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Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien: Aufwand und Nutzen einer Zertifizierung gemäß ISO 9001:2008 an einer wissenschaftlichen Bibliothek
Implementation of a quality management system at the University Library of the Medical University of Vienna: Effort and benefit of certification according to ISO 9001:2008 for an academic library
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Veröffentlicht: | 20. August 2014 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien wurde als erste und bisher einzige wissenschaftliche Bibliothek in Österreich gemäß der internationalen Norm ISO 9001:2008 zertifiziert. Im Beitrag werden zunächst die Rahmenbedingungen für die Implementierung des Qualitätsmanagementsystems an der größten medizinischen Fachbibliothek in Österreich sowie die Anforderungen der Norm vorgestellt. Aufbauend auf den Erfahrungen des seit 2012 laufend betriebenen Zertifizierungsprozesses erfolgt eine Bewertung von Aufwand und Nutzen dieses Instrumentes aus der Perspektive einer wissenschaftlichen Bibliothek.
Abstract
The Vienna Medical University Library has been Austria’s first and till now only academic library which got certificated according to ISO 9001:2008. The article presents necessary frame conditions for implementing a quality management system in Austria’s most important medical library as well as the requirements to the norm. Constitutive to the experiences of this since 2012 operating certification process an evaluation from the perspectives of an academic library about effort and benefit of such an instrument will occur.
Einleitung
Die öffentlichen Universitäten in Österreich haben gemäß § 14 des Universitätsgesetzes 2002, das 2004 in Kraft getreten ist, eigene Qualitätsmanagementsysteme zur Qualitäts- und Leistungssicherung aufzubauen [1]. In der Leistungsvereinbarung, die vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung mit der Medizinischen Universität Wien für die Jahre 2010 bis 2012 abgeschlossen worden war, wurde festgehalten: „Die ISO-Zertifizierung für die Zentrale Servicierung nach ISO 9001:2008 ist durchzuführen.“ Entsprechend dieser Vorgabe wurde ein Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 9001:2008 an der Medizinischen Universität Wien implementiert, wobei vom Rektorat eine Einschränkung auf die kundenorientierten Abteilungen beschlossen wurde. 2011 erfolgte die erstmalige Zertifizierung der Studienabteilung, 2012 der Universitätsbibliothek und 2014 des Koordinationszentrums für Klinische Studien.
Bei Aufbau und Weiterentwicklung des Qualitätsmanagementsystems werden die betroffenen Abteilungen von der Stabsstelle für Evaluation und Qualitätsmanagement sowie der Stabsstelle für Prozessmanagement und Projektentwicklung unterstützt.
Für die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems an der Universitätsbibliothek erwies es sich als großer Vorteil, dass die medizinische Universität Wien bereits in den vorangegangenen Jahren für den gesamten Verwaltungsbereich eine Dokumentation aller wesentlichen Prozesse sowie den Aufbau eines internen Kontrollsystems und Risikomanagements betrieben hatte.
Die Zertifizierung gemäß ISO 9001 wurde für die Universitätsbibliothek 2012 auch als eines von acht Entwicklungszielen (Tabelle 1 [Tab. 1]) im Entwicklungsplan der Medizinischen Universität Wien festgeschrieben [2].
Die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien gehört als größte medizinische Fachbibliothek des Landes [3] (Tabelle 2 [Tab. 2]) zu den mittelgroßen Universitätsbibliotheken der 21 öffentlichen Universitäten in Österreich; zu diesen zählen seit 2004, dem Jahr des Inkrafttretens des Universitätsgesetzes 2002, auch die Medizinischen Universitäten in Graz, Innsbruck und Wien [4].
