gms | German Medical Science

GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Projekt "Evidenzbasierte Medizin Frankfurt"

Konferenzbericht/conference report Humanmedizin

  • corresponding author Tobias Weberschock - J.W. Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Allgemeinmedizin, Arbeitsgruppe EBM-Frankfurt, Frankfurt, Deutschland
  • author Reinhard Strametz - J.W. Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Allgemeinmedizin, Arbeitsgruppe EBM-Frankfurt, Frankfurt, Deutschland
  • author Martin Naoki Bergold - J.W. Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Allgemeinmedizin, Arbeitsgruppe EBM Frankfurt, Frankfurt, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2008;25(4):Doc95

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/zma/2008-25/zma000580.shtml

Received: October 20, 2008
Revised: October 20, 2008
Accepted: October 23, 2008
Published: November 17, 2008

© 2008 Weberschock et al.
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Überblick

Im Juli 2000 wurde die Arbeitsgruppe Evidenzbasierte Medizin Frankfurt von einer Gruppe Studierender an der Goethe-Universität gegründet, um die Anwendung der klinisch-wissenschaftlichen Medizin und deren Lehre mit Hilfe der Methoden der Evidenzbasierten Medizin zu verbessern. Aus den mittlerweile 21 freiwilligen zunächst studentischen Kursen in Evidenzbasierter Medizin sind deutschlandweit die ersten verpflichtenden Seminare in Evidenzbasierter Medizin entstanden. Aufgrund des Einsatzes neuer Lehrmethoden von Beginn an und der kontinuierlichen Verbesserung des Seminars sind sowohl formative als auch summative Evaluationen sehr gut. Die im Rahmen der Lehrforschung erhobenen Evaluationsdaten konnten hochrangig publiziert werden.

Nicht nur das sehr erfolgreiche Format des peer-teaching erfährt durch ein bereits früh implementiertes und seit 2 Jahren durch die DQS zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem der Arbeitsgruppe Kontinuität und einen hohen, sich stetig verbessernden Qualitätsstandard. Damit ist die Arbeitsgruppe auch eine der ersten Lehreinrichtungen, die sich deutschlandweit zertifizieren konnten.

Auch die zur Nachhaltigkeit und Verbreitung der bereits im vierten Jahr durchgeführten bundesweit organisierten Train-The-Teacher-Kurse in Evidenzbasierter Medizin weisen durch die gesammelte Lehrerfahrung und die gute Organisation einen hohen Qualitätsstandard auf, der sich auch in den sehr guten Evaluationen widerspiegelt. Unterstützung erfährt diese Kursreihe durch die Gesellschaft für medizinische Ausbildung e.V. (GMA) (http://www.gesellschaft-medizinische-ausbildung.org), die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V. (http://www.awmf-online.de/) und das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V. (DNEbM) (http://www.ebm-netzwerk.de). Im DNEbM konnte darüber hinaus bereits 2002 der Fachbereich „EbM im Studium“ durch die Arbeitsgruppe gegründet werden und wird seitdem aus Frankfurt geleitet.


Projektbeschreibung

Entstehung und Entwicklung der Arbeitsgruppe

1999 nahmen die ersten Studierenden aus Frankfurt an EbM-Kursen, damals in Ulm, teil. Nachdem im Sommer 2000 explizit nur für Studierende der erste Kurs in Evidenzbasierter Medizin an der Goethe-Universität stattfand, formierte sich aus studentischer Initiative die Arbeitsgruppe Evidenzbasierte Medizin in einer Kaffeeküche eines biomedizinischen Labors. Der erste große Traum war die regelhafte Implementierung der Evidenzbasierten Medizin in das Studium der Medizin.

Zunächst standen aber weitere freiwillige Kurse in Evidenzbasierter Medizin und deren Verbesserung im Mittelpunkt der Arbeit, sowie die eigene Ausbildung in den zugrundeliegenden Konzepten. Nach Vorstellung der Frankfurter Gruppe auf den Kongressen des DNEbM 2001 wurde auf Vorschlag und unter Führung der Arbeitsgruppe 2002 der Fachbereich „EbM im Studium“ im DNEbM gegründet und auch bis heute erfolgreich geleitet.

