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Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Mangelernährung in einem Zentrum für Gerontotraumatologie – Risiko oder Chance?
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Published: | March 13, 2018 |
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Zielsetzung: Bei knapp 50% der über 65-Jährigen liegt gemäss Studien eine Mangelernährung vor. Deren Folgen auf den Allgemeinzustand sowie die ökonomische Tragweite haben für die Gesellschaft grosse Relevanz. Zudem bestehen Forschungslücken zu Prävalenz, zum interprofessionellen Prozess und präventiven Massnahmen von Mangelernährung.
Ein erstes Ziel lautete, den Ernährungszustand der PatientInnen gemessen an malnutritionsbezogenen Variablen zu beschreiben. Das zweite Ziel war, den interprofessionellen und -disziplinären Prozess Patientenernährung zu untersuchen, um Risikofaktoren und Interventionen zur Verbesserung von Mangelernährung herauszufinden.
Methodik: Mittels Mixed Methods Design wurden während eines Jahres auf einer Gerontotraumatologie ernährungsbezogene Routinedaten von 330 PatientInnen gesammelt. Gleichzeitig erfolgte eine Literaturreview zu Prävalenz, Risikofaktoren und Interventionen zu Mangelernährung. Im Anschluss wurden neun PatientInnen je einen Tag beobachtet, nach ihrem Erleben bezüglich Essensbestellung und Unterstützung im Ernährungsprozess interviewt und deren Dokumentationen zur Pflegediagnose Mangelernährung ausgewertet. Nach qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring, 2010) wurden die Ergebnisse in zwei Fokus-Gruppeninterviews auf Gültigkeit und Glaubwürdigkeit überprüft. Die triangulierten, qualitativen und quantitativen Daten wurden deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse: Die Resultate von 252 Frauen und 78 Männern (Durchschnittsalter 87 Jahre) zeigen, dass die Bedarfsdeckung (n. Harris Benedikt) für Energie zu 50%, für Proteine zu 30% erreicht wurde. Der durchschnittliche BMI betrug 24.4 kg/m2 wovon 57 PatientInnen <20 kg/m2 und 36 Patienten >30 kg/m2 aufwiesen.
Die Komplexität des interprofessionellen Ernährungsprozesses zeigte 14 Teilschritte und mehrfache Unterbrüche. Dabei besteht Verbesserungspotential in 9 Schritten bezüglich Informationsfluss, Kultur und Haltung, Verantwortlichkeiten und Hygiene.
Schlussfolgerungen: Unser Kollektiv zeigte eine deutliche Mangelernährung verglichen mit international definierten Soll-Werten. Im Hinblick auf Genesung und Rehabilitation erachten wir diese Resultate als eminent wichtig. Aus dieser ersten Analyse entwickelten wir Folgeprojekte zur Verbesserung. Diese beinhalten Prozessoptimierungen, die Einreichung der evidenzbasierten Pflegediagnose „Gefahr der Malnutrition“ in die NANDA-I Klassifikation und deren Anwendung in der Praxis sowie präventive und ernährungsfördernde Interventionen.