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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu einer lehrorientierten Reform der Personalstruktur an Universitäten: Beginn einer Exellenz-Initiative für die Lehre?

Leitartikel/Editorial

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  • corresponding author Eckhart G Hahn - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Universitätsklinikum, Medizinische Klinik 1, Schriftleiter der GMS Z Med Ausbild, Vorsitzender der GMA, Erlangen, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2007;24(1):Doc74

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/zma/2007-24/zma000368.shtml

Received: February 14, 2007
Published: February 16, 2007

© 2007 Hahn.
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Leitartikel/Editorial

Der Wissenschaftsrat (WR) hat am 26.1.2007 Empfehlungen zu einer lehrorientierten Reform der Personalstruktur an Universitäten verabschiedet [1]. Der WR plant, in Kürze auch Empfehlungen zur Qualität der Lehre an Universitäten zu veröffentlichen. Sind diese Empfehlungen der Beginn einer Exzellenz-Initiative für die Lehre, wie sie die GMA [2] und kürzlich auch der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) der BRD Prof. Zöllner [3] sowie andere Beobachter der Lehre an Universitäten [4] fordern? (http://www.kmk.org/aufg-org/home1.htm)

Neue Personalstrukturen an Universitäten [1, S. 34-35]

Nachdem sich Bund und Länder der BRD auf einen Hochschulpakt 2020 vom 13.12.2006 verständigt hatten und 1,13 Mrd € in den Jahren 2007 bis 2010 für zusätzliche Studienplatzkapazitäten bereitstellen wollen, sieht der WR darüber hinaus die Notwendigkeit, die Qualität der Lehre in Deutschland zu verbessern. Dazu macht er Vorschläge zur Personalstruktur und Karrierewegen an Universitäten, die durch die Einführung von Professuren mit Schwerpunkt Lehre charakterisiert sind (60% Lehre, maximal 12 Semesterwochenstunden; 30% Forschung; 10 % Selbstverwaltung und Management), ferner durch die Schaffung qualifizierter Schulungsangebote im Bereich der Lehre für alle Hochschullehrer und die Entwicklung messbarer Qualitätskriterien für gute Lehre. Zur Qualität der Lehre wird der WR im Laufe dieses Jahres eigene Empfehlungen verabschieden. Das Strukturmodell des WR ist in Abbildung 1 [Abb. 1] dargestellt. Der WR betont die notwendige Qualifikation aller Professuren durch Forschungsleistungen und erteilt der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vorgeschlagenen Einrichtungen von Lehrpersonal unterhalb der Ebene der Professoren ("Lecturer“ genannt) eine Absage.

Professionalisierungsgrad von Professuren mit Schwerpunkt Lehre [1, S. 36]

Der Zugang zu den neuen Professuren mit Schwerpunkt Lehre soll über einen eigenständigen Qualifizierungsweg der Juniorprofessur mit Schwerpunkt Lehre führen. Dem Juniorprofessor wird nach einer strengen Leistungsüberprüfung die Berufung auf eine unbefristete Professur eröffnet. Zur Qualifizierung des Schwerpunkts Lehre soll eine anspruchsvolle Struktur etabliert werden die auch den Aufbau und Ausbau entsprechender Institutionen umfasst. Diese Qualifizierungstrukturen für die Lehre sollen allen Nachwuchskräften und Hochschullehrern zur Verfügung stehen. Auf Seite 36 der Empfehlungen [1] ist das spezifische Kompetenzprofil der künftigen Professuren mit Schwerpunkt Lehre dargelegt.

Qualifizierte Angebote und Kompetenzüberprüfung [1, S.41ff]

Der WR hält es für eine der zentralen hochschulpolitischen Aufgaben der kommenden Jahre, die Qualität der Lehre zu verbessern. Standardisierte Kursangebote in einer veränderten Organisiationskultur an den Fachbereichen (Lehr- und Lernkultur parallel zur Forschungskultur, Anm. d. Red.) werden vorgeschlagen. Kriterien und Verfahren zur Überprüfung von Kompetenzen sind zu entwickeln. Dafür sind entsprechende Institutionen als Zentren der Kompetenzvermittlung auf- und auszubauen, einschließlich hochschulübergreifender Einrichtungen und Angebote. Es wird erkannt, dass zur Erreichung dieser Ziele Ressourcen in erheblichem Umfang bereitgestellt werden müssen. Der WR sieht hierin sinnvolle Investitionen, die die Qualität der Lehre und die Effizienz der Ressourcenverwendung deutlich erhöhen können. Dies gilt insbesondere auch für den Einsatz der Mittel aus dem Hochschulpakt 2020.

