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GMS Verbrennungsmedizin

Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin (DGV)

ISSN 1869-1412

Suprathel® bei zweitgradig oberflächlichen Verbrennungen im Gesicht

Suprathel® for coverage of superficial dermal burns of the face

Originalarbeit

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  • corresponding author K. M. Merz - Klinik für Plastische, Wiederherstellende und Handchirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte, Klinikum Nürnberg-Süd, Deutschland
  • R. Sievers - Klinik für Plastische, Wiederherstellende und Handchirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte, Klinikum Nürnberg-Süd, Deutschland
  • B. Reichert - Klinik für Plastische, Wiederherstellende und Handchirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte, Klinikum Nürnberg-Süd, Deutschland

GMS Verbrennungsmedizin 2011;4:Doc01

doi: 10.3205/vmed000008, urn:nbn:de:0183-vmed0000089

Veröffentlicht: 14. März 2011

© 2011 Merz et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Einleitung: Verbrennungen im Gesicht sind für den betroffenen Patienten äußerst schmerzhaft und unangenehm. Jede Gesichtsbewegung sowie Mundöffnen, Augenzwinkern, Lachen, Stirnrunzeln oder auch Husten sind schmerzbehaftet. Hinzu kommt die Angst, dass bleibende Hautschädigungen ihn sein Leben lang stigmatisieren. Eine adäquate Therapie, die dem Patienten Schmerzen erspart und gleichzeitig eine gute Wundheilung ermöglicht, ist vor allem bei Gesichtsverbrennungen wünschenswert.

Methoden: Oberflächlich zweitgradige Verbrennungen im Gesicht wurden ins unserer Klinik klassischerweise mit Lavaseptgelverbänden behandelt. Das gelförmige Polyhexanid wirkt antiseptisch, kühlt und hält die Wunden feucht. Die Verbände werden täglich gewechselt, bis die vollständige Epithelialisierung eingetreten ist. Seit Januar 2007 verwenden wir bei Verbrennungen im Gesichtsbereich stattdessen vorzugsweise Suprathel®.

Ergebnisse: In einem Zeitraum von 21 Monaten haben wir 17 Patienten mit Suprathel® behandelt. Die Abheilungszeit betrug im Durchschnitt 6 Tage (min. 4 d, max. 12 d). Wir haben keine Infektionen oder das Phänomen des „Nachbrennens“ beobachtet. Auffallend war, dass die Patienten deutlich weniger Schmerzen hatten, die Dauer des stationären Aufenthaltes kürzer war und demnach die Kosten für die Behandlung niedriger waren.

Fazit: Aufgrund der fast vollständigen Schmerzfreiheit und störungsfreien Wundheilung bei Patienten mit Suprathel®-Verbänden empfehlen wir bei oberflächlich zweitgradigen Gesichtsverbrennungen diesen Verband regelmäßig anzuwenden.

Schlüsselwörter: Verbrennungen im Gesicht, Wundbehandlung, Suprathel®

Abstract

Background: Facial burns can be a potentially painful and disfiguring condition with any forms of facial movement capable of inducing a pain response. Furthermore resulting scars create anxiety and could cause long term stigmatisation which may impair a patient’s quality of life. It is therefore important that patients with facial burns are adequately treated to alleviate pain and provide wound healing with good cosmesis.

Methods: Previously we treated superficial dermal burns of the face with Lavasept®, an antiseptic, cooling and moisturizing gel which required complex daily bandage changes. Since 2007, we have altered our therapy by applying Suprathel®, a sheet comprising of polylactid to facial burns.

Results: Over a period of 21 months, we have treated facial burns in 17 patients with Suprathel®. The mean healing time was recorded at 6 days (min. 4 d, max. 12 d) and no infections or after-burns were observed. A significant finding has been that patients’ pain assessments were found to be markedly reduced in comparison to our earlier experiences using the Lavasept® method. In addition, these patients had a shorter hospital stay resulting overall in significant cost savings being realised compared to previous treatment methods.