Durch die Novelle der Approbationsordnung 2002 war es möglich geworden, das deutschlandweit erste scheinpflichtige Seminar Evidenzbasierte Medizin am Fachbereich Medizin der Goethe-Universität in die Studienordnung zu integrieren. Zur Qualitätssicherung wurde in der Vorbereitung darauf im selben Jahr ein internes Qualitätsmanagementsystem aufgebaut. Zum Zeitpunkt des ersten Seminars im Wintersemester 2003/4 waren alle aktiven Mitglieder der Arbeitsgruppe noch Studierende, bis auf den Arbeitsgruppenleiter als Arzt im Praktikum. Die Implementierung des Seminars wurde mit den Methoden der Lehrforschung über ein Semester untersucht und konnte 2005 in Medical Education publiziert werden [1].

2005 wurde auch erstmals erfolgreich der Train-The-Teacher Kurs in Evidenzbasierter Medizin durchgeführt. Dieser generiert mit Unterstützung der GMA gezielt Multiplikatoren für die medizinische Ausbildung in Evidenzbasierter Medizin [2]. Die Teilnehmer kommen aus dem gesamten Bundesgebiet und den deutschsprachigen Nachbarländern, der Kurs ist sehr gut besucht und wird sehr gut bewertet [3].

In den letzten 2 Jahren wurde das curriculare Seminar weiter verbessert, neue noch praxisnähere Formen der Wissensvermittlung entwickelt und die neuen Medien gezielt eingesetzt um Abläufe zu verbessern [4], [5]. Die Evidenzbasierte Medizin ist dabei ein fächerübergreifendes Konzept. Dies wird auch durch die ärztlichen Mitarbeiter der Arbeitsgruppe deutlich, welche sich in unterschiedlichsten medizinischen Fachrichtungen spezialisieren.

Heute ist die Arbeitsgruppe gut verankert als Teil des Instituts für Allgemeinmedizin unter Prof. Gerlach an der Goethe-Universität und aktiv im DNEbM. Sie verbreitet auch mit Hilfe der GMA die Lehre der Evidenzbasierten Medin am Fachbereich und im deutschsprachigen Raum weiter.

Seminar Evidenzbasierte Medizin

Das Seminar EbM an der Goethe-Universität Frankfurt am Main wurde 2003 als eigenständiger Teil neben dem Kurs der Biometrie in den Querschnittsbereich I „Epidemiologie, medizinische Biometrie und Informatik“ integriert. Der Unterricht findet sowohl in Kleingruppen mit 6 Studierenden pro Betreuer (Kursleiter und Kleingruppentutoren) als auch in einem interaktiven Frontalstil mit bis zu 24 Studierenden statt. Das Seminar besteht aus vier verpflichtenden Unterrichtseinheiten, welche an vier verschiedenen Tagen stattfinden:

  • 1.Tag: medizinische Internetrecherche
  • 2.Tag: Lösen diagnostischer Probleme
  • 3.Tag: Lösen therapeutischer Probleme
  • 4.Tag: Evaluation / Journal Club / Einführung in systematische Übersichtsarbeiten und Leitlinien.

Jede der vier oben genannten Unterrichtseinheiten beinhaltet mehrere Lernziele, die dem „Curriculum EbM“ und dem „Curriculum EbM im Studium“ vom DNEbM angeglichen wurden.

Kriterien für eine erfolgreiche Teilnahme sind die aktive Mitarbeit und die Erstellung einer Seminararbeit anhand eines personalisierten Fallbeispiels. Am letzten Seminartag muss zusätzlich die Seminararbeit im Rahmen eines Journal Clubs in Kleingruppen präsentiert und diskutiert werden. Für den Erhalt des benoteten Leistungsnachweises im Sinne der ÄAppO werden Klausurfragen zum Seminar im Rahmen der Semesterabschlussklausur gestellt und fließen - zusammen mit den Noten in den Bereichen Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik - in die Note des Querschnittsbereiches I ein.

Im Seminar EbM wird das integrierte Fallbeispiel verwendet, mit Hilfe dessen eine virtuelle klinische Arzt-Patient-Situation simuliert wird. Es besteht aus einem in sich geschlossenen klinischen Szenario mit dem Leitthema bekannter Krankheitsbilder bzw. Symptomkomplexe (aktuell „Brustschmerz“, vorher Diabetes Mellitus Typ II, Hypertonie) unterstützt durch aufeinander abgestimmte diagnostische und therapeutische Resultate (Laborwerte, EKG-Ableitungen, Röntgenbilder) und flankiert von auf das Leitthema abgestimmten Seminararbeiten. Im Folgenden dargestellten detaillierten Seminarablauf zieht sich die Krankengeschichte eines einzelnen Patienten wie ein roter Faden durch die Module Internetrecherche, Diagnose, Therapie, systematische Übersichtsarbeiten und Leitlinien und bezieht mehrere klinische Differentialdiagnosen ein. Sowohl das Leitthema als auch die verwendeten Lehrmaterialien (Beispielstudien etc.) werden in regelmäßigen Abständen dem aktuellen Wissensstand angepasst.

