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29. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

21.09. - 23.09.2012, Bonn

Verwendbarkeit des TROG-D bei Kindern mit Hörstörung

Poster

  • corresponding author presenting/speaker Katharina Diederichs - Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland
  • author Barbara Friese - Schwerpunkt Kommunikationsstörungen der HNO-Klinik der Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland
  • author Isabell Hoffmann - Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland
  • author Annerose Keilmann - Schwerpunkt Kommunikationsstörungen der HNO-Klinik der Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 29. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Bonn, 21.-23.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12dgppP4

doi: 10.3205/12dgpp11, urn:nbn:de:0183-12dgpp117

Published: September 6, 2012

© 2012 Diederichs et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Die Sprachentwicklung bei Kindern kann durch Hörstörungen beeinflusst werden. Es existieren keine ausgewiesenen Testverfahren und Normwerte zur Sprachentwicklung für Kinder mit Hörstörung.

Material und Methoden: Bei 63 Kindern mit Hörstörung, die bereits mit Hörgerät und/oder CIs, versorgt waren, wurde die deutsche Fassung des „Tests zur Überprüfung des Grammatikverständnisses – TROG“, der TROG-D (Fox; 2006) eingesetzt. Als Maß für die produktiven Sprachleistungen wurde die Hörgedächtnisspanne für sinnlose Silben (Mottier) und Zahlwörter (Zahlennachsprechen aus der K-ABC) bestimmt.

Ergebnisse: Bei fast allen Kindern waren alle drei Tests durchführbar. Die meisten Kinder erzielten unterdurchschnittliche Ergebnisse. Im TROG-D erreichten Kinder mit Hörgeräten im Median einen Prozentrang (PR) von 23, die mit Cochlea-Implantaten einen PR von 3 und die mit bimodaler (Hörgerät,CI) Versorgung einen PR von 4.

Kinder mit geringgradigen Hörstörungen schnitten mit PR 32 am besten, die Kinder mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder Taubheit (PR 4) am schlechtesten ab. Der Zusammenhang zwischen dem Ergebnis des TROG-D und dem beim Nachsprechen von Sinnlossilben (rho=0,655) und dem Nachsprechen von Zahlwörtern (rho=0,600) wurde durch Berechnung des Spearmans Rangkoeffizienten geprüft und stellte sich als nicht signifikant heraus.

Diskussion: Die Untersuchung zeigte, dass der TROG-D bei Kindern mit Hörstörung angewendet werden kann. Der prozentuale Hörverlust als Einflussfaktor auf die Testergebnisse konnte nicht gesichert werden. Die Korrelation der Testergebnisse untereinander lässt einen Einfluss der Hörgedächtnisspanne auf Ergebnisse im TROG-D vermuten.


Text

Einleitung

Die (Re-)Habilitation von Kindern mit Hörstörungen hat zum Ziel, diesen Kindern mittels apparativer Versorgung mit Hörgeräten und Cochlea-Implantaten, geeigneten Therapien und spezialisierter pädagogischer Förderung eine möglichst normale Sprachentwicklung zu ermöglichen. Trotzdem sind bis heute Sprachentwicklungsstörungen (SES) häufiger als bei Kindern mit normalem Hörvermögen. Keilmann et al. (2010, [1]) fanden beim Vergleich von Kindern mit Hörstörungen und SES und solchen mit spezifischer SES, dass bei den Kindern mit Hörstörungen die rezeptiven Sprachfähigkeiten besonders beeinträchtigt sind. Der TROG-D [2] erlaubt es, das Verständnis grammatischer Strukturen zu untersuchen. Die Normierung erfolgte bei Kindern mit normalem Hörvermögen, die Autorin empfahl auch den Einsatz bei Kindern mit Hörstörungen. Ziel der Arbeit war es, die Verwendbarkeit des TROG-D bei Kindern mit Hörstörungen zu überprüfen und deren Testergebnisse im Vergleich zur Normierungspopulation zu betrachten.

Material und Methoden

63 Kinder mit versorgter Hörstörung konnten eingeschlossen werden (41 Kinder mit Hörgeräten, 13 Kinder mit Cochlea-Implantaten, acht Kinder mit bimodaler Versorgung und ein Kind ohne Versorgung). Im TROG-D wird das Verstehen grammatischer Strukturen mittels einer Multiple-choice-Aufgabe untersucht, zu jedem Satz sieht das Kind außer dem Bild mit der richtigen Lösung 3 Ablenker. Als Maß für die produktiven Sprachleistungen wurde die Hörgedächtnisspanne für sinnlose Silben (Mottier [3]) und Zahlwörter (Zahlennachsprechen aus der K-ABC [4]) bestimmt. Die Gruppeneinteilung erfolgte nach dem Ohr mit dem besseren audiometrischen Ergebnis (bei bestmöglicher Einstellung). Die Ergebnisbeurteilung erfolgte jeweils unter Verwendung des Prozentranges (PR) nach den Normwerten für normal hörende Kinder.