Conclusion: We highly recommend the use of Suprathel® for superficial dermal burns of the face. The patients hardly mentioned any pain and the wound healed without disturbance.

Keywords: burns, face, dressing, Suprathel®


Einleitung

Suprathel® ist eine resorbierbare mikroporöse Membran und als alloplastischer Hautersatz für die Behandlung oberflächiger dermaler Wunden, Spalthautentnahmestellen, zweitgradigen Verbrennungen sowie zweitgradigen Verbrennungen mit drittgradigen Anteilen zugelassen [12], [13], [14]. Seit 2004 ist Suprathel® europaweit eingeführt und seit 2007 auch für Anwendungen im Gesicht zugelassen. Suprathel® besteht zu 70% aus Poly-DL-Lactid, also hauptsächlich aus Polymilchsäure, weitere polymere Komponenten sind Trimethylencarbonat und ε-Caprolacton. Suprathel® wird nach einem modifizierten Kombinationsverfahren mittels Phaseninversionstechnik und Gefriertrocknung (Patente: DE 10041684, US 6,706,058) hergestellt. Die Membran ist 70–150 µm dick und hat Poren in der Größe von 2 bis 50 µm. Suprathel® ist steril verpackt und muss kühl bei ca. –7° C gelagert werden. Seine initiale Dampfpermeablität liegt zwischen 60 bis 80 mL m-2 h-1. Bei diesem synthetisch hergestellten Produkt handelt es sich um einen temporären Epithelersatz, der innerhalb 4–6 Wochen mittels Hydrolyse mechanisch degradiert und nach 10–12 Wochen reizlos über den Zitronensäurezyklus zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) metabolisiert wird. Es muss idealerweise nur einmal steril aufgebracht werden, benötigt also bei komplikationslosem Verlauf während der Heilungsphase der Haut keinen weiteren Verbandswechsel (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]) [5], [11], [14].


Material und Methoden

Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung mit Suprathel® ist das vorangehende gründliche Debridement der Verbrennungswunden. Bei Gesichtverbrennungen ist die Rasur der Kopfbehaarung immer empfehlenswert. Die Wunden sollten zunächst von Blasen und Rußpartikeln befreit werden. Hierfür eignen sich desinfizierende Seifen, Kompressen und weiche Bürsten sowie bei hartnäckiger Verschmutzung, der scharfe Löffel. Nach dem Trocknen empfiehlt es sich, das Gesicht mehrmals zu desinfizieren (z.B. mit Octenisept®) und vor dem Auftragen des Suprathels® die Wunden nochmals steril abzutrocknen. Wichtig ist, dass das Suprathel® nicht etwa das Antiseptikum, sondern vielmehr das Wundexsudat aufnimmt und somit besser anhaftet. Eine einfachere Handhabung des Suprathels® ist gewährleistet, wenn es erst kurz vor dem Aufbringen aus dem Kühlschrank und aus der Verpackung genommen wird. Die hohe Luftfeuchtigkeit und Wärme im Raum machen das Produkt leicht klebend und dadurch schwieriger, die Anwendung vorzubereiten. Suprathel® ist steril aufzubringen. Es empfiehlt sich, das papierartige Material in Streifen vorzubereiten. Die verbrannten Areale sollten komplett bedeckt werden, wobei ein Überlappen an den Enden der Streifen möglich ist. Selbst Augenlider, der Oberlippenbereich, die Nasenspitze und auch die Ohren können damit problemlos bedeckt werden. Sobald das Suprathel® das Wundexsudat aufnimmt, wird es transparent und haftet an. Der nächste Schritt beinhaltet das Auflegen von Fettgaze. Fettgaze hat hier lediglich zum Ziel, ein Verkleben der Kompressen mit dem Suprathel® zu vermeiden. Sie sollte nur einschichtig aufgetragen werden. Mehrschichtig aufgebrachte Fettgaze würde die Transparenz des Verbandes und somit die Beurteilung des Wundgrundes im Verlauf stark einschränken. Der Verband wird anschließend durch mehrere Lagen von Kompressen und fixierende Binden komplettiert, wobei Augen, Mund und Nasenlöcher ausgespart bleiben sollten (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Als schwierig stellt sich das Anbringen von Suprathel® im Halsbereich heraus. Hier kommt es leicht zum Ablösen des Verbandes. Die Ursache hierfür liegt in den Halsbewegungen und der Neigung zum vermehrten Schwitzen unter dem Verband, so dass bei dieser Lokalisation eine zusätzliche Fixation durch Hautnaht oder Klammern empfohlen wird.

