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GMS Interdisciplinary Plastic and Reconstructive Surgery DGPW

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW)

ISSN 2193-8091

Aktueller Stand der plastisch-rekonstruktiven Chirurgie aus der Sicht der Thoraxchirurgie

State of the art of plastic reconstructive surgery in thoracic surgery

Übersichtsarbeit

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GMS Interdiscip Plast Reconstr Surg DGPW 2012;1:Doc20

doi: 10.3205/iprs000020, urn:nbn:de:0183-iprs0000209

Veröffentlicht: 20. Dezember 2012

© 2012 Rupprecht.
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Abstract

Bronchoplastic techniques: Plastic-reconstructive techniques in thoracic surgery have led to significant reductions of morbidity and mortality. Particulary the so-called sleeve resections are now commonplace in non-small cell carcinoma in stage I–IIIA, with rather similar five-year survival as conventional resections. Even with infiltration of large vessels (T4-stage), this technique can be applied even in the curative approach, e.g., replacement of the pulmonary artery by a vascular prosthesis (“double sleeve resection”).

Extended resection of the anterior and lateral chest wall: Malignant tumors of the chest wall are caused by infiltration of the so-called T3-carcinoma of the lung, by primary bone tumors (e.g., chondrosarcoma) or by osseous metastases from extrathoracic malignancies (e.g., breast cancer). After “en bloc-resection” of the chest wall including the surrounding lung parenchyma, the large defect is covered by a muscle rotation flap (M. latissimus dorsi). Sometimes these muscle flaps can not be used, for example in cachexia. In these cases, the bony thoracic defect is reconstructed by a Goretex-patch (Goretex Dualmesh®). Then the patient undergoes laparotomy or laparoscopy and dissection of the omentum of the great curvature of the stomach while preserving the right epiploic artery. Through a subcutaneous tunnel, the omentum is displaced to the thoracic wall to cover the Goretex®-patch. To accelerate the wound healing, the omentum is covered with a polyurethane sponge, which is pressed with a suction of 125 mm Hg (vacuum therapy). At about 4 weeks, the healed omentum can be covered with a split skin graft.

Intrathoracic infections: Severe thoracic infections (empyema, lung abscess) are usually caused by a pneumonia (80%) or are the consequence of operative complications (e.g., bronchial stump insufficiency).The infection is not curable with the conventional irrigation drains. Often the muscle rotation flaps fail, too. The combination of the transposed greater omentum and polyurethane sponges (VAC®) leads to a faster cleaning of the soiled thoracic cavity and accelerates the wound granulation. With this technique, even unfavourable cases could be rehabilitated.

Sternal wound infections: The osteomyelitis of the sternum is a potentially life-threatening complication (mediastinitis), especially after cardiac surgery. In these cases, the vacuum therapy (VAC®) with polyurethane sponges have contributed to the improved prognosis. Firstly, a more rapid debridement is provoked, and second the chest wall will be stabilized more quickly, because the VAC® reduces the shear forces in a dehiscence of the sternum. After reaching clean conditions, a muscle flap or the greater omentum are interposed for final wound closure.


Bronchoplastische Operationen

Die sog. Manschettenresektionen wurden ursprünglich nur als Alternative erwogen, wenn eine ausgeprägte Einschränkung der Lungenfunktion (FEV 1 <50%) oder eine schwere Herzinsuffizienz

eine Pneumonektomie nicht zuließ. Erst allmählich setzte sich diese Methode als Standardverfahren durch, wobei die prognostischen Ergebnisse mit denen konventioneller Resektionen, selbst nach neoadjuvanter Chemotherapie, ebenbürtig waren. Die Fünfjahresüberlebensraten sind in beiden Kollektiven in der Hauptsache vom Lymphknotenbefall (N0: ~60 %; N2: ~12%),abhängig.

Im Gegensatz zur Pneumonektomie kann durch den Erhalt von funktionstüchtigem Lungengewebe die Letalität sowie die Langzeitmorbidität deutlich reduziert werden.

