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Google Scholar: Kleiner Fisch oder zukünftiger Hecht im medizinischen Literaturteich?
Google Scholar: Minnow or a live wire full of new ideas?
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Veröffentlicht: | 21. Dezember 2005 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Die Internetsuchmaschine Google hat sich als WWW-Portal fest etabliert und 2004 einen neuen Spross namens Google Scholar zur Suche wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel hervorgebracht. Ein Blick auf die Geschichte von Google und sein höchst erfolgreiches Page-Ranking erklärt Stärken und Schwächen des neuen "Forschungs-Googles". Speziell im Bereich der medizinischen Literatursuche muss die fehlende Sortiermöglichkeit nach dem Datum der Publikationen sowie die mangelhafte Erschließung der Online-Literaturquellen bemängelt werden. Hier bleibt PubMed weiterhin das Suchinstrument der Wahl.
Die Nachwuchs-Suchmaschine ist jedoch schnell, kostenlos, einfach zu bedienen und wartet bereits jetzt mit sehr erwachsenen Features wie der Verlinkung zum Bibliotheksbestand und der Implementierung von Open-URL auf.
Abstract
Google established itself as one of the most popular www-portals. In 2004 Google Scholar was released. The new spin-off should give researchers a better grip on scholary articles on the internet. The history of Google and his most successful page ranking will explain some strengths and weaknesses of the new search engine. The missing possibility to sort hits by date and unsatisfactory coverage of fulltext online resources are the main faults particulary in the field of medical literature research. Here PubMed will make the standard furthermore.
However, the new Google kiddy is speedy, free and easy to use. Morover it allready provides some special features as linking to library holdings and implementation of Open-URL.
Google Scholar
Googles Erfolgsgeschichte
Tixo, Uhu und Maggi haben es geschafft! Als Markenartikel haben sie stellvertretend für ähnliche Produkte einen Platz in unserem Denken besetzt. Google ist ebenfalls auf dem besten Wege sich als Ikone des Internets zu etablieren, wie dessen Wahl zur Marke des Jahres 2002 auch untermauert (Quelle: Online-Umfrage der Markenagentur Interbrand). Wie sehr das WWW mit dieser Suchmaschine bereits gleichgesetzt wird, zeigte ein 15-minütiger Ausfall von Google am 7. Mai 2005. Viele Surfer riefen verärgert bei ihren Internet-Providern an, in der Meinung ihr Zugang zum Cyberspace sei unterbrochen worden.
Darüber hinaus gelang es Google aber sogar sich in unser Vokabular einzunisten und bekam 2004 im Duden seinen Platz auch als Zeitwort. Kein Bibliothekar wird eine lose Seite eintixieren oder den Buchrücken uhun. Beim Informationsdienst im Lesesaal könnte aber „da muss ich erst einmal googeln“ zum Standardeinstieg für eine WWW-Recherche werden.
Google Inc. wurde im 1998 von Larry Page und Sergey Brin gegründet, mit dem Ziel die Informationen dieser Welt zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen (Quelle: Google Unternehmensprofil). Der Name dieser Suchmaschine stammt aus der wissenschaftlichen Zahlenwelt, abgeleitet vom Begriff „Googol“, den der amerikanische Mathematiker Edward Kasner für die Zahl 1x10100 einführte, entlehnt als Symbol für die gigantische Datenmenge die diese Internetsuchmaschine absammeln wird.
