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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Zugriff auf medizinische Volltexte und Fachdatenbanken in Norwegen durch nationale Lizenzierung

Access to medical full texts and databases in Norway by national licensing

Fachbeitrag AGMB-Jahrestagung in Basel 2015

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  • corresponding author Regina Küfner Lein - Bibliotek for medisinske og odontologiske fag, Universitetsbiblioteket i Bergen, Norwegen

GMS Med Bibl Inf 2015;15(3):Doc20

doi: 10.3205/mbi000347, urn:nbn:de:0183-mbi0003477

Veröffentlicht: 21. Dezember 2015

© 2015 Lein.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Nationale Lizenzen für medizinische Zeitschriften und Datenbanken von essentieller Bedeutung sind seit 2006 durch die virtuelle Norwegian Electronic Health Library (NEHL) für Ärztinnen und Ärzte sowie für Arbeitende im Gesundheitswesen und für alle Einwohner zugänglich. Zusätzlich haben Mitglieder der Norwegian Electronic Health Library Zugriff auf weitere Datenbanken und Zeitschriften durch sogenannte institutionelle Lizenzen. Entstehung, Finanzierung und Inhalte der Norwegian Electronic Health Library werden kurz beschrieben. Aus der Sicht der Universitätsbibliothek in Bergen bildet das Angebot der NEHL ein wertvolles Grundpaket für Fachbibliotheken, auf das mit anderen Lizenzen aufgebaut wird, um den Benutzerinnen und Benutzern die notwendigen Zugriffe für Forschung und Klinik anbieten zu können. Durch nationale Lizenzen erfüllt die NEHL ihre drei Grundsätze: gleicher Zugriff auf Information, Vermittlung von Ressourcen von hoher Qualität und effizienter Gebrauch von Geldern im öffentlich finanzierten norwegischen Gesundheitswesen.

Schlüsselwörter: nationale Lizenzen, Datenbanken, Volltexte, Medizinbibliothek, Norwegian Electronic Health Library, NEHL, Current Research Information System In Norway, CRIStin, Universitätsbibliothek Bergen, Norwegen

Abstract

National licences are achieved for some major scientific journals and medical databases. Since 2006 these resources are accessible for both health personal, and citizens in Norway via the virtual Norwegian Electronic Health Library (NEHL). In addition, there are institutional licences to further databases and journals for members of the Norwegian Electronic Health Library. The establishing, the financial aspects and the content of the Norwegian Electronic Health Library are described shortly. The resources which can be accessed from the Norwegian Electronic Health Library are from the University of Bergens point of view, a valuable and very relevant basis, on which to build up with further licences, to give access to the necessary medical scientific and clinical resources. With national licences, the NEHL has fulfilled its three main concepts, which are: equal access to information, access to high-quality resources, and efficient resource allocation in a publicly funded health system.

Keywords: national licences, databases, full text journals, medical libraries, Norwegian Electronic Health Library, NEHL, Current Research Information System In Norway, CRIStin, University of Bergen Library, Norway


Medizinische Bibliotheken und Bibliothekszusammenarbeit in Norwegen

In Norwegen wohnen ungefähr 5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner und ca. 400.000 Personen arbeiten, alle Gesundheitsberufe miteingerechnet, im Gesundheitswesen [1]. An Universitäten und Hochschulen für Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin oder für Gesundheitsberufe (wie Krankenpflege, Physiotherapie und Ergotherapie) und an Krankenhäusern sorgen die zugehörigen Bibliotheken für Zugriffsmöglichkeiten auf medizinische Fachliteratur für ihre Benutzerinnen und Benutzer. Zahlreiche Ärztinnen und Ärzte sowie Angestellte im Gesundheitswesen arbeiten allerdings außerhalb dieser Einrichtungen, z.B. als privatpraktizierende Ärztinnen und Ärzte oder in der Kommune, und hatten vor dem Entstehen der Norwegian Electronic Health Library keinen oder sehr begrenzten Zugriff auf lizenzierte Ressourcen.

Generell gilt, dass alle Bürgerinnen und Bürger Norwegens sich auch für Bestellungen von Fachliteratur an die öffentliche Bibliothek am Ort wenden können, also die Stadtbücherei. Die Bücherei ist verpflichtet, das gewünschte Material kostenfrei zu besorgen.

Gute Zusammenarbeit zwischen allen Bibliotheken, öffentlichen Stadtbibliotheken und Fachbibliotheken an Universitäten und Hochschulen bei der Fernleihe hat eine lange Tradition in Norwegen. Trotzdem ist die Fernleihe über die Stadtbücherei beispielsweise für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte mit einigem Zeitaufwand verbunden. Ein elektronischer Zugang für alle stellt eine bedeutende Erleichterung des Zugangs zu medizinischer Fachliteratur dar.