Am ersten Seminartag wird nach Klärung organisatorischer Fragen und Erläuterung der Zielsetzung sowohl auf die medizinischen Handlungsmethodik als auch auf die Grundprinzipien der EbM eingegangen, einschließlich der Klärung der Begriffe Attitude, Knowledge und Skills. Anhand von mehreren Übungsfallbeispielen wird die Formulierung einer präzisen, recherchierbaren Fragestellung erarbeitet. Im Anschluss findet eine ausführliche Einführung in die medizinische Internetrecherche statt. Die Vorführung beinhaltet eine interaktive PubMed-Recherche mit anschließender Volltextsuche in der Online-Bibliothek der Universität Frankfurt/Main. Dabei werden sowohl die wichtigsten Suchmethoden (Boole´sche Operatoren, Tags, Limits, MeSH, Clinical Queries) als auch die Benutzung der Cochrane Library behandelt. Die Studierenden haben die Möglichkeit, die Internetsuche an ihrem Arbeitsplatz auf dem Bildschirm in Echtzeit mitzuverfolgen und unter Anleitung von Tutoren erste Recherchen selbst durchzuführen. Anschließend bearbeiten die Studierenden in Kleingruppen mehrere Internetrecherchen anhand von konstruierten klinischen Szenarien. Für eventuelle Schwierigkeiten, die sich während der Suche nach der externen Evidenz ergeben, stehen den Studierenden während des gesamten Seminars Tutoren zur Verfügung.

Am zweiten Seminartag wird nach einer kurzen Einführung unter besonderer Berücksichtigung des Evidenzlevels die Struktur von Diagnose-Studien erörtert. Nach der Besprechung von Validitätskriterien für die Bewertung von Diagnosestudien werden statistische Kenngrößen für die Relevanz wie Spezifität, Sensitivität, Likelihood Ratio (u.a.) und Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Patienten anhand eines klinischen Szenarios im interaktiven Frontalstil gemeinsam erarbeitet. Anschließend haben die Seminarteilnehmer die Aufgabe, anhand eines diagnostischen Fallbeispiels eine diagnostische Studie in Kleingruppen auf Validität und Relevanz zu überprüfen und auf das klinische Szenario anzuwenden.

Der dritte Seminartag steht im Zeichen therapeutischer Probleme. Den Studierenden wird die Struktur einer guten Therapie-Studie im Sinne des CONSORT-Statements und die verschiedenen Studientypen (Evienzlevel) vermittelt. Im Anschluss wird am Beispiel interaktiv eine kritische Evaluation erarbeitet. Die Bewertungskriterien, einschließlich der Validitätskriterien (Randomisation, Verblindung, Follow-up, Intention-to treat und Biases), der statistischen Kenngrößen für die Relevanz (Control Event Rate, Experimental Event Rate, Absolute Risk Reduction, Relative Risk Reduction, Numbers needed to treat) und der Übertragbarkeit auf das konkrete Patientenbeispiel werden hierzu mit den Studierenden entwickelt. Die Bedeutungen der Begriffe werden in Kleingruppenarbeit diskutiert und erarbeitet. Die Studierenden müssen anschließend –ähnlich wie am vorangegangenen Seminartag- anhand eines therapeutischen Fallbeispiels eine Interventionsstudie in Kleingruppen analysieren. Kursleiter und Kleingruppentutoren greifen moderierend in die Kleingruppenarbeit ein und stehen bei eventuellen Schwierigkeiten zur Verfügung.

