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Beckenfrakturen im Kindes- und Erwachsenenalter: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
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Published: | October 9, 2007 |
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Hintergrund: Frakturen des Beckens und des Acetabulums stellen mit einem Anteil von 2-8% aller Frakturen seltene Verletzungen dar. Das kindliche Becken unterscheidet sich aufgrund des starken Periosts, der im Vergleich zu knöchernen Anteilen kräftigen ligamentären Strukturen, sowie der knorpeligen Acetabulumstruktur deutlich von dem Erwachsener. Dennoch wird die Frage, in wieweit es sich bei der kindlichen Beckenfraktur um eine eigenständige Entität handelt, kontrovers diskutiert. Ziel dieser Arbeit war es, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei Beckenfrakturen im Kindes- und Erwachsenenalter anhand eines großen Kollektivs herauszuarbeiten.
Methodik: Aus der prospektiv erhobenen Datenbank des Multicenter Trauma Registers der DGU AG Becken I und II wurden selektiv 10 Parameter [Alter, Geschlecht, ISS, PTS, Frakturklassifikation, Erfordernis einer Notfalltherapie, Erfordernis einer operativen Versorgung, Komplextrauma, Tod, Todesursache] exportiert, um einen Vergleich der Kinder (Alter<15 Jahre zum Unfallzeitpunkt) mit Erwachsenen durchzuführen. Weiterhin wurden die Daten einer Multivarianzanalyse zugeführt, um unabhängige Risikofaktoren für einen letalen Ausgang zu ermitteln. Die statistische Auswertung erfolgte mit SAS 8.2 (SAS Institutes, Cary, NC).
Ergebnisse: 134 der 4792 Patienten (3.1%) waren zum Verletzungszeitpunkt 15 Jahre oder jünger. Die Geschlechterverteilung war in beiden Gruppen vergleichbar (59.0% männlich, 41.0% weiblich vs. 53.2% männlich, 46.8% weiblich, p=0.22). Der ISS der Kindergruppe (16.97±16.97) unterschied sich nicht signifikant von dem der Erwachsenen (14.74±14.12), p=0.41. 13,5% der Kinder erlitten ein Komplextrauma, bei den Erwachsenen traf dies für 9,4% zu. Dieser Unterschied war jedoch nicht signifikant (p=0,14). Erwartungsgemäß war der PTS in der Erwachsenengruppe höher (21.05±13.07 vs. 13.14±12.73, p<0.0001). Die Frakturverteilung hinsichtlich A, B oder C-Typ war für beide Gruppen vergleichbar (p=0,36). Bei den Untergruppen fanden sich jedoch signifikante Unterschiede, wobei die A1-Frakturen mit 8% vs. 1,1% bei Kindern häufiger, Acetabulumfrakturen hingegen mit 9,8% vs. 26,8% seltener waren als bei Erwachsenen p<0.0001). Trotz vergleichbarem Anteil an Komplextraumata wurden Notfallmaßnahmen bei Kindern signifikant häufiger durchgeführt (17,9% vs. 11,1%, p=0,033). Kinder bedurften seltener einer operativen Versorgung (19,4% vs. 35,4%, p<0,0001). Die Mortalität war bei beiden Gruppen vergleichbar (8,2% vs. 6,1%, p=0,28). Bei beiden Gruppen wurden lediglich 9,1% aller Todesfälle ursächlich auf die Beckenverletzung zurückgeführt (p=0,73). In der Multivarianzanalyse ergab sich kein erhöhtes oder erniedrigtes Mortalitätsrisiko bei Fraktur im Kindesalter.
Schlussfolgerung: Hinsichtlich epidemiologischer Parameter bestehen signifikante Ähnlichkeiten zwischen erwachsenen Patienten mit Beckenfrakturen und Patienten, die eine Fraktur des Beckens im Kindesalter erleiden.