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126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2009, München

Injektionsassoziierte Erkrankungen intravenös Drogenabhängiger – retrospektive Analyse des chirurgischen Patientenguts eines deutschen Großstadtkrankenhauses

Meeting Abstract

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  • corresponding author Ö. Sensebat - Klinik für Allgemein-, Gefäß und Viszeralchirurgie, Marien Hospital Düsseldorf
  • H.G. Mackrodt - Klinik für Allgemein-, Gefäß und Viszeralchirurgie, Marien Hospital Düsseldorf
  • Ch. Töns - Klinik für Allgemein-, Gefäß und Viszeralchirurgie, Marien Hospital Düsseldorf

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgch10995

doi: 10.3205/09dgch284, urn:nbn:de:0183-09dgch2842

Veröffentlicht: 23. April 2009

© 2009 Sensebat et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Injektionsassoziierte Krankheitsbilder drogenabhängiger Patienten stehen häufig im Zusammenhang mit vaskulären Komplikationen. Insbesondere Leistenabszesse führen zu komplizierten und langwierigen Verläufen. Die stationäre Behandlung ist durch die eingeschränkte Compliance der Patienten und durch die sozialen Begleitumstände der Drogenabhängigkeit erschwert. In dieser Untersuchung wurden die chirurgischen Entitäten Drogenabhängiger und die daraus folgenden Anforderungen an eine chirurgische Abteilung retrospektiv untersucht.

Material und Methoden: In das Patientengut wurden ausschließlich stationär behandelte, intravenös drogenabhängige Patienten aufgenommen. Der Untersuchungszeitraum betrug 51 Monate. Neben den Aufnahmediagnosen wurde der diagnostische und therapeutische Aufwand analysiert. Das Patientengut wurde dabei in eine konservativ behandelte, eine gefäßchirurgisch und eine „nicht-gefäßchirurgisch“ behandelte Gruppe unterteilt. Als Datengrundlage diente die schriftliche und elektronische Patientendokumentation.

Ergebnisse: 61 männliche und 43 weibliche Patienten führten zu 144 stationären Fällen. Das Durchschnittsalter lag bei 33 Jahren. Die mittlere Liegedauer betrug 12,5 d (min. 1, max. 106 d). 20,2% der Patienten wurden mehrfach stationär behandelt. Alle Patienten erhielten ein systematisches Substitutionsprogramm (15 mg Polamidon/Tag oder die durch den Arzt der Drogenambulanz schriftlich dokumentierte Dosierung). Zudem wurde bei Aufnahme mit den Patienten ein juristisch geprüfter Behandlungsvertrag über den Code of conduct abgeschlossen. 81% der Aufnahmen waren durch injektionsassoziierte Erkrankungen bedingt. Die häufigste Aufnahmediagnose war der Spritzenabszess (38,9%), der in 45% in der Leisteregion vorlag. Bei 6,3% der Patienten konnte bei Aufnahme ein Aneurysma spurium festgestellt werden. In 78% betraf das Aneurysma die inguinalen Femoralarterie. Eine Virushepatitis C konnte in 93% der Fälle festgestellt werden. 24% der Patienten hatten eine Hepatitis B und C. Eine HIV-Infektion lag bei 9% der Fälle vor.81,3% der Patienten wurden einer farbcodierten Duplex-Sonographie unterzogen. 34% der Fälle erhielten eine CT-Angiographie. Eine invasive DSA wurde nur in drei Fällen durchgeführt. 49 der 144 Fälle wurden konservativ behandelt. 65,3% des Patientenguts erhielt eine operative Intervention. Es wurden insgesamt 167 Operationen erfasst. Im Durchschnitt wurden 1,78 Eingriffe pro Fall, respektive 2,32 Eingriffe pro Patient durchgeführt. 56 Operationen hatten einen gefäßchirurgischen Hintergrund (33,5% der operativ behandelten Fälle). Dabei wurden 5 Obturatorbypässe, ein axillo-poplitealer Bypass, ein iliaco-femoraler und ein femoro-poplitealer Bypass angelegt. Zwei Obturatorbypässe wurden im Untersuchungszeitraum explantiert, einer revidiert. Durchschnittlich wurden bei Eingriffen am arteriellen System pro Fall 3,8 und pro Patient 5,7 Operationen durchgeführt. Die durchschnittliche Liegedauer lag dabei bei 32,6 Tagen.

Schlussfolgerung: Besonders Erkrankungen der Leistenregion bergen bei intravenös Drogenabhängigen die Gefahr einer vaskulären Komplikation. Tritt dieser auf, ist dies mit einem signifikant höheren zeitlichen, organisatorischen und personellen Aufwand verbunden. Dies setzt von der behandelnden Klinik eine fundierte gefäßchirurgische Expertise voraus. Die Möglichkeit einer CT-Angiographie und die Behandlung durch eine erfahrene chirurgische Intensivstation sind obligat. Zusammenfassend ist die einfache und schnelle Entlastung von Spritzenabszessen bei Drogenabhängigen, insbesondere von Leistenabszessen nicht empfehlenswert. Vaskuläre Komplikationen oder ausgedehnte Abszesse drogenabhängiger Patienten sollten demnach durch eine Schnittbilddiagnostik ausgeschlossen werden. Bei Vorliegen einer Gefäßkomplikation sollten diese in Abteilungen mit einer ausreichenden gefäßchirurgischen Erfahrung sowie der Möglichkeit der chirurgischen Intensivmedizin behandelt werden.

Abbildung 1 [Abb. 1]