GoogleBots, die Informationssuchroboter von Google schwärmen auch rund um die Uhr ins Internet aus, wie die Arbeiterinnen eines Bienenstockes, und summen über eine Unzahl fremder Serverfestplatten mit abgelegten Webdokumenten hinweg. Der Auftrag lautet festgelegte Schlüsselinformationen über Internetseiten heimzubringen und diese in Googles eigener Datenbank abzulegen. Mit der Zeit sollte also eine vereinfachtes Abbild vom Cyberspace in dieser Datenbank entstehen, ähnlich einer Weltkarte mit Ortspunkten für alle eingetragenen Web-Sites. Auf einem Globus steht die Größe des Symbols stellvertretend für die Einwohnerzahl eines Ortes und damit indirekt auch für dessen Wichtigkeit. In dem von Google erstellten Abbild des WWW hängt die Bedeutung einer Internetseite aber keineswegs von seiner Größe ab. Larry Page und Sergey Brin ließen sich ein ausgeklügeltes System zur Bewertung der Suchergebnisse einfallen, das sogenannte PageRankTM. Vereinfacht gesagt, steigt die Prominenz einer Webseite auf dem digitalen WWW-Globus, wenn viele andere Sites auf diese durch Links verweisen. Wie im echten Leben also. Wahrlich prominent ist nur der, über den viel geredet und noch viel mehr geschrieben wird.
Die von PageRankTM erstellte Gewichtung der Datensätze bedeutet natürlich nichts, wenn die Webseite nicht auch das Suchwort enthält. Darum kombiniert Google bei der Abfrage seiner Datenbank eine komplexe Textsuche mit dem patentierten Bewertungsverfahren. Die Ergebnisliste präsentiert dann Internetseiten, die auf die Suchanfrage zutreffen und hoffentlich auch relevant sind.
Eine Googlesuche führt Sie also nicht direkt und unmittelbar in die unendlichen Weiten des Cyberspaces. Zuerst wird die vom Googlebot ständig aktualisierte Datenbank mit seinen als Metadaten abgespeicherten Kerninformationen über viele Millionen Internetseiten befragt. Erst von der Ergebnisseite weg tritt man seine zielgerichtete Reise in den Cyberspace an, gelenkt von der am Server hinterlegten URL.
Dieser geniale Suchalgorithmus hat, gemeinsam mit dem bewusst sehr einfach gehaltenen Eingabefeld der Startseite, den überwältigenden Erfolg von Google begründet. Längst notiert das Unternehmen im Spitzenfeld der Börse, dicht gefolgt von Yahoo. Wer kann da noch bestreiten im Informationszeitalter zu leben? Nicht nur Zeit, auch Information hat einen gewaltigen Marktwert, im Falle von Google Inc. rund $ 55x109 (NASDAQ Stock Market, Juli 2005). Eine Summe, so unvorstellbar groß, dass ich sie ohne weiteres neben Googles Taufpaten Googol, dem vom Mathematiker Kasner gesetzten Meilenstein am Punkt 10100 auf der Zahlengerade stellen möchte. Vielleicht lautet ja eines Tages die Schlagzeile im Wall Street Journal "Google beats Googol!"
Die beiden Informatikstudenten Page und Brin waren bei weitem nicht die einzigen die sich vom Gigantensymbol Googol, dieser ansonsten so nüchtern hingeschriebenen Zahl 1x10100 inspirieren ließen. Googleplex Star Thinker ist der Name des zweitgrößten Computers im Universum des Science-Fiction-Schriftstellers Douglas Adams in seinem Erfolgsroman "The Hitchhiker's Guide to the Galaxy". Ein Rechner, der die Bahn jedes einzelnen Staubteilchens während eines fünfwöchigen Sandsturmes auf Dangrabad Beta berechnen kann. Der größte aller Computer, Deep Thought, mit den Ausmaßen einer Kleinstadt und der seltenen Fähigkeit sogar eine Endlosschleife innerhalb von einer Millisekunde abzuarbeiten, sollte übrigens die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest beantworten. Seine enttäuschendes Ergebnis nach siebeneinhalb Millionen Jahren Rechenzeit lautete: "42". Ein typisches Lehrbuchbeispiel für eine ungenügend eingeschränkte Suchabfrage! Wer ungenau fragt, bekommt nur selten eine brauchbare Antwort. Wir Bibliothekare sind tagtäglich Zeugen dieses Grundsatzes, spiegelt sich doch die "42" nur allzu oft in der Mimik der verzweifelt in diversen Literaturdatenbanken Suchenden. Lange Gesichter für 10.000 Treffer lange Listen und hilflos ins Leere starrende Augen für "No Records found".
