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GMS Hygiene and Infection Control

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH)

ISSN 2196-5226

Die V.A.C.-Instill zur Behandlung der akuten Wundinfektion

VAC Instill for treating acute wound infection

Übersichtsarbeit

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  • corresponding author Wim Fleischmann - Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Bietigheim-Bissingen, Deutschland

GMS Krankenhaushyg Interdiszip 2006;1(1):Doc28

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Published: August 30, 2006

© 2006 Fleischmann.
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Zusammenfassung

Die Vakuumversiegelung gewährleistet als Sonderform des okklusiven Wundverbands besonders günstige Vorraussetzungen für die Wundheilung, indem ein physiologisches, feucht-warmes Wundmilieu bei einem partiellem Unterdruck von etwa 40 kPa eingestellt wird.

Schlüsselwörter: Vakuumversiegelung, Instillationsversiegelung, Merkmale, Eigenschaften

Abstract

As a special form of occlusive wound dressing, vacuum sealing ensures particularly favorable preconditions for wound healing by creating a physiological, moist-warm wound environment at slightly negative atmospheric pressures (ca. 40 kPa).


Text

Prinzip

Die Vakuumversiegelung ist eine Sonderform des okklusiven Wundverbands. Sie schafft günstige Vorraussetzungen für die Wundheilung, indem ein physiologisches, feucht-warmes Wundmilieu eingestellt wird. Die äußere Abdeckung besteht aus einer transparenten, nur für Wasserdampf durchlässigen Polyurethanfolie, die die Wunde zuverlässig vor schädlichen Umwelteinflüssen wie Auskühlung und Kontamination schützt. In unmittelbarem Kontakt mit der Wunde befindet sich unter der Folie der weiße Polyvinylalkohol- oder der schwarze Polyurethan-Schwamm.

Eigenschaften

Der Polyvinylalkohol- oder Polyurethan-Schwamm nimmt die Wundflüssigkeiten auf, die über ein Drainagesystem sofort wieder abgeleitet werden. Die Poren der Schwämme enthalten so stets frisch produziertes Wundsekret einschließlich zugehöriger biochemischer Komponenten. Die Drainagekapazität ist nahezu unbegrenzt - ein Vorteil bei stark sezernierenden Wunden. Über die Schwämme wirkt ein partielles Vakuum auf die Wunde ein, das je nach verwendetem Schwamm und Wundtyp auf einen Unterdruckbereich von ca. 40 kPa eingestellt wird. Die so erzeugte Adhäsion von Schwamm und Wundoberfläche bewirkt einen innigen Kontakt, der die Wunde zur Produktion von Granulationsgewebe anregt. Die physikalischen Eigenschaften der Schwämme, insbesondere die Porengröße, haben Einfluss auf das Ausmaß der Gewebeneubildung.

Instillationsversiegelung

Werden in den Schwamm alternierend therapeutische Lösungen eingebracht und nach einer exakt definierten Einwirkdauer wieder abgesaugt, indem der Unterdruck der Vakuumversiegelung wiederhergestellt wird, handelt es sich um die Instillationsversiegelung.

Diese aktuelle Weiterentwicklung der Vakuumversiegelung wird bislang vorwiegend zur Behandlung akuter Wundinfektionen im orthopädisch-chirurgischen Bereich eingesetzt. Sie bietet aber auch für andere chirurgische Disziplinen oder für die Dermatologie interessante Möglichkeiten für eine intensive, topische Medikamentenapplikation.

Die Instillationsversiegelung wird in drei unterschiedliche Phasen aufgeteilt:

  • Die erste Phase ist die Instillationsphase, die je nach Größe der Wunde ca. 10 - 20 s andauert. Dabei verschließt sich zuerst die Vakuumleitung, dann wird die Instillationsleitung geöffnet, der Schwamm dehnt sich infolge seiner Elastizität aus und die Poren saugen die Wirkstofflösung auf. Der anfängliche Unterdruck baut sich dabei ab, und es werden schließlich Werte erreicht, die je nach hydrostatischem Druck der Instillationslösung deutlich über dem atmosphärischen Umgebungsdruck liegen können. Dieser Überdruck entfaltet die Wunde und ihre Oberflächen werden vollständig von der Wirkstofflösung durchdrungen. Durch die transparente Versiegelungsfolie hindurch wird beim ersten Instillationsvorgang die Zeit bestimmt, die der Schwamm benötigt, um die einströmende Flüssigkeit aufzunehmen und sich auszudehnen. Diese Zeit kann sehr einfach auf ein automatisiertes Therapiesystem, den Instillamaten (V.A.C.-Instill, KCI), übertragen werden
  • Als die zweite Phase folgt die Wirkphase. Sowohl die Vakuum- als auch die Instillationsleitung sind verschlossen. Es treten keine Flüssigkeitsbewegungen im Schlauchsystem auf, auch wenn es durch Lagerung oder Mobilisation des Patienten zu Veränderungen des hydrostatischen Drucks kommt. Die Wirkstofflösung hat Zugang zur gesamten Wundoberfläche, nicht nur bei oberflächlichen, sondern auch bei tiefen und zerklüfteten Wunden oder Gelenken. Die Zeitdauer der Wirkphase ist abhängig von der Pharmakokinetik der verwendeten Medikamente und der Empfindlichkeit der Krankheitserreger. Für das Antibiotikum Nebacetinâ (Neomycinsulfat/ Bacitracin, Yamanouchi Pharma) oder das Antiseptikum sind mindestens 20 min erforderlich
  • In der dritten Phase, der Vakuum-Phase, wird der heilungsfördernde Unterdruck der Vakuumversiegelung wieder hergestellt und gleichzeitig die verbrauchte Wirklösung entfernt, die durch Wundsekret verdünnt und mit Bakterien und Toxinen angereichert ist. Die Zeitdauer der Vakuumphase ist abhängig von der Beschaffenheit des Wundsekrets, das Einfluss auf die Porosität des Schwamms hat. Je dickflüssiger und partikelreicher das Sekret ist, umso kürzer sollte die Vakuumphase sein, damit der kollabierte Schwamm nicht verklebt. Die Standardeinstellung der Vakuumphase liegt zwischen 30 min und 1 h

Jeder Instillationszyklus entspricht im Grund einem Verbandwechsel. Mit einem automatisierten Instillationssystem ist die Zahl der Verbandwechsel allerdings praktisch unbegrenzt, so dass rund um die Uhr eine außergewöhnlich intensive und wirksame Wundbehandlung schmerzfrei, ohne Blutverlust und mit minimalem Behandlungsaufwand durchführbar ist.

Abbildung 1 [Abb. 1] enthält ein Beispiel für eine Instillationstherapie bei akuten Osteitis.

Die Eindringtiefe von Wirkstoffen in das Körpergewebe und das Ausmaß ihrer Resorption sind abhängig von den Durchblutungsverhältnissen in der Wunde und dem Molekulargewicht des Medikaments. Aus Sicherheitsgründen sollten nur gut verträgliche Pharmaka mit fehlender oder zumindest geringer Resorption Verwendung finden. Es ist nahe liegend, dass bei der Auswahl von Medikamenten mit einer geringen Penetrationstiefe und Resorptionsrate auch der therapeutische Effekt auf die Oberfläche begrenzt bleibt. Deshalb gilt auch bei der Instillationstherapie der Grundsatz der septischen Chirurgie, dass durch einen möglichst raschen Behandlungsbeginn das Vordringen der Bakterien in tiefer gelegene Gewebeabschnitte verhindert wird. Eine gleichzeitige, auf den Erreger ausgerichtete systemische Behandlung mit Antibiotika ist bei akuten Wundinfektionen unbedingt erforderlich.


Literatur

1.
Fleischmann W, Russ M, Westhauser A, Stampehl M. Die Vakuumversiegelung als Trägersystem für eine gezielte lokale Medikamentenapplikation bei Wundinfektionen. Unfallchirurg. 1998;101(8):649-54.
2.
Wolvos T. Wound instillation - the next step in negative pressure wound therapy. Lessons learned from initial experiences. Ostomy wound manage. 2004;50(11):56-66.