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68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
90. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
45. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verband für Physiotherapie – Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten

19. bis 23.10.2004, Berlin

Fluoroskopisch-assistierte perkutane Vertebroplastik: eine relevante Strahlenbelastung für den Operateur?

Meeting Abstract (DGU 2004)

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  • presenting/speaker R. Harstall - Orthopädische Universitätsklinik, Inselspital, Bern
  • P.F. Heini - Orthopädische Universitätsklinik, Inselspital, Bern
  • R.L. Mini - Abteilung für Medizinische Strahlenphysik, Universitätspital, Inselspital, Bern
  • R. Orler - Orthopädische Universitätsklinik, Inselspital, Bern

Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie. 68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 90. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und 45. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 19.-23.10.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dguH13-44

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/dgu2004/04dgu0449.shtml

Published: October 19, 2004

© 2004 Harstall et al.
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Fragestellung

Die Einführung minimal-invasiver Techniken hat zu einer Zunahme von fluoroskopisch-assistierten Eingriffen geführt. Die perkutane Vertebroplastik ist ein etabliertes Verfahren zur Stabilisierung schmerzhafter Osteoporosefrakturen von Wirbelkörpern. Vor allem die Zementinjektion ist mit einer längerdauernden Durchleuchtungszeit verbunden. Die Strahlenbelastung des Operateurs, insbesondere der Schilddrüse und der Augenlinse, hinsichtlich möglicher Verbesserungen im Strahlenschutz wurde untersucht.

Methoden

Ueber drei Monate wurde die akkumulierte Strahlendosis in einer Fall-Kontrollstudie mittels Personendosimetern gemessen, die an folgenden Stellen ausserhalb des Bleischutzes getragen worden sind: Stirn (Linsen-Aequivalent), Schilddrüse, linker Oberarm und Rücken; die Handdosen wurden mittels spezieller Ringdosimeter, die an beiden Ringfingern getragen wurden, erfasst. Die Durchleuchtungszeit wurde direkt vom BV abgelesen, und die individuellen Operationsdaten in einem prospektiven Studienprotokoll erfasst. In 32 konsekutiven Eingriffen bei 30 Patienten wurden 136 Wirbel durch 156 Pedikel mit Vertebroplastik Zement® (De Puy-Acromed) augmentiert (EBM Level III - prospektive Fall-Kontrollstudie).

Ergebnisse

Die akkumulierten Dosen betrugen: Linse 2.7 mSv (extrapoliert 11.9 mSv/a), Oberarm 11.4 (50.0) mSv, Rücken 0.3 (1.3) mSv, Schilddrüse 7.1 (31.2) mSv, Ringfinger links 14.5 (63.7) mSv, Ringfinger rechts 6.7 (29.4) mSv. Die durchschnittliche BV-Zeit betrug 7.9±1.9 Min., die durchschnittliche Op-Zeit 56.2±9.6 Min. Die durchschnittliche BV-Zeit pro augmentierten Wirbel betrug 2.23±0.89 Min. Die durchschnittliche Anzahl augmentierter Wirbel pro Eingriff betrug 4.25. Das durchschnittliche applizierte Dosisflächenprodukt betrug 2775±912 cGy cm2 bzw. 790±384 cGy cm2 pro augmentierten Wirbel. Die jährliche Mortalität für ein Schilddrüsen-Carcinom beträgt 0.0025%, entsprechend einem kleinem Risiko. Die Morbidität beträgt 0.025%, entsprechend einem kleinen bis mittleren Risiko. Die Augendosis entspricht mit 8% der Katarakt-Schwellendosis (150 mSv) einem sehr kleinen, aber nicht vernachlässigbaren Risiko. Die Hautdosen entsprechen 10% der maximal erlaubten effektiven Jahresdosis (500 mSv); das Mortalitätsrisiko für maligne Hauttumoren ist klein.

Schlussfolgerungen

Die perkutane Vertebroplastik stellt eine relevante Strahlenbelastung des Operateurs dar. Die maximal zulässige effektive Ganzkörperjahresdosis für beruflich strahlenexponierte Personen (20 mSv) wird ohne das Tragen eines Ganzkörper-Bleischutzes bereits bei 100 Vertebroplastiken pro Jahr überschritten. Durch eine korrekte Anwendung der Operationstechnik sowie konsequentes Tragen eines Ganzkörperbleischutzes und eines Schilddrüsenschutzes können das Mortalitäts- und Morbiditätsrisiko für die Schilddrüse erheblich gesenkt und strahlensensible Organe wie der Magen oder das Colon wirksam geschützt werden. Der Ausbildung im Strahlenschutz für minimal-invasiv-tätige Chirurgen ist besonderes Augenmerk zu schenken.