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Das komplexe Beckentrauma – Führt die Änderung von Therapiekonzepten zur Senkung der Mortalität? Ergebnisse der multizentrischen Studie der AG Becken I – III (1991 – 2006)
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Veröffentlicht: | 9. Oktober 2007 |
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Fragestellung: Durch eindeutige Definition des komplexen Beckentraumas hat sich eine sofortige Notfallbehandlung etabliert. Durch Auswertung der multizentrischen Beckenstudie der AG Becken erfolgt ein Vergleich der Ergebnisse und Behandlungskonzepte über die letzten 15 Jahre.
Methode: 1722 Pat. mit Beckenring- und Azetabulumfrakturen AG I (1991-1993; 10 Kliniken), 2569 Patienten (1998-2002, 22 Kliniken) in der AG II und 1984 Patienten (2005-2006, 15 Kliniken) in der AG III. Retrospektive Analyse der Demographie, der Verletzungsschwere, der Notfallbehandlung, der Überlebensrate im Vergleich der einfachen mit der komplexen Beckenverletzung als biostatistische Analyse.
Ergebnisse: Insgesamt konnten 6275 Patienten (46,5% Frauen, 53,5% Männer) mit einem Durchschnittsalter von 51 Jahren ausgewertet werden. Komplexverletzungen traten in 8 % (523 Fälle) auf. Vergleichbare Verletzungsschwere im Median in allen 3 Studienabschnitten mit 9 Punkten im ISS und 20 Punkten im PTS, Gesamtletalität 5,8%. Typ A-Frakturen traten in 52,8 % (2398), B-Frakturen in 26.7% (1213) und C-Frakturen in 20,6% (934) der Fälle auf. Die Häufigkeit der Verletzungsregion nahm von transpubisch (26%) über transsacral (14%) zu transsymphysär (11%) ab, alle weiteren Regionen waren deutlich weniger betroffen. Die Behandlung des komplexen Beckentraumas zeigte einen zunehmenden Einsatz der Beckenzwinge (I= 6,9% - III = 14%). Ebenso wurde eine Zunahme der Fixateur externe-Anlage (I = 13,1% - III = 34,6%) beobachtet. Die extraperitoneale Tamponade wurde 1993 in keinem Fall und im Zeitraum AG III in 4,4% der Fälle durchgeführt. Umgekehrt konnte eine deutliche Abnahme der Laparotomierate von 37,5% (AG I) zu 13,2% (AG III) beobachtet werden. Die Letalität des komplexen Beckentraumas blieb in der AG I+II gleich bleibend hoch (I=21,3%, II=22%), während sie in den letzten 2 Jahren gesenkt werden konnte (14,3%).
Schlussfolgerungen: Die Gesamtletalität über die letzten 15 Jahre konnte bei beckenverletzten Patienten insgesamt gesenkt werden, bei den komplexen Beckenfraktur wurde dies durch den zunehmenden Einsatz einer Frühstabilisierung (Beckenzwinge, Fixateur, Tamponade) erzielt. Damit ist durch klare Definitionen des Komplextraumas und Verbesserung der Erstbehandlungsmaßnahmen ein Therapieerfolg direkt nachweisbar. Es konnte somit gezeigt werden, dass durch Standardisierung der Primärbehandlungskonzepte eine Verbesserung des Therapieerfolges bei der Therapie des komplexen Beckentraumas erreicht wurde. Durch Fortführung der prospektiven wissenschaftlichen Evaluation in der Multizenterstudie der AG Becken der DGU sollten auch weiterhin konkurrierende Behandlungskonzepte auf ihren Erfolg hin überprüft werden.