Im Prinzip lassen sich vier Indikationsgruppen unterscheiden:

1.
Lokalisiertes zentrales Tumorwachstum im rechten oder linken Hauptbronchus (Abbildung 1 [Abb. 1]).
2.
Ein Tumor, der aus dem Lappenostium exophytisch herauswächst bzw. kontinuierlich aus dem entsprechendem Lungenlappen endoluminal bis an das Lappenostium reicht.
3.
Tumorwachstum außerhalb und proximal des Lappenbronchus mit Infiltration des peribronchialen Gewebes.
4.
Ein peripherer Tumor mit Metastasierung in die hilären Lymphknoten und Befall des Bronchus oder des peribronchialen Gewebes (N1).

Kleinzellige Karzinome sind dabei für Manschettenresektionen ausgeschlossen.

Man unterscheidet prinzipiell die zirkuläre Teilresektion des Hauptbronchus („Manschette“) inklusive des befallenen Lappenbronchus und dem dazu gehörigen Lungenparenchym („Sleeve lobectomy“) (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Andererseits wird nur ein (befallener) Bronchusabschnitt ohne Parenchymentfernung reseziert („Bronchial sleeve resection“); diese Methode ist vor allem bei benignen oder niedrig-malignenTumoren (z.B. Hamartom, Carcinoid) indiziert, sowie bei entzündungsbedingten Strikturen (z.B. Tuberkulose). Ebenso bei postoperativen oder posttraumatischen Stenosen, etwa als Spätfolge eines primär übersehenen partiellen Bronchusabriss. Bei kompletter Hauptbronchusruptur muss notfallmäßig thorakotomiert und der abgerissene Bronchus replantiert werden; dazu wird in der Regel nur eine kleine Bronchusmanschette reseziert („Wundrandanfrischung“) und anschließend eine End-zu-Endanastomose angelegt.

Bei all diesen Bronchusanastomosen sollte eine „biologische“ Deckung erfolgen, beispielsweise durch einen perikardialen Fettlappen oder Interkostal- oder Zwerchfellmuskellappen bzw. mit der Vena azygos (Abbildung 3 [Abb. 3]).

Der klassische Fall einer Lobektomie mit Manschettenresektion ist die rechtsseitige Oberlappenentfernung mit zirkulärer Teilresektion des rechten Hauptbronchus. Nach pathologischer intraoperativer mikroskopischer Begutachtung und Nachweis von tumorfreien proximalen und distalen Schnitträndern wird der Bronchus intermedius mit anhängenden Mittel- und Unterlappen in den Rest des Hauptbronchus mit resorbierbaren Einzelknopffäden (z.B. PDS 3-0) in der Regel „teleskopartig“ implantiert (Abbildung 4 [Abb. 4]).

Bei der sog. „Y-Manschette“ wird nach Resektion des Mittel- und Unterlappens (untere Bilobektomie) und Resektion des Hauptbronchus, der tumorfreie Oberlappen in den verbliebenen „Rest“ des Hauptbronchus implantiert. Diese Technik wird notwendig, wenn zum Beispiel ein Karzinom aus dem Unterlappen entlang dem Bronchus intermedius auf die Höhe des Oberlappenabganges, vorwächst.

Bei der oberen Bilobektomie mit Manschettenresektion muss in der Regel nicht nur der rechte Hauptbronchus mit Oberlappen sowie der Bronchus intermedius mit Mittellappen entfernt, sondern häufig aufgrund einer Tumorinfiltration auch ein Teil der benachbarten Pulmonalarterie reseziert werden. Trotz notwendiger zusätzlicher Angioplastik bzw. sogar prothetischen Ersatzes der Pulmonalarterie (Abbildung 5 [Abb. 5]) sind diese Eingriffe unter „kurativem Ansatz“ zu sehen. Mit der „double sleeve resection“ liegt die durchschnittliche Fünfjahresüberlebensrate zwischen 35 bzw. 38%.