Anforderungen der Norm ISO 9001:2008 an ein Qualitätsmanagementsystem
Die ISO 9001:2008 [5] verlangt die Erfüllung von Mindeststandards für die Gestaltung der Abläufe in einem Unternehmen, um sicher zu stellen, dass den Kundinnen und Kunden die zu erwartende Qualität geboten wird. Die Norm bietet keine Zertifizierung für Produkte, sondern sie macht Aussagen über Qualität und Zuverlässigkeit von Leistungen und Lieferungen einer Organisation. Wesentliche Voraussetzung für die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems ist gemäß ISO 9001:2008 zunächst die Entscheidung der Organisation, wodurch die konkrete Gestaltung und Verwirklichung des Qualitätsmanagementsystems beeinflusst wird. Maßgebliche Kriterien sind das Umfeld der Organisation, Änderungen in diesem Umfeld und die mit diesem Umfeld verbundenen Risiken, die sich verändernden Erfordernisse, die besonderen Ziele der Organisation, ihre bereitgestellten Produkte, ihre angewendeten Prozesse sowie ihre Größe und Struktur.
Die ISO 9001:2008 definiert die wesentlichen Kriterien eines Qualitätsmanagementsystems; in diesem Sinn thematisiert sie das Qualitätsmanagementsystem an sich, die Verantwortung der Leitung, das Management der Ressourcen, die Produktrealisierung sowie den Bereich Messung, Analyse und Verbesserung. Zentrales Ziel der Norm ist es, die Kundenzufriedenheit durch die Erfüllung der Kundenanforderungen zu steigern. Um die Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems zu entwickeln, zu verwirklichen und zu verbessern verfolgt die ISO 9001:2008 einen Ansatz, der sich an den Prozessen der Organisation orientiert. Zentrale Themen der Norm sind Kundenorientierung, strategische Planung, Prozesssteuerung, kontinuierliche Verbesserung sowie die Lenkung von Dokumenten und Aufzeichnungen. Die ISO 9001:2008 fordert allerdings weder eine einheitliche Strukturierung noch eine einheitliche Dokumentation von Qualitätsmanagementsystemen.
Drei Aspekte sind gemäß ISO 9001:2008 für die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems von entscheidender Bedeutung: Personen im Unternehmen sind mit dem Thema Qualitätsmanagement zu befassen, Verfahren zur Steigerung der Qualität im Unternehmen müssen festgelegt und implementiert werden und entsprechende Verfahren sind festzulegen, um die Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems zu überprüfen.
Im Zuge der Vorbereitungen für eine Zertifizierung gemäß ISO 9001:2008 sind folgende Qualitätsmanagementinstrumente zu entwickeln bzw. Qualitätsmanagementmaßnahmen zu setzen:
Qualitätsmanagementhandbuch
Das Qualitätsmanagementhandbuch, dem eine zentrale Rolle im Qualitätsmanagement zukommt, bietet Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Orientierungshilfe. Es beinhaltet Informationen über das Unternehmen (inklusive Organigramm) und thematisiert die Unternehmenspolitik, Vision und Leitbild des Unternehmens, messbare Unternehmensziele, Selbstverpflichtungserklärung der Leitung, Informationen über die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, die Dokumentenlenkung sowie das Management von Ressourcen, die Prozesslandkarte und die Prozesse sowie das mindestens einmal jährlich stattfindende Management Review.
Ziele des Unternehmens
Ein wesentlicher Punkt des Qualitätsmanagements ist die Festlegung von Unternehmenszielen und von Kenngrößen, deren Erreichen jährlich überprüft wird.
Prozessdokumentation
Sämtliche kundenrelevanten Prozesse sind zu erstellen und laufend zu überarbeiten und in die Prozesslandkarte des Unternehmens einzuarbeiten. Diese muss von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens jederzeit im Intranet gefunden werden können, ein Auswendiglernen der Prozessabläufe ist allerdings nicht erforderlich.
Dokumentenlenkung
Ein wichtiges Kriterium für ein Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 9001:2008 ist die Etablierung einer Lenkung von Dokumenten und Aufzeichnungen. Alle Schriftstücke sind mit Informationen über Version, Ersteller, Pfad, Erstellungsdatum und Druckdatum zu versehen.