Nach zwei Tagen können die Kompressen vorsichtig abgenommen werden. Im günstigsten Fall zeigt sich das Suprathel® am Wundgrund fest haftend.

Im weiteren Verlauf wird die Epithelialisierung der Wunden von peripher nach zentral fortschreiten, das Suprathel® sich folglich von der Epithelschicht abheben und seine Haftung am Rand zunehmend verlieren. Erste Anzeichen dafür, dass man damit beginnen kann, den Suprathel®-Fettgazeverbund entsprechend zu trimmen, sind ein Austrocknen der Fettgaze und deren Abheben vom Wundrand her. Nun kann täglich der entsprechende Anteil abgeschnitten werden. Die entblößte Haut stellt den abgeheilten Teil der Wunde dar (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Sie erscheint zart-rosa und bedarf einer intensiven Pflege mit rückfettenden Cremes, z.B. Dexpanthenolcreme 5%.

Suprathel® sollte nicht angewendet werden bei stark blutenden, tief ulzerierenden oder bei infizierten Wunden.

Im Gegensatz zu Suprathel®-Verbänden wurde bei den herkömmlichen Lavaseptgel®-Verbänden nach dem Debridement die Wunde mit Fettgaze bedeckt, mit Lavaseptgel® eingecremt und mit Kompressen und einem fixierenden Verband verbunden. Das initiale Anlegen des Verbandes beanspruchte weniger Zeit als bei den Suprathel®-Verbänden. Jedoch war gemäß dem Behandlungskonzept im Verlauf ein täglicher Verbandswechsel mit entsprechender Analgesie bis zum Abheilen der Wunden notwendig.

Von einer Kontrollgruppe mit Lavaseptgel®-Verbänden bei Gesichtsverbrennungen wurde abgesehen. Die fast vollständige Schmerzfreiheit der Patienten, die einfache Handhabung des Verbandes und vor allem das gute ästhetische Ergebnis haben es nicht mehr vertretbar erscheinen lassen, diese Verbände bei Gesichtsverbrennungen weiterhin anzuwenden.

Bei allen Patienten wurde der Suprathel®-Verband direkt posttraumatisch spätestens bis 48 Stunden nach dem Verletzungsereignis aufgebracht. Betroffene Areale waren der Mittelgesichtbereich, die Wangen und die Nase, sowie Kinn und Stirn. In die Studie eingeschlossen wurden nur zweitgradig oberflächliche Verbrennungen. Tiefergradige Verletzungsanteile waren maximal punktuell vorhanden. Als Mindestausdehnung für einen Suprathel®-Verband im Gesicht wurde 1% verbrannte Körperoberfläche (KOF) festgelegt.

Die klinische Einschätzung der Verbrennungstiefe, als oberflächlich zweitgradig, wurde von Seiten des Arztes durchgeführt. Die Abheilungszeit beinhaltete den Zeitraum vom Aufbringen des Suprathel® im Gesicht bis zur vollständigen Entfernung des Verbandes und der Epithelialisierung der Verbrennungswunde. Der Zeitpunkt der Epithelialisierung wurde vom Arzt festgelegt.

Die Quantifizierung der Schmerzen erfolgte durch Befragung des Patienten. Anhand einer Visual Analog Scale (VAS) wurden der Schmerzintensität Zahlen von 0–10 zugewiesen. Die Zahl „0“ entsprach „keine Schmerzen“ und „10“ bedeutete „unerträgliche Schmerzen“. Die Patienten wurden bis zur Entlassung dreimal täglich befragt. Je nach Aussage des Patienten wurden die Schmerzen mit Voltaren®-Tabletten, Novalgin®-Tropfen oder einer Dipidolor® -Infusion behandelt.


