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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Einfluss des neuen Urheberrechtsgesetzes auf die Erstellung, den Einsatz und die Verbreitung von Computerlernprogrammen

Consequences of the new German copyright act on the creation, application and distribution of computer-based-learning-programs

Projekt Tiermedizin

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GMS Z Med Ausbild 2005;22(4):Doc209

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/zma/2005-22/zma000209.shtml

Received: June 6, 2005
Published: November 18, 2005

© 2005 von Gerlach et al.
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Zusammenfassung

Computerlernprogramme finden in der Tier- und Humanmedizin immer stärkeren Einsatz. Die Nutzung einzelner Programme ist allerdings stark abhängig von der Verfügbarkeit und der Möglichkeit, mit ihnen am eigenen PC zu lernen.

Obwohl eine stattliche Anzahl von Programmen bereits vorhanden ist, sind viele den Studierenden nicht bekannt. Eine öffentliche Sammlung der verfügbaren Programme ermöglicht den Studierenden sich über die vorhandene Vielfalt zu informieren.

Nachdem ein Lernprogramm bereits einmal in den Verkehr gebracht wurde, erlaubt das deutsche Urheberrechtsgesetz das Verleihen in Bibliotheken. Die erforderliche Vergütungspflicht wird durch den jährlich gezahlten Pauschalbetrag an die Verwertungsgesellschaft abgegolten.

Durch diese einfachen Maßnahmen, öffentliche Sammlung und Verleihe in den Bibliotheken) kann das elektronische Lernen weiter verstärkt werden.

Schlüsselwörter: E-Learning, Tiermedizin, Urheberschutz, Bibliotheken

Abstract

Computer-based-learning is intensifying in veterinary and human medicine. The use of this programs depends much on their availability and the possibility to use them on the own pc.

Even though various programs were made, many of them are not known by the students. A public collection of the available programs allows the students to get informed.

When a program was once introduced, the German law for copyright allows the distribution in libraries. The necessary commission is paid annually with the fixed salary to the collecting society.

Because of these simple actions, public collection and distribution in libraries, e-learning can get more enforced.

Keywords: e-learning, veterinary medicine, copyright, library


Einleitung

Der Einsatz von Computerlernprogrammen findet in der Tiermedizin zunehmend Verbreitung [2], [1] und wird auch vermehrt in das Curriculum integriert. Einerseits werden die vorhandenen Programme im Selbststudium oder zur Prüfungsvorbereitung eingesetzt [5] andererseits wird in den relativ neu eingeführten Wahlpflichtfächern [12] das sogenannte Blended Learning, eine Mischung aus computergestütztem Lernen und Präsenzlehrveranstaltungen, zur Anwendung gebracht.

In der Humanmedizin wird diese Tendenz schon länger beobachtet [8]. Während hier bei den Programmen zum Selbststudium allerdings nur eine Nutzungsrate von knapp 5% beobachtet wird [4], konnte in der Tiermedizin eine Benutzung durch bis zu 50% der Studierenden erreicht werden [5].


Fragestellung

Wie ist es möglich, die Nutzung von Lernprogrammen weiter zu steigern? Wie können die mittlerweile in größerer Zahl vorhandenen Programme einem größeren Kreis von Interessierten zugänglich gemacht werden?

Die Studie aus der Humanmedizin [4] stellte als Problem die mangelnde Verfügbarkeit von Lernprogrammen auf CD-ROM zu einem akzeptablen Preis fest. So wurden die Programme in einer Mediothek vor Ort zur Nutzung freigegeben. Allerdings wünschten sich 87% der Studierenden die Abgabe der Lernprogramme zum Selbstkostenpreis. Bei der Studie aus der Tiermedizin [5] wurde es den Studierenden freigestellt, die Programme an universitätseigenen PCs zu nutzen oder nach Hause zur Installation auf dem eigenen PC zu entleihen. Mit dem Hang dazu, Lernmedien am eigenen PC zu nutzen, den auch FREY [4] erkennt, sind die deutlich höheren Nutzungszahlen aus der Tiermedizin zu erklären.

Für eine noch bessere Nutzung kristallisieren sich vor allem zwei Probleme heraus:

- Wie kann man den Nutzern unterbreiten, welche Lernprogramme bereits erhältlich sind?

- Wie kann man die z.T. teuren kommerziellen Programme einer breiteren Anzahl von Studierenden zugänglich machen?