Personelle Ressourcen
Auch im Bereich der personellen Ressourcen fordert die internationale Norm ISO 9001:2008 entsprechende Maßnahmen, wie die ständige Aktualisierung von Organigramm und Arbeitsplatzbeschreibungen, die regelmäßige Durchführung von Mitarbeitergesprächen sowie geeignete Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein wesentlicher Aspekt ist in diesem Zusammenhang auch die Mitarbeiterzufriedenheit.
Lieferantenbewertung
Ein weiteres Instrument für das Qualitätsmanagement ist eine regelmäßige Lieferantenbewertung, wobei auch in diesem Zusammenhang die Norm ISO 9001:2008 hinsichtlich Form und Modus keine Vorgaben macht.
Kundenorientierung
Der zentrale Aspekt für die ISO 9001:2008 ist die Kundenorientierung. Die Ermittlung der Kundenanforderungen ist sicher zu stellen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.
Fehler- und Verbesserungsmanagement
Ein weiterer zentraler Punkt der internationalen Norm ISO 9001:2008 ist das Streben des Unternehmens nach ständiger Verbesserung, wobei sie auch in diesem Zusammenhang keine konkreten Vorgaben macht, wie das Fehler- und Verbesserungsmanagement konkret erreicht werden soll. Vom Unternehmen ist sicherzustellen, dass eine geeignete Infrastruktur für das Beschwerde- und Fehlermanagement geschaffen wird, die einen wichtigen Beitrag zum kontinuierlichen Verbesserungsprozess liefert und ein Element des betrieblichen Vorschlagwesens bildet.
Die Umsetzung der ISO 9001:2008 mittels Etablierung konkreter Qualitätsmanagementinstrumente bzw. -maßnahmen an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien wurde im Anschluss an die erstmalige Zertifizierung einer österreichischen Bibliothek 2012 an anderer Stelle ausführlich darstellt [6].
Berichte über die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems gemäß ISO 9001:2008 an Hochschulbibliotheken in Deutschland liegen für die Universitätsbibliothek der Technischen Universität Münster (2007) [7], [8] und die Bibliothek der Pädagogischen Hochschule Freiburg (2013) [9], [10] vor.
Aufwand für Implementierung und Weiterentwicklung der Norm ISO 9001:2008
Die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems und dessen Zertifizierung gemäß ISO 9001:2008 ist kein punktuelles Ereignis, sondern als Prozess der kontinuierlichen Verbesserung mit laufender Überprüfung des Erfolgs zu sehen.
Ein besonders großes Arbeitspensum war im ersten Halbjahr 2012 für die Vorbereitung der Erst-Zertifizierung der Universitätsbibliothek zu leisten, nachdem sich das Rektorat der Medizinischen Universität Wien im Dezember 2011 dazu entschieden hatte, das Projekt „ISO-Zertifizierung der Universitätsbibliothek“ zu starten. Mit der Projektkoordination wurde die Leiterin der Stabsstelle Evaluation und Qualitätsmanagement befasst, die vom Rektor mit der Aufgabe betraut worden war, als Qualitätsmanagementbeauftragte der Medizinischen Universität Wien zu fungieren. Neben dem Rektor als „Oberster Leitung“ gehörten zum Projektkernteam auch die für die Universitätsbibliothek zuständige Vizerektorin, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stabsstelle für Evaluation und Qualitätsmanagement sowie der Stabsstelle für Prozessmanagement und Projektentwicklung, der Rechtsabteilung und der Universitätsbibliothek sowie zwei Experten einer externen Beraterfirma.