Google Scholar
Die Jagd nach medizinischer Fachinformation zählt dabei für einen beachtlichen Teil der Recherchen. Für den Laien ist hier selbst die umfangreiche Trefferliste von Google brauchbar, da die zuoberst angebotenen Quellen in der Regel die für viele Menschen beliebtesten Informationsangebote darstellen und rasch zu relevanten Websites führen. Das wird in der Regel für einen ersten Einstieg in die betreffende Materie ausreichen.
Wie steht es aber mit der Suche nach biomedizinischer Forschungsliteratur mit Google? Wenn überhaupt tauchen Hinweise auf Publikationen leider erst sehr weit hinten in der Ergebnisliste auf . Selbst wenn ich in das Suchfeld noch das magische Kürzel "PDF" einfüge wird meine Trefferliste keinen Forscher hinter dem Reagenzglas hervorlocken. Anurag Acharya, ein in Indien geborener und ausgebildeter IT-Spezialist nahm sich dieses Problems an. Für Google Inc. lehrte der sympathische Programmierer einem neuen Internetsuchroboter die spezielle Struktur von Forschungsartikeln zu erkennen. Viele große Wissenschaftsverlage öffneten dem bekannten Informationsriesen Google bereitwillig ihre ansonsten fest verschlossenen, digitalen Zeitschriftenarchive und liessen den geschulten Roboter nach Metadaten stöbern, um mit den abgesammelten Ergebnissen in der Datenbank der neuen Suchmaschine prominent vertreten zu sein. Selbst der Verlag Elsevier, der mit Scirus und Scopus eigene Recherche-Software kommerziell vermarktet, entriegelte seinen Heiligen Gral namens ScienceDirect, wohl in der Hoffnung einen völlig neuen Kreis von Pay-per-View Besuchern anzulocken.
Am 18. November 2004 erblickte die Beta-Version des auf "Google Scholar" getauften Egghead-Zwillings von Google das Licht des Cyberspaces. Bestaunt von der Fachwelt und gebettet auf Lorbeeren verkündete das soeben vom Baum der Erkenntnis gefallene Früchtchen selbstsicher seinen von Isaac Newton entlehnten, adeligen Grundsatz: "Stand on the shoulders of giants". Bereits 5 Tage später applaudierte die führende Wissenschaftszeitschrift Nature: "Science searches shift up a gear as Google starts Scholar engine" und erweckte damit die Lust am eigenen Experimentieren mit der neuen, kostenlosen Wundermaschine. Eine Eingabe auf der sofort vertrauten, zwillingsgleich einfachen Startseite von Google Scholar liefert Ergebnisse, die auf den ersten Blick begeistern. Paper an Paper reiht sich hier vor dem Auge des Suchenden als hätte man eine der kostenpflichtigen, teuren Literaturdatenbanken befragt. Im erweiterten Modus werden sogar mehrere Einschränkungsmöglichkeiten angeboten. Neben der Verwendung der Phrasensuche und Boolscher Operatoren bei der Textsuche lässt sich sogar gezielt im Titel der Publikation, nach dessen Author und dem Namen der Zeitschrift recherchieren. Ein "Von-bis-Datumsfeld" hilft beim Herausfiltern bestimmter Jahrgänge. Wirklich nicht sehr üppig im Vergleich zu unserer um viel Geld gekauften, professionellen Software eines kommerziellen Anbieters, aber dieser geschenkte Gaul zieht seine Last anscheinend auch so ganz brav ins Trockene.