Am Ende des Seminartages wird vom Kursleiter das Vorgehen zur Bearbeitung der Seminararbeit erläutert, welches zum letzten Seminartag erstellet werden muss. Diese enthält ein individuelles, personalisiertes Fallbeispiel, anhand dessen die Studierenden die erlernten Fähigkeiten anwenden müssen: Formulierung einer präzisen Frage, Durchführung der Internetrecherche, Bewertung der gefundenen externen Evidenz, Überprüfung der Übertragbarkeit auf das klinische Szenario. Durch die ständige Aktualisierung der Fallbeispiele verfügt die Arbeitsgruppe mittlerweile über 108 dieser klinischen Szenarien inklusive zugehöriger Lösungsstrategien.

Am letzten Seminartag stellen die Studierenden ihr individuelles Fallbeispiel mit der daraus resultierenden Fragestellung im Rahmen eines Journal Clubs vor. Dabei soll auf die wichtigsten Gültigkeitskriterien und Relevanzkriterien eingegangen werden. Es folgt ein Resümee, in dem mit Hilfe der Studienergebnisse ein Behandlungsvorschlag erarbeitet werden soll, der auf den Patienten zugeschnitten ist. Eventuelle Fragen zu dem jeweiligen Fallbeispiel werden in der Kleingruppe diskutiert. Im Journal Club kommt es besonders auf die Interpretationsfähigkeit des Studierenden an. Es geht nicht um die reine Wiedergabe von Inhalten, sondern den Transfer des erworbenen Wissens in eine konkrete, realistische klinische Situation. Die Studierenden erhalten am Ende ihrer Präsentationen eine kurze Rückmeldung des jeweiligen Tutors der Kleingruppe. Nach einer Einführung in die Themen „systematische Übersichtsarbeiten“ und „Leitlinien“ werden die EbM und die Rolle von EbM in der medizinischen Aus-, Weiter- und Fortbildung zusammenfassend dargestellt. Dabei werden die 5 Schritte der EbM ausführlich rekapituliert.

Das Seminar Evidenzbasierte Medizin in Frankfurt ist das erste verpflichtende Seminar seiner Art im deutschsprachigen Raum. Dementsprechend wurde das Seminar durch Lehrforschung begleitet. Vor dem Seminar konnten einem Test mit offenen Fragen und Fragen mit Mehrfachauswahl zur Evidenzbasierten Medizin und kritischen Studienbeurteilung nur im Schnitt 2,4 von 20 Fragen richtig beantwortet werden, nach dem Seminar im Schnitt 9,85(p>0,001) [1].

Gleichzeitig wurde eigenständig durchgeführten fallbasierten medizinischen Problemstellungen mit kritischen Studienbewertungen im Sinne von bewerteten Seminararbeiten die Handlungskompetenz der Studierenden überprüft. Hier konnten die Studierenden die eigenständige Handlungskompetenz zeigen, indem im Mittel 49,5 von 55 Punkten erreicht wurden [1].

Das Seminar wurde und wird gut angenommen. Die subjektiven Evaluationen zeigten bei einer Bewertung in Form von Schulnoten (1-6) eine gute Akzeptanz mit einem Median von 2, Mittelwert 2,37. Die Evaluationen konnten seit Implementierung des Seminars deutlich verbessert werden und in den Folgejahren stets auf einem auch vergleichsweise sehr hohen Niveau gehalten und in einzelnen Unterpunkten sogar signifikant verbessert werden (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Ausschlaggebend dafür ist auch unsere kontinuierliche Verbesserungsarbeit mit der Einführung des integrierten Fallbeispiels und der internetbasierten Seminararbeit.

Das integrierte Fallbeispiel setzt alle Teilmodule der Evidenzbasierten Medizin, wie sie im Frankfurter Seminar gelehrt werden, in den Kontext einer großen Erkrankungsgruppe und eines konkreten Patienten, an dessen Beispiel sowohl die diagnostischen, die therapeutischen als auch die patientenintegrativen Anteile gemeinsam erarbeitet werden. Die aktive Einbindung der Studierenden stieg subjektiv von 90% auf 94% und die Bedeutung für die Klinik von 84% auf 88% [4].