Im Januar 2012 erfolgte die Projektkonzeption. Im ersten Jahr der Implementierung des Qualitätsmanagementsystems gemäß ISO 9001:2008 wurde beschlossen, nur die Hauptbibliothek in den Zertifizierungsprozess einzubeziehen; die beiden Zweigbibliotheken folgten erst im Folgejahr. Im Februar 2012 fand dann das Kick-off-Meeting an der Universitätsbibliothek statt und bis April 2012 wurden Prozesschecks und Prozessmessung durchgeführt. Parallel dazu erfolgten die Überarbeitung der Managementprozesse, die Erstellung des Managementhandbuches, die Etablierung einer Dokumentenlenkung sowie die Erarbeitung der Audit-Checkliste. Im Mai und Juni 2012 wurden internes Audit, Management Review und externes Audit durchgeführt, wobei sich Letzteres in das Stufe-1-Audit mit Dokumentenprüfung und das Stufe-2-Audit vor Ort an der Universitätsbibliothek sowie ein Abschlussgesprächs mit dem Rektor der Medizinischen Universität Wien gliederte. Im Oktober 2012 wurden Auditbericht sowie Zertifizierungsurkunde von der zertifizierenden Stelle an die Universität bzw. die Universitätsbibliothek übermittelt.
2013 wurde in einer ähnlichen Abfolge – Vorbereitung, internes Audit, externes Audit – ein Überwachungsaudit durchgeführt, wobei ein Schwerpunkt der Vorbereitungen auf der Einbeziehung der beiden Zweigbibliotheken für Zahnmedizin bzw. für Geschichte der Medizin gelegt wurde. Insbesondere für letzteren Standort mussten aufgrund seiner wertvollen Altbestände und den daraus resultierenden speziellen Aufgaben [11] Prozesse neu erstellt bzw. erweitert werden.
Weil die Studienabteilung der Medizinischen Universität Wien 2011 erstmals gemäß ISO 9001:2008 zertifiziert worden war und routinegemäß 2014 die Re-Zertifizierung zu erfolgen hatte, wurden auch die weiteren zu zertifizierenden Abteilungen (Bibliothek und Koordinationszentrum für Klinische Studien) in diesen Rhythmus einbezogen (Re-Zertifizierung 2014, Überwachungsaudits 2015 bzw. 2016, Re-Zertifizierung 2017, …) (Tabelle 3 [Tab. 3]).
Der Prozessdokumentation erfolgte in ihren Grundzügen bereits vor der Entscheidung des Rektorates für die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems gemäß ISO 9001:2008 an der Universitätsbibliothek; auch der Aufwand für den jährlichen Check sämtlicher Prozesse der Universitätsbibliothek ist – zumindest nicht ausschließlich – der Zertifizierung gemäß ISO 9001:2008 zuzuordnen.
Der Aufwand für die jährlichen Vorbereitungen der externen und internen Audits beläuft sich während des Semesters, in das Re-Zertifizierung bzw. Überwachungsaudit fallen, auf ca. 20 Wochenstunden (0,5 FTE), für den Rest des Jahres auf ca. 10 Wochenstunden (0,25 FTE). Diese zeitliche Inanspruchnahme betrifft überwiegend die stellvertretende Leiterin der Universitätsbibliothek, die als lokale Ansprechpartnerin in allen Angelegenheiten der Prozessdokumentation fungiert und auch für die Betreuung des Fehler- und Verbesserungsmanagementsystems zuständig ist.
Als wichtiger Vorteil für die Implementierung und Weiterentwicklung des Qualitätsmanagementsystems gemäß ISO 9001:2008 stellten sich das Vorhandensein strukturierter und standardisierter Prozesse (in vielen Fällen normiert durch das eingesetzte Bibliotheksverwaltungssystem Aleph 500), die Verfügbarkeit eines umfangreichen Sets an Kennzahlen (standardisiert durch die Beteiligung an der Österreichischen Bibliotheksstatistik), die Beschäftigung mit entsprechenden Instrumentarien der Leistungsmessung (jahrelange Beteiligung am internationalen Leistungsmessungssystem BIX/Bibliotheksindex [12], [13]) und Kundenbefragungen (2003 [14], [15] bzw. 2011) dar.