Die Verwandtschaft der neuen Suchmaschine mit Google spiegelt sich deutlich im Ranking der Treffer nach der Methode der Popularität. Durch Zählung der Links die in der Datenbank von Google Scholar auf einen Fachartikel hinweisen wird ein Art Zitierungshäufigkeit errechnet, nach der in etwa die Reihung erfolgt. Keine schlechte Idee! Über die für ein Fachgebiet maßgeblichen Publikationen wird naturgemäß sehr oft von anderen Autoren geschrieben und so bildet die Trefferliste eine Hitparade der meistzitierten Arbeiten zum eingegebenen Suchbegriff.
Wie bewährt sich nun diese Sondierungsmethode beim Schürfen nach Fachliteratur im Gebiet der biomedizinischen Forschung? Auf diesem sehr speziellen Claim sind die literarischen Evergreens leider alles andere als Gold. So mancher Laie oder Studienanfänger wird vielleicht zufrieden sein mit einem vielzitierten älteren Review-Artikel um einen ersten Überblick zu einer Thematik zu bekommen. Die wahren Nuggets sind hier aber die brandneusten Studienergebnisse die von der Forschergemeinde erst prüfend ins Sonnenlicht der Wiederholung gehalten werden, bevor sie überhaupt einer Zitierung würdig sind. Zeit, und vor allem Zeitvorsprung vor anderen Labors entscheidet oftmals über die Zuteilung von Forschungsgeldern die sicherlich nicht mit alten Hüten zu gewinnen sind.
Ein Ranking nach dem Datum ist bei Google Scholar nicht vorgesehen und so rutschen die wichtigen, neu veröffentlichten oder sogar nur als "PrePublish" vorhandenen Artikel aus Mangel an Zitierungen auf "unter ferner liefen". Zumeist tauchen sie aber gleich überhaupt nicht auf.
Unter den wenigen Möglichkeiten die Suchabfrage bei Google Scholar zu verfeinern, gibt es allerdings das bereits erwähnte Feld zur Datumseingabe. Die Sherlock Holmes der Recherche werden hier sofort richtig kombinieren und mit einigen geschickten Angaben im erweiterten Modus der Suchmaschine eine Trefferliste mit äußerst aktuellen und relevanten Publikationen hervorzaubern.
So liefert die auf das Titelfeld beschränkte Suche nach "Skin Cancer Prevention", kombiniert mit 2005 im Datumsfeld, ein offensichtlich vorzügliches, gewünschtes Ergebnis. "Die Suche war ein voller Erfolg. Der Fall ist gelöst", meint hier vielleicht ein Dr. Watson. Aber unter der gnadenlosen Spurenlupe des Meisterdetektiven Holmes taucht sehr rasch die Schwäche des von Google Scholar vorgezeigten Alibis auf. Der erste, am höchsten bewertete Hinweis auf eine Arbeit aus dem Jahre 2005 mit bereits unglaublichen 131 "Zitierungen" in der Google Scholar Datenbank deutet anscheinend auf eine vieldiskutierte, bahnbrechende medizinische Entdeckung hin. Folgt man dem Link, so stellt sich der Fund allerdings schnell als alter Weihnachtshut vom Dezember 1996 heraus. Katzengold. Die Suchmaschine hat die auf der Webseite weiter unten für diesen Artikel angegebenen aktuellen Zitierungen mit dessen Erscheinungsjahr verwechselt! Kein Einzelfall wie sich bei weiteren Abfragen herausstellte. Diesen Fehler mag man ja noch der Unerfahrenheit des jüngsten Google-Sprosses zurechnen und verzeihen, vor allem in Hinblick auf die restlichen, sehr guten Treffer der getätigten Abfrage. Weitere Probeschürfungen von kritischen Bibliothekaren auf einzelnen, bekannten Webservern von Verlagsarchiven, abgesteckte Gebiete also mit einer ungefähr bekannten Anzahl der zu findenden Publikationen, brachten aber den wirklich erschreckenden Mangel zutage: Unvollständigkeit.
