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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Die Checkliste PK "Professionelles ärztliches Kommunikationsverhalten" in Unterricht und Evaluation kommunikativer Fertigkeiten im Medizinstudium

Checklist "Professional Communication in Medicine" in teaching and assessing of anamnesis and communication skills in medical education

Projekt Humanmedizin

  • corresponding author Ingeborg Pucher-Matzner - Medizinische Universität Wien, Zentrum für Public Health, Institut für Medizinische Psychologie, Wien, Österreich
  • author Andreas Gleiss - Medizinische Universität Wien, Institut für Klinische Biometrie, Besondere Einrichtung für Med. Statistik und Informatik, Wien, Österreich
  • author Michael Schmidts - Medizinische Universität Wien, BEMAW - Methodik und Entwicklung, Wien, Österreich
  • author Oskar Frischenschlager - Medizinische Universität Wien, Zentrum für Public Health, Wien, Österreich

GMS Z Med Ausbild 2006;23(4):Doc68

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/zma/2006-23/zma000287.shtml

Received: June 29, 2006
Published: November 15, 2006

© 2006 Pucher-Matzner et al.
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Zusammenfassung

Zielsetzungen: Die Checkliste PK „Professionelles ärztliches Kommunikationsverhalten“ ist als Unterrichtsmittel, für gezieltes Training und die Evaluation kommunikativer Fertigkeiten, im medizinischen Unterricht an der Medizinischen Universität Wien (MUW), entwickelt worden. Die Checkliste umfasst drei Bereiche: Gesprächsinhalt (Anamnese), Gesprächsstil und Beziehung/Kontakt.

Methodik: Zur Überprüfung von Gütekriterien wurden Lehrende der skills line „ärztlichen Gesprächsführung“ herangezogen. Nach einer Einschulung in die Handhabung der Checkliste trainierten sie in einem ersten Schritt (Lernphase) die Anwendung der Checkliste anhand von Videofilmen. In der anschließenden Testphase wurde die Bewertungen der Items hinsichtlich deren Übereinstimmung erfasst.

Ergebnisse: Insgesamt stimmten die Bewertungen für alle drei Bereiche -Gesprächsstil, Gesprächsinhalt sowie Beziehung und Kontakt - bei drei Viertel aller Items (rund 75 %) sowohl in Lern- wie in Testphase überein. Die höchste Übereinstimmung erzielten Items des Bereichs B (Gesprächsstil), die niedrigste Items des Bereichs C (Beziehung/Kontakt).

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse sind zufrieden stellend, in so ferne als für einen großen Teil der Items konsistente Einschätzungen vorliegen. Optimierungen in der Fragenkonstruktion ebenso wie in der Lehre sind vor allem in Bereichen, in denen psychosoziale Themen angesprochen werden, notwendig. Die Checkliste kann einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung von Lehr- und Prüfungsbedingungen kommunikativer Fertigkeiten im medizinischen Unterricht leisten.

Schlüsselwörter: Checkliste, Kommunikation, Anamnese, Medizinische Ausbildung

Abstract

Objectives: The checklist „Professional Communication in Medicine“ serves as a tool for teaching and training medical students in communication skills, it has also been developed in order to evaluate the students’ performance at the end of their second year at the Medical University of Vienna. The checklist consists of three parts: 26 items referring to the contents of the interview according to George Engel’s ten step model of anamnesis, 10 items referring to the style of communication and 12 items deal with the relationship established.

Methods: Teachers of communication skills in medicine were asked to check the list for objectivity (interrater- reliability). In a first step (learning), after they got to know how to handle the list, they were trained in applying this checklist with the help of videos – each presenting a complete anamnesis. The testing that followed looked at the items in terms of their level of consensus.

Results: On the whole it can be said that a good level of consensus – in around 75 percent of all items - was reached in assessing all three parts, i.e. style of communication, contents and relationship. The highest levels of consensus were observed in part B: style of communication, the lowest in section C: relationship.