Das externe Audit für die Zertifizierung 2012, das Überwachungsaudit 2013 und die Re-Zertifizierung 2014 konnten jeweils erfolgreich absolviert werden. Die jeweiligen Auditberichte/Berichte der Externen Audits (wie auch die Berichte der jeweils vorangegangenen Berichte der internen Audits) vermerken weder Kritikpunkte der „Nichtkonformität A“ (1. Nichteinhalten einer oder mehrerer Anforderungen der Norm für das Managementsystem oder 2. Eine Situation, die erheblichen Zweifel an der Fähigkeit des Managementsystems des Kunden aufwirft, die beabsichtigten Ergebnisse zu erreichen) noch Kritikpunkte der „Nichtkonformität B“ (alle anderen Nichtkonformitäten), sondern beschränken sich auf die Nennung von „Verbesserungspotential“ (Gesichtspunkte für eine Optimierung des Managementsystems in Bezug auf die entsprechende Normerforderung. Die Umsetzung durch das Unternehmen wird empfohlen), „Positive Aspekte/Good Practice“ (hervorzuhebende positive Aspekte des Managementsystems) und „Anmerkung“ (besondere Umstände und Hinweise zur Verfolgung im nächsten Audit).
Positive und negative Aspekte der Implementierung der Norm ISO 9001:2008
Mit der Zertifizierung der Universitätsbibliothek gemäß ISO 9001:2008 konnte ein vom Rektorat der Medizinischen Universität Wien vorgegebenes Entwicklungsziel erfolgreich verwirklicht werden. Der gewählte Ansatz des Qualitätsmanagementsystems führte dazu, dass Prozesse und Ziele regelmäßig auf der Agenda der Bibliothek stehen. Daraus konnten folgende Vorteile für die Bibliothek erzielt werden: Gewährleistung schneller, reibungsloser und einheitlicher Abläufe; Bekenntnis zur ständigen Verbesserung; Kenntnis und Steuerbarkeit der Prozesse; verbindliche und transparente Reglungen und Verantwortlichkeiten; Bemühungen um systematisches Handeln; Kenntnis der Kundenanforderungen; Hilfestellung von außen.
In Form des Management Reviews wurde auch ein institutionalisierter und regelmäßiger Kontakt der Bibliotheksleitung mit dem Rektor als Oberster Leitung etabliert. Mindestens einmal jährlich erfolgt die Bewertung des Qualitätsmanagementsystems. Der Bewertungsbericht enthält die Evaluierung der Ziele und deren Erfüllungsgrad bzw. Abweichungen und beschreibt die zu treffenden Maßnahmen für das Folgejahr. Die Oberste Leitung soll auf diesem Weg informiert werden, wie die für die Abteilung relevanten Kennzahlen gesteuert, überwacht und weiterentwickelt werden.
Des Weiteren bietet die regelmäßige Zertifizierung eine Chance, das Qualitätsbewusstsein der Bibliothek intern und extern darzustellen.
Negative Aspekte, die gegen die Implementierung der ISO 9001:2008 angeführt werden, sind deren Herkunft aus der verarbeitenden Industrie; Tendenz zur Bürokratisierung; Schwierigkeit, Kennzahlen für alle wesentlichen Bibliotheksleistungen zu finden; hoher Aufwand bei fraglichem Nutzen; geringe Verbreitung der Norm im Universitätsbereich.
