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Indikationsstellung unter DRG-Bedingungen: Reflektion über denkbare ökonomische Einflüsse
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Veröffentlicht: | 7. Oktober 2004 |
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Gliederung
Text
Einleitung
Die Änderung des Krankenhausvergütungssystems für Deutschland beginnend mit der optionalen Abrechnung nach DRGs im Jahr 2003 hat weitreichende Folgen für die Krankenhauslandschaft. Obschon dies aus ethischen Gründen gerne zurückgewiesen wird, werden in der Behandlung der Patienten neben medizinischen Aspekten ökonomische Überlegungen zunehmende Bedeutung erlangen. Dies trifft insbesondere für solche Erkrankungen zu, deren Verlauf schwer vorhersehbar ist. Am Beispiel der viszeralen Ischämien, die überwiegend ältere, multimorbide Patienten treffen, deren Behandlungsspektrum vom konservativen bis hin zum aufwändig rekonstruktiven Verfahren reicht, bei denen Wiederholungseingriffe drohen und durch deren Überleben u.U. hohe Folgekosten durch Zusatzernährungen entstehen können, sollen mögliche Einflüsse ökonomischer Überlegungen dargestellt werden.
Material und Methoden
Das Klinikum Krefeld hat im Jahr 2002 Daten für die Erstkalkulation an das DRG-Institut InEK geliefert. Aus diesen Daten, die neben den für die DRG-Gruppierung relevanten Daten auch die dem gemäß Kalkulationshandbuch der Selbstverwaltung ermittelten Kostendaten enthalten, wurden diejenigen Patienten ermittelt, in deren Datensätzen die ICD-10 Diagnosen ‚K55.0 Akute Gefäßkrankheiten des Darmes’ und ‚K55.1 Chronische Gefäßkrankheiten des Darmes’ enthalten waren. Dies war bei 19 Patienten der Fall. In 9 Fällen war der Diagnosekode im Sinne einer primären viszeralen Ischämie verwendet worden, so dass diese Patienten Grundlage der weiteren Analyse waren. Von den betrachteten Fällen wurden folgende DRGs angesteuert: A06Z (n=2), F21A (n=1), G01B (n=1), G02A (n=3), G02B (n=1) und G12A (n=1). Die in diesen DRGs jeweils ermittelten Erlöse wurden den kalkulierten Kosten aus dem Kalkulationsdaten gegenüber gestellt. Ferner erfolgte eine Analyse hinsichtlich der in Abhängigkeit von der gewählten Therapie zu erreichenden Erlöse.
Ergebnisse
Die Gegenüberstellung der Kosten und Erlöse ergab allein für die 9 betrachteten Patienten einen Verlust in Höhe von 53.336,06€. Damit ist belegt, dass die betrachtete Patientengruppe unter ökonomischen Aspekten eine Problemgruppe im DRG-System darstellt. Die Streuung über die verschiedene DRG ist Resultat der verschiedenen Therapieoptionen. Innerhalb der einzelnen DRG liegen die betrachteten Patienten im unwirtschaftlichen Bereich der Kostenverteilung: selbst die Patienten in der recht hoch vergüteten Beatmungs-DRG A06Z verursachten Verluste. Die Kenntnis dieses Sachverhaltes legt die Berücksichtigung ökonomischer Belange bei der Verfahrenswahl der Patienten nahe. Verglichen wurden die konservative Therapie mit der explorativen Laparotomie, Embolektomie der A. mes. sup., Dünndarm- und Dickdarmsegmentresektionen und solche Fälle, die den Beatmungs-DRGs zugeordnet werden konnten. Anhand des Erlösvergleiches, besonders in den ersten Behandlungstagen, kann aufgezeigt werden, dass im gegenwärtigen Vergütungssystem die Exploration wie auch die Embolektomie der A. mes. superior deutlich schlechter vergütet wird als Darmsegmentresektionen: der Unterschied beträgt je nach Verlauf der Erkrankung (durch Abschläge bei nicht Erreichen der unteren Grenzverweildauer) zwischen 1000 und 9000€. Die höchsten Erlöse erzielen diejenigen Patienten, die den Beatmungs-DRGs zugeordnet werden (Unterschied zur konservativer Therapie bis zu 25000€). Diese Daten werden zum Kongresszeitpunkt mit den Daten für 2003 und dem weiterentwickelten DRG-Sytem für 2004 verglichen und ggf. vorliegende Änderungen dargestellt.
Schlussfolgerung
Das DRG-System ist kein Einzelvergütungssystem sondern es ist systemimmanent, dass in jeder DRG Gruppe ökonomisch problematischen Patienten enthalten sind, deren Verluste sich über die Gewinne anderer Patienten in dieser Gruppe tragen. Eine solche Patientengruppe stellen die Patienten mit viszeralen Ischämien dar. Die Verfahrenswahl und Indikationsstellung bei diesen Patienten muss primär medizinisch bestimmt bleiben. Allerdings ist es unter den heutigen Gegebenheiten unabdingbar, auch die ökonomischen Konsequenzen der medizinisch begründeten Entscheidung zu kennen: der behandelnde Arzt muss wissen, wo er sich ökonomisch bewegt, um seinen Auftrag der Budgetverantwortlichkeit erfüllen zu können. Im Rahmen des ethisch-medizinisch vertretbaren wird sich die Verfahrenswahl streng an der vermuteten Prognose orientieren müssen. Unter dem Aspekt der Weiterentwicklung des DRG-Systems für Deutschland ist es erforderlich, derartige Patientengruppen zu erkennen und dem InEK kenntlich zu machen. Auf diesem Wege, falls auch in den bundesweiten Daten nachvollziehbar, kann dann eine Adaptation des DRG-Systems erfolgen.