Eine Schwäche, die nicht sofort auffällt, aber schwer wiegt, da sie den nach Literatur suchenden Forscher mit ein paar Treffern einlullt, ihm aber hinterrücks viele relevante Publikationen vorenthält. Eine Art von Blindem Fleck ist auch bei anderen, kommerziellen Literaturdatenbanken der Biomedizin zu finden. Zumeist aber in Form von Scheuklappen, da durch Spezialisierung nie alle Journale in einer einzigen Datenbank ausgewertet werden. Diese Eigenarten sind aber vom Hersteller dokumentiert und dem guten Rechercheur wohl bekannt. Der Discus nervi optici von Google Scholar nimmt allerdings die bedenklichen Ausmaße einer Augenbinde an. Die Quellen, über die der Suchroboter Metadaten in die Datenbank von Google Scholar einträgt, sind weder dokumentiert noch sind diese erschöpfend und fehlerfrei erschlossen. Gleich einer Biene die auf einer großen fernen Blütenwiese nur drei Blumen besucht und nach der Rückkehr zum Stock bei der Informationsweitergabe im Schwänzeltanz noch ab und zu seine Sammlerkolleginnen durch falsche Richtungsangaben hereinlegt. Eine einfache Abfrage bringt den schwächlichen Griff von Google Scholar nach umfassender Information ans Tageslicht. IngentaConnect bietet mit jetzigem Stand rund 18 Millionen Dokumente an, abgespeichert auf seinen Webservern. Geben Sie doch einfach "site:ingentaconnect.com" in das Textfeld auf der Startseite der Suchmaschine ein. Sie ziehen damit aus der Google Scholar Datenbank nur jene Publikationsnachweise, die der Suchroboter von der Internetplattform IngentaConnect zurück gebracht hatte. Das magere Ergebnis: 243.000 Treffer, kaum mehr als 1%. Nur sehr langsam wird der unbefriedigende Grad der Quellenerschließung besser, wie ein Vergleich mit einer älteren Untersuchungen zeigt. Eine Internet-Publikation von November 2004 (Quelle: Peter's Digital Reference Shelf - Archive) gibt für den Aggregator Ingenta eine Ausbeute von sogar weniger als 1% an.
PubMed und Google Scholar
Muss das von der Zeitschrift Nature vergebene Ranking "a star was born" zurückgestuft werden auf "wenn ich einmal groß bin, dann werde ich auch eine Suchmaschine"? Steckt hinter dem Suchroboter von Google Scholar keine Arbeitsbiene sondern eine Drohne?
Eine Messlatte an der keine Recherchesoftware im Bereich der Biomedizin vorbei kann ist PubMed. Eine weltweit öffentlich zugängliche Literaturdatenbank mit rund 15 Millionen Records, zurückreichend bis in die 50er Jahre. Die Betreiber schicken keinen Suchroboter aus um Dokumente aus dem ganzen Cyberspace zusammen zu tragen, sondern werten, natürlich EDV-unterstützt, eine selektierte Auswahl medizinisch relevanter Zeitschriften aus. Ein gigantisches Inhaltsverzeichnis also, reichlichst garniert mit Metadaten. Die Suchoberfläche bietet rund 80 Möglichkeiten der Einschränkung an, von der einfachen Titelsuche bis zum MeSH-Term für den Profi. Die erschlossenen Quellen sind gut dokumentiert (Journals Database) und die Trefferliste zeigt sofort die aktuellesten Arbeiten. Die Verknüpfungs- und Verlinkungsmöglichkeiten dieser kostenlosen Suchoberfläche brauchen den Vergleich mit kommerziellen Produkten nicht scheuen. Ganz im Gegenteil, haben sich diese doch nach den populären Features von PubMed zu richten. Kein Wunder also, dass dieses Produkt von vielen Forschern zum Meister der biomedizinischen Literatursuche gewählt wurde, neben dem Google Scholar zur Zeit wie ein Zauberlehrling anmutet.