Ein besonders positiver Aspekt, der mit der Implementierung und laufenden Optimierung des Qualitätsmanagementsystems gemäß ISO 9001:2008 in den Fokus der Universitätsbibliothek gerückt ist, betrifft das ständige Fehler- und Verbesserungsmanagement. Eine Qualitätsmanagementdatenbank („Verbesserungsdatei“) wurde an einem zentralen, für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek zugänglichen Netzwerklaufwerk, abgelegt, in die alle Fehler, Beschwerden von Kundinnen und Kunden sowie Vorschläge von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einzutragen sind. In der Datenbank werden die Zuordnung zu einzelnen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern, die Bearbeitungsfrist bzw. der Erledigungsvorschlag eingetragen. Um die Akzeptanz dieser Datenbank, die von zentraler Bedeutung für das Qualitätsmanagement an der Universitätsbibliothek ist, zu erhöhen, wurden Abfrageoptionen vorbereitet, sodass es neben einer Gesamtabfrage aller erfassten Fälle auch die Optionen gibt, sich alle offene Fälle anzeigen zu lassen oder personalisiert alle Fälle, die von jemanden selbst eingebracht worden sind, oder alle Fälle, die von jemandem zu bearbeiten sind.
Selbstverständlich waren auch in früheren Jahren laufend Verbesserungen und Innovationen an der Universitätsbibliothek erfolgreich umgesetzt worden, allerdings gab es kein kontinuierliches Monitoring für Verbesserungsideen, die aufgrund der jeweiligen (zumeist finanziellen) Rahmenbedingungen kurzfristig nicht realisiert werden konnten. Dies änderte sich mit der Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems an der Universitätsbibliothek. So wurden 2013 in der Qualitätsmanagementdatenbank 69 Verbesserungsvorschläge erfasst, die im Rahmen des Internen und Externen Audits ermittelt bzw. von Bibliothekskundinnen und -kunden an die Universitätsbibliothek herangetragen worden sind; von diesen wurden 56 im Jahr 2013 positiv erledigt; 13 Vorschläge befanden sich zum Jahreswechsel 2013/14 im Bearbeitungsstadium und werden weiter verfolgt.
Mit der Erarbeitung von Optimierungsvorschlägen und dem Monitoring des Umsetzungsfortschritts der in der Qualitätsmanagementdatenbank erfassten Fälle ist ein Qualitätsmanagementteam befasst, dass von der Bibliotheksleitung nach erfolgreicher Erst-Zertifizierung eingesetzt worden ist und dem neben der stellvertretenden Leiterin der Bibliothek fünf weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen der Bibliothek angehören. Das Qualitätsmanagementteam wurde mit der Zielsetzung eingerichtet, den Qualitätsgedanken auch in der auditfreien Zeit aufrecht zu erhalten, das Know-How der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Qualitätsmanagementteam zu nutzen und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu etablieren.
Basierend auf den Erfahrungen im nunmehr dritten Jahr seit dem Start des Qualitätsmanagementprozesses gemäß ISO 9001:2008 an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien sind zwei Aspekte festzuhalten, die bisher entscheidend für Erfolg und Akzeptanz eines Qualitätsmanagementsystems waren:
- Die ISO 9001 fordert nicht, dass Qualitätsmanagementsysteme einheitlich strukturiert und einheitlich dokumentiert sein müssen, sondern Instrumente sind zu entwickeln und zu implementieren, die geeignet sind, den Anforderungen des jeweiligen Unternehmens gerecht zu werden. Das mag zwar zunächst mehr Aufwand bedeuten als eine fertige Lösung zu übernehmen. Für einen nachhaltigen Erfolg sind allerdings maßgeschneiderte Lösungen unverzichtbar, wie etwa an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien mit der Implementierung einer Qualitätsmanagementdatenbank unter Beweis gestellt werden konnte, die lokale Kriterien berücksichtigt.
- Implementierung und Weiterentwicklung eines Qualitätsmanagementsystems dürfen nicht zum Selbstzweck werden, sondern vielmehr muss dadurch die Innovations- und Verbesserungsfähigkeit eines Unternehmens gestärkt werden. Diesen Aspekt berücksichtigend wurde von der Bibliotheksleitung bewusst die Entscheidung getroffen, zeitgleich mit der Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems und den Vorbereitungen für die Erst-Zertifizierung gemäß ISO 9001:2008 im Jahr 2012 auch die schon lange geplante Umstellung des Zeitschriftenbezugs an der Medizinischen Universität Wien auf E-Only für den Jahreswechsel 2012/2013 vorzubereiten [16] sowie die Implementierung der Suchmaschinentechnologie PRIMO zu realisieren. Parallel zur aktuellen Phase der Re-Zertifizierung beteiligt sich die Universitätsbibliothek an einem nationalen Kooperationsprojekt zum Aufbau von Repositorien [17].