Ergebnisse

In einem Zeitraum von 21 Monaten (01/2007–05/2008) wurden 17 Patienten mit Gesichtsverbrennungen prospektiv untersucht. Elf Patienten waren männlich, sechs weiblich. Das Alter der Patienten lag im Durchschnitt bei 45 Jahren (SD ±21, Min. 17, Max. 76). Die Verbrennung haben sich 12 Patienten durch eine offene Flamme, 3 durch eine Verbrühung und 2 Patienten durch eine Verpuffung zugezogen.

Von den 17 Patienten, die in die Studie aufgenommen wurden, waren im Durchschnitt 6% KOF (SD ±4, Min. 2%, Max. 13%) betroffen. 11 Patienten wiesen nicht nur isolierte Gesichtsverbrennungen auf, sondern hatten auch an anderen Körperstellen, z.B. an den Händen oder im Thoraxbereich, Verbrennungen (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Alle Patienten wurden für die Anlage des Verbandes ins Reinigungsbad genommen und hierfür intubiert. Bei keinem der Patienten lag das Phänomen der Verbrennungskrankheit vor. Die durchschnittliche Abheilungszeit lag bei 6 Tagen (SD ±2, Min. 4, Max. 12) (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Bei keinem der 17 Patienten musste das Suprathel® aufgrund einer Infektion vorzeitig entfernt werden. Suprathel® ist ein synthetisches Produkt ohne biologisches Restrisiko [10], [14]. Nebenwirkungen, insbesondere allergische Reaktionen, wurden nicht beobachtet (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]).

Suprathel® konnte optimal auch an schwierige Oberflächen, beispielsweise Nase und Ohren, angebracht werden. Die Spontanhaftung am Wundgrund durch Aufnahme von Wundexsudat verhinderte die mechanische Alteration. Nach Aufbringen auf das Wundareal wurde die Membran transparent und ermöglichte so die Kontrolle des Heilungsfortschritts (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]). Die Wunde blieb durch Suprathel® vor Infektionen und Austrocknung geschützt und konnte somit ungestört abheilen [10], [12], [13], [14].

Als problematisch wurde allerdings erachtet, dass Suprathel® nicht immer vollständig angehaftet war. Dafür verantwortlich waren entweder ein zu frühes Lösen des Kompressenverbandes, Scherkräfte, Aufweichen des Suprathel®-Fettgaze-Verbundes oder eine tiefergradige Verbrennung, die kein Wundexsudat produzierte und bei der somit keine Verklebung mit dem Suprathel® stattfinden konnte. Bei jungen Männern mit starkem Bartwuchs wurde ein flächiges Abheben des Suprathels® nach bereits 3–4 Tagen beobachtet. Gelegentlich wurde durch das Verhärten des Fettgaze-Suprathel®-Verbundes vom Patienten ein leichtes Stechen und ein Ziehen beschrieben.

Die klinische Einschätzung der Verbrennungstiefe als oberflächlich zweitgradig war in allen Fällen korrekt. Weitere chirurgische Maßnahmen waren nicht notwendig.

Die Patienten benötigten nur geringe Mengen an Analgetika und äußerten selten, neben leichtem Ziehen und Stechen, unter dem Verband Schmerzen im Bereich von 1 (SD ±0,8, Max. 2, Min. 0) auf der VAS. Die verabreichten Analgetika waren bei allen Patienten aus der Stufe 1 der Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenplan: Voltaren res 1-0-1, zusammen mit Pantozol 40 0-0-1, Metamizol 4x40 Tropfen. Diese Kombination hatten alle Patienten auf der Normalstation erhalten. Ein Opioid musste keinem der Patienten verabreicht werden.