Auch die internetbasierte Seminararbeit wurde im Rahmen des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses implementiert, da in den Evaluationen und Mitarbeitergesprächen die Dauer der formalen Bearbeitung und Korrektur der früher papierbasierten Seminararbeiten, als verbesserungswürdig dargestellt wurde. Deshalb wurde eine webbasierte Seminararbeitsplattform entwickelt, welche die gesamte Abwicklung der Seminararbeiten inklusive der weitestmöglichen automatisierten Korrektur ermöglicht. Die Online-Seminararbeit ergab bei gleichem Inhalt eine deutlich kürzere Bearbeitungszeit. Durch die computergestützte Auswertung am PC mit statt vorher 7,4 Minuten pro Arbeit jetzt mit 3,4 Minuten nur noch weniger als die Hälfte. Die Bearbeitungszeit unter den Studierenden veränderte sich insgesamt nicht signifikant. Jedoch wurde durch die Bearbeitung am PC die Anzahl der Studierenden, welche länger als 2 Stunden für die fallbasierte Seminararbeit benötigen von 53% auf 27% gesenkt [5].


Weitere Ausbildung in Evidenzbasierter Medizin

Am Fachbereich

Engagierte Studierende werden aktiv gefördert. Bereits im Seminar werden besonders gute und interessierte Studierende angesprochen, ob Interesse an weiterer Ausbildung besteht. Dazu stehen unsere Train-The-Teacher-Kurse diesen Studierenden kostenlos zur Weiterbildung offen. Auch Studierenden, welche selbständig auf uns zukommen, wird nach einem Gespräch zur Klärung der Motivation die Teilnahme an diesen Kursen kostenlos ermöglicht. In beiden Fällen wird das Seminar als vollständiger Basiskurs im System der Frankfurter Ausbildungsreihe angerechnet. Die Vorqualifikation zur Teilnahme am Train-The-Teacher-Kurs ist also dann schon erbracht. Mit den Train-The-Teacher-Kursen ist die Grundlage geschaffen um im Sinne des peer-teaching unter einem erfahrenen Kursleiter im curricularen Seminar Kleingruppen moderieren zu dürfen.

Seit 2006 wird für engagierte Studierende im klinischen Teil des Studiums das Wahlfach Evidenzbasierte Medizin angeboten. Nach Ausbildung der teilnehmenden Studierenden in weiterführenden Kursen in Evidenzbasierter Medizin werden aktuelle medizinische Problematiken mit den Studierenden systematisch aufgearbeitet oder neue Teilaspekte der Evidenzbasierten Medizin in Form von Lehrmodulen aufgearbeitet oder evaluiert. Bei entsprechendem Engagement können hieraus auch Projekte entstehen, die bis zu einer Posterpräsentation oder gar Publikation reichen. In regelmäßigen Treffen werden Schulungen durchgeführt, die Projektarbeiten besprochen und weiterentwickelt.

In einem weiteren Schritt werden regelmäßig alle 6 Wochen Fortbildungsveranstaltungen zu Themen der Evidenzbasierten Medizin durchgeführt, an welchen alle aktiven und weitergebildeten Studierenden und ärztlichen Mitarbeiter der Arbeitsgruppe gleichberechtigt teilnehmen können. Die Vorbereitung und Präsentation der Themen wird von der Arbeitsgruppenleitung koordiniert und auf die Bedürfnisse der Mitglieder abgestimmt.

Nach den Anfängen der EbM am hiesigen Fachbereich in Form von freiwilligen Kursen für Studierende, werden nun durch verschiedene Kooperationen die Inhalte der Evidenzbasierten Medizin auch zunehmend in klinische Bereiche verankert. So werden durch den Einfluss der Arbeitsgruppenmitglieder derzeit im Zentrum der Dermatologie und Venerologie, der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, dem Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Fakultät für Zahnmedizin Lehrinhalte evidenzbasiert vermittelt. Darüber hinaus wurden Mitglieder anderer Zentren am hiesigen Universitätsklinikum, so beispielsweise des Zentrums der Inneren Medizin und der Pädiatrie in Evidenzbasierter Medizin fortgebildet. Weitere Projekte, insbesondere zur Betreuung der Studierenden nach Abschluss Ihrer Ausbildung sind derzeit in Planung.

Diese Kooperationen wirken nicht nur extern, sondern werden auch intern für unser curriculares Seminar genutzt. So konnten wir für unseren Modulteil Leitlinien mit Prof. von Minckwitz aus dem Zentrum der Gynäkologie und Geburtshilfe des hiesigen Klinikums einen aktiven Leitlinienautor einer S3-Leitlinie als Gastdozenten gewinnen. Dies unterstreicht wiederum bei den Studierenden den Praxisbezug der Evidenzbasierten Medizin.

