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122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

05. bis 08.04.2005, München

Rechtfertigen die Ergebnisse den Aufwand zur Replantation und Revaskularisation bei Patienten über 60 Jahren? – eine Analyse von 59 Fällen

Meeting Abstract

  • corresponding author A. Gohritz - Klinik für Handchirurgie, Bad Neustadt / Saale
  • V. L. Moser - Klinik für Handchirurgie, Bad Neustadt / Saale
  • K.-J. Prommersberger - Klinik für Handchirurgie, Bad Neustadt / Saale
  • N. Stütz - Klinik für Handchirurgie, Bad Neustadt / Saale
  • H. Krimmer - Klinik für Handchirurgie, Bad Neustadt / Saale
  • U. Lanz - Klinik für Handchirurgie, Bad Neustadt / Saale

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 05.-08.04.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05dgch3062

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/dgch2005/05dgch717.shtml

Published: June 15, 2005

© 2005 Gohritz et al.
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Text

Einleitung

Von Replantationen und Revaskularisation bei Patienten im höheren Lebensalter wird meist abgeraten. Keine größere Studie hat jedoch die subjektiven und objektiven Ergebnisse in dieser Bevölkerungsgruppe untersucht, bei der andere funktionelle und sozioökonomische Ansprüche bestehen als bei jüngeren Patienten.

Material und Methoden

Zwischen 1989 and 2003 führten wir bei 59 Patienten über 60 (Mittel: 64, Maximum: 82) Jahren eine Revaskularisation oder Replantation von 63 Fingern und 22 Daumen durch. Alle Krankenakten wurden ausgewertet, 27 Patienten gaben in einem detaillierten Fragebogen Auskunft und beantworteten den DASH-Fragebogen zur Gebrauchsfähigkeit ihrer oberen Extremität im Alltag (= 0 keine Einschränkung, 100 = maximale Einschränkung). Schmerzen und Temperaturempfindlichkeit wurden anhand visueller (0 = kein Schmerz, 100 = unerträglicher Schmerz) und verbaler Analogskalen (1= kein Schmerz, 4 = unerträglicher Schmerz) evaluiert. Insgesamt 23 Patienten wurden radiologisch und klinisch nachuntersucht. Die Funktion der betroffenen Finger und Daumen wurde nach dem Punkte-Schema von Burton (1981) bewertet, das sozioökonomische Faktoren, Bewegungsausmaß, Sensibilität, Kraft, Ästhetik und das subjektive Urteil von Patient und Chirurg als Punktwert zusammenfasst (0 = keine Funktion, 100 = volle Funktion).

Ergebnisse

Die Nachuntersuchungszeit lag im Mittel bei 4,3 (Spanne: 1 – 14) Jahren. Häufigster Unfallmechanismus war die Kreissägenverletzung in 76 % der Fälle. Bei 26 Patienten war ein einzelner, bei 19 zwei, bei 6 drei und 7 vier Finger oder der Daumen betroffen. Von insgesamt 84 Fingern und 27 Daumen, die ganz oder subtotal amputiert worden waren, konnten primär 63 Finger und 22 Daumen wieder angenäht werden. Hiervon überlebten letztlich 44 Finger (59 %) und 13 Daumen (70 %). In drei Fällen erfolgte eine heterotope Replantation, einmal zur Daumen- und zweimal zur Zeigefingerrekonstruktion. Abgesehen von Reamputationen fanden bei jedem Patienten durchschnittlich 1,2 (maximal 4) Sekundäroperationen statt. Zum Zeitpunkt des Unfalls waren bereits 71 % der Patienten im beruflichen Ruhestand. Von den 17 noch beruflich tätigen Patienten konnten 11 ihre Arbeit wieder aufnehmen. Im Durchschnitt gaben die Patienten Schmerzen von 25 / 100 in Ruhe und 40 / 100 bei Belastung an, nur 30 % waren in Ruhe und 15 % bei Belastung schmerzfrei. Die Kälteintoleranz war erheblich und wurde von 13 der 27 Patienten als sehr stark (mindestens 80 / 100) und im Mittel mit 54 / 100 (Minimum 20 / 100) angegeben. Der durchschnittliche DASH-Wert lag bei 39 Punkten. Die Bewertung nach dem Burton-Maßstab lag bei durchschnittlich 60 Punkten, wobei die Hälfte der Patienten einen Wert von über 70 von maximal 100 Punkten erreichte. Rückblickend hätte keiner der Betroffenen – auch bei enttäuschendem Ergebnis – eine primäre Stumpfversorgung bevorzugt.

Schlussfolgerung

Nach den Ergebnissen unser Studie erscheint eine mikrochirurgische Versorgung von Amputationsverletzung der Hand auch bei Patienten über 60 Jahren sinnvoll. Entscheidend hierbei sollte nicht eine willkürliche Altersgrenze, sondern die Verletzungsart und Gesundheit des Patienten nach einer realistischen Aufklärung über die eingeschränkte funktionelle Prognose sein und auch die wiederhergestellte körperliche Integrität berücksichtigt werden.