Ausblick
Zusammengefasst könnte man also schreiben, dass Google Scholar aufgrund seines fixen Rankingverfahrens nach dem Prinzip der Popularität und der völlig ungenügenden Quellenerschließung und -dokumentierung im Bereich der biomedizinischen Literaturrecherche noch völlig zurecht als Beta-Version auftritt.
Aber! Die Nachwuchs-Suchmaschine ist bereits jetzt wieselflink, kostenlos und wie sein ältereres Vorbild Google sehr einfach zu bedienen. Anurag Acharya, der diesen neuen Spross in die Schar der Googles und Froogles setzte wird sicherlich noch so manche Kinderkrankheit wegprogrammieren und wartet bereits jetzt mit sehr erwachsenen Features wie der Verlinkung zum Bibliotheksbestand und der Implementierung von Open-URL auf. Eine zukünftige Vollversion von Google Scholar wird zeigen, ob der Gigant, auf dessen Schulter man stehen soll, ohne Augenbinde in das weite Land des wissenschaftlichen Schrifttums blicken kann, ob er als ausgewachsener Hecht im medizinischen Literaturteich die richtige Beute schlägt.
Sollte die Schlagzeile gar einmal lauten "Google Scholar beats PubMed", dann hoffe ich für Sie, dass in Ihrem Aktienportfolio einige Anteile an Google Inc. aufscheinen.
Hintergrundinformationen
Edward Kasner (1878-1955)
Amerikanischer Mathematiker an der Columbia University mit dem Forschungsgebiet der Differentialgeometrie. Als er 1938 gebeten wurde für die Zahl 1x10100 einen Namen zu suchen, wandte er sich an seinen neuen Jahre alten Neffen Milton der daraufhin "Googol" vorschlug. Um der Sache noch eins draufzusetzen, wurde mit der daraufhin möglichen Notation 1x10Googol ein wahrhaft ferner Meilenstein auf der Zahlengerade ins Unendliche geschaffen und als Googolplex ebenfalls in die Welt der Mathematik eingeführt. Naturwissenschaftler und auch Schriftsteller ließen sich von diesen Zahlenriesen weit jenseits der menschlichen Vorstellungskraft immer wieder inspirieren. Zuletzt die beiden Informatikstudenten Larry Page und Sergey Brin, die ihre erfolgreiche Internetsuchmaschine auf den leicht abgewandelten Namen Google tauften.
Larry Page & Sergey Brin (beide geb. 1973)
"The perfect search engine would understand exactly what you mean and give back exactly what you want." Mit diesem hohen Ziel ging Larry Page, damals Doktorand an der Standford University, gemeinsam mit seinem russischen Kommilitonen Sergey Brin an die Entwicklung einer neuen Internetsuchmaschine und baute zunächst BackRub, einen Google-Vorläufer. Am 7. September 1998 gründeten sie die Firma Google Inc. und brachten noch am gleichen Tag die Beta-Version von Google auf den Markt. 1999 ging die Vollversion ans Netz und nur wenige Jahre später, im April 2004 die Firma erfolgreich an die größte amerikanische Börse NASDAQ.
Ein sehr spartanisch gehaltenes Eingabefeld auf der Startseite, Standard-PCs, vernetzt mit OpenAccess-Software statt teurem Supercomputer, eine komplexe Textsuche namens Hypertext-Matching Analysis und vor allem die patentierte Gewichtung der Internetseiten mit PageRankÔ brachten fantastische Suchergebnisse und katapultierten Google bald auf den Spitzenplatz unter den WWW-Suchmaschinen.
Seit seinem Börsengang jagt der Marktwert von Google seinem Namenspatron "Googol" munter nach.
