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GMDS 2012: 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

16. - 20.09.2012, Braunschweig

Evaluation eines Internetbasierten Informationssystems für Schulterpatienten

Meeting Abstract

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  • Wilfried Honekamp - Hochschule Zittau/Görlitz, Görlitz, Deutschland
  • Sandro Hänseroth - Hochschule Zittau/Görlitz, Görlitz, Deutschland

GMDS 2012. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Braunschweig, 16.-20.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12gmds059

doi: 10.3205/12gmds059, urn:nbn:de:0183-12gmds0599

Veröffentlicht: 13. September 2012

© 2012 Honekamp et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Zahl der Nutzer, die im Internet nach Gesundheitsinformationen sucht, ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Laut BITKOM suchen ca. 28 Millionen Deutsche gesundheitlichen Rat im Internet [1]. In einer Online-Studie wurden 1.584 Teilnehmer von 14 Gesundheitsportalen und -foren bezüglich der Nutzung gesundheits- und krankheitsbezogene Informationen befragt. Dabei wurde ermittelt, dass die Mehrheit der Teilnehmer nach einem Besuch anders mit ihrem Arzt oder mit den Krankenversicherungen kommuniziert und nun eigene Entscheidungen für oder gegen bestimmte Behandlungen treffen [2]. Die Recherche nach Informationen für Schmerzpatienten erweist sich jedoch als schwierig, da eine Fülle von gesundheitsrelevanten Inhalten zu finden ist. Dabei können Nutzer auch auf falsche, irreführende oder nicht aktuelle Informationen stoßen. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren neue Formen der Informationsversorgung von Schmerzpatienten entwickelt [3]. Im Rahmen der hier beschriebenen Studie wurde ein Informationssystems zur anamnesebezogenen, internetbasierten Patienteninformation von Schulterpatienten entwickelt und umfassend evaluiert. Das System ermittelt den Informationsbedarf des Nutzers mit einem Expertensystemdialog und präsentiert dann anhand einer Suche über die Suchmaschine der Health on the Net Foundation (HON) eine Auswahl von bis zu 10 Links zum gewünschten Thema. Es sollte überprüft werden, ob eine angeleitete Internetsuche mit Hilfe eines Fragebogens bessere und zufriedenstellendere Ergebnisse liefert als die Recherche mit Suchmaschinen oder Gesundheitsportalen. Das dem Informationssystem zugrunde liegende Expertensystem wurde bereits 1990 entwickelt und evaluiert [4] und im Rahmen eines durch das Sächsische Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst geförderten Forschungsprojekts in ein webbasiertes Patienteninformationssystem integriert.

Methode: Zur Evaluation des Schulterschmerzsystems wurden an der Hochschule Zittau/Görlitz im November 2011 zwei kontrollierte Zweigruppenstudien mit insgesamt 122 Teilnehmern, 55 weiblich, 67 männlich, mehrheitlich Studenten, durchgeführt. Dabei nutzte die Experimentalgruppe das Schulterschmerzinformationssystem, die Kontrollgruppe einen Standardbrowser, um eine Vermutung für die Diagnose der Schmerzen von einem fiktiven Patienten abzugeben. Darüber hinaus wurde die Zeit gemessen, die die Probanden mit der Internetrecherche sowie mit der Studie insgesamt verbrachten, und es wurde gefragt, wie sich die Teilnehmer bei der Durchführung der Studie fühlten (gut/unsicher/überfordert/unwohl). Für die beiden verwendeten fiktiven Patienten wurden vorher die Diagnosen durch drei Orthopäden übereinstimmend ermittelt. In der Beschreibung der fiktiven Patienten wurden Sachverhalte geschildert, die bei der ersten Patientin auf eine Kalkschulter, bei dem zweiten Patienten auf eine Rotatorenmanschettenruptur schließen ließen.

Ergebnisse: Es konnte festgestellt werden, dass sich mit Hilfe des Schulterschmerzinformationssystems die vermutete Diagnose der medizinischen Laien wesentlich häufiger mit der der Orthopäden deckte (84% zu 25%). Die Recherchezeit war mit 6 Minuten in der Kontrollgruppe doppelt so lang wie in der Experimentalgruppe. Allerdings benötigten die Teilnehmer der Experimentalgruppe 4 Minuten für die Beantwortung der Fragen des Expertensystems, was zu einer um eine Minute längeren Gesamtstudiendauer führte. Es fühlten sich mehr Teilnehmer der Kontrollgruppe überfordert (7/3) und unwohl (7/4). In der Experimentalgruppe fühlten sich mehr Teilnehmer unsicher (25/21) aber auch mehr gut (29/26).

Schlussfolgerungen: Diese Studie bestätigt, dass die Nutzung eines anamnesebezogenen Informationssystems eine effizientere Alternative zur Informationsversorgung von Schmerzpatienten bietet. Zwar kostet die Kombination aus Expertensystemdialog und Recherche etwas mehr Zeit als die ad hoc Nutzung von Suchmaschinen, dafür ist aber das Informationsangebot aber deutlich besser.


Literatur

1.
Bitcom. Das Internet wird zum Gesundheitsratgeber [Internet]. Available from: http://www.bitkom.org/de/markt_statistik/64026_69111.aspx [cited 24.04.2012] Externer Link
2.
Schachinger A. Generation Internet: Informierte Patienten sprechen anders mit Arzt und Krankenkasse. 2011. Available from: http://www.kwhc.de/webpage/index.php/pilot-studie.html [cited 24.04.2012] Externer Link
3.
Honekamp W, Ostermann H. Anamneses-based internet information supply: can a combination of expert system and meta-search engine help consumers finding the health information they require?. Open Med Inform J. 2010;4:12-20. DOI: 10.2174/1874431101004010012 Externer Link
4.
Gärtner J, Blauth W, Hahne H. Die Bedeutung der Anamnese für die Wahrscheinlichkeitsdiagnose von Schulterschmerzen. Zeitschrift für Orthopädie und ihre Grenzgebiete. 1991;129(4).