Überregional

Bereits 2003 wurde in deutschlandweiter Zusammenarbeit mit den aktiven Dozenten im Bereich der Lehre der Evidenzbasierten Medizin das Curriculum „Evidenzbasierte Medizin im Studium“ entwickelt. Dieses maßgeblich von Frankfurt aus koordinierte Projekt fasste die bis dahin bestehenden Initiativen zusammen und gab Lernziele und didaktische Umsetzungsmöglichkeiten vor.

In der weiteren Entwicklung der Lehre der Evidenzbasierten Medizin im deutschsprachigen Raum konnte 2005 die Frankfurter Fortbildungsreihe Evidenzbasierte Medizin mit dem Train-The-Teacher erstmalig durchgeführt werden. Diese Kurse sind explizit zur grundlegenden, dann aufbauenden und didaktischen Ausbildung von Angehörigen der Gesundheitsberufe gedacht, welche als Multiplikatoren vor allem Studierende in EbM ausbilden wollen. Die sehr guten Evaluationsergebnisse, 2005 noch als Wochenkurs, lagen mit im Mittel 8,2 von 10 möglichen Punkten in der globalen Bewertung. 2006 wurde der Kurs in Aufbaukurs und Didaktikkurs getrennt. Die Teile wurden im Mittel mit 8,27 respektive 9 von 10 möglichen Punkten bewertet [3]. Im Jahre 2007 erhielten der Aufbaukurs im Mittel 8,64 und der Didaktikkurs 8,06 von 10 möglichen Punkten. Das große Spektrum der Teilnehmer und die Teilnehmerzahlen sprechen für die kontinuierliche Fortführung des Programms, so dass auch dieses Jahr die Frankfurter Fortbildungsreihe „Train-The-Teacher EbM“ im Herbst in Frankfurt stattfinden wird [2]. Die spontanen Rückmeldungen über gelungene Implementierungen von Evidenzbasierter Medizin motivieren dabei immer noch weiter. Nach einer Erhebung des DNEbM von 2007 ist die Evidenzbasierte Medizin mittlerweile an 10 Universitäten in Deutschland verpflichtender Teil der medizinischen Curricula [6].

Zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem

Die Arbeitsgruppe beschloss im Jahr 2002, ausschließlich intrinsisch motiviert, einstimmig, zum strukturierten und effizienten Aufbau Ihrer Leistungen ein Qualitätsmanagementsystem einzuführen. Als Grundlage diente das weltweit anerkannte Regelwerk der DIN EN ISO 9001:2000.

Die Erstellung der Lehrmaterialien erfolgt seit dieser Zeit prozessorientiert und berücksichtigt die Evaluationen von mittlerweile mehr als 2000 Studierenden und Pflichtteilnehmern. Alle Prozesse wurden systematisch geplant, alle Dokumente gelenkt und die Arbeit zu allen Schnittstellen, internen und externen Kunden optimiert.

Besonderes Augenmerk legen wir dabei intern auf die effiziente und gewissenhafte Aus- und Fortbildung unserer Dozenten und Tutoren sowie extern auf die transparente Darstellung des Seminarablaufs und der Bewertungskriterien und darüber hinaus eine durchgehende persönliche Betreuung der Studierenden (teilweise auch an Wochenenden). Für den Seminarablauf wurde ebenfalls ein Ereignismanagement implementiert, das allen Studierenden und Mitarbeitern im Sinne eines Beschwerdemanagements und eines innerbetrieblichen Melde- und Vorschlagswesens zur Verfügung steht.

Die sich rasch verbessernden Evaluationen der Studierenden waren Motivation und Anlass, die etablierten Lehr- und Lernmethoden kontinuierlich den Bedürfnissen der Studierenden anzupassen. Dies geschieht in einem systematischen, dem PDCA-Zyklus nach Deming folgenden, kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Durch diesen kontinuierlichen Verbesserungsprozess konnten wir unsere Effizienz steigern und gleichzeitig unsere Evaluationsnoten verbessern. Beispiele hierfür sind die Einführung der papierlosen Online-Seminararbeit, die wiederholte Überarbeitung unseres Arbeitsskriptes, die jährliche Aktualisierung unserer Fallbeispiele und Beispielstudien und die Erarbeitung eines Integrierten Fallbeispiels.

Die strategische Planung unserer Leistung erfolgt durch klar definierte, messbare Ziele, die seit 2008 als Balanced Score Card geführt werden.

