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74. Tagung der Vereinigung Norddeutscher Augenärzte

20.06. - 21.06.2025, Rostock-Warnemünde

Prothesenbehandlung bei sehfähigem Mikrophthalmus: Einfluss transparenter Prothesen auf Sehleistung und Symmetrie

Meeting Abstract

  • Lara Hentsch - Göttingen
  • M. Schittkowski - Göttingen
  • N. Weiss - Institut für künstliche Augen, Kassel
  • R. Müller-Welt - Ruth Müller-Welt GmbH – Institut für künstliche Augen, Stuttgart
  • D. Besch - Tübingen

Vereinigung Norddeutscher Augenärzte. 74. Tagung der Vereinigung Norddeutscher Augenärzte (VNDA). Rostock-Warnemünde, 20.-21.06.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc25vnda13

doi: 10.3205/25vnda13, urn:nbn:de:0183-25vnda137

Published: June 10, 2025

© 2025 Hentsch et al.
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Hintergrund: Während die Prothesenversorgung bei Anophthalmus und funktionslosem Mikrophthalmus fest etabliert ist, gibt es keine Daten zur Prothesenanpassung bei Patienten mit erhaltenem Sehvermögen. Es gilt teilweise als umstritten, ob überhaupt eine Prothesenbehandlung erfolgen sollte. Ziel der Studie war es, das Sehvermögen sowie die Effekte einer prothetischen Versorgung bei Kindern mit sehfähigem Mikrophthalmus zu untersuchen.

Methodik: Die Patienten mit sehfähigem Mikrophthalmus wurden aus dem eigenen Patientengut identifiziert. Es wurden demografische Daten der Kinder und strukturelle Parameter wie Lidspaltenmaße, Hornhautstruktur und Bulbusmotilität dokumentiert sowie Tests zur Sehfähigkeit (Lichtwahrnehmung, Orientierung, Farbsehen) durchgeführt. Zudem wurden Prothetikdaten (Material, Maße, Tragedauer) erfasst und die subjektive Wahrnehmung der Sehleistung, Prothesenverträglichkeit, Ästhetik sowie den Vor- und Nachteilen der prothetischen Versorgung mittels Fragebogen erhoben.

Ergebnisse: In diese Studie konnten 14 Patienten (Alter: 5,5–192,5 Monate) mit insgesamt 18 Studienaugen eingeschlossen werden. Das Tragen einer transparenten Spezialprothese vergrößerte in allen Fällen die Lidspaltenhöhe. Damit einhergehend berichteten 13 von 14 Patienten (bzw. deren Eltern) über eine erleichterte Lichtwahrnehmung beim Tragen der Prothese, welche bei der Orientierung im Alltag unterstütze. Die Bedeutung der Prothese für die Entwicklung der Gesichtssymmetrie und deren psychosozialen Einfluss wurde von allen Patienten bzw. Eltern hervorgehoben. Fünf Patienten wurden mit PMMA- und neun mit Glasprothesen versorgt. Eine vermehrte Sekretbildung wurde ausschließlich bei Trägern von Glasprothesen festgestellt. Ein kausaler Zusammenhang konnte jedoch nicht belegt werden. 13 von 14 Patienten gaben an, die Prothese gut zu vertragen. Die gesamte Tragedauer einschließlich regelmäßiger Neuanpassungen betrug zwischen drei Wochen und 147,5 Monaten (Median 41,25).

Schlussfolgerung: Diese prospektive Studie zeigte erstmals die positiven Effekte der prothetischen Versorgung bei sehfähigem Mikrophthalmus. Neben der funktionellen Verbesserung der Lichtwahrnehmung trägt eine frühe Prothesenanpassung zur Förderung der Gesichtssymmetrie und der psychosozialen Entwicklung bei. Die gute Verträglichkeit spricht gegen eine Gefahr für die Hornhaut und unterstreicht die therapeutische Relevanz über rein ästhetische Aspekte hinaus.