Lösungen

Es sind zwar bereits einige Lernprogramme in der Tiermedizin entwickelt worden, doch oft sind diese nicht den Studierenden der unterschiedlichen Bildungsstätten bekannt. Daher wurden an der ehemaligen Gynäkologischen und Ambulatorischen Tierklinik der LMU München die auf CD erhältlichen Lernprogramme gesammelt [7] und in Schaukästen in der Klinik ausgestellt. Zusätzlich wurde eine Liste aller Programme erstellt und diese auch in einer interaktiven Form inkl. Zusammenfassung, Verfügbarkeit und Installationsvoraussetzungen veröffentlicht. Diese Programme wurden von Studierenden auf ihre Relevanz für das Tiermedizinische Studium überprüft [1]. Dieser interaktive Schaukasten findet sich nach der Auflösung der Klinik auf den Seiten des AK mulTIERmedia unter http://www.multiermedia.de.

Um die gesammelten Programme auf einfache Art und Weise den Studierenden zugänglich zu machen, wurde untersucht, in wieweit das Urheberrechtsgesetz (UrhG) [13] gegen einen Verleih auch von kommerziellen Programmen in den Universitätsbibliotheken spricht.

Das deutsche Urheberrechtsgesetz wurde geschaffen, um das Schaffenswerk einer Person und damit deren wirtschaftliche Existenz zu sichern [11]. Es setzt daher klare Grenzen für die Verwendung und Verwertung fremder Werke. Der Anwendungsbereich wird in §§ 120 ff UrhG definiert [Abb. 1]. Seit 1993 werden Computerprogramme in den §§ 69 a ff UrhG explizit geschützt und damit auch die Rechte des Urhebers:

• Ohne Zustimmung des Urhebers ist eine Vervielfältigung untersagt (§ 69 c Nr. 1 UrhG § 69 c Nr. 1 UrhG)

• Benutzung durch Dritte bedarf der Zustimmung des Urhebers bzw. eines Lizenzerwerbes

• Auch mit Lizenz ist die Vervielfältigung ohne Zustimmung des Urhebers nicht erlaubt

• Lediglich Sicherungskopien dürfen erstellt werden (§ 69 d Abs. 2 UrhG)

Damit ist eine Übersetzung oder Umarbeitung fremder Programme ohne Zustimmung des Urhebers verboten (§ 69 c Nr. 2 UrhG). Auch die Verbreitung von Computerlernprogrammen ist grundsätzlich nicht ohne die Zustimmung des Urhebers zugelassen (§ 69 c Nr. 3 UrhG) [Abb. 2]. Hier tritt allerdings der so genannte Erschöpfungsgrundsatz in Betracht. Wenn ein Programm bereits einmal mit Zustimmung des Urhebers in Verkehr gebracht wurde, ist später eine weitere Zustimmung zum Verbreiten des Programms nicht mehr erforderlich (§ 69 c Nr. 3 UrhG). Dies gilt jedoch nur für die Verleihe, nicht für die Vermietung. Da der Erschöpfungsgrundsatz nicht umgangen werden darf, ist eine vertragliche Beschränkung des Verleihrechtes nicht zulässig [9], [6].

Da der Kaufpreis eines Programms jedoch nur den Werksgenuss eines Einzelnen abdeckt [10], hat der Urheber bei der Verleihung seines Werkes in einer öffentlichen Bibliothek einen Vergütungsanspruch (§ 27 Abs. 2 UrhG). Diese Vergütung wird von den Bibliotheken nicht je CD, sondern von Bund und Ländern als jährlicher Pauschalbetrag für die von der öffentlichen Hand getragenen Bibliotheken an die Verwertungsgesellschaft (VG WORT, http://www.vgwort.de) entrichtet. Dort können sich die Autoren kostenfrei anmelden und bekommen dann ihre Vergütung ausgezahlt.

Zusätzlich zur Vergütungspflicht gibt es noch eine Selbstverpflichtungserklärung der deutschen Bibliothekenverbände. Laut dieser unterbleibt der Verleih einiger Programme (z.B. Microsoft Windows, Microsoft Office) ohne die Zustimmung des Urhebers vollkommen, Maßnahmen zum Kopierschutz werden eingeführt und eine Anpassung an veränderte Situationen soll jederzeit erfolgen. Diese tangiert Computerlernprogramme allerdings nicht.

Mit der Einführung der Änderungen des Urheberrechtsgesetzes vom September 2003 wurde den Hochschulen noch mehr Freiraum für die Lehre zu Teil. Nach § 52 a UrhG ist Hochschulen erlaubt, fremde Werke einem abgegrenzten Teilnehmerkreis, also ihren Studierenden, ohne Zustimmung des Urhebers öffentlich zugänglich zu machen. Hierbei ist sogar eine erforderliche Vervielfältigung zulässig [3]. Die Vergütungspflicht bleibt davon unberührt, wird allerdings durch den Pauschalbetrag abgegolten. Hiermit ist eine Grundlage für "Blended Learning" auch mit fremden Werken geschaffen worden.