Als folgerichtige Konsequenz unseres gelebten Qualitätsmanagements wurde die Arbeitsgruppe mit allen Teilbereichen 2007 durch die DQS ohne Haupt- oder Nebenabweichung nach DIN EN ISO 9001:2000 zertifiziert, das jährliche Re-Audit wurde am 17.03.2008 mit Bravour bestanden.

Damit ist die Arbeitsgruppe EbM am Uniklinikum Frankfurt und im Bereich der Evidenzbasierten Medizin bundesweit eine der ersten wenn nicht die erste Einrichtung der reinen akademischen Lehre, die dieses Zertifikat erhalten hat.


Stellungnahme zu den Bewertungskriterien

Qualität der Lehre

Die Evidenzbasierte Medizin soll vom Grundsatz her den Anwender sowohl bei dem Prozess der medizinischen Entscheidungsfindung, als auch bei der Erlangung der selbständigen Fortbildungsfähigkeit unterstützen. Neben standardisierten Lernzielkatalogen, welche die konstante Vermittlung von gleichen Inhalten und somit von gleichem Wissen in allen Seminaren garantieren, wird der Schwerpunkt der Lehre auf die selbständige Erarbeitung und praktische Umsetzung der theoretisch erlernten Handlungskompetenzen gelegt.

Unterstützt wird dies durch Kleingruppenarbeit, interaktiv-frontale Elemente und innovative Kursmaterialien. So stehen den Studierenden ein seminarbegleitendes interaktives Skript sowie laminierte Lernkarten im Kitteltaschenformat mit Stichpunkten und Formeln zur Verfügung. Jeder Studierende hat die Möglichkeit, durch einen individuellen Internetzugang Internetrecherchen im Seminar durchzuführen und wird über die Zeit des Seminars hinaus befähigt, auf das umfangreiche Angebot der vom Fachbereich abonnierten Zeitschriften online zuzugreifen. Weiterhin sind die Benotungskriterien des Seminars für jeden Seminarteilnehmer auf der Homepage einsehbar und sorgen für einen transparenten Bewertungsvorgang.

Ein weiterer Eckpfeiler der Lehre ist die Sicherstellung der Lehrkompetenz, welche in der Arbeitsgruppe im Sinne von Mindestanforderungen geregelt ist. So ist jeder im Seminarbetrieb tätige Tutor/Seminarleiter durch EbM-Aufbaukurse, Train-the-Trainer-Kurse und weitere Didaktikkurse adäquat ausgebildet. Die Qualität der Lehre im Seminar unterliegt einem kontinuierlichen Verbesserungs- und Überwachungsprozess. Die stetige selbstständige Verbesserung im Sinne eines lebenslangen Lernprozesses als Arzt/Ärztin wird nicht nur methodisch vermittelt, sondern von der Arbeitsgruppe gelebt.

Nachhaltigkeit und Innovation

Die Arbeitsgruppe wurde aus dem Wunsch und Willen heraus gegründet, die medizinische Ausbildung am hiesigen Fachbereich zu verbessern. Die Bemühungen der Arbeitsgruppe sind somit ein einziger Innovationsprozess, der trotz des beachtlichen Teilerfolges, der Implementierung des curricularen Seminars EbM, noch lange nicht abgeschlossen ist.

Eine nachhaltige Veränderung der medizinischen Ausbildung in Frankfurt und in Deutschland ist nur dann möglich, wenn die Prinzipien der Evidenzbasierten Medizin breitgefächert und flächendeckend gelehrt, angewandt und unterstützt werden. Dies kann nur vor Ort an den medizinischen Fakultäten mit den etablierten Lehrkräften geschehen. Nur durch eine flexible Anpassung des Lehrstoffs an die örtlichen Gegebenheiten, die Motivation der Studierenden und durch die effiziente Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten kann ein dauerhafter Lernerfolg erreicht werden.

Auf diesen Grundsätzen und Strategien beruhen sowohl unsere fachbereichsinterne Lehre, die bereits geschlossenen und sich ständig erweiternden Kooperationen, als auch unsere externen Projekte.


Literatur

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Weberschock TB, Ginn TC, Reinhold J, Strametz R, Krug D, Bergold M et al. Change in knowledge and skills of Year 3 undergraduates in evidence-based medicine seminars. Med Educ. 2005;39:665-671. DOI: 10.1111/j.1365-2929.2005.02191.x External link
2.
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