Bei der oberen Bilobektomie mit Pulmonalarterienbefall können u.U. ausgedehnte Resektionen nötig werden, so dass eine spannungsfreie Bronchusanastomose nicht mehr zu gewährleisten ist. In dieser Situation kommt die sog. „Transpositionslobektomie“ zum Einsatz, bei der die untere Lungenvene anstelle der Oberlappenvene in den Vorhof bzw. in die obere Lungenvene implantiert wird. Dadurch kann der Unterlappenbronchus spannungsfrei in den Hauptbronchus anastomosiert werden.

Auch auf der linken Seite sind Manschettenresektionen analog durchführbar. Durch die enge anatomische Nachbarschaft zwischen linker Arteria pulmonalis und Hauptbronchus erfordert ein zentraler Tumorsitz in der Regel auch eine tangentiale oder segmentale Resektion der Arterie, um eine R0-Situation zu schaffen.

Kleinere Defekte in der Bronchuswand (z.B. Dissektion eines anhaftenden Lymphknotens) lassen sich durch einen Perikardpatch mit fortlaufenden, nicht-resorbierbaren Fäden (z.B. Prolene 4-0) suffizient verschließen (Abbildung 6 [Abb. 6]).

Die Manschettenlobektomie ist eine parenchymsparende Methode für Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Karzinom im Stadium I bis Stadium III a, wenn durch eine erhebliche eingeschränkte pulmonale und kardiale Funktion für eine Pneumonektomie ein unvertretbares Letaliätsrisiko besteht. Voraussetzung ist aber eine radikale intraoperative Lymphknotendissektion und der mikroskopische Nachweis von nicht befallenen Bronchusresektionsrändern. Manche Autoren sehen die Indikation für eine „Sleeve resesction“ nur bei einem N0-Stadium, wobei sie bei N1/N2-Befall die Pneumonektomie bevorzugen. Dieses Vorgehen wird hauptsächlich mit einer signifikant höheren Lokalrezidivrate bei Manschettenresektionen mit tumorpositiven Lymphknotenbefall im Vergleich zur Pneumonektomie begründet.


Erweiterte Resektionen der ventralen und lateralen Thoraxwand

Malignome können von „intrathorakal“ die Thoraxwand infiltrieren; meistens handelt es sich dabei um Bronchialkarzinome (Stadium T3).

Nach neoadjuvanter Radio-, Chemotherapie sind diese noch mit akzeptablen Fünfjahresüberlebensraten je nach Lymphknotenbefall resezierbar; im Stadium N0/N1 circa 40%, bei N2-Befall etwa 10%.

Andererseits können primäre Knochenmalignome ( z.B. Osteo- oder Chondrosarkom) die knöcherne Brustwand (Abbildung 7 [Abb. 7]) oder das Sternum befallen.

Meistens liegt jedoch ein ossärer Befall eines extrathorakalen Tumors vor. Beispielsweise Metastasen eines Hypernephroms oder eines Mamma-Karzinoms, welche noch nach einer Latenzzeit von vielen Jahren auftreten können. In unserem Kollektiv trat einmal nach 20 bzw. 28 Jahren nach Mamma-Ablatio eine Thoraxwandmetastase (Abbildung 8 [Abb. 8]) auf.

Diese Patienten können einer kurativen Resektion zugeführt werden, wenn eine weitere Fernmetastasierung ausgeschlossen ist (Knochenszinitgraphie, PET-CT). Zur Metastasenentfernung müssen relativ weite Sicherheitsabstände eingehalten werden; dabei muss stets neben den tumortragenden Rippen die kraniale und kaudale nicht befallene Rippe mit entfernt werden inklusive der kompletten Brustwand einschließlich der Pleura parietalis. Dies ist umso wichtiger als von knöchernen Strukturen keine aussagekräftigen mikroskopischen Schnellschnitte möglich sind. Zur Deckung der onkologisch erforderlichen Defekte, sind Muskelschwenklappen, klassischerweise der Musculus latissimus dorsi, notwendig.

