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123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

02. bis 05.05.2006, Berlin

Rekombinantes Humanes Erythropoietin zur Behandlung von kritisch durchbluteten Lappenplastiken – Mehr als nur Erythropoiese?

Meeting Abstract

  • corresponding author Y. Harder - Institut für Klinisch-Experimentelle Chirurgie, Universität des Saarlandes, D-66421 Homburg/Saar
  • M. Amon - Institut für Klinisch-Experimentelle Chirurgie, Universität des Saarlandes, D-66421 Homburg/Saar
  • A. Matzen - Institut für Klinisch-Experimentelle Chirurgie, Universität des Saarlandes, D-66421 Homburg/Saar
  • E. Metzkow - Institut für Klinisch-Experimentelle Chirurgie, Universität des Saarlandes, D-66421 Homburg/Saar
  • B. Pittet - Abteilung für Plastische & Wiederherstellende Chirurgie, HUG, CH-1211 Genf
  • D. Erni - Departement für Plastische & Wiederherstellende Chirurgie, Inselspital, CH-3010 Bern
  • M.D. Menger - Institut für Klinisch-Experimentelle Chirurgie, Universität des Saarlandes, D-66421 Homburg/Saar

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 02.-05.05.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06dgch5065

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/dgch2006/06dgch726.shtml

Published: May 2, 2006

© 2006 Harder et al.
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Text

Einleitung: Das Erforschen von wirksamen Behandlungsstrategien, die den chronischen Ischämieschaden bei kritisch durchbluteten Lappenplastiken einschränken, bleibt eine Herausforderung. Erythropoietin (EPO) ist der primäre Regulator der Erythropoiese. Weniger bekannt sind jedoch die anti-ischämische Funktion von EPO im Gehirn, die anti-apoptotische Eigenschaft im Myokard und das angiogene Potential im Uterus. Ziel dieser Studie war es an einem chronischen in vivo Lappenmodell zu analysieren, ob eine Behandlung mit EPO den ischämischen Zelltod und die Gewebenekrose vermindern kann.

Material und Methoden: 2 Behandlungsgruppen (je n=8) wurden 24h vor Lappenhebung mit 500IU/kg KG (EPO 500) bzw. 5000IU/kg KG (EPO 5000) EPO ip vorbehandelt. Daraufhin wurde ein lateral gestielter Hautlappen unter Mitnahme des Panniculus carnosus an C57BL/6-Mäusen gehoben und in eine chronische Rückenhautkammer fixiert. Die systemische Behandlung mittels EPO wurde für 3 weitere Tage fortgesetzt. Eine unbehandelte Gruppe diente zur Kontrolle (n=8; KON). Mittels intravitaler Fluoreszenzmikroskopie wurden funktionelle Kapillardichte (FKD), Leukozyten-Endothel-Interaktion, apoptotischer Zelltod und Lappennekrose an Tag 1, 3, 5, 7 und 10 nach Lappenhebung analysiert. Die Ergebnisse sind als Mittelwerte±SEM angegeben.

Ergebnisse: Im Vergleich zu unbehandelten Kontrollen konnte EPO 500 im distalen Lappenabschnitt die nutritive Perfusion signifikant verbessern, wohingegen die Verabreichung von EPO 5000 die FKD nur mässig erhöhte (KON: 9±7 cm/cm2; EPO 500: 116±32 cm/cm2; EPO 5000: 44±26 cm/cm2; p<0.05; Tag 10). Die Ischämie-induzierte inflammatorische Antwort konnte in beiden Behandlungsgruppen merklich reduziert werden (KON: 3780±1301 rollers/min/mm; EPO 500: 493±192 rollers/min/mm; EPO 5000: 962±184 rollers/min/mm; p<0.05; Tag 10). EPO verminderte weiter den apoptotischen Zelltod im ischämischen Lappenanteil (KON: 311±40 Zellen/mm2; EPO 500: 114±22 Zellen/mm2; EPO 5000: 208±30 Zellen/mm2; p<0.05; Tag 1) und die Lappennekrose (KON: 52±4 % der gesamten Lappenfläche; EPO 500: 16±4 %; EPO 5000: 40±4 %; p<0.01; Tag 10). Interessanterweise wurde während der 10-tägigen Beobachtungszeit keine Angiogenese beobachtet.

Schlussfolgerung: Trotz der fehlenden Neubildung von Gefässen führte die systemische Behandlung von muskulokutanen Lappen mit EPO zu einer Verminderung der Lappennekrose. Die distalen Lappenareale zeigten eine adequate nutritive Kapillarperfusion. Diese ging sowohl mit einer verminderten inflammatorischen Antwort wie auch mit einer Abnahme des apoptotischen Zelltodes einher. Da die Behandlung mit niedriger Dosierung ausreichend war, um eine protektive Wirkung zu erzielen, könnte EPO zukünftig einen viel versprechenden Ansatz darstellen, um ischämie-bedingte Komplikationen in der Lappenchirurgie zu verringern.