Unsere Erfahrungen zeigen zusätzlich, dass eine deutliche Verkürzung der stationären Verweildauer erreicht werden konnte. Üblicherweise wurden Patienten mit Gesichtsverbrennungen für 24 Stunden auf der Intensivstation überwacht. Sofern keine wesentlichen Schwellungen aufgetreten waren, konnten die Patienten anschließend auf die Normalstation verlegt werden. War das Suprathel® abgetragen und zeigten eventuelle weitere Verbrennungswunden eine deutliche und reizfreie Heilungstendenz, wurde der Patient in die hausärztliche Weiterbehandlung entlassen. Der Hausarzt erhielt einen Entlassungsbrief mit genauen Anweisungen, wie die abgeheilten Wunden im Anschluss gepflegt werden sollten. Die Patienten wurden 3 Monate nach Entlassung in unsere ambulante Sprechstunde zur Verlaufskontrolle einbestellt.


Diskussion

Suprathel® ist eine gemeinsame Entwicklung einer Arbeitsgruppe des Zentrums für Schwerbrandverletzte am Marienhospital in Stuttgart und des Instituts für Textil- und Verfahrenstechnik in Denkendorf [14]. Ziel der Arbeitsgruppe war es, einen Verband zu entwickeln, der einfach aufzubringen ist und nicht täglich gewechselt werden muss, da häufige Verbandswechsel sowie topisch aufgebrachte Substanzen die Epithelialsierung stören können [12], [13], [14]. Der Verband sollte Schmerzfreiheit gewähren, die Wundheilung möglichst beschleunigen, adhärent und resorbierbar sein (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]).

Aufgrund der ersten positiven Erfahrungsberichte anderer Zentren und der rezidivierenden Schwierigkeiten mit Lavaseptgel®-Verbänden stellte sich Frage, ob Suprathel® zur Behandlung von Verbrennungen im Gesicht den herkömmlichen Verbänden überlegen sein könnte [1], [2], [3], [4], [5], [6], [7], [8], [9], [10], [12], [13], [14]. Bei den bisherigen Gelverbänden lagen die Schwierigkeiten in den schmerzhaften Verbandswechseln, und häufig langsam heilenden Wunden aufgrund von Blutungen und Krusten (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]). Superinfektionen konnten nicht immer vermieden werden, die Bildung hypertropher Narben wurde hierdurch begünstigt. Die antiseptische Wirkung von Lavaseptgel ist <24 h. Daher stellt sich die Frage, ob ein zweimaliger Verbandswechsel pro Tag sinnvoll wäre. Dies wiederum wäre mit einem erhöhten pflegerischen und Kostenaufwand verbunden, ebenso wie mit vermehrten Schmerzen für den Patient.

Wie in der Literatur beschrieben, ist das bakterizide Wundmilieu mit entscheidend für die geringe Infektionsrate unter Suprathel®-Verbänden [5], [10], [12], [13], [14]. Insbesondere eine für Verbrennungswunden typische Pseudomonadeninfektion wurde in der Literatur bisher nicht erwähnt. Die antiinfektiöse Eigenschaft des Produktes ist dadurch erklärbar, dass die Milchsäure auf dem Wundgrund einen pH-Wert im Bereich von 5,5–4,5 erzielen kann. Dieser niedrige pH-Wert beugt Infektionen vor, ohne toxisch auf die Epithelzellen zu wirken [5], [10], [12], [13], [14]. Eine ungestörte und reizfreie Abheilung im Gesicht ist die Voraussetzung für ein gutes kosmetisches Ergebniss. Eine hypertrophe Narbenbildung wurde bei dem relativ kurzen Nachuntersuchungszeitraum bei allen Patienten nicht festgestellt und bei reizlos abgeheilten oberflächlich zweitgradigen Verbrennungen in der Regel auch nicht erwartet. In der Literatur wird immer wieder die Frühmobilisation der verbrannten Areale trotz Suprathelverband® betont [2], [10], [12], [13], [14]. Diesbezüglich ist bei Gesichtsverbrennungen zu erwähnen, dass die Patienten gelegentlich ein Ziehen und ein Stechen beschrieben, aber in der Mimik des Gesichtes, sowie auch beim Essen nicht eingeschränkt waren.