Gelegentlich sind aber die gängigen Muskelschwenklappen sind verwendbar, da beispielsweise bei der Erst-Operation (Mamma-Ablatio) oder nach einem Rezidiveingriff die entsprechenden Muskeln zerstört oder durch eine Kachexie unbrauchbar wurden. Als Alternativverfahren kommt ein Mehrstufen-Konzept zum Einsatz. Nach „en bloc-Resektion“ des Tumors (siehe Abbildung 7 [Abb. 7]) einschließlich der entsprechenden Sicherheitsabstände (Schritt 1) wird die knöcherne Thoraxwand bei uns bevorzugt durch Goretex (Goretex Dualmesh®) wieder rekonstruiert (Abbildung 9 [Abb. 9]) (Schritt 2). Andere Materialien (z.B. Vicryl-Netz®) werden nur bei Abszessen oder einem Empyem verwendet. Das Goretex hat für die Brustwandrekonstruktion entscheidende Vorteile. Durch seine Elastizität („Trabekelstruktur“ des Goretex Dualmesh®) wird die „normale“ Atmungsphysiologie wieder hergestellt. Im Gegensatz dazu ist ein Marlexnetz® starr und unelastisch und zeigt eine beträchtliche Schrumpfungstendenz. Außerdem verklebt die Lunge nicht mit dem Goretex, so dass auch dadurch keine Beeinträchtigung der Lungenmotilität erfolgt.

Als dritter Schritt wird über eine Oberbauchlaparotomie oder auch über einen laparoskopischen Zugang das Omentum majus von der großen Magenkurvatur abpräpariert und an der versorgenden Arteria epiploica dextra gestielt. Das Omentum wird durch einen subkutanen „Tunnel“ entlang des Rippenbogens nach thorakal verlagert und mit einigen Einzelknopfnähten auf das Goretexinterponat fixiert (Abbildung 10 [Abb. 10]). Durch seine hohe lymphatische Potenz ist das Omentum der beste Infektionsschutz.

Um ein rascheres Einheilen zu provozieren, werden Polyurethanschwämme aufgetragen (Schritt 4) und mit einem Sog von 125 cm Wassersäule „angepresst“; damit wird die Wundgranulation signifikant beschleunigt (Abbildung 11 [Abb. 11]). Zum Schutz des Omentum, d.h. vor einer zu starken Verklebung mit den „Vakuumschwämmen“ (VAC®) mit eventueller Provokation einer Blutung, wird ein Siliconvlies (Mepithel®) aufgetragen („Sandwich-Technik“). Nach fünf Tagen erfolgt der erste VAC-Wechsel, anschließend im Abstand von drei Tagen jeweils weitere Wechsel, welche in Analgosedierung möglich sind. Nach etwa vier Wochen ist das Omentum vollständig eingeheilt und kann mit einem Spalthautlappen (1:1,5), bevorzugt aus dem Oberschenkel, gedeckt werden. Anschließend wird noch einmal der Spalthautlappen für fünf Tage mit einem VAC-Verband versorgt, um ein schnelles Einheilen zu erzielen.

Im Gegensatz zur „klassischen“ Methode (M. latissimus dorsi-Lappen) ist diese Alternativtechnik mit einem wesentlich geringeren Zeitaufwand zu bewerkstelligen, verbunden mit einem geringeren Operationstrauma sowie geringeren postoperativen Schmerzen, wobei bereits am ersten postoperativen Tag eine Mobilisation des Patienten möglich ist.

