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EbM 2008: Evidenzbasierte Primärversorgung und Pflege
9. Jahrestagung Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin und
Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.
Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft

22.02. - 23.02.2008 in Witten

Instrumenten-basierte Einschätzung des Sturzrisikos im Vergleich zur pflegerischen Einschätzung

Predicting the risk of falling – efficacy of a risk assessment tool compared to nurses' judgement

Meeting Abstract

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  • corresponding author Gabriele Meyer - Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Bremen, Deutschland
  • author Sascha Köpke - Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Fachwissenschaft Gesundheit, Hamburg, Deutschland

Evidenzbasierte Primärversorgung und Pflege. 9. Jahrestagung Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin und Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft. Witten, 22.-23.02.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. Doc08ebmP36

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/ebm2008/08ebm60.shtml

Veröffentlicht: 12. Februar 2008

© 2008 Meyer et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund

Instrumente zur standardisierten Einschätzung pflegerelevanter Risiken erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Zur Bestimmung des Sturzrisikos liegen zahlreiche Skalen vor. Ihr klinischer Nutzen ist bislang nicht untersucht.

Methoden

Cluster-randomsiert-kontrollierte Studie mit 58 Alten- und Pflegeheimen in Hamburg und Umgebung (je 29 in der Interventionsgruppe, IG, und der Kontrollgruppe, KG) und 1125 Bewohnern (IG: n=574, KG: n=551). Vor Randomisierung erhielten alle Heime eine strukturierte Schulung zur Optimierung und Angleichung der sturzpräventiven Standardversorgung. In der IG erfolgte die monatliche Instrumenten-basierte Erfassung des Sturzrisikos (anhand des validierten Downton-Index) für alle Studienteilnehmer; in der KG erfolgte wie üblich die pflegerische Einschätzung, eine Sturzrisikoskala wurde nicht geführt. Primärer Endpunkt war die Anzahl der Personen mit mindestens einem Sturzereignis (Stürzer); sekundäre Endpunkte waren die Anzahl der Stürze, Maßnahmen zur Sturz- und Frakturprophylaxe sowie freiheitseinschränkende Maßnahmen (FEM) als unerwünschte Wirkung. Sturzbedingte Verletzungen und deren medizinische Versorgung, Kosten und applizierte sturzpräventive Maßnahmen wurden erhoben. Die Beobachtungszeit betrug 12 Monate.

Ergebnisse

Insgesamt 105 Bewohner (19%) in der IG und 114 Bewohner (21%) in der KG beendeten vorzeitig die Studie, da sie verstarben oder auszogen. Die Cluster-adjustierte Rate der Stürzer in der IG beträgt 52,6% (95% KI 45,4-59,8) und in der KG 53% (95% KI 46,5-59,5), p=0,938. In der IG ereigneten sich 1036 Stürze, in der KG 1027. Die Ergebnisse in den Gruppen sind bezüglich aller Ergebnisparameter nahezu identisch. In der IG wurden nicht mehr FEM appliziert als in der KG.

Schlussfolgerung/Implikation

Die Einschätzung des Sturzrisikos anhand einer Skala verspricht im Vergleich zur pflegerischen Einschätzung keinen klinischen Nutzen. Der Einsatz eines Instruments kann somit nicht empfohlen werden. Bereits etablierte Skalen wie zur Einschätzung des Dekubitusrisikos sollten ebenfalls in methodisch hochwertigen Studien untersucht werden und bis zum Nachweis ihrer Wirksamkeit nicht als Standard für die Pflegepraxis gelten.