Uhlig et al. und Schwarze et al. haben den Schmerz des Patienten unter Suprathel®-Verbänden mittels visueller analoger Schmerzskala (VAS) quantifiziert. Das Ergebnis war ein deutlich signifikant niedrigeres Schmerzempfinden unter Suprathel®-Verbänden im Vergleich zu anderen Verbänden [10], [13], [14]. Die Beobachtungen in der vorliegenden Studie mit einem Mittelwert auf der VAS von 1 zeigen eine deutliche Überlegenheit gegenüber Lavaseptgel®-Verbänden (retrospektive ermittelter Wert von 4 (SD ±3,2).

Nolte et al. weist in seiner Studie in vitro nach, dass Keratinozyten signifikant besser auf Suprathel® wachsen als auf Biobrane® [5]. Dieser Aspekt trägt sicherlich zur der in unserer Studie beobachteten schnellen Epithelialisierung von im Durchschnitt 6 Tagen bei.

In der Literatur wird in einigen Studien Suprathel® erst nach 1–2 Tagen aufgebracht [2], [9]. Hintergrund ist hierfür das Aufbringen des teuren Verbandes auf einen nicht akut blutenden oder sezernierenden Wundgrund [2], [9]. In unser Studie wurde der Verband in einem vorher festgelegten Zeitraum, d.h. direkt posttraumatisch, aber spätestens 48 h nach dem Trauma, aufgebracht und keinerlei Ablösungszeichen aufgrund von Blutungen oder zu starker Sekretion beobachtet. Ein verzögertes Aufbringen hätte in unserem Fall einen erneuten Verbandswechsel für den Patienten bedeutet und zudem wäre nach 2 Tagen bereits eine Keimbesiedelung des verbrannten Gesichts zu befürchten.

Vom Hersteller wird ausdrücklich betont, dass das Suprathel® auf Verbrennungswunden im Vergleich zu Fettgazeverbänden und Biobrane® kostengünstiger sei [11]. Wir haben bei der Kostenkalkulation für einen Gesichtsverband bei einem erwachsenen Menschen mit Einschluss beider Ohren im Durchschnitt eine Summe von 600,00 Euro ermittelt. Aktuell liegen die Kosten für ein Sheet der Grösse 10x18 cm bei ca. 138,00 Euro, ein Sheet der Größe 9x10 cm bei ca. 85,00 Euro. Für ein Gesicht eines erwachsenen Mannes benötigt man ungefähr drei 10x18 cm Sheets für den Bereich mit Stirn, Wangen, Nase und Kinn und zwei 9x10 cm Sheets für die Ohren. Dies ergibt Kosten für den Erstverband in Höhe von 584,00 Euro allein für das Suprathel® .

Das finanzielle Ersparnis liegt vor allem an dem niedrigeren Analgetikabedarf, dem geringeren Pflegeaufwand und in der verkürzten stationären Verweildauer. Dadurch, dass die Verbände nicht gewechselt werden müssen, braucht der Patient keine intravenöse Analgosedierung mehr und kann nach der Extubation und abgeschwollenen Weichteilen auf Normalstation verlegt werden (in der Regel nach 1–2 Tagen bei solitären oberflächlichen zweitgradigen Gesichtsverbrennungen) und von dort nach Epithelialisierung in die ambulante Weiterbehandlung entlassen werden. Uhlig et al. beschreiben in ihrer Studie eine Verkürzung der Liegezeiten bei tiefergradig verbrannten Patienten, bei denen tief zweitgradige und drittgradige Verbrennungen mit Suprathel® verbunden wurden, von im Durchschnitt 55 Tagen auf 21 Tage [10], [12], [13], [14].


Fazit

Unsere Erfahrungen mit Suprathel® waren während der vergangenen zwei Jahre durchweg überzeugend. Suprathel® ist bei oberflächlich zweitgradigen Verbrennungen im Gesicht ein empfehlenswerter Verband und dem Lavaseptgel®-Verband vorzuziehen.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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