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Das nicht heilende Ulcus ventriculi – eine neue Ätiologie
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Published: | May 30, 2025 |
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Eine 79-jährige Patientin stellte sich vor, nachdem ihr von anderer Seite bei V.a. Magenkarzinom (histologisch nicht bestätigt) eine Gastrektomie angeraten worden war.
In der Anamnese wurde ein Zustand nach operativer Resektion 2023 eines malignes Melanom am rechten Oberarm mit nachfolgend adjuvanter Nivolumabtherapie angegeben. Im Rahmen der Nachsorge wurde im CT-Abdomen eine verdickte Magenwand beschrieben, weshalb eine Gastroskopie erfolgte. Es bestand ein Ulcus im majorseitigen Corpus ventriculi, welches makroskopisch als malignomverdächtig mit Linitis plastica eingestuft worden war. Die Histologie konnte kein Karzinom jedoch nicht bestätigen.
Bei der aktuellen Untersuchung konnte der makroskopisch-endoskopische Befund nachvollzogen werden. Fernmetastasen lagen in der Schnittbildgebung nicht vor. Endosonographisch fanden sich mehrere suspekte Lymphknoten paragastral, der Befund war mit einem Magenkarzinom im Stadium uT2 N2 vereinbar. Die histologische Untersuchung inklusive immunhistochemischer Zusatzanalysen (Biopsie des Ulkus und Feinnadelpunktion der Lymphknoten) ergab das Bild einer schweren ulzerierenden Entzündung mit reaktiver Lymphadenitis ohne Anhalt für maligne Zellen. Obwohl kein Helicobacter pylori nachgewiesen wurde, passte der Befund zu einer kombinierten Typ B- und Typ C-Gastritis, weshalb eine Eradikationstherapie nach Quadrupelschema über 10 Tage verabreicht worden ist.
Eine Verlaufsuntersuchung nach 6 Wochen zeigte ein gleichartiges Bild in der Schnittbildgebung, Endoskopie und Histologie. Ergänzend erfolgten molekularpathologische Analysen mit Ausschluss eines Lymphoms. Bei der laparoskopischen Inspektion des Abdomens bestand keine peritoneale Metastasierung; im Bereich des 3. Lebersegmentes wurden eine kleine weißliche Veränderung sowie eine Veränderung im kleinen Netz biopsiert. Histologisch lagen ein biliäres Mikrohamartom der Leber sowie eine Mesothelzyste des Omentum minus vor.
Es wurde der Verdacht auf das Vorliegen eines chronischen, nicht heilenden Ulcus ventriculi bei ausgeprägter Gastritis unter Immun-Checkpoint-Inhibitortherapie (Nivolumab) gestellt. Die Therapie war bereits im Vorhinein beendet worden, auf eine Steroidtherapie wurde zunächst verzichtet.
Nach weiteren sechs Wochen konnte gastroskopisch eine weitgehende narbige Abheilung des Ulkus dokumentiert werden, histologisch bestand weiterhin eine mäßiggradige chronische und floride, teils erosive Gastritis mit foveolärer und regeneratorischer Schleimhauthyperplasie und Fibrose. Weitere vier Monate später lag eine vollständige narbige Abheilung vor, histologisch bestanden nur noch eine geringgradig chronische und floride Antrum- und Corpusgastritis Typ C sowie eine komplette intestinale Metaplasie mit regeneratorischer Epithelhyperplasie im Corpus.
Zusammenfassend bestand bei der Patientin eine mutmaßlich durch eine Immun-Checkpoint-Inhibitortherapie hervorgerufene, schwere ulzerierende Gastritis, die den makroskopischen Befund eines malignen Ulkus mit Linitis plastica zu imitieren vermochte. Bisher ist in der Literatur nur ein einziger weiterer Fall dieser Art publiziert worden. In Anbetracht der zunehmenden Einsatzhäufigkeit der Immun-Checkpoint-Inhibitortherapie sollte diese Differentialdiagnose nicht heilender Ulcera ventriculi in die Überlegungen eingebunden werden.