Position der GMA

Die Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) widmet sich seit ihrer Gründung im Jahre 1978 der Förderung der Qualität der Lehre in Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung aller Gesundheitsberufe. Sie hat deshalb kürzlich in ihrer wissenschaftlichen Zeitschrift GMS Zeitschrift für Medizinische Ausbildung gefordert, der Exzellenzinitiative für Forschung eine Exzellenzinitiative für Lehre folgen zu lassen [2]. In anderen Medien wurden ähnliche Forderungen laut [3], [5]. Jüngst hat sich der neue Präsident der Kultusministerkonfernz der BRD, Prof. Dr. med. E. Jürgen Zöllner, an die Spitze dieser Vorschläge gestellt. Somit ist Bewegung in die gesamte universitäre Lehre gekommen, die von der GMA nachdrücklich unterstützt werden wird. Sie wird sich naturgemäß besonders für die Qualität in der medizinischen Lehre einsetzen können. Dort hat die GMA mit ihren inzwischen über 500 Mitgliedern hohe Professionalität entfaltet, so im Deutschen Studiengang Master of Medical Education des Medizinischen Fakultätentages (MME-D) und in den Studiendekanaten der medizinischen Fakultäten Deutschlands. GMA-Ausschüsse (http://www.gesellschaft-medizinische-ausbildung.org) bearbeiten ständig Themen der Medizinischen Ausbildung, z.B. die GMA-Ausschüsse Akkreditierung und Zertifizierung, Personal- und Organisationsentwicklung, Prüfungen, Methodik der Ausbildungsforschung und Studienreform im Europäischen Hochschulraum. Insofern möchte die GMA ein kompetenter Partner und Projektnehmer einer kommenden Exzellenz-Initative für die Lehre sein.

Sind die neuesten Empfehlungen des WR und Aktivitäten der KMK der Beginn einer solchen Exzellenz-Initiative? Ich glaube in der Tat, dass eine solche Hoffnung begründet ist. Zweifellos bleibt abzuwarten, welche Dynamik, welche Finanzmittel und welche Resultate freigesetzt werden. Vieles ist aus Sicht der GMA nicht konkret genug. Etwas Wesentliches fehlt in bisher allen mir zugänglichen Medien: die Ausbildungsforschung als Qualifizierungsmerkmal der neuen Professoren mit Schwerpunkt Lehre. Ausbildungsforschung ist ein wesentliches Längsschnittmerkmal des MME-D, das sich durch alle 8 Module hindurchzieht. Ausbildungsforschung ist nach Meinung der GMA unverzichtbar für die Sicherung der Wissenschaftlichkeit der Lehre [4]. Insofern ist es tragisch, wenn nun das letzte und einzige Institut für Ausbildung und Studienangelegenheiten (IfAS) in Deutschland (Münster) von der Abwicklung bedroht ist und ein entsprechender Lehrstuhl nicht zur Verfügung steht. Die GMA fordert ein entsprechendes Institut für Aus- und Weiterbildung an allen Fakultäten, die sich als Kompetenzzentren für die Lehre in den Gesundheitsberufen entwickeln wollen. Nur so kann Exzellenz in der Lehre entstehen und nachhaltig werden. Insofern sollte eine Exzellenz-Initative für die Lehre auch Elemente der Ausbildungsforschung umfassen.

Schließlich berühren die neuen Strukturen für die Lehre und die Diskussion der Qualität der Lehre auch die gesamtgesellschaftliche Rolle der Universitäten als akademische Schulen. Boyer hat die wesentlichen Merkmale des Akademikers definiert [6] – und dies schließt die Lehre explizit mit ein [7], und auch die Ausbildungsforschung [8], [9]. Es ist zu hoffen, dass dieser Diskurs nach der Schweiz und Österreich nun auch Deutschland erfasst. Die Zeichen stehen gut! Die GMA möchte dabei Ausgangspunkt und Mittelpunkt einer Elite in medizinischer Ausbildung in den deutschsprachigen Ländern bleiben und Partner für alle sein, die Exzellenz in der Lehre anstreben.


Literatur

1.
Wissenschaftsrat.de [Homepage im Internet]. Empfehlungen zu einer lehrorientierte Reform der Personalstruktur an Universitäten. Köln: Wissenschaftsrat; 2007. Zugänglich unter: http://www.wissenschaftsrat.de/texte/7721-07.pdf. External link
2.
Hahn EG. Gute Lehre, schlechte Lehre - was ist besser für eine Elite-Universität?. GMS Z Med Ausbild. 2006;23(4):Doc75. Zugänglich unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2006-23/zma000294.shtml. External link
3.
Spiewak M. Exzellenz auch für die Lehre. Berlin ergreift die Initiative. DIE ZEIT. 2007;5:31.
4.
Hahn EG. Medizinische Ausbildungsforschung im Deutschen Sprachraum: Quantité Négligeable? GMS Z Med Ausbild. 2005;22(2):Doc28. Zugänglich unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2005-22/zma000028.shtml. External link
5.
Stegemann T. Eine gefühlte Elite-Uni und der harte Boden der Realität. Telepolis: Heise Verlag; 2007. Zugänglich unter: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24615/1.html. External link
6.
Boyer EL. Scholarship reconsidered: Priorities of the Professoriate. Princeton, New Jersey: Carnegie Foundation for the Advancement of Teaching; 1990.
7.
Glassick CE, Huber MR, Maeroff GI. Scholarship Assessed - Evaluation of the Professoriate. CA: Jossey-Bass; 1997.
8.
Fincher RM, Work JA. Perspectives on the scholarship of teaching. Med Educ. 2006;40: 293-295.
9.
Kreber C. Teaching excellence, teaching expertise and the scholarship of teaching. Innnovative High Educ. 2002;27:5-23.