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123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

02. bis 05.05.2006, Berlin

Kann die neoadjuvante Radiochemotherapie die Rate der sphinktererhaltenden Eingriffe beim tief sitzenden Rektumkarzinom erhöhen (prospektiv randomisierte Multizenterstudie CAO, ARO, AIO 94)?

Meeting Abstract

  • corresponding author J. Goehl - Chirurgische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
  • S. Merkel - Chirurgische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
  • W. Hohenberger - Chirurgische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
  • H. Becker - Chirurgische Klinik, Universitätsklinikum Goettingen, Goettingen, Deutschland
  • R. Fietkau - Klinik für Strahlentherapie, Universitätsklinikum Rostock, Rostock, Deutschland
  • R. Sauer - Klinik für Strahlentherapie, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
  • C. Roedel - Klinik für Strahlentherapie, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
  • J. Tschmelitsch
  • R. Raab

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 02.-05.05.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06dgch4925

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/dgch2006/06dgch481.shtml

Published: May 2, 2006

© 2006 Goehl et al.
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Text

Einleitung: Während bei Lokalisation des Rektumkarzinoms im oberen und mittleren Drittel ein Sphinktererhalt in nahezu allen Fällen möglich ist, ist bei Lokalisation der Tumoren im unteren Rektumdrittel der Sphinktererhalt vielen Variablen und einer großen Spannbreite unterworfen.Neben besonderen Operationsverfahren wie der intersphinktären abdomino-peranalen Resektion, welche die Rate der sphinktererhaltenden Eingriffe im unteren Rektumdrittel um ca. 20 % in manchen Zentren erhöhen kann, ist als weiterer Faktor die neoadjuvante Radiochemotherapie auch unter dem Aspekt der weiteren Erhöhung der sphinktererhaltenden Eingriffe in aktueller kontroverser Diskussion.

Material und Methoden: Im Rahmen der internationalen multizentrischen Studie adjuvante vs. neoadjuvante Radiochemotherapie (CAO, ARO, AIO 94) wurde diese Fragestellung mit in das Studiendesign einbezogen, so dass nunmehr eine Aussage zugunsten des Sphinktererhaltes möglich ist. Bei 769 Patienten konnte eine differenzierte Auswertung der Möglichkeit des Sphinktererhaltes mit und ohne neoadjuvante Vorbehandlung bei Rektumkarzinomen vorgenommen werden.Der Einfluss verschiedener Faktoren auf den Sphinktererhalt wurde mit dem Chi-Quadrat-Test überprüft. Zusätzlich wurde eine multivariate logistische Regressionsanalyse durchgeführt.

Ergebnisse: Bei Lokalisation des Tumors im oberen Rektumdrittel (12 - 16 cm Abstand zur Linea anocutanea) lag die Rate des Sphinktererhalts bei 100 % in beiden Gruppen. Im mittleren Rektumdrittel sank die Rate des Sphinktererhalts im Bereich zwischen 6 und 8 cm Abstand zur Linea anocutanea auf 80 %, wobei kein Einfluss der neoadjuvanten Vorbehandlung erkennbar ist.Im unteren Rektumdrittel war die Rate des Sphinktererhalts bei einem Abstand zur Linea anocutanea bis 4 cm ebenfalls ohne Unterschiede bei 34 bzw. 32 % aller Patienten, während in der proximalen Zone des unteren Rektumdrittels zwischen 4 und 6 cm Abstand zur Linea anocutanea sich ein deutlicher Anstieg der Sphinktererhaltungsrate von 49 auf 63 % nach neoadjuvanter Radiochemotherapie nachweisen ließ.Die im Studiendesign mit berücksichtigte Erhebung nach der präoperativen Einschätzung der notwendigen Exstirpation und des bei der Operation entgegen der Einschätzung doch möglichen Sphinktererhaltes zeigte signifikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen bereits innerhalb des Gesamtkollektives. So konnte nach neoadjuvanter Vorbehandlung mit der Einschätzung einer notwendigen Exstirpation ein Sphinktererhalt in 37,2 % erreicht werden. Ohne Vorbehandlung lag die Rate bei 19,5 %. Betrachtet man unter dieser Fragestellung lediglich das untere Rektumdrittel, so wird in der Lokalisation mit Tumorunterrand zwischen 4 und 6 cm Abstand von der Linea anocutanea der größte Unterschied deutlich. Während ohne Vorbehandlung nach präoperativer Einschätzung der notwendigen Exstirpation in lediglich 13 % ein Sphinktererhalt vorgenommen werden konnte, lag die Rate des Sphinktererhalts bei dieser Tumorlokalisation nach neoadjuvanter Vorbehandlung bei 49 %.Die multivariate Analyse zeigt, dass pT- und pN-Kategorie keinen Einfluss auf den Sphinktererhalt haben, ebenso der Randomisationsarm. Signifikanten Einfluss auf den Sphinktererhalt nehmen Tumorlokalisation und behandelnde Klinik.

Schlussfolgerung: Tumorlokalisation und behandelnde Klinik haben signifikanten Einfluss auf den Sphinktererhalt beim tief sitzenden Rektumkarzinom. Durch die neoadjuvante Radiochemotherapie kann in manchen Kliniken die Rate des Sphinktererhaltes weiter erhöht werden.