Diese Technik ist auch bei primären Malignomen (z.B. Sarkome) oder bei Metastasen am Brustbein (Abbildung 12 [Abb. 12]) verwendbar. Nach partieller oder totaler Sternumresektion hat die Stabilisierung der ventralen Thoraxwand besondere Bedeutung. Diese lässt sich am besten durch elastisches Material (Goretex Dualmesh®) erzielen, wobei das Interponat „straff“ bzw. „unter Zug“ mit nicht resorbierbaren Fäden (Prolene®, Terylene®) in den parasternalen Rippen verankert werden muss, um eine adäquate Atmung zu gewährleisten (Abbildung 13 [Abb. 13]). Hat der Tumor Muskulatur und subkutanes Gewebe infiltriert, muss eine „en bloc-Resektion“ (siehe Abbildung 7 [Abb. 7]) erfolgen. Das Interponat wird entweder mit Muskellappen (z.B. M. rectus abdominis) oder, falls unbrauchbar, wieder mit Omentum und Polyurethanschwämmen, gedeckt. Sitzt der maligne Tumor retrosternal, kann nach Sternektomie und Goreteximplantation die Wunde primär mit der vorhandenen Muskulatur sowie dem Subkutangewebe verschlossen werden.

Bei fortgeschrittenen Lungenkarzinomen, welche die Thoraxwand infiltrieren (T3), muss zusätzlich anhaftendes Lungenparenchym bzw. der Tumor komplett reseziert werden, entweder als Lobektomie oder sogar als Pneumonektomie, gelegentlich mit (Teil-)Resektion des Perikards. Diese erfordert stets eine plastische Deckung zur Prävention einer Herzluxation. Auch in diesem Fall kann Goretex (1 mm !) oder auch Vicryl® (besonders bei Empyem) verwendet werden (Abbildung 14 [Abb. 14]).

Bei neoadjuvanter (Radio-)Chemotherapie ist der Bronchusstumpf besonders gefährdet (signifikant erhöhte Anastomoseninsuffizienz !); eine Deckung mit „biologischem“ Gewebe, etwa einem perikardialen Fettlappen oder mit einem Interkostalmuskel- oder Zwerchfelllappen, ist daher stets indiziert (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]).


Sternuminfektionen

Die sternale Wundinfektion ist eine seltene (1–6%), aber vital bedrohliche Komplikation, meist nach herzchirurgischen Eingriffen, wobei diese am häufigsten bei einem aortokoronaren Venenbypass auftritt. Durch Entwicklung einer Mediastinitis sind immer noch Letalitätsquoten von bis zu 30 Prozent zu verzeichnen.

Haupterreger sind Staphylokokken (Staph. aureus und epidermidis) als Folge einer Hautkontamination oder auch gramnegative Bakterien (z.B. Pseudomonas) aus „Streuherden“, etwa aus Beinulcera oder von Pneumonien etc.

Prinzipiell ist zwischen einer oberflächlichen und einer tiefen sternalen Wundinfektion zu unterscheiden. Die oberflächliche Infektion „befällt“ nur die Haut und das Subkutangewebe sowie die Pectoralisfaszie, erkennbar an einer Rötung, Schwellung und Fieber. Systemische Antibiose (Austestung !), Wundöffnung, Lavage und geschlossene Spül-Saugdrainagen sind in der Regel ausreichend.

Bei einer tief greifenden Infektion, symptomatisch durch Brustschmerzen, Fieber, Sternuminstabilität oder eitriges Drainagesekret ist eine rasche operative Revision nötig (Abbildung 15 [Abb. 15]). Bei Nachweis von Knochennekrosen (Ostoemyelitis) ist ein „offenes“ Verfahren zu wählen, um die Infektion zu kontrollieren und eine Mediastinitis abzuwenden. Die Curretage (Abbildung 16 [Abb. 16]) der Nekrosen bzw. Knochensequester ist dabei essentiell, ebenso die Entfernung der Drahtcerclagen. Durch Methylenblauinstillation lassen sich Fistelgänge darstellen, die sorgfältig abgetragen werden müssen (Abbildung 17 [Abb. 17]). Durch regelmäßige Tamponadenbehandlung mit aseptischen Lösungen kann die Wunde durch sekundäre Granulation zur Ausheilung gebracht werden. Diese Methode ist aber sehr zeitaufwendig. Bei nicht beherrschbaren Nekrosen muss ggf. als Ultima ratio-Maßnahme die partielle oder sogar totale Sternektomie erwogen werden.