Fazit

Abschließend lässt sich sagen, dass eine verstärkte Nutzung durch Lernprogramme durch eine Verbesserung der Verfügbarkeit erreicht werden kann. So lange die Bandbreite der Internetanschlüsse der Studierenden für aufwändige Multimedia-Applikationen noch nicht ausreicht, wird man weiterhin auf CD-ROMs zurückgreifen müssen. Lernprogramme auf CD können mittels virtueller Schaukästen in der Studentenschaft publik gemacht und dann in den Fakultätsbibliotheken verliehen werden. Das Urheberrechtsgesetzt erlaubt diesen Verleih und gibt in seiner neuesten Fassung den Hochschulen sogar die Möglichkeit, fremde Werke für den Unterricht zu vervielfältigen. Eine Vergütung erfolgt über die VG Wort in Form der bereits seit langem gezahlten Pauschalbeträge.

Hierdurch gibt der Gesetzgeber den Bildungseinrichtungen ein starkes Werkzeug in die Hand, das elektronische Lernen weiter zu verstärken.


Literatur

1.
Bielohuby M, Ehlers JP, Rankl J, Stolla R. Computer-Assistierte-Lernprogramme (CAL) in der Tiermedizin. - Teil 1: Verfügbarkeit in der tiermedizinischen Lehre. Dtsch Tierarzt Bl. 2004;3:249-252.
2.
Ehlers JP, Friker J, LiebichHG, Stolla R. PC-Ausstattung und -nutzung von Studierenden der Tiermedizin im Vergleich zu Schülern der 12. Klasse. Med Ausbild. 2002;19:124-126.
3.
Erbguth W, Volle P, Streufert U, Vandrey A. Notebook-University Rostock: Urheber-, datenschutz- und haftungsrechtliche Fragestellungen. Baden-Baden: Nomos; 2005. S.50-52.
4.
Frey P. Papier oder PC? Die Neuen Medien auf dem Prüfstand. Z Hochschuldid. 1999;3:1-6.
5.
FrikerJ, Ehlers JP, Stolla R, Liebich HG. Entwicklung von Lernprogrammen - Fallbeispiele aus der Tiermedizin. Med Ausb. 2001;18:181-185.
6.
Fromm FK, Nordemann W, Vinck K. Urheberrecht Kommentar, 9. Auflage § 69 c Rn. 6. Stuttgart: Kohlhammer Verlag; 1998.
7.
Leidl W, Rankl J, Ehlers J, Friker J, Stolla R. Schaukasten. 2003. Zugänglich unter: http://www.multiermedia.de/links.
8.
Malek M. Entwicklung und Einsatz computergestützter Lernprogramme in der radiologischen Lehre: Eine vergleichende Studie zur Integration des fallorientierten computergestützten Lernens im klinischen Studienabschnitt am Beispiel des CASUS-Lernsystems. Diss. med. LMU München [Analyse im Internet]. 2004 April [zitiert 2004 April 02]. Zugänglich unter: http://edoc.ub.uni-muenchen.de/archive/00002039/01/Maleck_Martin.pdf.
9.
Möhring P, NIicolini K, Hoeren T. Urheberrechtsgesetz Kommentar, 2.Auflage, § 69 c Rn. 18. München: Verlag Vahlen; 2000.
10.
Rehbinder M. Urheberrecht. 11. Auflage, Rn. 252. München: Beck-Verlag; 2002.
11.
Sakowski K. Juristische Lehrmaterialien - Urheberrecht I, Rechtliche Grundlagen. [Analyse im Internet]. Heidenheim: Berufsakademie; 2004 [zitiert 2004 Jul 8]. Zugänglich unter: www.sakowski.de/skripte/urheber1.html.
12.
Tierärztliche Approbations- und Prüfungsordnung (TAPPO). Verordnung zur Approbation von Tierärztinnen und Tierärzten sowie zur Änderung anderer approbationsrechtlicher Vorschriften, letzte Änderung 12.01.2001. Bonn: Bundesgesetzblatt. 2001;21.
13.
UrhG (1965/2003) Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte BGBl I 1965, 1273, Zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 10. 9.2003 I 1774; 2004, 312. Zugänglich unter: http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/urhg/.