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Jahrestagung der Vereinigung Westdeutscher Hals-Nasen-Ohren-Ärzte 2022

19.08. - 20.08.2022, Münster

Neugeborenensepsis aufgrund einer phlegmonösen Entzündung des Halses

Meeting Abstract

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Vereinigung Westdeutscher HNO-Ärzte. Jahrestagung der Vereinigung Westdeutscher Hals-Nasen-Ohren-Ärzte. Münster, 19.-20.08.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc34

doi: 10.3205/22wdhno34, urn:nbn:de:0183-22wdhno343

Published: August 17, 2022

© 2022 Kaiser et al.
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Einleitung: Eine Neugeborenensepsis ist eine ernsthafte Erkrankung, die ca. 5% der Letalität der unter-5-Jährigen verursacht. Begünstigt durch die Unreife des frühkindlichen Immunsystems sind besonders frühgeborene Kinder sowie Kinder mit einem niedrigen Geburtsgewicht betroffen. Ein häufiger Keim, der Neugeboreneninfektionen hervorruft, ist Streptococcus agalacticae. Bei Diagnose einer Sepsis ist eine unmittelbare, extensive Fokussuche notwendig.

Ergebnisse: Ein 3 Wochen altes Neugeborenes wurde mit Verschlechterung des Allgemeinzustandes und laborchemischer Sepsis in einer externen Kinderklinik aufgenommen. Durch die Kollegen wurde unmittelbar eine Antibiose mit Gentamicin und Ampicillin initiiert. In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine Rötung und Schwellung links zervikal und retroaurikulär. Die Fokussuche umfasste eine Kopf-Halssonografie, ein Kopf-Hals-MRT mit Kontrastmittel, ein Röntgen Thorax, eine Lumbalpunktion sowie einen Urinstatus. Bei Verschlechterung des Allgemeinzustandes (Schläfrigkeit, Anstieg der Entzündungswerte) erfolgte die Intubation, Erweiterung der Antibiose mit Cefotaxim und die Verlegung in das Perinatalzentrum der Universitätsklinik Essen samt HNO-ärztlicher Vorstellung: Im HNO-ärztlichen Spiegelbefund zeigte sich eine diffuse, leicht verhärtete und berührungsempfindliche teigige Schwellung links zervikal und retroaurikulär. Das Trommelfell war beidseits reizlos und intakt. Sonografisch imponierten eine zervikale Lymphadenopathie links sowie aufgelockertes Gewebe passend zu einer phlegmonösen Entzündung. Im durchgeführten MRT zeigte sich links zervikal eine diffuse Schwellung der Halsweichteile entlang des Musculus sternocleidomastoideus vom Mastoid bis zur Schilddrüse nach retroclavikulär ziehend sowie eine Lymphadenitis colli links. Ein Abszess sowie eine Mastoiditis wurden ausgeschlossen. Die Liquorpunktion und das Röntgen-Thorax waren unauffällig. Die Eröffnung der Halsphlegmone ergab intraoperativ seröses Sekret sowie entzündlich aufgelockertes Gewebe. Es erfolgten eine Abstrichentnahme sowie eine Spülung und die Einlage von Laschen. Mikrobiologisch wurde ein Penicillin-sensibler Keim, Streptococcus agalactiae, nachgewiesen. Nach operativer Sanierung zeigten sich die Infektparameter rückläufig, und es erfolgte im Verlauf eine Antibiogramm-gerechte Umstellung auf Ampicillin + Sulbactam. Der Allgemeinzustand der Patientin besserte sich nach initial kritischem Zustand rasch, und die Infekt- und Sepsisparameter normalisierten sich.

Diskussion: Streptococcus agalactiae gehört zur Gruppe der β-hämolysierenden Streptokokken. Schwangere können als asymptomatische Trägerinnen den Keim während der Geburt auf das Kind übertragen mit konsekutiver Neugeborenensepsis, Meningitis oder Pneumonie. Wegen der Bedeutung als Verursacher schwerer Neugeboreneninfektionen wird bei Schwangeren eine Vorsorgeuntersuchung auf Streptococcus agalactiae am Ende der Schwangerschaft empfohlen.