gms | German Medical Science

Jahrestagung der Vereinigung Westdeutscher Hals-Nasen-Ohren-Ärzte 2023

10.03. - 11.03.2023, Wuppertal

Das Auftreten von Tinnitus und Angststörungen in der deutschen Bevölkerung

Meeting Abstract

Vereinigung Westdeutscher HNO-Ärzte. Jahrestagung der Vereinigung Westdeutscher Hals-Nasen-Ohren-Ärzte. Wuppertal, 10.-11.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc12

doi: 10.3205/23wdhno12, urn:nbn:de:0183-23wdhno124

Published: March 9, 2023

© 2023 Hackenberg et al.
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Einleitung: In klinischen Studien wird ein gehäuftes Auftreten von psychischen Komorbiditäten (wie z.B. Angststörungen) in Tinnituspatienten vermutet. Studien, welche Tinnituspatienten im klinischen Setting einschließen, unterliegen jedoch einem Selektionsbias. Dieser führt dazu, dass Betroffene mit einem erhöhten Leidensdruck selektiert werden, da diese vorrangig medizinische Behandlung suchen. Ziel dieser Studie war es, das Auftreten von Tinnitus und Angststörungen in einer großen, populations-basierten Kohorte zu untersuchen.

Methoden: Die Gutenberg Gesundheitsstudie (GHS) ist eine Kohortenstudie, welche für die Population von Mainz und dem Landkreis Mainz-Bingen repräsentativ ist. Teilnehmer wurden im ersten Follow-up 2017 zu ihrer audiologischen Lebensqualität befragt („Leiden Sie unter Ohrgeräuschen (Tinnitus)?“ und wenn ja: „Wie stark fühlen Sie sich davon belastet?“ (1= wenig belastend bis 6 = extrem belastend)). Zudem wurden die Teilnehmer mittels des validierten Fragebogens GAD-7 zum Auftreten von Symptomen einer Angststörung befragt. Ein Summenscore von > 10 im GAD-7 wurde als Vorliegen einer Angststörung gewertet. Die Korrelation zwischen der Tinnitusbelastung (1-6) und dem Summenscore des GAD-7 wurde mittels Spearman’schem Rangkorrelationskoeffizienten berechnet.

Ergebnisse: Es konnten 8.539 Teilnehmer eingeschlossen werden (Männer: 51,1%, Frauen: 48,9%). Der Altersdurchschnitt lag bei 60,7 Jahren. 28,0% der Teilnehmer gaben an, unter einem Tinnitus zu leiden (Männer: 31,7%, Frauen: 24,1%, p-Wert < 0,0001). 3,9% der Teilnehmer litten unter einer Angststörung (GAD-7 > 10). Hierbei waren Frauen signifikant häufiger betroffen (Männer: 2,6%, Frauen: 5,3%, p-Wert < 0,0001). Angststörungen traten innerhalb der Teilnehmer mit Tinnitus signifikant häufiger auf als unter denen, die einen Tinnitus verneinten (Tinnitus (ja): 5,4%, Tinnitus (nein): 3,3%, p-Wert < 0.0001). Der Summenscore im GAD-7 korrelierte positiv mit der subjektiven Belastung des Tinnitus (Spearman-ρ: 0,13).

Diskussion: In unserer Studie zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang von Tinnitus und dem Auftreten von Angststörungen. Die subjektive Belastung des Tinnitus korrelierte dabei positiv mit der Schwere der Angststörung. Hierauf sollte bei der Versorgung von Tinnituspatienten geachtet werden. Ein Screening auf Angststörung und ggf. die Einleitung einer psychosomatischen bzw. psychotherapeutischen Mitbetreuung könnte die Versorgung von Tinnituspatienten verbessern.