Ergebnisse

Bei fast allen Kindern waren alle drei Tests durchführbar. Die Ergebnisse von 4 Kindern gingen nicht in die Auswertung ein, weil die Bearbeitung des TROG-D nicht möglich war. Von den 63 untersuchten Kindern konnten 25 Kinder (40 Prozent) im TROG-D ein durchschnittliches Ergebnis erreichen. Der übrige Anteil der Kinder erzielte unterdurchschnittliche Ergebnisse im TROG-D. Auch im Hörgedächtnis (Mottier und Zahlennachsprechens aus der K-ABC) ergab sich eine ähnliche Ergebnisverteilung.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse im TROG-D im Hinblick auf die apparative Versorgung lag der Median der Kinder mit Hörgeräten bei PR 23. Der Median der Kinder mit bimodaler Versorgung lag bei PR 4. Der Median in der Versorgungsgruppe CI entsprach PR 3.

Von den Kindern mit geringer Schwerhörigkeit wurde im Median ein Prozentrang 32 erreicht. Die Gruppe der Kinder mit mittelgradiger Schwerhörigkeit erzielte einen Median von PR 16 und die Gruppe der Kinder mit hochgradiger Schwerhörigkeit einen Median von PR 14. Der Median der Gruppe mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit/Taubheit lag bei PR=4.

Von den untersuchten 63 Kindern zeigten 11 Kinder Ergebnisse entsprechend dem Erwartungswert von PR größer/gleich 50 für normalhörende Kinder.

Ein statistischer Zusammenhang des Testergebnisses im TROG-D mit dem prozentualen Hörverlust wurde mit einem p-Wert von 0,456 nicht gesichert. Dies traf auch für die Tests zum Hörgedächtnis zu. Die Testergebnisse des TROG-D korrelierten mit dem Mottier (rho=0,655) stärker als mit dem Zahlennachsprechen aus der K-ABC (rho=0,600).

Diskussion

Die Untersuchung zeigte, dass der TROG-D bei Kinder mit Hörstörung angewendet werden kann und bestätigte frühere Befunde, die ein eingeschränktes Sprachverständnis bei Kindern mit Hörstörungen beschrieben [1], [5], [6]. Auch in beiden Tests für das Hörgedächtnis erreichten die Kinder mit Hörstörung im Durchschnitt schlechtere Ergebnisse als normalhörende Kinder. Briscoe et al. (2001) [7] fanden hingegen keine Einschränkung beim Zahlennachsprechen bei Kindern mit Hörstörungen. Eine Auswirkung der Hörstörung auf die Entwicklung des Sprachverständnis und auf die Ausbildung der Hörgedächtnisspanne ist anzunehmen.

Der prozentuale Hörverlust als Einflussfaktor auf die Testergebnisse konnte nicht gesichert werden. Dies steht im Gegensatz zu anderen Untersuchungen [8] und könnte durch die Fallzahl mitbedingt sein. Die Korrelation der Testergebnisse untereinander bestätigt den Zusammenhang zwischen rezeptiven und produktiven Sprachleistungen und lässt einen Einfluss der Hörgedächtnisspanne auf Ergebnisse im TROG-D vermuten.

Anmerkung

Die vorgestellten Ergebnisse sind der nicht veröffentlichten Dissertation von Katharina Diederichs entnommen.


Literatur

1.
Keilmann A, Kluesener P, Freude C, Schramm B. Manifestation of speech and language disorders in children with hearing impairment compared with children with specific language disorders. Logoped Phoniatr Vocol. 2011 Apr;36(1):12-20. doi: 10.3109/14015439.2010.517550.
2.
Fox AV. TROG-D [unveränderter Nachdruck]. Idstein: Schulz-Kirchner.; 2009.
3.
Linder M, Grissemann H. Zürcher Lesetest: Handweisung. 6. Aufl. Bern: Huber Verlag; 2000.
4.
Melchers P, Preuß U. Kaufman Assessment Battery for Children [deutsche Version]. 8. unveränd. Aufl. Frankfurt/M.: Pearson Assessment; 2009.
5.
Kiese-Himmel C. Eine Dekade Göttinger Hör -Sprachregister. Persistierende periphere Hörstörungen und Sprachentwicklung im Kindesalter. Heidelberg: Median-Verlag; 2006.
6.
Thiel M. Logopädie bei kindlichen Hörstörungen: ein mehrdimensionales Therapiekonzept für Therapie und Beratung. Berlin, Heidelberg, New York: Springer; 2000.
7.
Briscoe J, Bishop DV, Norbury CF. Phonological processing, language, and literacy: a comparison of children with mild-to-moderate sensorineural hearing loss and those with specific language impairment. J Child Psychol Psychiatry. 2001;42(3):329-40. DOI: 10.1111/1469-7610.00726 External link
8.
Yoshinaga-Itano C, Sedey AL, Coulter DK, Mehl AL. Language of early- and later-identified children with hearing loss. Pediatrics. 1998 Nov;102(5):1161-71. DOI: 10.1542/peds.102.5.1161  External link