Für das Infektionsmanagement verwenden wir bevorzugt zum Wundverschluss Polyurethanschwämme, welche mit einem Sog von 125 mm Hg an das Sternum gepresst werden (Abbildung 18 [Abb. 18]). Durch diese Vakuumtherapie (VAC®) führen wir zwar eine „offene“ Behandlung durch, aber in einem „geschlossenen“ System. Für den Patienten ist diese Methode von hygienischer Seite wesentlich vorteilhafter, da eine raschere Wundreinigung mir signifikanter Keimreduktion wegen der sofortigen Sekretabsaugung erfolgt, ohne Gefahr einer zusätzlichen Bakterienbesiedlung. Die Wunde ist leichter zu pflegen (weniger Verbands wechsel) und wegen der Geruchsneutralität bedeutet dies für den Betroffenen auch eine gesteigerte Lebensqualität.

Des Weiteren wird die Granulation angeregt sowie die Wundheilung beschleunigt. Bei Sternuminstabilität bzw. -dehiszenz bewirkt das „VAC®“ eine Reduktion der Scherkräfte, wodurch sich der knöcherne Thorax rascher stabilisiert. Auf diese Weise verbessert sich auch signifikant die Lungenfunktion und führt zu einer Senkung der pulmonalen Komplikationen. Bei freiliegenden intrathorakalen Organen (Herz, Lunge) sollte diese mit einem Silikonnetz (Mepithel®) abgedeckt werden, um einen direkten Kontakt mit den Polyurethanschwämmen zu verhindern, um zum Beispiel keine Gefäßarrosion zu provozieren.

Die durchschnittliche VAC-Dauer beträgt 10 Tage mit einem zweitäglichen Wechsel der Schwämme. Sind saubere Wundverhältnisse erreicht, kann auch eine Re-Cerclage erfolgen. Bei einer Osteomyelitis wird ein Muskellappen interponiert, etwa der M. pectoralis oder der M. rectus abdominis bei Befall des unteren Sternumdrittels. Bei unbrauchbaren Muskeln lässt sich auch das Omentum majus verwenden, das besonders bei tiefen und irreguären Defekten sich als „Füllmaterial“ besonders gut eignet. Manche Autoren verwenden nach Debridement der Nekrosen und Wundsäuberung primär Muskellappenplastiken; eine primär plastische Deckung birgt aber die Gefahr, dass noch infizierte Nekrosen zurückbleiben und zu einem Infektionsrezidiv führen, eventuell sogar zu einer Sepsis. Der Einsatz der Vakuumtherapie ist daher besser zur Vorbereitung einer definitiven Muskel- oder Omentumplastik geeignet und dient als „Bindeglied“ zwischen Debridement und plastischer Deckung.


Intrathorakale Infektionen

Circa 10 Prozent der Patienten mit einer Pneumonie entwickeln ein Pleuraempyem; in 80 Prozent der Fälle sind pneumonische Entzündungen („verschleppte“ Pneumonien) dafür verantwortlich mit immer noch hohen Letalitätsquoten von bis zu 20 Prozent. Die Hauptursache in früheren Zeiten, die Tuberkulose, nimmt aber wieder stetig zu (3–4% der Fälle).

Ein Teil der Pleuraempyeme entwickeln sich auch im Rahmen von postoperativen Komplikationen; vor allem Oesophagus- und Bronchusstumpfinsuffizienzen nach lungenresezierenden Eingriffen.

Im Stadium I („exudative“ Phase) und im Stadium II („fibrinopurulente“ Phase) können in der Regel mit großlumigen Drainagen (28–32 Ch.), ggf. mit Instillation von Streptokinase oder Urokinase oder speziell im Stadium II mit einer videoassistierten Thorakoskopie („VATS“) diese Empyeme beherrscht werden.

