

Das am niederländischen Wageningen University and Research Center (UR) unter dem Namen Desktop-Library implementierte Modell (http://library.wur.nl/desktop) besteht aus drei Bereichen: a) den so genannten Portalen, das sind fachliche Zugänge zu den bibliothekseigenen Ressourcen und Webressourcen, die nicht nach den Besitzverhältnissen, sondern nach Gattungen aufgelistet werden und mittels SFX zugänglich gemacht werden, wobei Dokumentlieferdienste und die Suchmöglichkeiten nach ähnlichen Dokumenten im WWW inkludiert sind, b) Shortcuts – hier kann sich der Nutzer eine eigene Ressourcenliste zusammenstellen – und c) My Services, zu denen neben der elektronischen Entlehnung und Verlängerung Nachrichtenabonnements über Neueinträge im Bibliothekskatalog oder in den lizenzierten Datenbanken und ein Inhaltsverzeichnisdienst zählen. Die Portalangebote wurden also benutzerfreundlicher umgesetzt als in den vorher beschriebenen Beispielen, was den Erfolg dieser Implementierung ausmachen dürfte: Der ToC-Dienst muss beispielsweise nicht über die verschiedenen Verleger bezogen werden, sondern wird direkt von der Bibliothek bereitgestellt, wodurch dem Nutzer die Registrierung bei den jeweiligen Zeitschriften erspart bleibt (Näheres dazu s. [26] S. 4-5).

Auch in Slowenien fand das MyLibrary-Konzept Anklang: Das Modell der North Carolina State University wurde von der Medizinischen Zentralbibliothek (CMK) der Universität Ljubljana adaptiert und um eine Sprachauswahl (slow., engl.) für das Portalinterface ergänzt. (Eine Projektbeschreibung findet sich in [27] S. 5-12.) Hingegen konnte es sich im deutschsprachigen Raum in dieser Form nicht etablieren. An den österreichischen Hochschulbibliotheken ließ sich kein einziges MyLibrary-System finden.

An der UB Frankfurt (http://www.ub.uni-frankfurt.de/meineub/) hatte man das System der Dewey Library (http://dewey.library.nd.edu/mylibrary/) nur kurze Zeit im Einsatz, da man feststellte, dass die Nutzer die Möglichkeit zur Selbstkonfiguration nicht nutzten. Daher läuft heute ein einfaches, selbst erstelltes System, das nur wenige individualisierte Einstellungen (Benutzerdaten, Druckaufträge, Datenbanken und E-Journals, Neuerwerbungen für das betreffende Fach, Kaufvorschläge) zulässt [28]. Das Bielefelder Modell (http://www.ub.uni-bielefeld.de/) umfasst vier Kategorien, von denen bis auf das Newsletter-Abonnement jede ein Login erfordert. Auch hier liegt also kein Portal mit Single-Sign-On vor. Die anderen Kategorien sind „Mein Ausleihkonto“, „eLearning“ und „Meine Metasuche“. In der Lernumgebung der Universität Bielefeld, zu der der Student hier Zugang erhält, sind digitale Kursunterlagen und Veranstaltungsankündigungen zu finden [29]. Hinter „Meine Metasuche“ verbirgt sich der Zugang zur Digitalen Bibliothek Nordrhein-Westfalen (http://metis.hbz-nrw.de/), über die der Nutzer sowohl Zugriff auf die elektronischen Ressourcen der Universitätsbibliothek Bielefeld erhält als auch die Fernleihe abwickeln kann oder zu Internet-Buchhändlern weitergeleitet wird. (Somit wird die Digitale Bibliothek Nordrhein-Westfalen als Teil des Lokalsystems präsentiert. Genaueres dazu s. [30]. Zu den Suchmöglichkeiten s. [31]).