Conclusion: Results have turned out satisfactorily as far as they provide consistent forms of assessment for the major part of items. However, improvements need to be made in areas dealing with question-building, psychosocial aspects but also personal development. All in all, the checklist can be seen as an essential contribution to quality assurance in medical communication, involving both, students and teachers.

Keywords: Checklist, communication, anamnesis, medical education


Einleitung

1. Einführung

Bemerkenswerte 85% der Absolventen medizinischer Universitäten nennen als elementare Voraussetzung für ihre spätere Berufsausübung soziale Kompetenzen, wie Kommunikation mit und Beziehung zum Patienten, noch vor dem Erwerb der allgemeinen ärztlichen Kompetenz (medizinisches Wissen, praktische Fähigkeiten, interdisziplinäre Denkweise). Nur wenige der Befragten hatten angegeben, in ihrem Studium ausreichend dafür vorbereitet worden zu sein [1]. Komplexes ärztliches Kommunikationsverhalten bedarf eines sorgfältigen Trainings, Wissen alleine zu vermitteln reicht nicht aus [2].

2. Problemstellung

Im, seit 2002 reformierten Medizinstudium MCW, der Medizinischen Universität Wien, werden zum Unterschied zum alten Curriculum, kommunikative Fertigkeiten explizit gelehrt. Neben der Reflexion der eigenen Einstellungen und Haltungen liegt der Schwerpunkt auf Erprobung und praktischer Umsetzung kommunikativer Fertigkeiten. In der Studieneingangsphase werden die Studierenden in einer Vorlesung zum Thema „Kommunikation und Gesprächsführung“ mit dem Thema vertraut gemacht und anschließend in Kleingruppen (3 Stunden) dazu animiert, sich damit eingehender auseinander zu setzen. Das im Medizinunterricht notwendige Vermitteln von Handlungswissen [3] verlangt den Einsatz von alternativen Methoden. Demzufolge wird im dritten und vierten Semester des Studiums (mit Dauer von insgesamt 18 Unterrichtseinheiten) Kleingruppenunterricht angeschlossen. Es wird erwartet, dass Anamnesen durchgeführt werden können, selbstverständlich, ohne dass die entsprechende Diagnose gefunden werden soll. Ebenso wird erwartet, dass empathisches Eingehen und responsives Verhalten [4] geübt werden um für die nachfolgende Famulatur gerüstet zu sein. Im siebenten Semester erfolgt noch einmal für die Dauer von 14 Unterrichtseinheiten Kleingruppenunterricht, in dem auf spezielle Gesprächssituationen, wie dem Umgang mit beeinträchtigten Personen, eingegangen wird.

Probleme für den Unterricht an der MUW Wien ergeben sich unter anderem aus dem Wesen der Massenuniversität: So zum Beispiel begannen im Wintersemester 2005/06 1560 Studierende mit dem Studium der Medizin, für rund 600 von ihnen standen auch im zweiten Jahr Studienplätze zur Verfügung. Werden je zehn Studierende in einer Gruppe zusammengefasst, bedeutet dies, dass 60 Kleingruppen parallel ablaufen müssen. Die für die Planung des Unterrichts Verantwortlichen sehen sich vor die Herausforderung gestellt, neben standardisierten Unterrichtsbedingungen mit objektiven und reliablen Messinstrumenten zur Überprüfung der Leistungen, eine homogene Gruppe an Lehrenden zu finden bzw. zu entwickeln. Unter den zur Verfügung stehenden Lehrenden befinden sich solche, die aufgrund ihrer Ausbildung als kernkompetent einzustufen sind und solche, die diese Voraussetzungen in geringerem Ausmaß mitbringen. Studien zur Evaluation klinischer Fertigkeiten wie Gesprächsführung zeigen aber, dass Vereinheitlichung und Strukturierung des Vorgehens unabdingbar sind. Subjektive Einschätzungen über kommunikative Skills divergieren in unzulässiger Art und Weise [5]. Noel et al. empfehlen dringend ausführliche Schulungen und oftmalige Beobachtungen und Bewertungen, die auf mehreren Ebenen ansetzen: Wiederholte Evaluierung der Leistung der geschulten Studierenden anhand einer Vielzahl an Fällen mit standardisierten Patienten, mittels strukturierter Checkliste. Eine solche Checkliste haben wir für den Unterricht erstellt. Die von uns entwickelte und hier vorgestellte Checkliste PK „professionelles ärztliches Kommunikationsverhalten“ dient als Unterrichtsgrundlage für Anamnesen, in dem sie Handlungsanweisungen (wie z. B. „grüßt und stellt sich vor“) gibt und zugleich ein standardisiertes Evaluationskriterium darstellt.

