gms | German Medical Science

121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

27. bis 30.04.2004, Berlin

Die dorsale Fixateur interne Instrumentation und Fusion in der Behandlung von Verletzungen der oberen und mittleren Brustwirbelsäule (BWK 1 bis BWK 10)

Poster

Suche in Medline nach

  • presenting/speaker Antonio Krüger - Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie der Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • I. Fichtel - Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie der Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • A. Junge - Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie der Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • L. Gotzen - Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie der Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 27.-30.04.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dgch0641

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2004/04dgch466.shtml

Veröffentlicht: 7. Oktober 2004

© 2004 Krüger et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung

Instabile Verletzungen der Brustwirbelsäule oberhalb von Th 11 sind wesentlich seltener als im übrigen Bereich der thorakolumbalen Wirbelsäule. Aufgrund einiger Besonderheiten und Unterschiede zu Verletzungen der sonstigen thorakolumbalen Wirbelsäule, sind diese Verletzungen als eigene Entität zu betrachten. Hervorzuheben ist der hohe Anteil von Rückenmarksläsionen, der in erster Linie auf die Enge des Spinalkanals und häufig vorliegende translatorische Dislokationen zurückzuführen ist. Charakteristisch ist weiterhin, dass in einer hohen Prozentzahl thorakale und pulmonale Begleitverletzungen vorliegen und die Patienten häufig mehrfachverletzt oder polytraumatisiert sind. In dieser Arbeit werden die Patienten mit instabilen Verletzungen der oberen BWS aus einem 10-Jahres- Zeitraum vorgestellt, bei denen eine alleinige dorsale operative Versorgung durchgeführt wurde.

Material und Methoden

In den Jahren 1992-2002 wurden insgesamt 39 Patienten (34 Männer und 5 Frauen) im Alter von 16 bis 72 Jahren (Mittelwert 39,46 Jahre) von dorsal an Verletzungen der oberen und mittleren Brustwirbelsäule operiert. Als Implantat wurde ausschließlich der MPSF verwendet. Die Hauptverletzungsursache waren Verkehrsunfälle (69%) gefolgt von Sturz (23%), Skiunfällen (5%) und einem direkten Anpralltrauma eines Waldarbeiters durch einen Baum (3%). Es handelte sich hierbei um 9 Keilkompressions-, 18 Berstungs-, 4 Luxations-, 3 Luxationsberstungsfrakturen sowie 5 Flexions-Distraktions-Verletzungen (Seat-Belt-Injuries). Nach AO lagen 19 Typ-A, 15 Typ-B und 5 Typ-C Verletzungen vor. (Klassifiziert wurde das am schwersten verletzte Segment). Die Verletzungsschwere wurde anhand der 1990 veröffentlichen Revision des Abbreviated Injury Scale verschlüsselt. Bei 23 (57,55) der operativ versorgten Fälle erlitten die Patienten zusätzlich ein Thoraxtrauma. Ein zusätzliches schweres Thoraxtraumas AIS >3 (Mittelwert 4,28) lag bei 18 (46,1%) Patienten vor. Der Durchschnittliche ISS lag bei 22,62 (9-59). In 22 (56,4%) Fällen lag der ISS über 15, in 20 (51,3%) über 20. Bei 10 Patienten 25,64% lag ein initiales Querschnittssyndrom (Frankel A) vor. Ein Patient zeigte ein inkomplettes Querschnittssyndrom (Frankel C). Von 36 Patienten konnte ein aktueller Befund oder Befragungsergebnisse erhoben werden. Die Nachuntersuchung erfolgte durchschnittlich 44,5 (3-116) Monate nach dem Unfall. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung war bei 16 von 36 (44%) nach durchschnittlich 18 (6-26) Monaten das Implantat bereits entfernt worden.

Ergebnisse

Insgesamt fanden sich bei den nachuntersuchten Patienten 10 komplette (25,6%) und ein inkomplettes Querschnittssyndrom. Bei den kompletten Querschnittssyndromen fand sich bei den Nachuntersuchung keine Befundänderung. Bei einem Patienten besserte sich der Frankel Grad von C nach E. 20 Patienten bewerteten das Behandlungsergebnis mit sehr gut, 10 mit gut, 4 mit mäßig und lediglich 2 mit schlecht. 22 Patienten waren in Ruhe vollkommen beschwerdefrei, 10 gaben geringe, 3 mäßige und einer starke Schmerzen an. Der Hannover-Wirbelsäulen-Score ergab im Durchschnitt für alle Patienten einen Wert von 77,08 (30-100). Aufgeteilt in Patienten ohne bzw. mit neurologischen Ausfällen ergaben sich ein Wert von 77,2 (35-100) für die erstgenannte und ein nahezu identischer Wert von 76,6 (30-97) für die letztgenannte Gruppe. Die Analyse der Beweglichkeit ergab nahezu Normwerte. Zur Bewertung der Keilkompressionsfrakturen wurde der Beck-Index ermittelt. Er konnte von präoperativ 0,52 auf direkt postoperativ 0.835 korrigiert werden. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung wurde ein durchschnittlicher Wert von 0,78 ermittelt mit einem daraus resultierenden Korrekturverlust von 0,055. Dieser Korrekturverlust nahm bis zur Nachuntersuchung unwesentlich zu (0,063, Beck-Index 0,772). Der Grund-Deck-Platten Winkel (GDW) betrug präoperativ 21,04°. Dieser Wert konnte postoperativ auf 16,41° reduziert werden mit einem daraus resultierenden Korrekturgewinn von 4,63°. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung wurde ein GDW von 19,45 gemessen. Es kam zu einem Korrekturverlust von 3,04°.

Schlussfolgerung

Instabile Verletzungen der oberen und mittleren Brustwirbelsäule stellen eine eigene Entität dar und zeichnen sich durch eine hohe Rate an Rückenmarksläsionen sowie thorakalen und pulmonalen Begleitverletzungen aus, häufig kombiniert mit schwerer Gesamttraumatisierung. Die dorsale Instrumentation von Verletzungen der oberen BWS ist bei uns zum Standardverfahren geworden. Bei allen kompletten Querschnittssyndromen (Frankel A) wurde keine Verbesserung erzielt. Daraus ist abzuleiten, dass die durch das Trauma induzierte Rückenmarksläsion irreversibel ist und das Operationsziel nicht in der Beseitigung neurologischer Ausfälle zu sehen ist, sondern in der Wiederherstellung der Wirbelsäulenstabilität in physiologischer Statik. Trotz der Schwere der Verletzungen ist bei den Patienten ein hohes Maß an Zufriedenheit sowie ein gutes funktionelles Ergebnis möglich.