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Höhere Prävalenz von Cytomegalovirus und Epstein-Barr-Virus in akut-auf-chronischem Leberversagen – Auslöser oder Folge?
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Published: | May 30, 2025 |
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Akut-auf-chronisches Leberversagen (ACLF) ist ein lebensbedrohliches klinisches Syndrom, das durch eine rasche Verschlechterung der Organfunktion bei bereits bestehender chronischer Lebererkrankung gekennzeichnet ist. Retrospektiv wird der Status von Patienten, die innerhalb von 90 Tagen ein ACLF entwickeln, als prä-ACLF bezeichnet. Zu den bekannten Auslösern des ACLF gehören unter anderem bakterielle Infektionen und Virushepatitis. Bei 40–60% der Patienten sind die Auslöser des ACLF jedoch nach wie vor unbekannt. Cytomegalovirus (CMV) und Epstein-Barr-Virus (EBV) sind weit verbreitete Viren, deren Rolle bei ACLF unklar bleibt.
Wir analysierten 211 Patienten (43 ACLF, 16 prä-ACLF, 152 nicht-ACLF), die in der ACLF-I-Kohortenstudie (Frankfurt) registriert sind, auf CMV und EBV Virämie. Wir extrahierten virale Nukleinsäuren aus Blutserumproben, führten Multiplex-qPCR durch und berechneten die Viruslast anhand von Standardkurven. Zusätzlich wurden Zytokinanalysen mittels ELISA durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in externen Kohorten von insgesamt 153 Patienten aus den Universitätskliniken Jena, Aachen und Bonn validiert. Alle eingeschlossenen Patienten wurden aufgrund einer Dekompensation, vor einem Eingriff oder wegen eines bestehenden ACLFs behandelt.
Eine höhere Prävalenz einer CMV Virämie (8,9% vs. 25,6%, OR 3,88, 95% CI 1,61-9,36, p<0,01) und EBV Virämie (6,0% vs. 16,3%, OR 3,71, 95% CI 1,30-10,59, p<0,05) wurde bei Patienten mit ACLF beobachtet, obwohl keine klinischen Anzeichen einer Virusinfektion vorlagen. Die Virämie war jedoch mit einer erhöhten Entzündungsaktivität (Leukozyten, CRP) bei gleichzeitig verändertem Zytokinprofil (verringertes Interferon-gamma) und CMV mit Leberversagen (p<0,001) verbunden. Außerdem war die 90-Tage Mortalität unabhängig mit CMV assoziiert (p<0,001). Wir konnten die Ergebnisse extern validieren (ACLF vs. prä-ACLF vs. nicht-ACLF: CMV 68,4% vs. 15,2% vs. 4,9%, EBV 39,5% vs. 9,1% vs. 2,4%, p<0,001). Bei Patienten mit prä-ACLF zeigte sich ein Trend zu einer höheren Virämieprävalenz im Vergleich zu Patienten ohne ACLF. Bei 54,8% der ACLF-Patienten mit Virämie in der Validierungskohorte wurde kein Auslöser festgestellt (keine Virämie 26,5%, p<0,05).
Das Vorhandensein von CMV- oder EBV-Virämie bei chronischen Lebererkrankungen kann zur Entwicklung von ACLF beitragen, indem es die hepatische Inflammation aggraviert und die hepatozelluläre Funktion beeinträchtigt. Unsere Daten legen nahe, dass eine hepatotrope Virämie eine Vorstufe und/oder Folge eines ACLF sein kann.