3. Entwicklungsprozess der Checkliste

Das von uns angestrebte Instrument soll, auf Lernziele zugeschnitten, nicht nur Inhalt und Beziehung, sondern auch allgemeine Schritte einer Anamnese erfassen. Vorhandene Listen, wie die OSCE Checkliste (Objective Structured Clinical Examination/Exercise [6]), die ABS (Aufklärungsgespräch-Bewertungsskala [7]), basierend auf der BAS – Breaking Bad News Assessment Schedule [8]) oder der KEK (Kölner Evaluierungsbogen für Kommunikation [9]) wurden eingearbeitet, konnten aber nicht zu 100% übernommen werden. Zur Anpassung an gegebene Verhältnisse und eigene Bedürfnisse, bedurfte es einer Neukonstruktion. Nach einer ersten Vorstellung samt Diskussion mit Lehrenden der Gesprächsführung folgte der erste Einsatz in deren Schulungen zum Unterricht. Inhaltliche wie stilistische Verbesserungsvorschläge wurden aufgegriffen und eingearbeitet. Einem neuerlichen Probedurchgang mit Lehrenden folgte die anschließende dritte Überarbeitung mit Auswertung der Daten, die in der Schulung gewonnen wurden. Im Sommersemester 2005 erfolgte der erstmalige Einsatz der Checkliste PK im Unterricht. Die Studierenden werden aufgefordert, mit einem standardisierten Patienten (Tutoren -->höhersemestrige Studierende, die sich unter Anleitung eine Fallgeschichte erarbeitet haben und diese in der Ich-Form darstellen) auf Basis der Checkliste ein Anamnesegespräch zu führen. Die Ergebnisse wurden ausführlich diskutiert.

Beschreibung der Checkliste

Die Checkliste PK vermittelt Hinweise für die Durchführung einer Anamnese, ohne auf eine nachfolgende körperliche Untersuchung einzugehen (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). In der Konstruktion folgen wir dem Engel´schen Modell der bio-psycho-sozialen Anamnese in 10 Schritten [10], zit. n. [11]. Die 26 Items des Bereiches A (Gesprächsinhalt) leiten sich davon ab. Weitere 10 Items (Bereich B: Gesprächsstil) dienen zur Erfassung formaler Aspekte. Bereich C (Beziehung/ Kontakt) besteht aus 12 Items. Die Beurteilung de kommunikativen Leistungen erfolgt auf einer vierstufigen Skala von 0 (trifft nicht zu) bis 3 (trifft völlig zu) und einer weiteren Kategorie (nicht anwendbar). Die Dauer der Durchführung variiert je nach Einsatzzweck. In der Vermittlung der Checkliste im Unterricht hat sich bewährt, die Liste in die drei vorgegebenen Teilbereiche zu portionieren, und mit dem Bereich B –Gesprächsstil - zu starten. Für Anfänger scheint es leichter, mit formalen Aspekten zu beginnen und dann mit Beziehungsaspekten und anamnesebezogenen Gesprächsinhalten fortzusetzen. Als günstig hat sich die Mischung aus Diskussion von vorgeführten Videosequenzen für das jeweilige Item mit anschließendem Rollenspiel, in dem die Aufgabenstellung geübt wird, erwiesen.