Norwegian Electronic Health Library (NEHL)

Von der Idee, eine nationale elektronische Bibliothek aufzubauen bis zur Eröffnung der Norwegian Electronic Health Library (NEHL) 2006 vergingen zwei Jahre. Zum einen wollte man Datenbanken für das gesamte Gesundheitswesen lizenzieren, zum anderen eine elektronische Bibliothek für klinische Leitlinien aufbauen.

Eine öffentliche Ausschreibung im Herbst 2004 führte zur Entscheidung, Lizenzen der Ovid-Datenbanken und den Zeitschriften von Proquest zu erwerben. Für die Finanzierung lud man alle Universitäten, Hochschulen und Krankenhäuser ein. Die Universitätsbibliotheken waren skeptisch, und anfangs waren auch nur ungefähr zwei Drittel der Hochschulen dabei. Die Universitäten hatten zu diesem Zeitpunkt eigene Lizenzen und glaubten nicht an eine nationale elektronische Bibliothek.

Im Juni 2006 wurde die Norwegian Electronic Health Library (NEHL) offiziell eröffnet, als gemeinsame Initiative des Directorate of Health, des Norwegian Institute of Public Health und dem regionalen Verband der Krankenhäuser. Alle Angestellten und Studierenden im Gesundheitswesen haben seitdem kostenfrei Zugriff auf Ovid-Datenbanken und wichtige Zeitschriften. Nationale Lizenzen gab es 2006 für BMJ, Cochrane Library und Clinical Evidence. Weitere Ressourcen kamen nach und nach dazu.

Die Norwegian Electronic Health Library (NEHL) ist öffentlich finanziert, fast zur Hälfte über das Ministerium für Gesundheit, zur anderen Hälfte über Krankenhäuser, und die restlichen 5 bis 8 Prozent über Hochschulen und Universitäten, die nach relativ kurzer Zeit als Mitglieder beitraten. Ein Grund für die Mitfinanzierung über Hochschulen und Universitäten liegt darin, dass diese einem anderen Ministerium zugeordnet sind. Durch die finanzielle Beteiligung wird ein gewisser Ausgleich geschaffen.

Die Norwegian Electronic Health Library (NEHL) hat derzeit 13 Angestellte (Full Time Equivalent) und ist eine Sektion des Norwegian Knowledge Centre for the Health Services. NEHL ist wie eine Zeitschriftenredaktion aufgebaut.

Inhalte der Norwegian Electronic Health Library (NEHL)

Auf NEHLs Web Page (http://www.helsebiblioteket.no) findet man Links zu Zeitschriften, klinischen Leitlinien, klinischen Werken, Arzneidatenbanken und anderen wichtigen Inhalten (Abbildung 1 [Abb. 1]). Die erste nationale Lizenz wurde mit BMJ verhandelt. Als dieser Vertrag abgeschlossen war, war es leicht, einen nationalen Zugriff auch mit anderen Zeitschriften zu erreichen. Es folgten: NEJM, Annals of Internal Medicine, JAMA mit den dazugehörigen Zeitschriften und Lancet [2].

Insgesamt bietet die Norwegian Electronic Health Library mittlerweile Zugriff auf ca. 3.000 Zeitschriften an. Die meisten Lizenzen sind allerdings nicht nationale Lizenzen, sondern für Mitgliedsinstitutionen, d.h. Ausbildungsstätten für Gesundheitsberufe, Krankenhäuser, Ärztinnen und Ärzte sowie Angestellte im Gesundheitswesen. Der finanzielle Rahmen der NEHL war und ist begrenzt. Deshalb konnten leider nicht mit allen relevanten Zeitschriftenanbietern Lizenzverträge abgeschlossen werden. Institutionelle Lizenzen wurden für die Lippincott Custom 100 Collection, ProQuest Journal Collections, PsycARTICLES, und Informa Healthcare Journals abgeschlossen.

2009 hatte die Norwegian Electronic Health Library (NEHL) nationale Lizenzen für die klinischen Werke UpToDate und BMJ Best Practice verhandelt. Bei Verträgen dieser Art ist Norwegen an internationale Regeln gebunden [3]. Zum jetzigen Zeitpunkt (Herbst 2015) besteht darüber hinaus über die NEHL eine nationale Zugangsmöglichkeit auf British National Formulary for Children BNF, Micromedex, Martindale, Campbell Library, die Datenbank Guidelines International Network (GIN), die PLUSstudien von McMaster und auf ein norwegisches Buch für Notaufnahme [4]. Zusammen mit frei zugänglichen Resourcen wie PubMed, OTseeker, PEDRO, DARE, HTA, NHS EED haben alle im Gesundheitswesen Angestellten und Studierenden einfachen Zugriff auf wesentliche Fachinformation. Institutionelle Absprachen beinhalten die Ovid-Datenbanken Medline, PsycINFO, Embase und AMED sowie Cinahl (EBSCO) [4].