Eine Thorakotomie ist aber vonnöten im Stadium III, in dem „organisierte“ Fibrinschwarten und „Kammern“ (Abbildung 19 [Abb. 19]) die Lungenexpansion massiv einschränken oder sogar unmöglich machen („gefesselte“ Lunge) und die ipsilaterale Lungenfunktion komplett zum Erliegen bringen („funktionelle“ Pneumonektomie“). In dieser späten Phase ist eine Dekortikation (Abbildung 20 [Abb. 20]) erforderlich mit Ausräumung von Abszessen. Häufig sind bereits große Parenchymareale zerstört („destroyed lung“), so dass eine Lobektomie bzw. sogar eine Pneumonektomie notwendig wird. In unserem Krankengut mussten 66% der Patienten lobektomiert und 6% pneumonektomiert werden. In diesen Fällen muss wegen der großen Gefahr einer septisch bedingten Bronchusstumpfinsuffizienz eine plastische Deckung mit körpereigenem Gewebe erfolgen. Am einfachsten durchführbar sind dabei lokale „Plastiken“ mit einem Interkostal- oder Diaphragmalappen bzw. einem gestielten Perikard(fett)lappen. Sind diese Maßnahmen nicht suffizient (Nekrose) oder nicht verwendbar, etwa bei Kachexie, kommen Schwenklappen (M. pectoralis mayor, M. serratus oder M. latissimus dorsi) zum Einsatz (Abbildung 21 [Abb. 21]).

Sind auch diese unbrauchbar, zum Beispiel durch Zerstörung bei früheren Operationen (Mamma-Ablatio bei Karzinom) oder durch neoadjuvante Vorbehandlung (Bestrahlung bei T3-Lungenkarzinomen), muss als Ultima ratio-Maßnahme auf das Omentum majus zurückgegriffen werden. Wegen seiner hohen „lymphatischen Potenz“ (Granulozyten) und seiner relativ großen Fläche, ist es aber ein ideales biologisches „Füllmaterial“ zur Sanierung infizierter Pleurahöhlen oder zur Deckung infizierter Bronchusstümpfe (Abbildung 22 [Abb. 22]). Da aber dafür die Eröffnung einer zweiten Körperhöhle in Kauf genommen werden muss mit potentieller Infektion derselben, sollte, wenn möglich (z.B. keine vorherige Laparotomie), das Omentum laparoskopisch geborgen werden. Um eine große „Spannweite“ zu erzielen, wird das Omentum von der großen Magenkurvatur abpräpariert und an der Arteria epiploica dextra gestielt und durch eine diaphragmale Perforation nach intrathorakal verlagert. Mit Einzelknopfnähten kann es auf einen insuffizienten (Haupt-)bronchus zur Abdichtung als „Plombe“ aufgesteppt werden. In einem Fall einer Trachealnekrose haben wir zusätzlich ein kleines Areal (5x5 cm) aus der großen Magenkurvatur inklusive des Omentum präpariert, und diesen Magenteil als „Neo-Mucosa“ in die nekrotische Trachealperforation implantiert.

Wir verwenden zusätzlich schwarze Polyurethanschwämme (VAC®-Therapie) mit einem Sog von 125 cm Wassersäule (Abbildung 23 [Abb. 23]), um zum einen Omentumteile an eine Insuffizienz anzudrücken, um damit ein schnelleres „Verkleben“ bzw. eine schnellere Einheilung zu provozieren. Zum anderen ermöglicht die Kombination aus Omentum plus VAC® eine bessere und raschere Säuberung intrathorakaler Sepsisherde und fördert intensiver die Wundgranulation und „Schrumpfung“ der infizierten Thoraxhöhle. Verstümmelnde Thoraxwand- bzw. ausgedehnte Rippenresektionen sind auf diese Weise nicht mehr notwendig.

Um eine Arrosionsblutung oder eine Parenchymfistel bei einer Restlunge zu verhindern, müssen die intrathorakalen Organe (Herz, Lunge, Oesophagus) sowie das Omentum majus mit einem Silikonvlies (Mepithel®) geschützt werden (Abbildung 24 [Abb. 24]).

Durch die kombinierte Technik aus Omentum und Vakuumtherapie ließen sich die Morbiditäts- und Mortalitätsraten deutlich senken.


Anmerkungen

Interessenkonflikte

Die Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


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