Am Ende des Studienjahres werden die erlernten Fähigkeiten im Rahmen einer OSCE (objective structured clinical evaluation) mit insgesamt fünf Stationen (zwei Stationen ärztliche Grundfertigkeiten, zwei Stationen physikalische Krankenuntersuchung und einer Station ärztliche Gesprächsführung) überprüft. Die Studierenden haben die Aufgabe, an simulierten PatientInnen eine Anamnese zu erheben und werden mittels der Checkliste PK beurteilt. Für die Überprüfung benötigen geschulte Personen in etwa 10 Minuten, wobei ein computerunterstütztes System eingesetzt wird [12].

4. Fragestellung

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist, neben der Vorstellung der Checkliste PK, die Überprüfung von Testgütekriterien. In einem ersten Schritt wird die Objektivität (Interrater-Reliabilität) geprüft.


Methoden

1. Studiendesign

Zur testtheoretischen Überprüfung der Checkliste wurden zwei Gruppen von Lehrenden, die ärztliche Gesprächsführung unterrichten (n=14) und daher mit der Checkliste vertraut sind, gebeten, in Videos gezeigte Anamnesegespräche, anhand der Checkliste zu beurteilen. Das Maß der Interraterübereinstimmung dient der Bewertung der Items.

Ablauf: In einem ersten Schritt (Lernphase) wurden von den Lehrenden Einschätzungen auf der Checkliste vorgenommenen und diese zwecks Minimierung von Verständnisproblemen diskutiert. In der darauf folgenden eigentlichen Testphase war ein zweiter Film zu beurteilen; die dabei erhobenen Daten fließen in die Auswertung ein.

Die Reihenfolge der gezeigten Filme wurde in den beiden Gruppen umgekehrt damit ein potenzieller Lerneffekt nicht von einem „Filmeffekt“ überlagert wird.

2. Datengenerierung und -auswertung

Um ein Maß für die Übereinstimmung der Beurteiler anzugeben, wurde in jeder zu untersuchenden Untergruppe (in Schulungs- und Testphase, in jedem Item bzw. in jedem der Teilbereiche A/B/C) für jedes Paar von Untersuchern gezählt, wie oft diese auf einer dreiteiligen nominalen Skala (0 oder 1 vs. 2 oder 3 vs. „n. a.“) in ihrer Beurteilung übereinstimmen. Diese Anzahl wurde sodann durch die Anzahl der in der betrachteten Untergruppe befindlichen Items dividiert. Schließlich erhält man das gesuchte Übereinstimmungsmaß durch Mittelwertsbildung über die so erhaltenen Quotienten aller möglichen Paare von Beurteilern. Es ist zu beachten, dass hierbei keine Korrektur nach der alleine durch Zufall zu erwarteten Übereinstimmung vorgenommen wurde. Die Berechnungen wurden mit SAS Version 9.1 (SAS Institute Inc., Cary, NC USA, 2001) durchgeführt.


Ergebnisse

1. In einer ersten Auswertung überprüften wir, inwieweit sich die Übereinstimmung der Beurteilungen in den drei Bereichen A/B/C von der Lernphase zur Testphase veränderte. Wir fanden praktisch keineVeränderung der Übereinstimmung im Bereich A, eine geringfügige Abnahme im Bereich B und C. Ein Übungseffekt konnte nicht beobachtet werden, die Übereinstimmung erachten wir jedoch als ausreichend (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Das Gesamt-Übereinstimmungsmaß (für alle drei Bereiche) ergab einen Wert von 75,6% für die Lernphase und 74,2% für die Testphase.

2. Die Berechnung der Urteiler-Übereinstimmung auf Einzel-Item-Ebene ergab, dass 35 der 48 Items eine Übereinstimmung von mehr als 60% erreichten (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Im Bereich C (Beziehung/Kontakt) war der Anteil der Items, die diese Übereinstimmungshürde nicht erreichten, mit 33% (4 von 12 Items) am höchsten, im Bereich B (Gesprächsstil) mit 20% (2 von 10 Items) am geringsten. Bereich A (Gesprächsinhalt) liegt mit 27% (7 von 26) in der Mitte.