Die Norwegian Electronic Health Library (NEHL) ist außerdem Plattform für norwegische klinische Leitlinien und norwegische klinische Prozeduren. NEHL ist zudem Initiator für das Institutionsarchiv für Open-Access-Publikationen für Krankenhäuser und andere Gesundheitsinstitutionen, das Helsebiblioteket’s Research Archive (HeRA).

Ein weiterer Schwerpunkt ist Patienteninformation. So werden etwa Informationsbroschüren von BMJ Best Practice ins Norwegische übersetzt, es gibt Links für einen anatomischen Atlas, Filme und Vorträge. Von allen Ressourcen der NEHL wird laut Statistik von 2010 bis 2013 Patienteninformation am meisten genutzt, sowohl von Fachpersonal als auch von Patientinnen und Patienten [5].


Lizenzierung in Norwegen

In Norwegen gibt es zwei wichtige Organisationen, die Lizenzverträge verhandeln: Norwegian Electronic Health Library (NEHL) und Current Research Information System In Norway (CRIStin).

Die NEHL verhandelt nationale Lizenzen im medizinischen und Gesundheitsbereich für die gesamte Bevölkerung Norwegens und sogenannte institutionelle Verträge für Mitglieder. NEHL-Mitglieder sind Universitäten, Hochschulen, und Krankenhäuser.

Current Research Information System In Norway (CRIStin) ist für die Koordination der Forschung im Gesundheitssektor, Institutssektor und Universitäts- und Hochschulbereich zuständig und verhandelt Verträge für Datenbanken, Zeitschriften, Lexika für Bibliotheken in allen Fachbereichen. Die einzelne Bibliothek entscheidet so über die Teilnahme an Lizenzen. Sind viele Bibliotheken an einer Lizenz im medizinischen Bereich interessiert, übergibt CRIStin diese Verhandlungen an NEHL, um eine mögliche nationale Lizenz zu verhandeln.


Universitätsbibliothek Bergen

Für die Universitätsbibliothek Bergen bilden nationale und institutionelle Lizenzen der Norwegian Electronic Health Library (NEHL) einen Grundstock, auf den mit anderen Verträgen aufgebaut wird, sowohl via CRIStin, aber auch durch eigene Lizenzen, die direkt mit Verlagen und Herausgebern verhandelt werden.

Die Bibliothek für Medizin und Zahnmedizin der Universität Bergen stellt ihre Sammlungen und Dienstleistungen für Studierende und Angestellte der Fakultät für Medizin und Zahnmedizin und für Angestellte des Universitätsklinikums zur Verfügung. In Kursen wird darauf aufmerksam gemacht, welche Ressourcen für welche Gruppen und in welchem Rahmen zugänglich sind. Während des Studiums, am Campus und im Klinikum, besteht sowohl auf alle Ressourcen der NEHL als auch der Universitätsbibliothek Bergen eine Zugriffsmöglichkeit.

Nach dem Studium sind für Ärztinnen und Ärzte und Angestellte im Gesundheitswesens außerhalb der Universitäten, Hochschulen oder Kliniken wesentliche medizinische Ressourcen über die Norwegian Electronic Health Library (NEHL) zugänglich. Darüber hinaus kann ein Großteil des Angebots von NEHL von der gesamten Bevölkerung Norwegens genutzt werden.

Mit nationalen Lizenzen erfüllt die NEHL ihre drei Grundsätze: gleicher Zugriff auf Information für die gesamte Bevölkerung, Vermittlung von Ressourcen von hoher Qualität, und effizienter Gebrauch von Geldern im öffentlich finanzierten norwegischen Gesundheitswesen.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

1.
Statistisk sentralbyrå, Statistics Norway [Internet]. Helse- og sosialpersonell, 2014, 4. kvartal. 2015 [updated Jun12 2015, accessed Nov 9 2015]. Available from: http://www.ssb.no/arbeid-og-lonn/statistikker/hesospers Externer Link
2.
Nylenna M, Eiring Ø, Strand G, Røttingen JA. Wiring a nation: putting knowledge into action. Lancet. 2010 Mar 20;375(9719):1048-51. DOI: 10.1016/S0140-6736(09)61832-8 Externer Link
3.
Tjensvoll K. National licensing for the Norwegian Electronic Health Library. Serials: The journal for the Serials Community. 2011;24(1):52-5.
4.
Helsebiblioteket.no [Internet]. For bibliotekarer. Helsebibliotekets avtaler. Oversikt over våre avtaler med innholdsleverandører. 2014 [updated Jan 23 2014. accessed Nov 9 2015]. Available from http://www.helsebiblioteket.no/for-bibliotekarer/helsebibliotekets-avtaler Externer Link
5.
Eggen R, Tjensvoll K, Nylenna M. Examining the Use of an Open Digital Health Library for Professionals. J Med Internet Res Protoc. 2014;3(4):e66. DOI: 10.2196/resprot.3820 Externer Link