Eine andere Interpretation des Konzepts von Bibliotheksportalen liegt an der Universität Dortmund vor. Die dortige Universitätsbibliothek versteht sich als „Institution für Wissensmanagement für die Wissenschaft“ und stützt sich dabei auf eine umfassende Integration der Bibliotheksdienste. Mit dem persönlichen Wissensportal, das sie anbietet, soll der gesamte Prozess des Wissenschaffens unterstützt werden. In der ersten Phase dieses Prozesses geht es um die Auswahl von Informationsquellen (discover), in der zweiten um die Bergung dieser Informationen (retrieve). Um diese Tätigkeiten optimal zu unterstützen, sind eine Co-Autorensuche, Zitationssuche, das Mergen von Dubletten und ein parametrisierter Literaturlieferdienst vorgesehen, der nach bestimmten Kriterien den für den jeweiligen Nutzer geeigneten Lieferdienst auswählt. Als dritte Phase (collate) folgt das strukturierte Ablegen der gefundenen Informationen (bibliographische Daten, Volltexte, Bookmarks) in einer individuell festlegbaren Ordnerstruktur. Der Wissensspeicher soll durch regelmäßige Prozessierung von Suchanfragen und Alert-Dienste auch automatisch befüllt werden. Für den vierten Prozessschritt, d. h. für die Bewertung der Ergebnisse (interprete), ist es notwendig, Beziehungen zwischen den Ressourcen herstellen und Annotationen anbringen zu können. In der letzten Phase (re-present) soll die Publikation des neuen Wissens durch Bereitstellung von Autorenwerkzeugen und technische Unterstützung bei der Erstellung von Literaturverzeichnissen erleichtert werden. Vor allem für die Phasen 3 bis 5 wird Teamarbeit als besonders wichtig angesehen, weshalb Annotationen auch für Diskussionszwecke genutzt werden können. Als besondere Funktionalitäten für das Sammeln von Informationen sind der Einsatz von Agenten, automatische Empfehlungen und manuelle Empfehlungen von Benutzer zu Benutzer vorgesehen. Es sollen Wissensspeicher nicht nur für Einzelpersonen, sondern auch für Gruppen und die Öffentlichkeit (Vorlesung, Seminar) eingerichtet werden und auf diese Weise das Teilen von Wissen gefördert werden ([32] S. 163,166-7, [33] Folie 11-26).

Wieder einen anderen Weg ging die Bibliothek der ETH Zürich, die 2003 das Projekt MyLibary@ETH startete, um laut Neubauer (2005) die Nutzung der Informationsressourcen und Bibliotheksservices zu verbessern. Im Zuge einer Nutzerumfrage wurde nämlich deutlich, dass ein erheblicher Teil der zur Verfügung stehenden Dienstleistungen den Nutzern nicht einmal bekannt war. Allerdings wurde MyLibrary nie als eigenes Bibliotheksportal in den Echtbetrieb übernommen, da die Bibliothek 2004 eine Kooperation mit dem Rechenzentrum der Universität einging, das an einem ähnlichen Portalprojekt arbeitete. Die beiden technischen Anwendungen wurden zu einem Universitätsportal zusammengeführt, das die zu Informationspaketen zusammengefassten Angebote der Bibliothek nun zusammen mit ca. 20 anderen bündelt (Näheres zu diesem Portal s. [34]).

Das Projekt der ETH Zürich ist nicht das einzige Beispiel für die Übernahme eines Bibliotheksportals in ein Universitätsportal, auch in das Universitätsportal myVCU wurden mittlerweile Angebote aus MyLibrary@VCU integriert. Diese beiden Beispiele und meine im Zuge der Masterthese unternommenen Recherchen bestätigen den sich im Universitätsbereich abzeichnenden Trend zu Universitätsportalen.


Ausblick

Angesichts des sich wandelnden Wissenschaftsbetriebs scheint das MyLibrary-Konzept obsolet geworden zu sein. Da die Erwerbungspolitik der Bibliotheken durch meist restringierte Etats beschränkt ist, werden Angebote für eine überregionale Literaturversorgung (leistungsfähige Suchinstrumente, die Verfügbarkeitsrecherchen mit integrierter Dokumentlieferung ermöglichen) eine immer wichtigere Rolle spielen. Es stellt sich vor allem in wissenschaftlichen Bibliotheken daher weniger die Frage, wie man den Bestand der eigenen Bibliothek präsentiert, sondern wie man für den Bibliotheksbenutzer Mehrwert erzeugen kann; dieser erfolgt meiner Ansicht nach durch die Einbettung der Bibliotheksdienste in den Arbeitskontext der Nutzer. Diese Kontextualisierung kann wie z. B. an der ETH Zürich im Rahmen eines Universitätsportals erfolgen, das alle für das Studium relevanten Informationen beinhaltet. Eine andere Variante stellt die Integration des Bibliotheksangebots in die elektronische Lernumgebung dar, um dadurch einen Mehrwert für die StudentInnen und die Lehrenden zu schaffen.

Auf der anderen Seite können Fachinformationsportale die Bildung von wissenschaftlichen Communities und den wissenschaftlichen Diskurs beispielsweise durch ein größeres Angebot an Diskussionsforen, Chatrooms und den Einsatz von Groupware unterstützen und ihre Rolle im Wissenschaftsbetrieb neu definieren: weg von reinen Instrumenten der Recherche und Literaturbeschaffung hin zu (inter)nationalen Drehscheiben für den Wissenstransfer.


Literatur

1.
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