Diskussion

Durch die Checkliste PK werden einerseits Unterrichtsinhalte und somit ein Standard für den Unterricht vorgegeben, andererseits liegt damit ein verbindliches Instrument für die Evaluierung der Studierenden vor.

Das Versuchsdesign, das durch den hohen administrativen und zeitlichen Aufwand mit nur zwei Filmen auskommen musste, erlaubt lediglich vorsichtige Schlüsse aus dieser Pilot-Untersuchung. Auf folgende Trends und Auffälligkeiten soll jedoch hingewiesen werden: Die Ergebnisse zeigen, dass bei der Mehrzahl der Items eine hohe Übereinstimmung der Beurteilungen in mehreren Testphasen erreicht wurde. Sie scheinen problemlos und eindeutig beantwortbar, dies könnte für die leichte Handhabbarkeit und Anwendbarkeit, sowie für die Verständlichkeit des Großteils der Items der Checkliste sprechen.

Wir wollen im Sinne der Optimierung unser Hauptaugenmerk auf diejenigen Aussagen legen, die weniger eindeutig bewertet wurden. Die niedrigste Übereinstimmung erzielten folgende vier Items:

Erkundet zeitliches Zusammentreffen der Symptome mit psychischen/sozialen Faktoren (z. B. stressful life events); Erkundet gegebenenfalls kulturelle Einflüsse auf Krankheitsgeschehen; Nimmt Bezug auf nonverbale Äußerungen des Patienten und kann ggf. Momente des Schweigens zulassen.

Sieht man von möglichen Konstruktionsfehlern ab, können hierfür verschiedene Ursachen angenommen werden. Auffällig ist, dass es sich samt und sonders um Items handelt, die psychosoziale Faktoren ansprechen – potenzielle Krankheitsauslöser, kulturelle Einflüsse, nonverbales Verhalten und das Zulassen von Gesprächspausen. Diese Gesprächsbausteine bereiten erfahrungsgemäß auch im Unterricht Probleme, sie verlangen relativ kompetentes Gesprächsverhalten. Auf das Zulassen von Gesprächspausen wird im studentischen Gespräch leicht vergessen. Anfänger neigen dazu, Interaktionen zu dominieren, wenig Zeit zu lassen und kaum auf nonverbale Äußerungen einzugehen.

Warum aber sind sich die Beurteiler – Lehrende – gerade hier so uneinig in ihrer Bewertung? Auf welche Weise nimmt man Bezug auf nonverbales Verhalten? Angesichts der Datenlage ist es schwer zu unterscheiden ob das Item der Aufmerksamkeit der Bewerter entgangen ist oder von den Studierenden nicht durchgeführt wurde.

Die Evaluierung des Instruments konnte teils nur mit Lehrenden erfolgen, die sich überwiegend erst seit kurzer Zeit selbst mit den im Unterricht zu vermittelnden Inhalten und Methoden befasst haben, da die Schulungen nur wenige Stunden umfassten. Wir führen Übereinstimmungsmängel auch auf diese Inhomogenität der Gruppe der Lehrenden zurück.

Sehen wir von der Einzelitemebene ab, und fokussieren auf die drei in der Checkliste angeführten Teilbereiche, dann zeigen sich Unterschiede in den Übereinstimmungen. Wir können ein „Schichtenmodell“ mit sukkzessive abnehmenden Übereinstimmungswerten generieren:

--> Im Bereich Gesprächsstil liegt die höchste Übereinstimmung vor. Ist dieser „technische“ Teil der Kommunikation wie Wortwahl, Art der Fragen Blickkontakt etc. am leichtesten zu erlernen und somit ein guter Prädiktor für Übereinstimmung? Möglicherweise, Probleme finden sich lediglich bei „Bezugnehmen auf nonverbale Äußerungen“. Ein Item, das man eigentlich als Beziehungsvariable verstehen könnte, wobei gerade diese Form von nonverbaler Sensibilität laut [13] neben zugewandter Körperhaltung und Blickkontakt zu einer Steigerung der Patientenzufriedenheit beiträgt.