Dass Qualitätsmanagement und Zufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sich wechselweise positiv beeinflussen können, spiegelt sich im Feedback einer slowenischen Bibliothekarin, die die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien im Rahmen des Erasmus-Austauschprogramms im Juni 2014 besucht hat:
Ich muss noch einmal sagen, dass ich sehr begeistert bin über die fließende Arbeit in der Bibliothek. Ich meine, die Mitarbeiter der Universitätsbibliothek haben viel Glück, weil sie hier arbeiten.“ [18]
Anmerkung
Interessenkonflikte
Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.
Literatur
- 1.
- Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG). Mit Änderungen 2004-2014. Verfügbar unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20002128
- 2.
- Entwicklungsplan der Medizinischen Universität Wien. Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Wien. Studienjahr 2011/12, 16. Stück; Nr. 19. 3.7.2012. Verfügbar unter: http://www.meduniwien.ac.at/homepage/fileadmin/HP-Relaunch/pdforganisation/rechtsabteilung/Mitteilungsblaetter_2011-12/16_MB_03_07_2012_Entwicklungsplan_Aussendung_.pdf
- 3.
- Bauer B, Cepicka K, Dollfuß H, Erasimus E, Hartl M, Lotter R. Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien – größte Medizinbibliothek Österreichs: Hybridbibliothek als Zukunftskonzept. GMS Med Bibl Inf. 2009;9(2-3):Doc55. DOI: 10.3205/mbi000183
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- 5.
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- 6.
- Bauer B, Cepicka K, Stowasser-Bloch K. Qualitätsmanagement und Zertifizierung der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien gemäß ISO 9001:2008. Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare. 2013;66(1):118-31. Handle: 10760/19562
- 7.
- Becker C. Qualitätsmanagement in Bibliotheken am Beispiel der Universitätsbibliothek der Technischen Universität München. Berlin: Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin; 2011. (Berliner Handreichungen zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft; 295). URN: urn:nbn:de:kobv:11-100184157
- 8.
- Becker C, Leiß C. Qualitätsmanagement in Universitätsbibliotheken. Als erste deutsche Universitätsbibliothek wurde die Bibliothek der TU München im April 2007 von TÜV SÜD nach DIN EN ISO 9001:2000 zertifiziert. Bibliotheksforum Bayern. 2009;(3):172-7. Verfügbar unter: https://www.bibliotheksforum-bayern.de/fileadmin/archiv/2009-3/BFB_0309_06_Becker-Leiss_V04.pdf
- 9.
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- 10.
- Scheuble R. Gut ist nicht gut genug. Über die Einführung eines QM-Systems nach DIN EN ISO 9001:2008 an der Bibliothek der Pädagogischen Hochschule Freiburg. ABI Technik. 2013;33(4):196-207.
- 11.
- Albrecht H, Bauer B, Mentzel W. Josephinische Bibliothek und medizinhistorische Bestände der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien. GMS Med Bibl Inf. 2012;12(1-2):Doc11. DOI: 10.3205/mbi000247
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- Erasimus E, Bauer B. BIX: Beteiligung von sechs österreichischen Universitätsbibliotheken am Bibliotheksindex 2006. Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen & Bibliothekare. 2006;59(3):9-20.
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- Turk N. Nana Turk (Slowenien): Praktikum im Rahmen des Erasmus-Programms an der UB MedUni Wien (Juni 2014). Van Swieten Blog. 25.06.2014. Verfügbar unter: http://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=19371