Douglas Noël Adams (1952-2001)
Britischer Schriftsteller der mit dem Science-Fiction Roman "The Hitchhiker's Guide to the Galaxy" bekannt wurde. Die Idee dazu kam ihm, als er auf einer Europareise in Innsbruck, auf einer Wiese liegend, den Reiseführer " Hitchhiker's Guide to Europe" las. Ursprünglich als Hörspielserie für BBC geschrieben entwickelte Adams daraus eine fünfteilige Romanreihe dessen erster Band 2005 verfilmt wurde.
Besonders hervorzuheben ist auch sein Non-Fiction Buch "Die letzten Ihrer Art". Ein Bericht über seine Reise zu aussterbenden Tierarten, unterstützt von dem Zoologen, Fotografen und Schriftsteller Mark Carwardine.
Douglas Adams, der sich selbst als Atheist bezeichnete, starb an einem Herzinfarkt in einem Fitness-Studio. Ihm zu Gedenken begehen seine Fans jeden 25. Mai den sogenannten Towel Day.
Deep Thought
So heißt der leistungsfähigste Computer im Universum des Hitchhiker's von Douglas Adams, der sogar den legendären Googolplex Star Thinker weit übertraf indem er Endlosschleifen in Millisekunden abarbeiten konnte. Im Roman wird er beschrieben als: "Er war so wahnsinnig intelligent, dass er, noch ehe seine Datenspeicher überhaupt miteinander verbunden waren, mit "Ich denke, also bin ich" die ersten Kernsätze von sich gegeben hatte und schon dabei war, die Existenz des Schokoladenpuddings und der Einkommenssteuer auseinander abzuleiten, bevor es jemandem gelang, ihn auszuschalten. Er war so groß wie eine Kleinstadt."
Leider konnte er auch auf die nur allzu menschliche Frage nach "dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest" nur mit der enttäuschenden Antwort "42" aufwarten.
Die von nun an metapherbeladenen Zahl 42 wurde von computerbegeisterten Lesern des Buches aufgenommen und taucht immer wieder als sogenannte metasyntaktische Variable in der IT-Branche auf. So wurde zum Beispiel die erste Version einer Linuxvariante nicht 1.0 sondern Suse Linux 4.2 getauft.
Deep Thought diente auch als Namenspatron für einige besonders leistungsfähige Schachcomputer wie zum Beispiel Deep Blue, dem es 1996 als erstem gelang, gegen den amtierenden Weltmeister Kasparow eine Partie für sich zu entscheiden.
Medline und PubMed
Medline ist die englischsprachige, textbasierte Datenbank der U.S. National Library of Medicine (NLM) die zurückgehend bis 1966 Artikel aus mehr als 4.800 biomedizinischen Fachzeitschriften dokumentiert. Am 26. Juni 1997 gab der amerikanische Vizepräsident Al Gore in einer Pressekonferenz bekannt, dass Medline im Internet kostenlos zur Verfügung gestellt werde. "From a computer in the comfort of your own home or from one in your neighborhood library, you will be able to access timely and accurate information," sagte Gore bei der Eröffnung.
Das Internetportal PubMed (Public Medline) bietet kostenlosen Zugang zu Medline und auch zu Old-Medline mit Literaturzitaten vor 1966. Die ausgetüftelte Suchoberfläche und vielfältige Verlinkungsmöglichkeiten zu weiteren hochwertigen biomedizinischen Datenbanken machten PubMed zu einem sehr beliebten, täglichen Arbeitswerkzeug der Forschung.
Anurag Acharya
Der aus Indien stammende Informatiker arbeitete zuerst als Post-Doc an der Universität von Maryland und anschließend als Assistenzprofessor an der University von Santa Barbara bevor er zu Google wechselte.
Dort arbeitet er als Chefingenieur und entwickelte Google Scholar zur Suche von Forschungsliteratur im Internet. Nach eigenen Angaben entstand die Idee zu diesem Projekt während seiner Studienzeit in Kharagpur (Indian Institute of Technology) aus Frust über die veralteten Bibliotheksbestände.