--> Die Übereinstimmungswerte der Umsetzung der einzelnen Anamneseschritte (Gesprächsinhalt) liegen im mittleren Bereich. Hürden zeigen sich dann, wenn über den organmedizinischen Kontext hinaus gehend psychische und soziale Faktoren zur Sprache kommen sollen, sei es in Zusammenhang mit dem Beginn der Erkrankung, mit relevanten Aspekte der psychischen Entwicklung oder der sozialen Unterstützung (siehe oben).

--> Beziehungsvariablen zu erfassen scheint am schwierigsten zu sein. Unsere Ergebnisse bestärken den internationalen Trend der letzten Jahre, der laut [14] dahin geht, Kommunikationsfertigkeiten gemeinsam mit klinischem Wissen zu lehren. Die Anameseerhebung in Kleingruppen zu erarbeiten und dabei zu probieren und diskutieren bringt Vorteile, die auf der Hand liegen: Studierende übernehmen nicht nur die Rolle des Arztes, sondern auch des Patienten – und trainieren so ihr Einfühlungsvermögen und ihr Beziehungsverhalten insgesamt. Untrainierte Studierende neigen dazu, die somatischen Aspekte der Anamnese zu fokussieren und verlieren damit wesentliche Möglichkeiten des Beobachtens und Wahrnehmens [15].

Eine Checkliste ist insofern hilfreich, als sie einheitliche Unterrichtsabläufe und Klarheit der Lernziele zu sichern vermag. Vorausgesetzt, geeignete Lehrende stehen zur Verfügung. Ist die Primärqualifikation der Lehrenden keine psychosozial orientierte (Psychologen, Psychosomatiker, Psychotherapeuten), bedarf es intensiver Schulungen und Trainings [5], [15] mit besonderer Berücksichtigung von Feedbacks. Die Art des Feedbacks hat einen entscheidenden Einfluss auf den Lernerfolg [16].

Abschließend sei noch erwähnt, dass wir derzeit die Gesprächsführung, in unserem OSCE, nur an einer Station beurteilen können. Daher focussieren wir auf das Erreichen einer möglichst hohen Interrater-Reliabilität, obwohl uns sehr wohl bewusst ist, dass die intercase-reliabilität ein ebenfalls wesentlicher Hemmschuh zur Generalisierbarkeit des professionellen Kommunikationsverhaltens der Studierenden darstellt [17], [18]. International übliche Szenarien mit 10 – 15 OSCE-Stationen, großteils ausgestattet mit standartisierten Patienten und der damit verbundenen Erhebung der Gesprächskompetenz an allen Stationen, sind daher ein für uns noch unerreichtes Zukunftsszenario.


Schlussfolgerung

In den Ergebnissen spiegeln sich neben der im Erprobungsstadium befindlichen Checklist weitere methodische Unschärfen. Lehrende stimmen in ihren Lernzielen und ihrem Unterrichtsverhalten manchmal nicht überein, weiters müssen die Unterrichtsmaterialen (Filme, Tutoren, etc.) teilweise erst an die neuen Gegebenheiten adaptiert werden. Für eine weitere Überprüfung der Checkliste wäre es sinnvoll, weitere Fälle (d.h. Filme) einzusetzen. Man könnte diese dann im Vorfeld (ev. für jeden der drei Bereiche A, B, C getrennt) z.B. auf der von Holmboe et al. [19] vorgeschlagenen dreiteiligen Skala beurteilen und mit der dort vorgeschlagenen Methode überprüfen, ob die Rater anhand der Checkliste diese Beurteilung nachvollziehen.

Man darf davon ausgehen, dass die Checkliste in weiterer Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur Homogenisierung des Unterrichts leisten wird, bis dahin ist noch Entwicklungsarbeit zu leisten.


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